Einzelpreis 70 Heller (etnichlioSllch 5 Haller Porto) IENTRALORGAN DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK ERSCHEINT MUT AUSNAHME OES MONTAG TÄGLICH FRÜH, wo Aktion und Verwaltung präg xii., fochova a. telefon son. HERAUSGEBERi SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR , WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEURi DR. EMIL STRAUSS, PRAG . 15. Jahrgang Dienstag, 14. Mai 1935 Nr. 112 Henlein wirbt für die Herrenfront Im Hutu non Mich zu Mich... non zahllosen Gendarmen bemadit 1 L' Daß Henlein inNiemes vom umkränzten ^chloßbalton des reichsdeutschen GrafenHar- 8 auS gesprochen und daß er dann im Straß­äser Forsthaus des Grafen Waldstein übernachtet hat, von fünfzehn Hegern bewacht.wie M österreichischer Erzherzog, ist durchaus keine Pinzette AuSnahmserscheinung im Aolkswallen Konrad UntrrhitlerS. ^enn jetzt tvir>T ns gemeldet, daß Henlein a m ' I. M a i« J)eun tlhr vormittags bis vier Uhr Mittag. eine kosrbäre Zeit im Dienste der Mksgemeinschaft beim Großgrundbesitzer Tr. Wajak in Groß- Tschochau-Hlinri auf dessen Schlosse als Gast verbrachte. ^tt a chf Autos kam der schlichte Turnlehrer, den Kampf gegen daS Bonzentum auf seine Wurn geschrieben hat, ins Schloß gefahren! Und Ehrend er dort seinen proletarischen Sejour hielt, "tnd das Schloß auf allen Seiten ®( n d armerie- Bewa ch u n g. Y® selbst auf dem Bahnhof von Gtoß-Tscho- ?®u waren zwei Gendarmen postiert, die "den Ankömmling peinlich beobachteten. Zunächst wundert man sich, daß Henlein , der W bereits an dem Umgang mit G r a f e n ge- Wnt ist, zwar wieder bei einem Großgrundbesit« abstieg, aber sich dazu nur einen reichen Mann dem einfachen bürgerlichen Namen WaZak aus, JWe. Dann aber wird man auch über diesen toft beruhigt: dir Ehegemahlin des Groß-Tschochauer Grund- und Schlotzherren ist eine hochgeborene unga­rische Gräfin.'\ Man darf wohl annehmen, daß sich diese neue feudale Gastrolle für den armen Konrad gelohnt hat! Wir wissen aber nur über die .ideelle" Seite dieser Visite näheren Bescheids um halb fünf Uhr nachmittags sah man nämlich aus dem Schloß etwa ein Düsten d Arbeiter marschieren, die sich als bezahlte Ordner zur Bahn begaben, um zur Kundgebung nach Aussig zu fahrenl Diese Arbeiter es waren die bei WaZet beschäftigten Professionisten dürften die Lohn­aufbesserung im Dienste der Volksverhetzung not­wendig gebraucht haben, denn diese braven deut­ schen Volksgenossen des Turnlehrers und des Großgrundbesitzers rühmen sich eines- Stundcnlohnes von KE 1- 50. Mit solch fürstlicher Honorierung der Handvoll deutscher Professionisten glauben aber der Ger­mane Majak und seine gräflich ungarische Grä­fin das Ihrig« zum siegreichen Kampf um den d e u t s ch e n A r b e i t s p l a tz beigetragen zu haben. Venn 61« Feldarbeiter, die der Wafek beschäftigt etwa dreißig an der Zahl sind Slowaken Kann man dieVolksfront" des Hen­lein sinnfälliger konterfeien? e" merta~ mit zwei Gendarmen vor der Schlafzimmertür! Nach Le itmeritz kam Henlein auf seiner Tour« um v Uhr abends. Auffahrt wie es einem zMM Diktator geziemt. Ein Kordon von Gen« ^Wen, die ihn vor'der Liebe des Volkes schütz- / n' vor Henleins Auto ein Wagen mit Gendar« i e, als Nachhut ein zweiter. So zog der Führer 'n di« Stadt ein. », In der Versammlung zog er vor allem gegen ^epek los, Bürgermeister von Leitmeritz ist. ^gen die Sozialdemokraten sagte er nicht viel, im Saale eine starke Gruppe sozialdcmokra- 'icher Arbeiter war. », Die Versammlung dauerte lange und Hen- ^iibernachtete in Leitmeritz im Hotel Johan« "ehof. Box seinem Schlafzimmer mußten sich Und nun gar bei - Die uns auS Saaz gemeldet wird, war P e n ein Montag vormittags, um sich von den st'ntägigen Strapazen des Kampfes für die I""Sgemeinschaft zu erholen, inSchloß Ro« e n h a u s bei dem ehemaligen Fürsten r? 51 n I o ö e zu Gast. Er speiste dort und begab von RothenhauS mit der Autokolonne nach ^ßnitz, wo die Fabrikanten die 8a« ken still stehen ließen, damit die Ar« . den Führer hören können. Vorsichtshalber ^Urden L i st e n aufgelegt, in die sich die c^iter eintragen und zum Besuche verpflichten Jkn. DerVolksgenosse" Arbeiter, der es vor- ^4en sollte, den Schützling der Hart! g. ^ldstein, Wajek, Hohenlohe und deutschen Kapitalisten nicht anzuhören, muß °^° gewissermaßen selbst i n die 'h>v a r z e L i st e e i n t r a g e n I _ Aus allen Teilen des Landes kommen Nach- darüber, wie gut sich Henlein mit den fen- k«tEn Grundherren steht. In Haid bei Tachau ist zwei Gendarmen aufpflanzen, vor dem Hause hielten vier weitere Gendarmen und zwei städti» sche Polizisten Wache. Anders tuts der Führer nicht. Am sichersten schläft es, sich unter dem Schutz von Bajonetten, das haben Hitler und Goeripg auch schon gemerkt. Der Abmarsch erfolgte ähnlich wie der Ein« zug. Wieder nahmen AutoS mit Gendarmen HeN« leinS Wagen in die Mitte und geleiteten ihn zur nächsten Vorstellung. Das kostet zivar die Steuer­zahler viel Geld, es hat aber auch seine guten Seiten. Wenn Henlein auf Schritt und Tritt un­ter den Augen der Gendarmerie ist, kann es nicht wieder passieren, daß der liebe Gott ihm ein Attentat" schenkt, mit dem die Henlein-Partri in der Welt hausieren gehen kann. einem Fürsten! es der reichsdeutsche Fürst L ö w e n st e i n, der seine Arbeiter unter Terror setzt, damit sie zur SHF gehen. I And dieser Herr Henlein reist also weiterhin wie ei« Fürst durchs Land, mit einem Gefolge wie ei« Mttglied des kaiserlichen Hauses, mit acht Autos wie ein gekröntes Haupt; nimmt LogiS, ist Ehrengast bei de« reichste« Männern des Lan ­des, bei Aristokraten des Bluts und des Geldsacks, und befindet stch da­bei immer unter uniformierter Be­wachung wie seinerzeit die Reprä­sentanten der Monarchie, die stch gleich Henlein durch Gewehre und Bajonette vom geliebten Volk und von besten allzngroßer Liebe son­dern und sichern liehen. Sollten weite Teile der sudetendeutschen Be völkerung wirklich so vernagelt sein, daß sie es mit ihren Stimmen dem Henlein ermöglichen, in un­seren Gebieten ein feudales Scheinregiment zu etablieren, nachdem man Jahrhunderte gebraucht hatte» um die Aristokratie loszuwerden? Ist in her Tschechoslowakischen Republik Platz für eine Pseudo-Bolksgemeinschaft, in der. mit Hilfe der Scharlatane. die reichsdcutschen, die altösterrcichischen und die ungarischen Grafen wieder hochkommen? Noch ist es Zeit, dem Spuk zu wehren! Unter der Führung der Arbeiter gebt der dunklen Gesellschaft am 19. Mai eine unzweideutige demokrati­sche und republikanische Antwort! Ein nordischer Edelins aus Polen Ei« Lieblingsargument der Han- leinleute ist der Hinweis ans den Ge­burtsort unseres Genosten Dr. C z e ch, der einer alten Brünner Familie ent­stammend durch den Zufall, dah seine Eltern bei einem Bahnba« beschäftigt waren, in Lemberg zur Welt gekommen ist. Wie lächerlich ei« derartiges Argu­ment ist, wie kindisch es ist, einem Men­schen seinen Geburtsort vorzuwerfen und aus dem Geburtsort auf den Men­sche« zn schließen, zeigt der Fast des Herrn Dr. Walter Brand, des ju­gendlichen geistige« Vaters der Hen- leinfront und Mitarbeiters Konrad Henleins. Herr Dr. Walter Brand, der nordische Ebeling, der neulich die deut­ schen und tschechischen Arbeiter als Gesindel" beschimpft hat, ist nicht vielleicht am Hardangerfjord geboren, nicht auf Helgoland oder im Sachsen­wald, nicht einmal in Braunau am Inn , sondern ganz einfach In tlrandov bei Warschau Im damaligen Russisch-Polen Und während unser Genoste Czech , obwohl in Lemberg geboren, immer den deutschen Namen Ludwig geführt hat, heißt der Val erdes Germa­nen Waller Brand in der Ge- burtsmatrik Ludwig,recteLouis Brand. Das klingt schon sehr nach dem ferneren Osten«nd könnte ameri- koinisch recht gutLewis Brand" heißen. Wir wollen aus dem Geburtsort des Herrn Brand nichts ableiten. Wir wiffen, daß er wahrscheinlich mag auch die Herkunft aus Pole« in dem teutschen Jüngling Verdrängungen er­zeugt haben-auchdanneinDe- magog und Unternehmer­knecht geworden wäre, wenn er im Teutoburger Wald statt in Zirandov geboren worden wäre. Aber wir wollen doch zeigen, daß es gegenArgumente" wie sie die SHF gebraucht, noch recht gute Gegenargumente gibt, wenn man die Polemik schon auf diesem Gebiet füh- re« mutz! Ein Diktator tritt ab PlIsudsKi gestorben Warschau . Sonntag um 20.45 Uhr ist Marschall Josef P i l s u d s k i, gerade am neun­te» Jahrestage des mit seinem Namen verknüpf-. ten Staatsstreiches gestorben. Nach dem ärztlichen Gutachten trat der Tod des Marschalls an den Folgen eines Magen» und Leberkrebses ein. Dir Leibärzte des Marschalls waren über diese Krank" heit schon seit längerer Zeit Unterrichtet. Die Agonie dauerte fünf Stmrden. Am Sterbebett des Marschalls, der im 67. Lebensjahre stand, waren äußer' den Familien­mitgliedern alle Kabinettsmitglieder versammelt. In einer Montag nachmittags stattgefunde­nen Ministerratssitzung wurde beschlossen, daS Leichenbegängnis PilsudskiS auf Staatskosten zu veranstalten. Die sterbliche Hülle PilsudskiS wird am Samstag in der Gruft der Könige und Helden auf dem Wawelfchlotz in Krakau beigesetzt werden. Der Ministerrat hat ferner, beschlossen, eine allgemeine Rätionaltrauer für die Dauer von sechs Wochen anzuordnrn.: In der Hauptstadt und auch in den übrigen Städten wurden nach Bekanntwerden der Trauer­nachricht alle Unterhaltungen und Vergnügungen sofort abgebrochen. Im ganzen Lande herrscht Ruhe. Ueberraschend kommt die Nachricht, daß der polnische Kriegsminister und Diktator P i l s n d- ski in seinem 68. Jahr einem Krebsleiden, das seit langem an ihm fraß, erlegen ist. Joseph Pik­sudski ist unter den europäischen Diktatoren inso­fern eine Ausnahme-Erscheinung gewesen, als ec nicht wie Mussolini und Hitler persönlich an die Spitze der Regierung oder des Staates trat, son­dern seine Herrschaft mittelbar ausüüte. Er diss- dete weiter an der Spitze des Staates einen Prä­sidenten, er duldete andere Ministerpräsidenten freilich meist Obersten aus seinem engsten Kreis und er blieb nur. Kriegsminister, Herr der Armee, als des wichtigsten Machtmittels im Staate. Tatsächlich diktierte er aber und hatte wahrscheinlich eine größere Macht als Hitler , bei dem der Fall umgekehrt liegt,- der viele Würden hat, aber auf keinem Gebiet der Regierung wirk­lich selbst führt. In Polen geschah nichts ohne PilsudskiS Willen. Neben den offiziellen Neprä» sentanten war er der u n g e k r ö n te K ö n i g. Gestützt auf seine Popularität in den kleinbürger­lichen Kreisen und auf d.ie Armee konnte er es sich leisten, die legalen Machtpositionen an andere ab­zugeben. Noch im März aber wurde sein Namens, tag. wie es sonst nur bei Monarchen üblich war, in ganz Polen als Staatsfeiertag begangen.. PilsudskiS Tod schafft für Polen eine schwierige Situation. Dje S ch w ä ch e der Diktaturen wird sofort offenbar, wenn der Diktator abtritt. Der Kurs des Bünd­nisses mit Deutschland , der ja eigentlich wider die Tradition und das nationale Empfinden des pol­nischen- Bolles geht, war auf der Autorität und' Macht PilsudskiS basiert. Nun fehlt ihm diese wichtige Grundlage. Wird Oberst Beck ihn hal« ten können? Auch die neue, sehr komplizierte p o I- nisch«Verfassung. bekqm Leben nur da­durch, daß sie die Form sein sollte, in der Pilsud« ski die Diktatur des Säbels übte. Wessen Waffe wird die Verfassung jetzt werden? Die Regenten Polens waren Marionetten an des Marschalls