Sosialdemokra
ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
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15. Jahrgang
Sonntag, 19. Mai 1935
Nr. 117
Wahlen im sechsten Krisenjahr
Im tschechischen Lager siegt die Demokratie
Im deutschen Lager siegt der Fascismus
Henlein als Geburtshelfer einer alltschechischen Koalition
Unser erstes Wort nach diesem folgenschwe- war und ohne Krieg nicht zu haben sein wird, ten Wahltag ist ein Gruß an die Treuen und daß mußte der Generalstab Henleins wissen. Aufrechten, ein Gruß an die unüber- Wenn er trotzdem in der Bevölkerung die ver. windlichen. Wir sind schwer geschlagen, rüdtesten Erwartungen wedte- und das ist aber nicht besiegt. Die Gegner triumphieren. Ihr von Mund zu Mund geschehen- dann möge er Siegesjubel hallt durch die Städte und Dörfer, zusehen, wie er sie nun erfüllen kann. Hier geht boch wir dürfen stolz erhobenen Hauptes unseres es um einen Fascismus, der in der fatalen Lage Weges gehen. Unterlegen ist nicht die Sache des ist, ohne das unentbehrliche Requisit des totalen Sozialismus, weil sie ewig und unbesieglich ist. Staates auskommen zu müssen. Er kann keine
ist die
Da der 19. Mai nicht Schlußpunkt hinter das Schicksal der Partei war, sondern Ausgangspunkt einer neuen Aufwärtsentwidlung der sudetendeutschen Arbeiterbewegung sein wird, das danken wir der herrlichen Trene unserer sturmbewährten Kaders, die am 19. Mai die Fundamente nener Siege aus dem
Schlachtengetümmel gerettet haben. Ihnen gilt unser heißer Dank, ihnen gilt unser brüderlicher Gruß. Verbunden in Frend und Leid kämpfen die Männer und Frauen der sudetendentschen Arbeiterbewegung weiter bis zur Vernichtung des Fascismus, bis zum Siege des Sozialismus!
Unterlegen in Sir Bernunft des Urbeltecheime beleten latien, Keine öffentliche Das vorläufige Wahlergebnis
Boltes. Kein Makel haftet an den Fahnen Stellen verteilen, keine Kerker und Konzentrader Partei. Befudelt ist die Ehre jener, die jahre- tionslager füllen, er kann seine Gegner nicht lang die Früchte ihrer Leistung genossen und mundtot machen. Die demokratischen Grundrechte die ihr in der Stunde der Gefahr die Treue ge- cuch der deutschen Bevölkerung bleiben gewahrt. brochen haben. Die Geschichte wird der deutschen Das Organisationsrecht und die Meinungsfrei Sozialdemokratie dieses Landes noch doppelt heit der sozialistischen Arbeiter kann nicht ernstund dreifach jene Anerkennung für die geleistete lich gefährdet werden. Wir werden davon GeArbeit zollen, die ihr am Wahltage versagt wor- brauch zu machen wissen.
den ist.
Der judetendeutsche Fascismus bleibt auch Die Partei Henleins bucht einen gewal weiterhin an die Grundregeln und Gesetze der figen Erfolg. Was wird, was kann sie damit an- demokratischen Republik gebunden. Das dan fangen? Unverdiente Siege fönnen eine Parteifen wir dem Wahlsiege der tiche. tehr gefährden als unverdiente Niederlagen. ch is chen Demokratie. Man mag an Stann Henlein nach dem Wahltage die Macht der tschechischen Politik vom deutschen Stand-| übernehmen, wie es seine Anhänger erträumt punkte vieles auszusetzen haben, nicht zu leugbaben? Er soll es probieren. Kann Heniein die nen ist, daß das tschechische Bolf am Sonntag Ausfuhrschwierigkeiten unserer deutschen Export- einen imponierenden Beweis seiner politischen industrien beseitigen und die Arbeitslosigkeit ab- Reife abgelegt hat. Das Geschrei der Stříbrný chaffen? Er soll sein können unter Beweis und Gaida bat feinen tschechisch- sozialdemokra stellen. Kann er die leeren Kassen unserer Ge- tischen Arbeiter oder republikanischen Bauern an meinden und Bezirke füllen, ohne Umlagen ein- feiner demokratischen Ueberzeugung irre machen duheben? Er möge das Zauberstück vollbringen. fönnen. Die erfolgreiche Behauptung der tiche. indem Henlein in seinem Lager nun alle wirt- chischen Sozialdemokratie ist zugleich einer der chaftlichen Gruppen und alle sozialen Gegenfäße größten Siege, die die mitteleuropäische Arbeiinnerhalb der Sudetendeutschen vereinigt, find terbewegung im Kampfe um die Demokratie erscine Hände gerade für die wichtigste Aufgabe fochten hat. gebunden: für die Bekämpfung der Krise, für die|
Unser Vertrauen in die tschechische Arbeiter.
Linderung der Not. Auch in einer Partei ver- flasse ist nicht enttäuscht worden. Sie hat mit bunden können sich Arbeiter und Unternehmer ihrer Festigkeit den freien Kampfboden für die nicht über die Arbeitszeitverkürzung verstan Wiederaufrichtung der Demokratie und des Sodigen, Schuldner und Einleger nicht über das zialismus im deutschen Lager gesichert. Schuldenproblem, Großgrundbesitzer und Häus
ler nicht über die Fragen der Agrarpolitik. Vor
Denn so sehr wir uns hüten, den ganzen
Die Kramař- Stříbrnýfront verliert noch ein Mandat Wir bringen nachfolgend die vorläufigen Gesamtwahlziffern für das Ab. geordnetenhaus. Die sich daraus ergebenden Mandatszahlen für die einzelnen Parteien beruhen nur auf vorläufigen Schätzungen: Anzahl der Stimmen 1935 Republikaner 1,176.517 Tschil. Sozialdemokraten. 1,034.804 Tschil. Nationalsozialisten. Kommunisten
•
•
+>
•>
+
Mandate
45+1 38-1 28-4
30 W 23-3
1929 1,105.429 963.312
755.931
767.571
.
.
849.485
753.444
.
615.851
623.522
·
564.267
425.052
22+3
448.004
291.238
167.440
17+5 6
10.212 5.961
456.358
1359.533 70.857
•
299.925
506.750
17-1 11-10
142.388
396.383
5-8
162.797
348.097
6-5
291.828
257.231
8-1
+>
1,249.497
44
Nationale Vereinigung der Beamten und Angestellten Schuldnerpartei
•
Nationale Vereinigung Kr a má ř― Stříbrný
Deutsche Soz. Dem. Bund der Landwirte Deutsche Christlichsoziale.
•
Tus Wahlergebnis vom 19. Mai ist vor 142.000 Stimmen wie im Jahre 1929. Auch für
=
ten geben, der den Henleinsieg vom 19. Mai als ipältigkeit. Während im tschechischen Republik nicht ganz das erwartete Ergebnis, so
Die Verschiebungen im tschechischen Lager dern auch die oppositionellen Christlichsozialen scheinen vorwiegend durch den verschieden großen
ein und obendrein noch die letzten starken Vor
hatte. Der Geivinn an Stimmen beträgt 70.000. Die tschechischen Nationalsozialis it en sind von 32 auf 28 Mandate, von 767.571
Gewinn ihre Mandatszahl gerade behaupten
den verschlossenen Toren der Regierungsmacht tragischen Ernst dieser Wahlentscheidung- zu- verstehend, wird Henlein verurteilt sein, eine fennen, so wenig wird es einen Sozialdemofra allem charakterisiert durch eine deutliche 3 wie die tschechischen Genossen brachte der Osten der seinen bunt zusammengewürfelten Anhängern den Schlußpunkt der sudetendeutschen Entwicklung Lager keine wesentlichen Veränderungen statt- daß sie ein Mandat verlieren, während man vor phrasenhafte Agitationspolitik zu betreiben und| Unterschied zwischen den Worten und den Taten anerkennen möchte. Es soll kein falscher Trost haben, hat sich im deutschen Seftor ein Erd- der Wahl mit einem fleinen Zuwachs gerechnet des Fascismus vorzuführen. Er wird dabei nicht sein, sondern der Schlüssel zur notwendigen rutsch vollzogen. alle Schuld an der Wirtschaftskrise in den dent. Orientierung, daß nicht nur der Landbund, son-| schen Gebieten dem Staate und den tschechischen Parteien zuschieben können. Wer am Sonntag und sogar die deutschen Kommunisten von der Anteil der einzelnen Parteien an dem Wähler auf 755.931 Stimmen zurüdgegangen. Sie vers der demokratischen Mehrheit des tschechischen 30gen wurden. Ohne der notwendigen gründ. fechs neue Jahrgänge in die Front der Wähler Kommunisten, die mit rund 100.000 Stimmen Senlein wählte, der hat bewußt die Brüden zu fascistischen Welle schwer in Mitleidenschaft ge- na ch tv u dh& bedingt zu sein. Diesmal rückten ja lieren den dritten Play und rücken hinter die Kauf genommen, daß mit der Schwächung der 19. Mai vorzugreifen, darf wohl heute schon ge- der Wählernachwuchs abnehmen und die Zahl der ist zwiespältig. Während sie im Osten start, in den Rolfes abgebrochen. Der hat stillschweigend in lichen Klärung aller Ursachen des Resultates vom triegsjahrgänge. Erst vom nächsten Jahr ab wird fonnten. Das Ergebnis bei den Sommunisten rungsunfähigkeit der sudetendeutschen Fascisten - durch eigenes Verdienst, sondern durch die ver- zahl nach die meisten tschechischen Parteien zuge winnen, verlieren sie in den deutschen Bezirken deutschen Regierungsparteien und bei der Regie. fegt werden, daß die Partei Henleins weniger Wähler sich stabilisieren. Während der Stimmen historischen Ländern bei den Tschechen mäßig ges bartei die Konturen einer neuen alltschechischen gängliche Anziehungskraft des reichsdeutschen nommen haben, berlieren einige etwas von ihrem 50 Prozent und mehr. Bis zu einem gewissen Roalition wieder am innerpolitischen Horizont Fascismus zur Höhe ihres Erfolges emporge- Mandatsbestand. fezialer Hinsicht besser werden? Das mußten wird und wie rasch er verlischt, das liegt weit. Stimmenzahl um rund 70.000 steigern fönnen, ihren ehedem organisierten Parteigängern einen auftauchen. Wird es dann in nationaler und tragen wurde. Wie lange ihr Stern feuchten die Wähler wissen. Sie haben alles auf gehend bei der tschechischen Politik und der euro. aber troßdem ein Mandat eingebüßt. Sie sind sehr großen Teil an die Sozialdemokratie vers tei in diesem Staate soviel Stimmen auf sich ver. aber von der Wiedererweckung der demokratischen Nach den Gemeindewahlen von Herbst hatte man ausgesteuerten Arbeitslosen uners eine Karte gesetzt. Noch nie hat eine deutsche Bar- Fäischen Entwicklung. Die Entscheidung wird worden, in den Mandaten um eines stärker als er. fierten, bermutlich vor allem aus den Reihen der einigt. Nun muß sie zeigen, was fie fann, was und sozialistischen Sträfte im deutschen Volfe ab- mit einem fleinen Mandatszuwachs der Agrar warteten Sulfurs erhalten, der in der Wahlkams fic aus eigener Sraft zuwege bringt.
hängen. Das ist die Aufgabe. Das ist unser
Wir werden Herrn Henlein nicht aus der neues Kampfziel. Bange der Verantwortung entschlüpfen lassen. Denn der judetendeutsche Fascismus ist in der eigenartigen Lage, gefiegt zu haben, ohne zugleich die Macht im Staate zu erobern. Daß beides, der Sieg und die Macht, nicht zu haben'
Hente triumphiert der Nationalsozialis. mus. Morgen wird die soziale Frage wieder auf der Tagesordnung stehen. Der nene sozialistische Wellenschlag soll sich mit der Bendelschwingung zum Fascismus messen können.
Tie tschechischen Agrarier haben ihre
Grade ist der Wahlausfall bei den Kommunisten eine Ueberraschung. Sie haben augenscheinlich von
partei gerechnet. Es scheint, daß ihnen die rigos Slowakei und in Karpathorußland Abbruch gefind. Sie haben dort an die Kommunisten und an Elinta Stimmen abgeben müssen.
rose Handhabung der Steuereintreibung in der
pagne selbst nicht sichtbar geworden war. 8000 Stimmen und drei Mandate. Ihr Verlust gebracht durch den Erfolg Slinka 3, der
Die tschechischen Ieritalen verlieren
tan hat und daß diese Gebiete ihnen entglitten wird für den katholischen Block einigermaßen ein
felgt
allerdings durch das Bündnis mit kurty at und Die tschechische Sozialdemokratie Rázus, den beiden Autonomisten, drei Mandate
den Agrariern in demselben Abstand von
gewinnt. Dagegen ist der katholische Block durch den