Srite 2 Donner-tag, 23. Ma! 1933 Nr. 120 Soziale Arbeit in den Bezirken Die Masse der deutschen Wähler ist am Sonntag der inhaltslosen Phrase erlegen. Sie unterzog vor der Entscheidung weder die Personen noch die Leistungen der Parteien einer ernsten Prüfung, sondern fiel den Schlagworten von»Brot und Arbeit für alle",»Sicherung deS deutschen Arbeitsplatzes",»Wiederinbetriebsetzung der Fabriken in den deutschen Gebieten",»Verbilligung der Leben-mittel",»mehr Rechte für die Deutschen " usw. zum Opfer. Normale Menschen pflegen, wenn jemand etwas Unfaßbares verspricht, zu fragen: »W i e willst du das machen?" Die Wähler der SHF vom Sonntag wichen dieser Frage aus, weil sie ihre Illusionen zerstört hätten, die sie an die »Volksgemeinschaft" vom Sonntag anknüpfen. Es ist daher auch nicht anzunehmen, daß sich die Denkart der Masse inzwischen geändert hat und sie mit etwa- größerer Vorsicht zur Wahl gehen wird. Wer denkt, erfährt dieWahrheit, und die ist oft sehr bitter, also bleibt der Durchschnittsmensch bei der Phrase; der ernste Mensch dagegen, der den Wiederaufbau der Wirtschaft und die Gesundung der Gesellschaft will, prüft erst und untersucht, bevor er entscheidet. DaS gill besonders für die Wahlen in di« Bezirke. Hier muß die sachliche Arbest, die geleistet wurde, zur Richtschnur der Entscheidung für den einzelnen Wähler gemacht werden. Die Verwaltungsreform vom Jahre 1928 hat die Autonomie der Bezirke stark eingeengt, die Finanzgesetze für die autonomen Körperschaften haben deren Handlungsfteiheit weiter beschnitten. E- genügte deshalb der W i l l e, für die Gemeinschaft zu arbeiten, allein nicht, sondern es mußten auch die Wege für diese Arbeit gesucht und gangbar gemacht werden. Es mußte der Widerstand der Bureaukratie, der mit aller Gewall ausgestatteten Bezirksbeamten und der Aufsichtsbehörden gebrochen werden, bevor man zur Lösung irgend eines im Interesse der Bevölkerung gelegenen ProblemeS übergehen konnte. Trotz allen diesen großen Schwierigkeiten aber ist in den deutschen Bezirken Großes geleistet, find Werke geschaffen worden, die man noch in Jahrzehnten bewundern und-reisen wird. Das trotz der Finanznot der Bezirke» die infolge der Finanznovelle vom Jahre 1927 und dem Einbruch der Wirtschaftskrise geradezu katastrophal geworden ist! Immer und immer wieder haben di« Sozialdemokraten in den Bezirken ihre Forderungen aufgestelft und vertreten, haben aber auch dafür gesorgt,\ daß alle Hindernisse, die stch der Erfüllung der-' selben entgegenstrllten, überwunden werden. Niemand kann hente leugne«, daß die Initiative für die einzelnen Projekte in den Bezirken von Sozialdemokraten kam, die Borarbeiten für die Durchführung derselben von diesen geleistet und auch die notwendigen Schritte für die Beschaffung der Mittel von ihnen unternommen wurden. Es muß in diesem Zusammenhänge auf die wichtigsten Tätigkeitsgebiet« der Bezirke hingewiesen werden. Das ist einmal die Arbeitsbeschaffung, die Betreuung der Kranken- Häuser urw di« soziale Fürsorge. Die A r b e itsbeschaffung war wohl in der vergangenen Verwaltüngsperiode das wichtigste Problem, das zu bewältigen war. Ohne Sozialdemokraten» das darf mit aller Entschiedenheit gesagt werden» hätten keine fünfzig Prozent der jetzt vollendeten Arbeite« in Angriff genommen»erde« könne«! Das Bürgertum» da- heute in so hohe« Töne« von der „Volksgemeinschaft" spricht, hat durch seine Vertreter in de« Bezirke« durchaus nicht immer de« Geist dieser»»Volksgemeinschaft" erkenne« lasse«» wen« es gatt» die Mittel für Notstandsarbeiten und andere wichtig« Projekte-» bewilligen«nd zu beschaffe«. Wie wäre es möglich gewesen, die großen Straßenbauattionen der Bezirk« durchzuführen, wenn nicht die Sozialdemokraten als Vertreter der Arbeiter alles aufgeboten hätten, um diese gigantischen Pläne zu verwirllichen. Wo immer Notstandsarbeiten durchgeführt wurden, sind sie von Sozialdemokraten eingelettet worden. Hunderte Millionen Kronen sind von den Bezirken in den letzten Jahren für Straßenbauten aufgewendet worden und man hat durch sie nicht nur den Verkehr modernisiert, sondern— was eben so wichtig ist— der Wirtschaft aufgeholfen und den Arbeitslosen Brot gegeben. Bon ebenso unschätzbarer Bedeutung ist die Arbeit, die von Sozialdemokraten in de« Bezirke« für de« Ausbau der Kranke«-««d Siechenhäuser geleistet wurde. Bis zum Jahre 1919 gab es in unseren Bezirken fast keine Siechen« und nur erbärmlich eingerichtete Krankenhäuser. Die Menschen betrachteten die Unterbringung in einer solchen Anstalt gleich einer Strafe und waren überzeugt, daß sie im Spital nur den Tod, nie aber die Heilung zu erwarten haben. Seither ist vieles anders geworden. Der Andrang zu den Krankenhäusern steigt von Monat zu Monat. Sie sind Heilanstalten gewor- den. Bevor sie es wurden, mußten in fast allen Bezirken, die ein Krankenhaus verwalte», schwere Kämpfe um den Ausbau derselben einerseits mit der Bureaukratie, andererseits mtt den bürgerlichen Vertretern geführt werden. Heut« können wir auf eine Reihe mustergülttger Krankenhäuser Hinweisen, die dies einzig und allein durch die Arbeit der Sozialdemokraten geworden sind. Wir nennen hier nur Aussig , Teplitz Einem Teil der Schriftleiterpresse scheinen bereits die Grausbirnen ob des allzugroßen Sieges der Henleinfront aufzusteigen. Besonders ängstlich scheint dem Leitartiller der.BrüxerZeitung" zumute zu sein, die doch wahrhaftig alle- getan hat, um die Einnebelung von drei Vierteln der sudeten deutschen Bevöllerung zu unterstützen. Man höre nur, wie dieses Matt nun, da eSgeschehen ist, nicht weiß, waszugeschehenhat: „Zunächst erfordert die Lage ruhig« Besinnung auf beiden Seiten. Für die Regierung und für die tschechische Oeffentlichkeit, di« durch ihre und«inen Teil der Prager deutschen Presse konsequent falsch unterrichtet wurde, be» deutet dieser Wahlausgang ein Eleme^tarereig- niS. Ater auch bi« Deutschen find von brr Größe beS rrrungem« Tiegel innerlich erschüttert nnb müsse» mit stch erst in- Klar« komme». Für du alten Patteien und füruisereganzeher« kömmliche AuffassungSweis« von Politik ist die plötzliche und fast vollständige Städten, sondern auch in ganz kleinen Bezirken haben wir heute erstklassige Krankenhäuser, die auS der Arbett und dem Kampf der Sozialdemokraten in den Bezirken hervorgegangen sind. Wir erinnern an die Alter-Heime der Bezirke Teplitz und Karlsbad , die Spitzenleistungen auf dem Gebiete der Aüer-fürsorge der Bezirke darstellen und von sehr vielen Bezirken nachgeahmt wurden. Damit ist aber der Wirkungskreis der Bezirke in sozialer Hinsicht noch lange nicht erschöpft. Wir erinnern nur an die Schulzahnpflege im Bezirk Tetschen , an den schulärztlichen Dienst im Bezirk Teplitz und anderen fortschrittlichen, von Sozialdemokraten stark durchsetzten Bezirken. Dir erinnern an die Ferien« fürsorgeder Bezirk«, an iHv« Heime in Dtt- tersbach und Rodisfort, an Werke also, die ausschließlich Sozialdemokraten ihren Ursprung verdanken. Wenn wir außerdem noch an den Ausbau der Bezirksarbeitsvermittlungsanstalten denken, dann vermögen wir ein Urteil über die gewaltige Arbest der Sozialdemokraten in den Bezirken abgeben. Gewiß, die andern werden auch hier mehr versprech e n, als wir geleistet haben. Sie werden damit sicher die Urteilslosen, die polstisch indifferenten Menschen gewinn««. Aber das Werk auSbaucn, da- in den Bezirken begonnen wuÄ>e, werden sic damü nicht! Dar«» mutz jedem, der die Stellung der Deutschbürgerlichen zu den Forderungen der Sozialdemokraten tn den Bezirke« kennt, klar sei«, daß jede Stimme für die SHF eine Stimme gegen die Arbeiterschaft, eine Stimme gegen de« Fortschritt, eine Stimme gegen die soziale Fürsorge, eine Stimme gegen den Arbeitslose» ist. Der denkende Mensch, dem die HSherentwicklung der Menschheit Sinn jeder Handlung ist, der der Rot und dem Hunger ei« Ziel sehe« und vor allem de« deutsche« Arbeitsplatz und den deutsche« Bode« sicherstellen WM, der «ntz sozialdemokratisch wühle«! Ablösung der früheren Vertrauensträger des Volke- durch«inen einzigen— und noch dazu ganz neuer»— gewiß ein Vorgang von katastrophalem Charakter und nach jeder Katastrophe gibt'» einen Trümmerhaufen. So auch jetzt. Dieser mußaufgeräumt werden. Die Leitartikel der Parteiblätter stellen den Beginn dieser Arbeit dar, die geraume Zeit beanspruchen wird. Den Zeitung-leuten werden die Parteiführer und Parlamentarier folgen und— wenn sie ihr Metier ernst nehmen— gewissenhafte Urberlegungen darüber anstelle«, was nun zu geschehe« habe..." Wie man sieht, windet sich Henleins Schrift- leiterpreffe schon in- einiger Qual nach der Wahl. Sieht sich dadurch aber keineswegs behindert, sofort wieder in den hundertprozentigen Httlerstll zu verfallen, indem neuerdings die Wahlen als »volk-entscheid" an« und ausgesprochen werden. Auch ein zwester Artikel der»Brüxer Zeitung" beschäftigt sich mst dem, was„nach dem Volksentscheid" zu geschehen habe. Fürwahr,«in einzig dastehender VolksentscheiS, dessen Hintermänner nicht wissen, was sie mst ihm anfangen sollen! Im leiste des„Christentums* Sechs Monate politischen Kerker für eine Siebzehnjährige! Wien.(Tfch. P.B.) Die 17jährige tsche» choflowakische Staatsangehörige Katharina& wurde dabei betreten, wie sie Exemplare der»» Brünn erscheinenden„Arbeiterzeitung" nach Oesterreich schmuggelte«nd wie sie dieses Blast im 19. tWiener Bezirk kolportierte. Sie wurde von der Bezirkshaupttnannschaft in Hollabrunn z« sechs Wochen Art« st«nd bald darauf vom Jugendsttaffenat beim Kreisgerichst Korneuburg z u sechs Monate« Kerker verurteilt. Klagenfurt.(Tsch. P.-B.) Die hi«' fige Polizei hat die Zentrale der Sozialrevolutionäre ausgehoben, die«ist der Brünner Emigration in Verbindung standen. Mehrere Personen wurden verhaftet, darunter der ehemalige sozialdemokratische Abgeordnete Fall«. Italien sträubt sich gegen Völkerbund -Intervention Genf . Mittwoch früh traf hier der franzö sische Außenminister Laval ein. Beiläufig widmet er sein Hauptaugenmerk ausschließlich dem abessinisch-italienischen Konflikt. Die Verhandlungen über die friedliche Äsung des Konfliktes sind sehr schwierig. Die italienische Delegation beharrt weiterhin auf der Ansicht, daß der Konflikt im Rahmen der zwischen Abessinien und Italien bestehenden gültigen Verträge gelöst werde» müsse» event. im Rahmen der Verträge» die Italien » England und Frankreich unterzeichnet haben. Es ist möglich, daß der Völlerbundrat zwungen sein wird, die Session bis Anfang nächster Woche zu verlängern, falls kein Kompromiß für die Lösung des italienisch-abessinischen Konfliktes gefunden werden wird. koosevelts Veto vom Kongreß abgelehnt Washington. Präsident Roosevelt sagst in seiner Rede vor dem Kongreß, in der er sei» Beto gegen die sofortige Auszahlung von Unterstützungen an die ehemaligen Kriegsteilnehmer begründete» die Ausgabe neuer Banknoten in der geforderten Höhe von 2.2 Millionen Dollar würde eine unkontrollierbare Preiserhöhung zur Folge haben. Roosevelt fügst hinzu, jedes Boll, das bisher zu dieser Methode seine Zuflucht nahm, um seine Verpflichtungen erfüllen zu können, habe katastrophale Folgen erleiden müssen. Einzig die Wiedererneuerung des ganzen Landes werde das Schick- sal der Frontkämpfer bessern. Das Repräsentantenhaus lehnte hierauf das Veto des Präsidenten mst 322 gegen 98 Stimmen ab. Nazl-Nachtmanöver bei Graz Graz. Am Montag verhaftete die Polizei etwa 100 junge Nationalsozialisten, die in der Umgebung von Graz militärische Uebungcn abhielten. und K o m o t a u. Wer nicht nur in den großen Innerlich erschüttert I I 2« komm VON km« Vachek__. 1 Deutsch ton Anna AurednKek Als das Publikum, das stumpfe Publstum» ohne Rücksicht auf die Folgen, in Gelächter auS- brechen wollte, ließ sich im Auditorium lautes Schluchzen vernehmen. Dieses Schluchzen durchzuckte Beinsteller wie der Blitz. Das ist Sophiechen, dachte er. Er setzte sich so gerade, als er sich setzen konnte, und schloß mit lauter Stimme seine Rede: „Damals habe ich zum zweiten Male ohne Ge« wiffenbiss« gestohlen, um mich zu ernähren, habe gestohlen, um mich zu rächen und weil ich todunglücklich war. Und ich werde so lange stehlen, bis sich ein edles Wesen meines Unglücks erbarmt und mich erlöst." Sekundenlange Stille herrschte. Jetzt war dem Publikum das Lachen vergangen. Die ursprünglich lustige, warme Atmosphäre war dahin. Die Verhandlung entrollte sich jetzt wie eine Trauerzeremonie. Als das Gerichtstribunal das Urteil verlas— es waren drei Monate schweren Kerker-— waren alle unzufrieden. Ihre Unzu- friedenheit war anderer Art als die des Marcell Pirko, der sagte:«Drei Monate sind zuviel, da er sie so schön gefoppt hat." Der Detektiv benützte die Pause, um Fräulein Magdalena zu fragen: „Fräulein, wissen Sie, wer eS gewagt hat. Sie zu belästigen? Der Hanslitschek. Sollten Sie die Firma nicht kennen, so will ich Ihnen sagen, daß dieser Vogel nur von mir schon dreimal hoppgenommen worden ist." Dann zu Hanslitschek gewendet:„Tracht' zu verschwinden, Falott, falls es dir nicht paßt, kannst du wegen Einmischung in Amtshandlungen verhaftet werden." Infolge diese» energischen Vorgehen- beherrschte er die Sstuation, hatte aber nicht Zeit, seiner Nachbarin gebührende Aufmerksamkest zuzuwenden. Sophiechen, die gute Seele» befand sich von Beginn der Verhandlung an in grenzenloser Aufregung. Die Verlesung de- Urtefl- bracht« ihr eine gewisse Erleichterung. Sie hatte erwartet, Beinsteller werde zumindest auf fünf Jahre«ingesperrt werden. Und durch ihren Kopf zog ein Gedanke. Sie wird e- ihm geben» er wird eS dem Gericht zurückerstatten, und so wird ihm das Gericht die Straf« vielleicht herabsetzen. Mit dieser Msicht drängte sie sich trotz ihre- furchtsamen Charakters durch di« Menge, die Beinsteller bei seinem Wgang umringte. Es war die DiebSgesellschast» deren Mitglieder ihm Zigaretten, Schokolade, Gardinen und Geld in die Hände und in die Taschen stopften. Niemand hinderte jetzt Fräulein Sophie. Sie stand plötzlich vor Beinsteller, der ihr sofort seine ganze Aufmerksamkeit zuwendete. „Fräulein Sophiechen, ich büte Sie um Gottes willen, verzeihen Sie mir," flüsterte er flehend. „Ich habe Ihnen längst verziehen," antwortete sie und schlug die Augen nieder, an deren Wimpern große Tränen zitterten. Ehe sie von dem Päckchen sprechen konnte, flüsterte er ihr zu, so leise, daß nur sie«S hören konnte:.„Behüten Sie... Sie wissen schon, was." Sie antwortete in derselben Weise:„Ich hab'«S bei mir. Vielleicht würde man Ihre Strafe herabsetzen, wenn ich's abgäbe." „Das wäre mein Tod und der Ihre," flüsterte Beinsteller und wurde leichenfahl, als sähe er ihren Tod schon vor sich. „Vorwärts," befahl der Aufseher. So kam es, daß Beinsteller nicht aussprechen konnte, was ihm auf den Lippen schwebte. Er konnte ihr nicht mehr sagen:„Jetzt, da ich zum erstenmal liebe, will ich nicht..." Alles drängte zum Ausgang. Da gelang eS endlich dem Kadetten Karl, sich an Fräulein Sophie heranzuschlängeln. In einer Sekunde» die gerade genügte. um da- Wort Amen auSzusprechen» zog er das Päckchen au » Sophien- Handtasche. Sie hatte es gerade sorgfältig hineingelegt. Dann huscht« er durch die Menge und verschwand. Das neunte Kapitel beschreibt Ruhm und Fall de» Cherub» Karl und den Ursprung einer neuen HochverratSaffäre, die nebst ander« zur Verhaftung eine» Rottmeisters von den Fliegern führt. Al- der Cherub Karl den Justizpalast verließ, verspürte er die Wollust eine» Kirchenräuber-. Ihm lief ein Schauer über den Rücken, wenn er an die gefahrvolle Herrlichkeit seines Griffe» dachte, den er vor den Augen ganz Prag-, de» Gerichtstrtbunal» und in Gegenwart eine- halben Dutzends berühmtester Prager Diebe au»geführt hatte. ES ist zu wenig gesagt, wenn man versichert, Karl sei überglücklich gewesen. Er verkostete alle Lust eines Buben, der eben zum Manne gereist ist und herausfordernd der Gerechtigkeit die Zunge zeigt. Er wußte, daß er sich einmal mit seiner Tat werde brüsten können, daß sie von Mund zu Mund gehen werde. Der Bericht von diesem Meisterstückchen würde sich von Geschlecht auf Geschlecht vererben und al- ewig grüne» Blatt im Kranz der berühmtesten Diebereien wetterleben. Ein Zwecken im Diebsstiefel. So nannte ihn sein Entdecker und Lehrer der geliebte und berühmte Meister Ferdinand Beinsteller. Er erinnerte sich diese- Ausspruches, als er sein falsche» Schnurrbärtchen abnahm. Ja, er war«in Zwecken, und wa- für ein Zwecken! Sein Mäzen Ferdinand Beinsteller, der jetzt auf drei Monat« lebendig begraben wurde, hätte gewiß nie den Mut zu ähnlichen Unternehmungen aufgebracht. Tatsachen sprechen! Und Karl zündete sich«in Zigarettchen an und betastete selig da- Päckchen in seiner Tasche. Was wird wohl Ferdl sagen, bis ich ihm davon erzähle? Er wagü eS, seinen Meister vertraulich Ferdl zu nennest. Um so mehr fühlte er sich beleidigt, als ihn ein alter Herr stellte und ihn erregt ermahnte: Säugling, die Milch rinnt dir noch LberS Kinn und du rauchst schon? Weg mit dem Stummel!, „Der Doktor hat mir'» verschrieben! quietschte Karl und nahm ReißauS. Nach dieser Episode fühlte er sich noch gewachsen. Am liebsten wäre er vor Glückseligkeit in die Luft geflogen Wenn er jetzt mit einem Purzelbaum in der Elektrischen erscheinen oder einen Wachmann einen Schabernack spielen könnte! Er war nahe daran, einen jungen Hund zu stehlen, der hinter seinen! Herrn trottete. In seinem Wonnerausch tauchte das für- sorgliche Gesicht Ferdl Beinstellers vor ihm aus Er sah dessen warnend erhobenen Finger un» hörte seine eindringlichen Worte:„Bor allein. Jungens, vergeßt nie, daß es nur ein Glücken gibt, und daß man Gott niemals versuchen solu Schuster bleib bei deinem Leisten, und Buben, bleibt nur bei der Elektrischen und den Volksfesten." Der Cherub lächelte überlegen und dachte:„Ich bin eben ein größeres Talcns als der Ferdl, der es zu nichts bringen wird.> Wer eines machte ihm Sorgen. Das rinett" sah absolut nicht wohlhabend aus. Wenn das Päckchen nur ein Schmarren wäre, ein Schund, der seine Tat hcrabminderte... seine Oual zu beenden, stürzte er in die erste Tram. Er wollte seinen Raub in Beinstellen- Wohnung besehen. Er stellte sich auf die hintere Plattform— vor ihm auf dem nächsten Sitz et* blickte er die Bestohlene. Sie schaute ihn unverwandt an. „Diesen Buben sollte ich kennen," da«» Fräulein Sophie.»Was ist denn los mit ihm« Der Cherub starrte sie mit offenem Mund an ust" hatte entsetzliche Angst: Sie erkennt mich schon•• Soll ich davonlaufen, falls sie Skandal mach!' .(Fortsetzung folgt.).
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15 (23.5.1935) 120
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