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Freitag, 24. Mai 1938
Nr. 121
Braune Diktatur in reichsdeutschen Gemeinden und Bezirken
ZShes Binsen in Genf um die Lösung des abessinischen Konfliktes Genf . Die am Donnerstag von Reuter verbreitete Nachricht, daß der Vorsitzendewer italienischen Negierung di« englischen Vorschläge in Genf znr Lösung des abessinisch-italienischen Konfliktes durch ,. den Völkerbund rat abgelehnt habe, wurde,abends in Genf amtlich de» meiüirrt.<Tie Verhandlungen der englischen, der französischen und der italienischen Delegation haben zwar bisher zu keinen konkreten Ergebnissen geführt, doch wurde abends bereits eine bestimmte Annäherung in den Ansichten verzeichnet,'die Hoffnung auf eine positive Beendigung dieser Beratungen gibt. In französi schen Kreisen war man der Ansicht, daß noch in der Nacht ein Einvernehmen erzielt werden kann.
st i sch e m St o ß innerhalb der deutschen Bevölkerung in der Tschechoslowakei gegenüber. Fügen wir hinzu, daß dieser Stoß seit langem vorauS- gesehen wird. Es ist nicht überraschend, daß die Hitler -Demagogie besonders günstigen Boden in einem Lande findet, wo die Deutschen eine unter dem politischen und kulturellen Einfluß einer anderen.,„Rasse" stehende, nationale Minderheit sind. LS ist ganz natürlich, daß, die Deutschen , so wie alle anoeren nichttschcchischen Völker der Republik sich bemühen, nicht nur die volle Rechtsgleichheit, sondern auch die Gleichheit des Ansehens und dxr Zukunftsmüglichlesten in diesem demokratischen Staate zu erringen. And dessen haben sie sich bisher, mit unzweifelbaren Erfolgen unter der Führung insbesondere der deutschen Sozialdemokraten, befleißigt. Aber die Gefahr besteht darin, daß die Partei, die von nun an die deutsche Vertretung beherrschen Wird, sich mit diesen Anstrengungen und Methoden nicht zufrieden geben wird. Die Partei deS Herrn H e n l e i n ist, trotz seiner Loyalitätskundgebungen einfach ein Jnstru- mcnt Hitlers und des Berliner PangermaniS- mus. Sie hängt mehr von der internationalen Politik als von der Innenpolitik ab. Ihr Erfolg schafft ein dringendes Problem für den tschechoslowakischen Staat, ja sogar für die europäische Stabilität." Das Blatt beschäftigt sich dann mit dem entscheidenden demokratischen Erfolg des tschechischen Lagers, will voraussehen, daß die deutsche sozialdemokratische Partei trotz ihrer Verluste in der Regierungskoalition verbleiben, werde und schließt also: „Die Mitarbeit der d e u t sch en S o z iaide m o k r a t i e in-der Tschechoslowakei wird sogar für die politische und moralische Stabilität der Republik unentbehrlicher sein, denn je. Die deutschen Sozialdemokraten führten und setzen fort einen ebenso harten wie mutigen Kampf. Sie find, es, die an diesem neuralgischen Punkt Euro pas dem pangermanistischen und imperialistischen Fascismus den Weg versperren. Dafür schuldet ihnen die Tschechoslowakei , ja ganz Europa sehr viel Dank, nicht minder die arbeitenden deutschen Klaffen der Tschechoslowa kei selbst. - Das darf an diesem übrigens nur relativen Schicksalstag nicht vergeffen werden, der— dessen sind wir sicher— für sie nur sehr vorübergehend sein wird."
Die Wahlen in unserer Republik zu den gesetzgebenden Körperschaften lasten in den deutschen Gebieten eine starke Tendenz zur Fascisie» rung erkennen. Es sollen hier nicht die Gründe ^untersucht werden, die das Resultat in diesem Sinne beeinflußten. Den Wählern aber vor Augen zu führen, wohin in der Gemeindeverwaltung und in den Bezirksvertretungen der FasciS- mus führt, lasten wir eine Darstellung folgen über die durch daS. braun« fascistische System herbeigeführten Zustände in den Gemeinden und damit zwangsläufig in den Bezirksvertretungen, weil direkte Wahlen zu den Bezirksvertretungen in Deutschland nicht üblich sind, ihre Zusammensetzung vielmehr durch die Gemeindevertretungen sich vollzieht.. Die„Deutsche Gemeindeordnung" Hai gründlich aufgeräumt mit den„liberalistischen" und„demokratischen" Gepflogenheiten der „System"-Zeit, Gemeindevertretungen gibt es nicht mehr. Einzig und allein zu bestimmen hat der Bürgermeister, er ist der Führer der Gemeinde. Er steht von BvnzenS Gnaden an der Spitze der Gemeindeverwaltung und führt sie in voller und ausschließlicher Verantwortung. So bestimmt es die„Deutsche Gemeindeordnung" und so unterstreicht eS die erste Durchführungsverordnung, die jetzt publiziert wurde. Zu allen Verpflichtungen der Gemeinde genügt der Entschluß des Bürgermeisters und sein« Unterschrift. Die Handlungen deS Bürgermeisters werden allein von der staatlichen Aufsichtsbehörde überwacht, gemeindliche Kontrollorgane, die die amtliche Tätigkeit des Bürgermeisters kontrollieren und überwachen, gibt eS nickt mehr. Nur in einigen Fällen sind die Befugnisse deS Bürgermeisters zugunsten deS Beauftragten der Partei der NSDAP. — eingeschränkt... Die Einwohner und Gemeindebürger haben also im neuen Deutschland , das von vielen«sudetendeutschen" Politikern" erstrebt wird, nichts zu sagen. Zu allem Ueberfluß schuf die„Gemeindeordnung" den Unterschied zwischen„Einwoh nern " und Bürgern, offenbar zur Erfüllung d'r sozialistischen Forderungen der nationalsozialistischen Partei. Einwohner der Gemeinde ist, wer in ihr eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benützen wird. So bestimmt das ein Kommentar zur Gemeindeordnung. AIS Bürger angesehen wird bis zum Erlaß des deutschen Staatsbürgergesetzes jeder Staatsangehörige, der daS 28. Lebensjahr vollendet, seit einem Jahr in der Gemeinde wohnt und die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt... Die freiheitliche Gemeindeordnung der deutschen Republik, die jedem Gemeindebürger völlige Freiheit gewährte, ist durch das Hitler- system auSgeschaltet worden. An seine Stelle ist eine Diktatur getreten, die jede freiheitliche Regung der Gemeindebürger unmöglich macht. Der Bürgermeister ist allgewaltig. An die Stelle der früheren Gemeindevertretungen, AnS'chüsse und Deputationen, die für Beschlüsse zuständig waren)'tritt die Diktatur des Bürgermeisters. Als Stellvertreter und Gehilfen stehen dem Bürgermeister Beigeordnete zur Seite. Diese Beigeordneten, die den Bürgermeister kraft Gesetzes vertreten, sind in jeder Beziehung seinen
Weisungen unterstellt. Die Stelle deS ersten Beigeordneten entspricht im allgemeinen der bisherigen Stellung des zweiten Bürgermeisters. Er ist der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters und kann in besonderen Fällen den Titel zweiter Bürgermeister führen. Ueber die Rechtsstellung der Gemeinderätr und der Beiräte schreibt die Zeitung„Der Bayrische Bürgermeister": „Da die.Deutsche Gemeindeordnung' keinen Parlamentarismus mehr kennt, ist die Stellung der im Gesetz vorgesehenen Gemeinderäte grundverschieden von jener der bisherigen Gemeinde - ratSmitglieder. Die Gemeinderäte werden nicht von der Partei gewählt, sondern werden in einem besonderen Verfahren als Ehrenbeamte der Gemeinde berufen. Die Gemeinderäte sind nicht in ihrer Gesamtheit ein Organ der Gemeinde, welches Mehrheitsbeschlüsse faßt und den Bürgermeister kontrolliert, sondern sie sind als Einzelpersonen Gemeindeorgane, die den Bürgermeister zu beraten haben und für die Beratung verantwortlich sind. Die zweite Aufgabe der Gemeinderäte besteht darin, daß sie verpflichtet sind, den Maßnahmen deS Bürgermeisters in der Bevölkerung Verständnis zu verschaff, en. In Städten führen die Gemeinderäte die Bezeichnung„Ratsherr!" Die Zahl der Gemeinderäte wird in der Hauptsatzung bestimmt. DaS Gesetz setzt ehte bestimmte Höchstzahl fest. Diese beträgt für Gemeinden mit weniger«IS 10.000 Einwohner 12. Der Beauftragte der NSDAP ist nicht Gemeinderat. Er kann an den Beratungen deS Bürgermeisters mit den Gemeinderäten teilnehmen, wenn Angelegenheiten behandelt werden, bei denen im Gesetz seine Mitwirkung vorgesehen ist." Nach dieser Auslassung eines bürgermeisterlichen Organs sind die Gemeinderäte die Kulis des Bürgermeisters, die Prellböcke, die den Maßnahmen eines reaktionären und diktatorischen Bürgermeisters in der Bevölkerung Geltung zu verschaffen haben... Die Berufung der Gemeinderäte erfolgt durch den Beauftragten der NSDAP . „Da di« NSDAP die Repräsentantin des Volkes ist, bedeutet die Uebertragung dieser Aufgabe, so heißt es in einem gleichgeschalteten deutschen Matt, an ihn eine Verstärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung." Der Beauftragte der NSDAP hat sich vor Berufung der Gemeinderäte mit dem Bürgermeister ins Benehmen zu setzen, der aber nicht die letzte Entscheidung trifft. Der Beauftragte der NSDAP hat daS Entscheidungsrecht, damit Personen berufen werden, die dir unbedingte Gewähr dafür bieten, daß dir Grundsätze der Partei stets eingrhal- len werden. Bei der Berufung find nationale Zuverlässigkeit, Eignung, Leumund zu beachten und Persönlichkeiten zu berücksichtigen, deren Wirkungskreis der Gemeinde ihre besondere Eigenart oder Bedeutung gibt... Beamte, Angestellte und Arbeiter
England sucht 2500 Piloten und 20.000 Flugzeugmechaniker London . Das Luftfahrtministerium gab am Donnerstag genaue Einzelheiten über den große« Rekrutierungsfeldzug für die Lustaufrüstung bekannt. Gleichzeitig erließ der Luftminister Lord Londonderry folgenden östentlichen Aufruf:„Die Rekrutierung beginnt sofort, und ich appelliere an die Jugend der Nation, der königlichen Luftflotte beizutreten." Insgesamt werden im Rahmen deS Lust- aufrüstungSprogramms in diesem und im folgenden Jahre 2800 Flugzeugführer und 20.000 Mann Fliegerpersonal mehr benötigt, von denen die Hälfte bis April 1036 eingestellt sein muß Die jetzige Mannschaftsstärke beträgt 32.500 Mann. Bis zum Frühjahr 1S37 wird sie auf 88.000 Mann erhöht sein.
der Gemeinde und Beamte der Aufsichtsbehörden können nur ausnahmsweise zu Gemeinderäte« berufen werden. Um die notwendige Unabhängigkeit der Gemeinde zu sichern, hat daS Gesetz bestimmt, daß die Entscheidung über eine vorzeitige Abberufnug eines Gemeinderates von einer überörtliche« Stelle getroffen wird, nämlich von der Aussichtsbehörde. Die Aussichtsbehörde hat aber im Einvernehmen mit dem Beauftragten der NSDAP zu entscheiden. Die völlig« Bedeutungslosigkeit der Institution der Gemeinderäte wird treffend illustriert durch die Bestimmungen für die Beratung des Bürgermeisters mit den Gemeinderäten. Die Gemeinderäte sind nicht berechtigt, die Anberaumung von Beratungen zu verlangen, sie werden vom Bürgermeister unter Angabe der BeratungSgegenstckide zu den Beratungen geladen. Hingegen sind sie verpflichtet, an den Beratungen teilzunehmen, wenn sie nicht vom Bürgermeister beurlaubt sind. Darüber, ob die Beratungen öffentlich oder nichtöffentlich sind, entscheidet ausschließlich der Bürgermeister. B e- schlösse über den Rat, den die Gemeinderäte dem Bürgermeister erteilen wollen, werden nicht gefaßt. Auf Verlangen des Bürgermeisters haben sich die Gemeinderäte zu den einzelnen Beratungspunkten zu äußern. Ueber den wesentlichen Inhalt der Beratungen werden Niederschriften ausgenommen, in denen vor allem die Aeußerungen der Gemeinderäte aufzunehmen sind, die von denen deS Bürgermeisters abweichen... Diese„Deussche Gemeindeordnung" und ihre Ausführungsverordnung, die für die Ge- meindcräte zwar Pflichten, aber keine Rechte kennt, abgesehen davon, daß die Gemeindebürger überhaupt über das Schicksal der Gemeinde nichts zu bestimmen haben, mutet an wie e i n S t ü i Mittelalter. Hier in der Gemeinde hat die NSDAP all die Ansprüche ihrer kleinen Diktatoren und Unterführer verankert, die von der staatlichen Bürokratie mit Erfolg abgewchrt wurden... Jedenfalls ist es ein sonderbares Bemühen der hiesigen Henlein-Fascisten, derartige Zustände in den Gemeinden, die durch eine Gesindeordnung verankert sind, herbeizusehnen..- |||
Fräulein Sophie war indessen zu der Ueber- zeugung gelangt, sie habe sich geirrt und kenne diesen Buben gar. nicht. Sie dachte wieder an ihre Angelegenheit, die sehr kompliziert und verworren war. Sophie hatte das unklare Empfinden, daß Beinsteller eine Ungerechtigkeit zugefügt worden >var, obwohl sie nicht zweifeln konnte, daß man ihn mit Recht einsperrte.- Er hatte ja gestohlen. Der traurige Beiweis lag in ihrer Handtasche. Auch das beunruhigte sie. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, daß ein gestohlener Gegenstand drei Monate lang in ihrem ehrlichen Koffer aufbewahrt werden sollte, In dem Päckchen sind Sachen, die dem Herrn aus Polen gehören. Soll sie aussteigen und das Päckchen dem Wachmann übergeben? Sie kann ja sagen, sie habe eS in der Elektrischen gefunden... Wie eine Märtyrerin saß sie da; lang, dürr, traurig, ein Bild des JämmerS. Auf den Wangen hatten vertrocknete Tränen ihre Spuren hinterlassen, die sie BeinstellerS wegen geweint hatte. In den Händen hielt sie krampfhaft hie Handtasche. Sie'war sehr traurig. Ihre Ruhe war gestört und sie in eine Angelegenheit verwickelt worden, an die fic unaufhörlich denken mußte. Neben der Begebenheit mit Beinsteller stand noch die Erinnerung an die Demütigung, die ihr Herr Foltr am WaldeSrand in Tscherno- schitz zugefügt hatte. Die Welt ist schlecht, schlecht ... Wenn sie doch gar nichts von ihr wüßte... Der nun beruhigte Cherub wurde grausam und weidete sich an dem Anblick seines gepeinigten Opfers. Er wußte, er werde vom Meister ver
prügelt werden, weil er es gesagt hatte, diese arme I Frau zu bestehlen. Aber es war zu verlockend gewesen. Seine Gedanken eilten noch weiter: Könnte ich doch dabei sein, wenn das„Klarinett " die Handtasche aufmacht, dachte er. Zerquetschen Sie sie nur nicht, Fräulein. Im voraus ergötzte er sich mit unschuldiger Grausamkeit an ihrem Schrecken, an ihren Qualen, und hätte weiß Gott was für den Anblick gegeben— vielleicht die Hälfte seiner Beute. Fräulein Sophie hatte sich nun wieder dem moralischen Hintergrund dieser Angelegenheit zugewendet, die sie so quälte. Sie darf auf keinen Fall zulassen, daß der polnische Herr um seine Sachen kommt. Falls es in ihrer Macht steht, das Unrecht gutzumachen, das ihm zugefügt wurde, darf sie nicht zögern, wa» immer Beinsteller auch dazu sagen wird. Er wird sicherlich froh sein, wenn sie sein Gewissen erleichtert! So ensschloß sie sich denn, auszusteigen und die Handtasche dem Wachmann zu übergeben. Gerade im Augenblick, als Cherub Karl dachte, wie gern er alles für den Anblick seines zuckenden Opfers hergeben würde, erwachte Fräulein Sophie auö ihrer Starrheit und— öffnete die Handtasche. Da erkannte Cherub Karl, daß der ersehnte Augenblick absolut nicht vergnüglich war. Mit einem Satz stand er auf dem Trittbrette und schwups— sprang er ans dem Wagen. Die Angst saß ihm im Genick. Er rannte so schnell er konnte bis hinter die fünfte Straßenecke. Dann stand er erst still. Indessen durchsuchte der Kondukteur mit Fräiileiir Sophie jedes Fleckchen auf und unter dem Sitzplatz, hob die Fußmatte und Sophie kehrte die Handtasche und alle Taschen um. Das Päckchen war verschwunden. „War eS wertvoll?" fragte der Schaffner. „Nein," seufzte Sophie und sah dabei aus wie ein Gespenst.,»
Auf dem Wege zur Hühnersteige erblickte Cherub Karl Fräulein Sophie, die im Hause Nr. 6660 auf dem Zijjkov verschwand. Als er oben auf der Hühnersteige angelangt war, betrat Sophie eben ihre Wohnung. Weiß der Kuckuck, dachte er, was das„Klarinett " hier zu tun hat und warum es immer hinter mir her ist? Bon einer furchtbaren Ahnung erfüllt, schlich Karl in die Diebsakademie. Er hatte nicht nur das erste, sondern auch daS zweite Diebsgebot überschritten, welches lautete:„Du sollst nicht in der Nachbarschaft stehlen." Jetzt war nur noch die Strafe abzuwarten. Sie stellte sich ein, als er seinen Raub auSgepackt hatte. Er fühlte den Schatten der strafenden Hand über seinem Kopf schweben, ließ die furchtbaren Gegenstände auf den schmutzigen Boden fallen und lief davon. Dieses war der Anfang der unglaublichen Ereignisse, die bezeugen, daß es tatsächlich ein verhetztes Schicksal gibt. Eine Weile später kehrte die große Dame Loisis von der Verhandlung zurück. Armer Ferdl, dachte sie, als sie an seiner Wohnung vorüberkam, und blickte mitleidig durch daS Fenster. „Wenn er sich nur sagen ließe, daß er ein Frauenzimmer braucht!" sagte sie, als sie die Papiere erblickte, die verstreut auf dem Boden lagen.„Er hat nicht einmal jemanden, der nach dem Gesindel zusammenkehrt. Hätte ich den Schlüssel, würde ich Ordnung machen." Sie klinkte die Türschnalle auf— die Tür öffnete sich.„Man könnte ihn noch auSrauben, wenn ringsum nicht anständige Menschen wohnten", brummte sie und trat ein. Sie streifte die Handschuhe ab, hob die von Karl verstreuten Papiere auf und legte sie in die Tischlade. Im Begriff, hinaufzugehen, erblickte si« die Flasche vom Eierkognak. Am Boden der Flasche war noch ein Rest der guten Flüssigkeit geblieben. Damit sie bis zu FerdlS Rückkehr nicht verderbe, nahm Loisis die Flasche» wickelte sie in eines der Papiere, die
in der Tischlade lagen, und trug daS Restche« Eierkognak nach Hause. Kaum hatte sie die Stube verlassen, kehrte die Hausmeisterin von der Verhandlung zurück. Sie war so ergriffen, daß es sie zu FerdlS Wohnung zog.»heilige Mutter Gottes l" rief sie, als sie die Stube betrat,„es kann ja jeder herein, als wäre es ein Durchhaus!" und sie schloß fürsorglich die Wohnung mit ihrem Schlüssel ab. Nach einer Weile kam Cherub Karl in die Wohnung zurück. Er hatte sich von seinem Schrecken erholt und war nur von einem Gedanken besessen: Wie sind die Papiere, die sei" Meister gestohlen hat, in die Handtasche des „KlarinettS" gekommen? Heutzutage stiehlt schon ein jeder, und die Papiere, die Beinsteller dem vermeintlichen LandesgerichtSrat und er dem „Klarinett " gekrabsckt hat, hat daS„Klarinett " vielleicht dem Beinsteller gestohlen! Je länger er nachdachte, desto leichter schien ihm die Sache. DaS.^klarinett" war nach Abgang der Polizei in BeinstellerS Wohnung eingedrungen. ES ist Mitternacht , daS.^klarinett" kehrt beim Schein der Diebslampe die Wohnung von unterst zu oberst und findet endlich die Papiere, die der Aufmerksamkeit des Geheimagenten entgangen sind. DaS„Klarinett " trägt sie davon. Warum? Eines Tages wird Beinsteller das Gefängnis verlassen, dann wird daS .^klarinett" kommen und fragen:„Willst du wieder ins Kriminal wandern oder mir für diese Papiere hunderttausend Kronen zahlen?" Beinsteller wird dann nichts anderes übrig bleiben, als für dieses magere Frauenzimmer zu rackern, daS ihn bis zu seinem Ende auSsaugen wird.. Wenn dies aber der Fall ist, wird das „Klarinett ", da die Papiere verschwunden sind, danach suchen, eS wird wiederkommen und die Wohnung des Meisters durchstöbern. .(Fortsetzung folgt.