Sr. 121 Freitag, 24. Mai 1935 Seite 5 Italiens Eintritt in den Weltkrieg Kriegsetappengebiet Erythräa (AP.) Massaua  , der Hafen von Ery- ihräa, ist plötzlich durch die italienischen Kriegs­dorbereitungen in den Scheinwerfer des Weltge­schehens gerückt. Es kommen dort so viele Tausende don Soldaten und Arbeitern an, daß man sich tragt, wie denn überhaupt die Frage der Unter­bringung und Verpflegung zu lösen sei. Und doch lenkt man nicht den Verkehr nach Jtalienisch- Eotnaliland, weil das Klima dort noch ungesün- «t ist als in den anderen, dem Europäer ohne- iiei nicht sonderlich bekömmlichen Gegenden. Denn Somalia   erstreckt sich noch über den Aequator   Hin­dus nach Süden, und man schickt dorthin zunächst nur diejenigen Formationen, die bisher in Ery- rhräa stationiert waren und sich daher schon etwas alllimatisiert haben. Massaua   ist zwar auch einer der heißesten Plätze der Erde, aber nicht so unge­sund. Pest und Cholera, auf der arabischen Seite des Roten Meeres   eine ständige Plage, sind hier kbenso selten wie Malaria  . Auch die Termiten, Skorpionen, Giftspinnen und Schlangen fehlen düc. Die Hitze ist freilich selbst für den Südita- liener zunächst unerträglich. Die Italiener ver­gleichen Massaua   gern mit Venedig  , der Lagunen« sladt. Aber dort fehlt das äthiopische Hochgebirge °n Hintergrund, das hier hart an den Meeres­slrand herantritt. Das europäisch« Massaua  , das l>or 50 Jahren der italienische Admiral E a i m i besetzte, ist eine Schöpfung des Schwei­ zer   Ingenieurs M u n z i n g e r P a s ch a, den die ügyptische Regierung seinerzeit als Gouverneur Wer ihre Ostprovinz setzte. Massaua   hat heute 25.000 Einwohner, in normalen Zeiten etwa b00 Europäer, meist Italiener, dazu einige Grie­chen. In deren Händen befinden sich die großen Handelshäuser sowie die Cafes unter den Arkaden, don denen aus man einen Blick auf das Rote Meer  hat. Unter den Farbigen sind so ziemlich alle Stämme vertreten, und zwar Abessinier, meist Mohammedaner aus dem Norden, aus denen sich Wer die italienische Eingeborenentruppe rekru­tierte, ferner Amhara  , Galla, Kaffitscho und Da- dakil, weiterhin Somalis  , Sudan  -Negcr, Bantu­feger, Araber, vor allem aus dem Demen  , aber sMch Inder, Perser, Japaner unb Malayen. Um 'hre Währung durchzusetzen, nehmen die Italie­ner den Maria-Theresien-Taler nicht mehr ay. Dadurch ist dies in ganz Aethiopien  , aber auch im Sudan   und überall am Roten Meer   bevorzugte Zahlungsmittel stark entwertet worden. Früher l»ar Massaua der Ausfallhafen für all« umlie­genden Gebiete. Jetzt exportiert Abessinien nach Osten jcher Dschibuti  (Französisch-Somaliland), nach Westen in den Sudan  , nach Süden zum «ludolf-See(Britisch-Kenya), der Nord-Sudan Wer das britische Berber nach Suakin  . Ueber Massaua   werden nur noch die Erzeugnisse des ita- strnischen Erythräa ausgeführt. Man sagt, daß mer eine wesentliche Ursache der B e r sk k m- fu n g Italiens gegen die abessinische Ne­uerung liege. Massaua   soll die führende falle z u r ü ck e r o b e r n, die es bis zur Besitzergreifung durch die Italiener innehatte. Die Versorgung Maffauas, selbst mit Früchten, erfolgt hurch Italien  . In der Umgegend nämlich gibt es stinen Baum, keinen Strauch, keine Pflanze und stillen Grashalm. Angesichts des enorm teuren Ssthfutters haben sich Auto, Motorrad und Mo« stkbarkafse schnell eingebürgert. Eine Gebirgs­ahn führt nach der Hauptstadt Erythräas, «imara. Verlanget überall Volkszünder Nach zwanzig Jahren Am 24. Mai 1918 hat Italien Oesterreich- Ungarn den Krieg erklärt und ist an der Seite der Entente in den Weltkrieg eingetreten. Es wäre kaum mehr als eine Gedankenspie­lerei, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie sich die Dinge entwickelt hätten, wen» Italien   dem Konflikt ferngeblieben wäre. Hätte der Krieg einen anderen Ausgang genommen und was hätte die­ser andere Ausgand für die Welt bedeutet? Müßig ist eS, sich zu fragen, ob auch in einem neutralen Italien   der Fascismus sich entwickelt oder ob diese neueste Form kapitalistischer Abwehr sich ein anderes Geburtsland ausgesucht hätte, wenn ihm nicht durch Kriegsverrohung und Kriegsenttäu­schung der italienische Boden vorbereitet worden wäre. Es ist schon schwierig genug, die sich wirk­lich ereignende Geschichte in ihren Triebfedern und Folgen Halbwegs zu verstehen; wollte man gar mögliche Umstellungen und ihr« Wirkungen er­gründen, käme man ins Bodenlose. Daß die Diplomatie der Zentralmächte am 24. Mai 1915 die bittern Früchte einer wahren Rekordleistung an Ungeschicktheit einheimste, wird niemand bestreiten. Was ist von deutscher   und österreichischer Seite nicht alles in den zehn Mo­naten seit Kriegsbeginn verfehlt worden! Zunächst war es ein kolossaler Mißgriff, Italiens   Neutra­litätserklärung als Vertragsbruch zu bezeichnen, anstatt offen zuzugeben, daß der Dreibundsver­trag ausdrücklich die italienische Neutralität vor­sah, falls Großbritannien   den Zentralmächten den Krieg erklärte. Was hätte Italien   gegen di« eng­lische Flotte ausrichten, wie seine dichte Bevölke­rung bei der Abschnürung von Gibraltar   mit Ge­treide Vorsorgen können? Da man Italien   alS Freund nicht haben konnte, hat man es alS mög­lichen Feind unterschätzt und'hat sich deshalb beim Werben um seine Neutralität nicht in Unkosten gestürzt. Wenn Oesterreich gleich Triest   und Trient  angeboten hätte, wäre der Kriegspropaganda der Entente der Boden entzogen worden. Das alte Wort von dem Hochmut, der vor dem Falle kommt, hat sich damals einmal wieder bewährt. Im Sep­tember 1914 erwiderte uns ein reichsdeutscher Politiker auf unfern Hinweis, daß Triest   und Trient   der Preis der Neutralität seien:Davon kann nicht die Rede sein: Triest   nehmen wir" (nämlich Deutschland  ). Wer in Italien   lebte, sah die Kriegsvorbereitungen, aber die Berichte, die warnen sollten, fielen der österreichischen Zensur zum Opfer. Von Kriegsbegeisterung war in den ersten KriegSmonaten nichts zu Wr^., Nur die Natio-, nalisten, mit Federzoni, dem heutigen Se­natspräsidenten an der Spitze, wollten den Krieg an der Seite der Zentralmächte. In den Massen fand ihre Forderung nicht. den mindesten Widerhall, obwohl die Nachrichten aus Belgien   die öffentliche Meinung stark gegen Deutschland   einnahmen. Die sozialistische Artei, damals noch nicht gespalten, auch noch nicht von ungeschulten Massen aufgeschwemmt, wie sie die Nachkriegsinflation unseren Reihen brachte, nahm von Anfang an klar und energisch für die Neutra­lität Stellung und bekämpfte auch die absichtliche und systematische Aussaat des Hasses, die die bei­derseitige Greuelprppaganda betrieb. Natürlich hat ihr das den Vornnirf der Vaterlandslosigkeit und der Deutschfreundlichkeit eingetragen, aber sie hat damals wirklich die Masten hinter sich gehabt und war der Wortführer des Mehrheitswillens. Ueber diesen Mehrheitswillen hinweg ist das Land zum Krieg gezwunge n worden. Diese Tatsache verdient heute vor allem Beachtung, heute, wo in fast allen Ländern Europas   Kräfte am Werk sind, die mit der öffentlichen Meinung der verschiedenen Staaten ein gleiches Spiel ver­suchen möchten. Die ungeheure Mehrheit des ita­lienischen Volkes wollte den Krieg nicht, hatte eine lebhafte Vorstellung seiner Schrecken, weil er sich ja in nächster Nähe, unter Kulturvölkern vollzog, mit denen das Land in innigstem Kon­takt lebte; man litt außerdem noch selbst unter den Wunden und Verlusten des Krieges um Tripolis  . Welchen Einflüsten es gelang, die Regierung für die Sache der Entente zu gewinnen, wird man vielleicht nie erfahren. Daß sie aber seit Anfang Januar 1918 gewonnen war, steht außer Zwei­fel. Die Regierung wußte, daß sie das Volk gegen sich hatte. Sie benutzte also die erste Gele­genheit, um die Versammlungs« und Pressefrei­heit einzuschränken, wobei ihr die Teuerungsun­ruhen und die Arbeitslosenkundgebungen, die durch die Unterbindung der Auswanderung und das Zurückfluten der Auswanderer hervorgerüfen wa­ren, den willkommenen Vorwand lieferten. Gleich­zeitig ließ man nun den Interventionisten freie Hand. Je näher die Entscheidung kam, um so dreister wurde diese Bande. Für die Neutralität eintretende Zeitungen wurden verwüstet, kriegs­feindliche Abgeordnete und Freunde G i o l i t- t i S wurden in Rom   mißhandelt und bespuckt. Ministerpräsident war S a l a n d r a, ein Mann der Rechten, mit einer kriegsfeindlichen Kammermehrheit von Giolittianern. Es galt also nicht m i t dem Parlament, sondern gegen das Parlament zu regieren. Und während die Inter« ventionisten von oben und unten predigten, Ita­ lien   müste an Seite der Entente für Demokratie und VolkScechte gegen den Absolutismus kämpfen, begann man damit» diese" beiden Güter.in einer Versenkung verschwinden zu lassen. Die Regierung Außenminister war Sonnino unter­handelte einstweilen noch mit beiden Seiten, wurde von Oesterreich  , das die Götter mit Blindheit schlugen, durch geringfügige Zugeständnisse ver­ärgert und ließ am 28. April 1915 von ihrem Botschafter in London   den Londoner   Ver­trag unterzeichnen. In ihm verpflichtete sich Italien   gegen Versprechungen, die zum Teil heute noch nicht verwirktlicht wurden, zum Ein­tritt in den Krieg. Die Klauseln dieses Vertrags, der über eine halbe Million Italiener das Leben kosten sollte, wurden der Volksvertretung erst im Jahre 1920 vorgelegt l Vergebens bemühte sich die sozialistische Par­tei, das Unheil zu bannen. In Rom   kommt es zu interventistischen Demonstrationen, ebenso in Neapel  , Bologna  , Pavia  , Ferrara   usw. Die De­putiertenkammer wird gestürmt. Mussolini   ver­öffentlicht in seinem Blatte einen Artikel mit der Ucberschrift:Nieder das Parlament!" In Mai­ land   wird die Parole ausgegeben:Krieg oder Republik". Der Generalstreik in Turin   wird nie­dergeworfen. Am 20. Mai bewilligt die Kammer dem Ministerium unbeschränkte Vollmacht put 407 gegen die 4 Stimmen der Sozialisten. Vier Tage später folgt die Kriegserklärung. So zusammenhanglos und unmotiviert wie die Ereignisse in dieser Aufzählung erscheinen, so haben wir sie erlebt. Ueber all dem schwebte, un­heilvoll und lähmend, das Gefühl eines unent ­rinnbaren Fatums. Sicher waren unsichtbare Strömungen in der Tiefe richtunggebend: Intet- essenftrömungen jener Gruppen, für die der Krieg zur großen Ernte wurde. Der Sekretär der Arbei­ terkammer   Genuas  , der jetzt gleichgeschaltete Lo- dovice C a l d a, gab im April bekannt, daß die Genueser Arbeiter keinen Generalstreik machen würden, um den Krieg zu verhindern. Genua   und die anliegende Rivieren waren das Zentrum der italienischen Rüstungsindustrie. Bis zum Mai hatte man die Massen so bearbeitet, daß ein Generalstreik schon gegen fascistische Me­thoden angcprallt wäre. Der Untergang derLu- sitania" brachte die Verfechter des Friedens um die letzten Hoffnungen. Gerade weil in Italien   die sozialistische Par­tei ihre Pflicht bis zum Acutzersten getan hat- im Parlament, in Massenversammlungen, Stra­ßendemonstrationen und in der Presse ist die beinahe unblutige Ueberwältigung der Mehrheit durch eine von der Regierung(vielleicht sogar ge­gen den Willen des Staatsoberhauptes) manöv­rierte Minderheit so lehrreich und so warnend. Ohne die verfluchte Geheimdiplo m a« t i e und ohne die Lügenkampagne der Presse wäre es unmöglich gewesen, das Boll in den Krieg zu Hetzen. Was hat man den Massen nicht an Lügen vorgesetzt! Viele glaubten im Ernst, es gäbe keine andere Mternative als deut­ sche   Sklavenketten oder Krieg. Die Massen haben sich unmündig gezeigt, insofern sie sich zuerst durch das dumpfe Gefühl der Fatalität vernebeln, dann durch den Riesenapparat der Mobilmachung in den physischen Taumel hineinreißen ließen. Unbekannte Soldaten unserer Idee haben bewußt und entschlossen ihre Gehorsamsverweigerung an der Front mit dem Leben bezahlt. Aber das Volk als Ganzes hat sich nasführen und für fremde Interessen mißbrauchen lassen. Ot« Llbrrg. Kein neuer Gedanke... Die Welt Ist sich Ober Hitler   einig Paris  . Die französische   Presse bringt die Rede Hitlers  , welche überall mit großem Inter­esse erwartet wurde, ausführlich. Sie anerkennt, daß die Rede geschickt abgefaßt ist, stimmt aber in der Anschauung überein, daß sie keine neuen Gedanken enthält, sondern nur die Behauptungen der deutschen   Regierung be­züglich der Gleichberechtigung, ferner eine Kri­tik des Versailler Friedensvertrages und der bisherigen Methode der europäischen   Politik be­treffs der Organisierung des Friedens und hauptsächlich des französisch-russischen Paktes betreffend den gegenseitigen Beistand, -O'*"*'*""*":**-y' Washington  . An amtlichen amerikanische  « Stellen ist man der Ansicht, daß di« Kundge­bung Hitlers   im Wesen keine neuen Elemente enthält. ES wird das Bedauern darüber geäußert, daß auch nach der Rede Hit­ lers   der Standpunkt Deutschlands   unklar bleibt und daß die Rede kein konstruk» tives Programm gebracht hat. Rom  . Nach der Rede Hitlers   kommt in Italien   allgemein die Anschauung zum Ausdruck, daß sich aus ihr kein neuer Gedanke ergibt. Der Rede Hitlers   wird in Italien   übri­gens ein s« h r relativer W e rt beige­messen. Der seltsame Heiratsaatrag Bon Alfred Carl. Daß sich jemand in ein Frauenbild verliebte, M schon im klassischen Altertum vorgekommen W- Wenigstens wird da von einem griechischen "lldhauer berichtet, er hätte zu einer von ihm selbst lischaffenen Statue eine so unbezwingliche Nei- Ns»g gefaßt, daß er Zeus angefleht hätte, dem ^lldniz Leben einzuhauchen. Der Göttervater soll M heißen Wunsch des Künstlers sogar verständ« »lsvoll erhört haben nun, heute kommt ber­ochen trotz aller technischen Fortschritte wohl W mehr vor... a In unserer Zeit wäre man zum Glück auch wehr auf die zweifelhafte Hilfe des inzwischen ^thronten Herrschers im Olymp angewiesen; ^rliebt man sich heute in ein Frauenbild, ist e? Astens eine Photographie, und die setzt daS Ori- >^ol in Fleisch und Blut ja in jedem Fall vor» ?*** Daher grassiert denn auch die von Phows Deckte Liebe, und es sollen Leute auch schon bis Afrika   gefahren sein, um das Ziel ihrer Sehn- sucht leibhaftig vor sich sehen zu können... »^Dieser weite Weg blieb mir allerdings er- ?urt; denn es handelte sich bei mir um ein Pro- ^Sanda-Porträt für die ZahnpastaSchnee- JW', und an dieser Firma war nichts amerika- außer ihrer Reklamemethode. Ich entdeckte das Bild in einer Zeüschrift. ^Men Hauptreiz soflten natürlich die regelmähi- trachtend weißen Zähne ausmachen, die den Lm Nutzen des fleißigen Gebrauches der Pasta schneeweiß" mit sinnfälliger Eindringlichkeit sollten. Daß diese Zähne von jungen, sanft Wlvungenen, wie zu leisem Lächeln geöffneten Jwt umrahmt waren, daß sie vor allem trotz fe.* blendenden Glanzes von zwei großen, feit, leuchtenden Augen überstrahlt wurden, und sich gegen eine Fülle schimmernden, blonden Haa­res kaum behaupten konnten, war dem Reklame­chef vielleicht nicht aufgefallen, oder vielleicht doch; die Propaganda der Firma war, wie gesagt, äußerst geschickt und zugkräftig. Ich schnitt das Bild aus und befestigte es mit einem Reißnagel über meinem Schreibtisch es hatte mich eben auf den ersten Blick bezaubert, und ich wünschte, eS immer betrachten zu können. Nach vierzehn Tilgen hingen dort drei ver­schiedene Bilder nebeneinander die Firma Schneeweiß" veröffentlichte das Porträt meiner Unbekannten wöchentlich in anderer Stellung und Beleuchtung, en face, im Profil, im Halbprofil. Auf Reklame verstanden sich die Leute eben, sie wußten genau, was sie taten... Nach einer weiteren Woche kam ein viertes Bild hinzu diesmal war meine schöne Unbe­kannte wieder von vorn ausgenommen, mit leicht geneigtem Kopf, und diesmal sah ich die Zähne eigentlich überhaupt nicht mehr, sondern nur noch die seltsamen großen Augen, die mit einer leisen Schalkhaftigkeit zu lächeln wußten... Ich brauche jetzt wohl nicht mehr zu verraten, daß ich in diesen Wochen oft Stunden vor diesen Bildern verbracht hatte; also wird auch mein Ent­schluß nicht wundernehmen, das fünfte Photo nicht mehr abzuwarten. Es erging mir ähnlich wie dem griechischen Bildhauer: meine Sehnsucht hatte so übermächtig Gewalt über mich gewonnen, daß mir der Anblick der Bilder aflein, so sehr ich ihn auch suchte, längst nicht mehr genug geben konnte. Ich wollte mehr, viel mehr, ich war sogar entschlossen, meine Freiheit aufzugeben, der Bildhauer hatte das, glaube ich, nicht getan... Natürlich wandte ich mich nicht an Zeus  , son­dern an die FirmaSchneeweiß" und fragte höf­lich an, ob man mir liebenswürdigerweise die Adresse mftteilen wollte. Als Antwort erhielt ich eine Gratisprobe der Zahnpasta mft em paar ver­bindlichen Zeilen der Weigerung. Die FirmaSchneeweiß" sollte kein Hinder­nis auf dem Weg zu meinem ersehnten Lebens­ziel sein. Nachdem ich auch telephonisch mit den Leuten nicht weitergekommen war, wandte ich mich einfach an einen Detektiv. Kleinigkeit!" meinte der Mann und vierundzwanzig, Stunden später hätte ich die Adresse in Händen. Wie er das gemacht hatte, ver­riet mir der Mann nicht. Nun, dafür war' er schließlich Detektiv es mußte sich übrigens, nach seiner Forderung zu schließen, um äußerst umständliche schwierige Ermittlungsmethoden handeln. Daß meine schöne Unbekannte den simplen Namen Meier führte, war im Vergleich zu ihren bezaubernden Augen für mich natürlich so un­wichtig, wie nur irgend etwas in der Welt. Noch am gleichen Tag sandte ich einen Brief an Fräulein Meier ab. Nach sorgfältiger lieber« legung hatte ich mich für rückhaltlose Offenheit ent­schlossen. Ich schilderte ihr die seltsame Entstehung meiner Liebe, legte meine Verhältnisse dar, die durchaus erfreulich sind ich nahm an, meü« Angebetete würde wohl nicht allzu begütert sein, wenn sie ihr Bild für Propagandazwecke zur Ver, fügung stellte. Natürlich verfehlte ich auch nicht, um Verständnis für meinen seltsamen Heiratsan­trag zu bftten und machte auch kein Hehl aus mei­ner Hoffnung, bei ihr, der Unbekannten, dies Ver­ständnis zu finden. Das schalkhafte Lächeln ihrer Augen ließ mich vermuten, daß sie ein wenig Sinn für das mitunter absonderliche Zufallsspiel der Liebe besäße. Alles übrige wollte ich vertrauens« voll der persönlichen Bekanntschaft iiberlassen, und so bäte ich sie denn recht inständig recht bald um ein Lebenszeichen... Rach zwei Tagen sehnsüchtigen Wartens ich verbrachte meine ganze Freizeit vor den Bil­dern über meinem Schreibtisch erhielt ich einen Brief, dessen Umschlag den Aufdruck der Firma Schneeweiß" zeigte. Begreiflicherweise öffnete ich ihn erst nach einem Zögern und nicht ohne Unbe­hagen. Das Schreiben trug den VermerkDirek­tion" und enthielt in der knappen und sachlichen Schreibweise eines Geschäftsbriefes folgende Zeilen: Sehr geehrter Herr! ES freut mich, daß Ihnen da? Bild mei­ner Frau gefallen hat; außerdem fühle ich es Ihnen nach. Leider kann Ihrem Wunsch, wie aus dem Vorstehenden ja hervorgeht, jedoch picht ent­sprochen werden.(I) Dagegen zeigt mir Ihr Vorgehen, daß Sie offenbar gute Ideen haben. Solche Leute kann ich brauchen; ich beabsichtige, mein Propaganda­bureau zu vergrößern und suche geeignete Kräfte. Ich bitte Sie also, sich baldigst bei mir vorzu­stellen.* Hochachtungsvoll Meier, Direktor." Ich habe mich natürlich nicht bei Herrn Meier vorgestellt. Schon deshalb nicht, weil seine Reklamemethoden mir denn doch zu unbekümmert amerikanisch waren und ich mich mit seinen guten Ideen durchaus nicht befreunden konnte. Die Bilder verstaute ich zuunterst in einem Schreibtischfach sie zu verbrennen, konnte ich mich doch nicht entschließen. Den Detektiv habe ich auf Rückzahlung eines Teiles seiner Forderung verklagt, ich bin damit auch durchgekommen. Der Mann spielte sich zwar als Menschenfreund auf und behauptete, er hätte nur die Adresse, nicht den Familienstand auSkund« schäften sollen, und es wäre nicht seines Amtes gewesen, mir vorher eine Enttäuschung zu berei­ten; in Erfahrung gebracht hätte er natürlich alles, er sei em erstklassiger Detektiv. Der Richter zeigte für diese Fiirsorge jedoch kein Verständnis, und so war dieser Prozeß daS einzige, was ich bei mei­nem seltsamen HeiratSäntrag gewann...