Nr. 135 Sonntag, 9. Jfttttf 1935 Sette 8 Mussolinis kleiner Kries Der Kampf um Abessinien* »Mangasta Itiopia« Abgeschlossenheit und auf dem festungsartigen Ge- 1 zwar viel Gut und Blut, hatte aber bei weisem birgsMassiv die Unabhängigkeit des Le­hensreiches, das seit Urzeiten besteht. Gegen alle Angriffe des JslamS, der an Abessinien vorbei nach Westen ausbog und den Sudan kolonisierte, süd­östlich bis Dar es Salaam vordrang, konnte sich das christlich-feudale Reich auf dem Hochland hal­ten. Jahrhunderte lang hatte es dann Ruhe. Der verfallene Islam bedrängte es nicht. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erst schlugen die Wellen der Geschichte wieder an die Felsmauern von Habesch. Das Vorspiel In den achtziger Jahren d«S vorigen Jahr­hunderts begann der große Wettlauf der imperia­listischen Mächte nach den letzten herrenlosen, besser gesagt, den lichten noch nicht vom Kapitalismus Rund eine Viertelmillion italienischer Sol­daten, ausgerüstet mit den modernsten Kriegs­mitteln, stehen in der Kolonie Erythrea bereit, den Feldzug gegen Abessinien zu beginnen, sobald Mussolini es will und das Klima es zuläßt. Die öffentliche Meinung Europas gibt sich zum großen Teil noch immer den Anschein, daß sie nicht ernst­lich an die Kriegsgefahr glaube und daß Musso­linis Mobilisierung, seine Drohungen, die Sprache der italienischen Presse und die planmäßige Ver­eitelung des Schiedsgerichts durch Italien nur der Verteidigung des italienischen Kolonialbesitzes gegen den abessinischen Angreifer sei. In Wahrheit ist der Krieg in Aethiopien nur noch durch die Ka­pitulation Abessiniens zu vermeiden. Mussolini hat in das afrikanische Abenteuer soviel Kapital inve­stiert, nicht zu reden von dem moralischen Einsatz des Fascismus, der das größte politische Risiko be­deutet, und von dem Einsatz an Menschenleben, daß er ohne Er ­folg, ohne großen und sichtbaren Erfolg nicht mehr zurück kann. Wenn die Anwesenheit des italieni­ schen Heeres vor den Toren der aethiopischen Bexgfeste den Negus Negesti, den Kaiser von Abessinien, veranlaßt, gutwillig ein Pfründner und Satrap Italiens zu werden so wie die verschiedenen Araberkönige Pensionäre des briti­ schen Imperiums und die nordafri­kanischen Berberfürsten die Puppen Frankreichs sind dann wird der Krieg vermieden werden und die italienischen Machthaber werden im Frieden in Addis Abeba einziehen. Wenn Abessinien sich aber nicht un­terwirft, dann kann selbst Musso ­lini. den Frieden nicht mehr erhal­ten» auch wenn er es wollte. In mannigfacher Weise wird der Krieg um Abessinien für Europa interessant sein. Er wird eine Probevorstellung für den nächsten Weltkrieg sein Und auf einem kleinen Ausschnitt der großen Bühne unserer Zeitgeschichte das grauenhafte und über alle Ahnungen blutige Schauspiel einer Massentötung mit den modernsten technischen Mitteln bieten. Er kann aber auch, ähnlich wie der kubische Feldzug der Italiener im Jahre 1911/12 den Auftakt zum Weltkrieg selbst bilden. erfaßten Fetzen Landes. Die Franzosen nahmen Tun i s, die Engländer Rhodesien. Im Su­ dan entfesselte der Mahdi eine große nationale Bewegung. Als die Engländer den Mahdi nieder­geworfen hatten und Kitchener die islamitische Bewegung in Karthum und Omdurman im Blute ertränkt hatte, stießen bei Faschoda Briten und Franzosen aufeinander. Es wäre fast zu einem Weltkrieg gekommen. In jenen Tagen begann auch Italien Kolonialpolitik zu treiben. Die. beiden jüngsten. Großmächte, das Deutsche Reich und Italien, . hatten. es,besouders schwer, bei dem wütenden Ringen um Land und Sklaven ihren Bissen, von der Beute zu.erhalten. Deutschland setzte sich immerhin als die stärkst« Militärmacht des Festlandes und als aufblühendes Industrieland bald durch. Italien wurde als Großmacht eigentlich nicht ganz voll genommen. Seine sozialen und politischen Krisen, seine mili­tärischen Niederlagen im Jahre 1866, sein Mangel an den wichtigsten Rohstoffen machten es beinahe konkurrenzunfähig unter den Weltmächten. Zu Be­ginn der neunziger Jahre entschloß sich die Regie­rung C r i s p i dennoch zu einem kolonialen Vor­stoß. Die Italiener setzten sich am Westufer des Roten Meeres fest, nahmen den Hafen M a s- s a u a und nannten die Kolonie Erythrea . Der Besitz dieser Küste hatte nur dann einen Wert, wenn man sich politisch und wirtschaftlich auch das Hinterland erschloß. Also drangen die Italiener unter heftigen Kämpfen mit den Mahdisten in das Land vor, in dem Geld, Elfenbein, Kaffee, Gummi und andere Kolonialvrodufte winkten. Bis 1895 ging es vorwärts und die italienische Presse feierte in überschwenglichen Hymnen die Siege über die Araberhorden und Negerstämme. Da griff der Negus von Abessinien, Menelik , selbst in den Kampf ein. Am 7. Dezember 1895 würde der Major TosellibeiAmbaAladschigeschlagen, am 20. Jänner 1896 mußte der Major Galli a n o in Makalle kapitulieren und, als über Drän­gen Crispis der Nationalist. Presse'der Gene­ral B a r a t i e r i selbst den Vormarsch ins Berg­land begann und mit 26.000 Mann gegen Mene- lik marschierte, wurde er am 1. März 1896 bei A d u a vernichtend geschlagen. Italiens Kriegs­ruhm hatte einen neuen dunklen Fleck abgekriegt. Das Abenteuer mußte liquidiert.werden., Im Frie­den von A d dis Abeba verzichtet Italien auf jede Vorherrschaft über Abessinien und begnügte sich mit dem Besitz der wenig wertvollen Küste, von der es nunmehr keine Landverbindung zu sei­ner anderen Kolonie, dem.Somaliland hatte. Der wichtige Hafen D s ch i b u t i kam in französischen Besitz und die Franzosen bauten eine Bahn nach Abessinien, so daß Massaua auch als Hafen jeden Wert verlor. Italiens Weltkriegsspekulation Als Italien in den Krieg eintrat, ließ es sich in London von den AlliicrtenMächten nicht nur Tirol bis zum Brenner und das jugoslawische Küstenland samt'Dalmätien und den Inseln, son­dern auch einen entsprechenden Anteil bei der Ver­losung der deutschen Kolonien zusprechen. Denn der italienische Kolonialbesitz war wohl 1912 um Tripolis (Lybien) vermehrt worden, aber . auch dieser Küstenftreifen ohne Hinterland kostete Das, ist der offizielle Dtckl deS Reiches, um dessen politische Selbständigkeit es in dem Kampfe geht. In Europa ist es bekannt unter, dem geogra­phischen Namen Abessinien. Der Titel.Kai­ser", mit dem man das monarchische Oberhaupt des Lehensstaates bedenkt, ist eine recht willkürliche Uebersetzung der Rangsbezeichnungen, die sich der Negus Negesti(Ras Taffari Makonnen etc.) in den landesüblichen Sprachen beilegt. Das eigentliche Abessinien ist ein Hochland, ßas gegen den Sudan und gegen Aegypten allmäh­lich, gegen das Rote Meer und das Somaliland im Osten und Südosten aber sehr steil abfällt. Die durchschnittliche Höhe der Hochfläche ist 2000 bis 2300 Meter Mer dem Meere. Aus dem Hochland aber ragen neben den zahlreichen, steilabfallenden und fast unzugänglichen Tafelbergen eine Reihe Gipfel bis zu 4600 Meter Meereshöhe empor. Auch ist die Hochlandschaft von tiefen, canonartigen Tälern durchschnitten. Die meisten Flüsse laufen gegen Westen zum Stromsystem des Nil. Die Hoch­fläche hat Seen, deren bedeutendster der T a n a- s e e(in 1750 Meter Höhe) ist, der den Blauen N i l speist und für die Engländer darum von größter Wichtigkeit ist. Während die Hochfläche selbst(die W o i n a Deka) ein erträgliches Klima hat und den An­bau von Getreide, Wein und Kaffee gestattet, ist die Zone bis zu etwa 1800 Meter, die K o l a, die sich zwischen das Uferland am Roten Meer und. das eigentliche Abessinien schiebt, ein unwirtliches und schwer zu durchdringendes Gebiet. Versumpfter Urwald wechselt mit Wüste ab und die scheußlich­sten Epidemien der tropischen Zone(Abessinien fliegt etwa zwischen dem 5. und dem 15. Grad nördlicher Breite) machen das Leben, das in dem heißen Sumpfgcbiet wie in der wasserlosen Wüste zur Plage wird, auch noch zu einem täglichen Kampf mit den tückischesten Bakterien. Die alpine Zone, die Del a, ist dagegen weithin bewohnbar und zur Viehzucht wie stellenweise auch noch zum Ackerbau geeignet. In diesem Land von der ungefähren Größe Deutschlands Plus Polens wohnen rund 16 Mil­lionen Menschen, die nach Rasse, Kultur, Religion und Sprache ein Gemisch aus den verschiedensten Völkerschaften bilden, die der Orient hervorge­bracht hat. Hamiden, Semiten, Neger stellen den Hauptbestandteil. Die vorherrschende Sprache ist semitischen Ursprungs, das alte Aethiopisch tvird kaum mehr gesprochen. Von Aegypten her ist das Volk die Araber gaben dem Lande den Namen Hades ch,. den es behielt gegen Ende des Altertums christianisiert worden. Die jakobitische Landeskirche bewahrt äußerlich das Christentum, Lehre und Bräuche sind aber von heidnischen, jüdi- schcn und iflamischen Elementen bunt durchsetzt. Die geographische Lage begünstigte die nicht den Wert etwa der französischen Kolonien in Nordafrika . Nun spitzte Italien auf eine der deut­schen Kolonien in Afrika . Da aber der Weltkrieg gewonnen wurde, ohne daß man von italienischen Siegen und Erfolgen viel vernommen hätte(der »Sieg" von Vittorio Veneto wurde ja erst nach dem Waffenstillstand erfochten) hiel­ten sich die Mächte in Versailles auch nicht sonder­lich an den Londoner Vertrag gebunden. Frank­ reich bekam Syrien , England Arabien, Mesopota­ mien und das Mandat über Deutsch-Ostafrika . Ja­ pan und die Südafrikanische Union wurden be­dacht. Italien ging leer aus. Seither fühlte sich Italien unter den Siegern als der Geprellte. Un­ter O r l a n d o und R i t t i grollte es bloß. Un­ter Mussolini begann es die Revision laut und mit dauernden Kriegsdrohungen zu fprdern., Die Revision auf dem Ostufer der Adria, das bedeutet aber den Krieg mit Jugosla- wien und, wahrscheinllch mit Frankreich . Dazu fühlt sich Mussolini nicht stark genug. Einen Vor­stoß nach Asien(Smyrna ) plante der Duce wcchl, Mer KemalPascha wußte sich durch den Bal- kanbund zu sichern. Italiens eventueller Bundes­genosse Bulgarien zähll um so weniger, fest Ru­ mänien den Rücken gegen Rußland frei hat und der Aufstand Venizelos ' in Griechenland geschei­tert ist. Der FascismuS braucht aus innerpolitischen Gründen dringend einen kriegerischen Erfolg. Mussolini persönlich braucht den Lorbeer, um sein Bild in die nationale Geschichte mit einer wirklich .napoleonischen" Tat, sei sie auch noch so klein, eingehen zu lassen. Die europäische Konstellation von 1935 verlockte zu einem Abenteuer. Denn nach BarthousTodist Italien leider der all­gemein umworbene Bundesgenosse geworden, Mussolini wie Pontius ins Credo in den Frie­denstempel eingezogen und zum»Hort" der euro­ päischen Sicherheit geworden. Von Frankreich ließ Mussolini sich kleine Zugeständnisse im Gebiet von Erythrea machen. Es würde, so hoffte er, auch zu größeren bereit sein. Also holte er zum Schlage aus. »Im Dienste der Zivilisation« Seit Monaten behauptet die italienische Presse, daß die Zustände an der abessinischen Grenze unerträglich seien. Täglich gibt es Grenz-Zwischenfälle. Immer werden unschuldige italienische Soldaten, italienische Gar­nisonen, italienische Agenten von heimtückischen Wilden Merfallen. Es will nicht recht damit über­einstimmen, daß die Angreifer gewöhnlich tot auf dem Platze bleiben, während die Angegriffenen dank ihren Maschinengewehren und Panzerwagen mit heiler Haut davonkommen. Es ist auch merk- wüvdig, daß Abessinien dauernd Um die Vermitt­lung des Völkerbundes bittet, sich zu jedem Schiedsgericht bereit erklärt, Ivährend das belei­digte Italien die Schiedsgerichte sabotiert und den Völkerbund offen verhöhnt. Aber ein Teil der europäischen Presse ist korrupt, ein anderer dumm genug, die Märchen von dem angriffslustigen Abessinien und dem in heiliger Verteidigung be­findlichen Italien nachzubeten. In Abessinien herrschen auf dem Gebiet des Rechtswesens, der Verwaltung, der Wirtschaft bar­barische Zustände. Die italienische Presse versichert, daß Italien die heilige Mission HMe, Abessinien zu zivilisieren. Aber da Abessinien dem Völker­bund angehört, ist es eindeutig sicher, daß nur derBölkerbunddas Recht hat, dasLandzuzivilisieren. Italien müßte ein Mandat des Völkerbundes anstreben. Aber es hat allen Grund, das hierzu nötige Verfahren zu scheuen. So barbarisch die Verhältnisse in Abessi­nien sein mögen, das fascistische Italien ist nicht berufen, sie zu bessern. Ein Land, in dem der Fascismus geschaffen wurde und noch herrscht, be­darf selbst der Zivilisierung durch seine eigene, entrechtete und unterdrückte Bevölkerung. Es wäre Ausdruck der tiefften Schande Europas , wenn Ita­ lien als Repräsentant europäischer Kultur in einem Lande auftreten würde, das bei aller Rück­ständigkeit seinen Untertanen vermutlich mehr Freiheiten und Rechte gewährt als der italienische Korporationenstaat den seinen. Wenn Mussolini Abessinien durch Krieg oder Kriegsdrohung vergewaltigt, so wird das ein rei­ner Raubkrieg sein, für den es keine Be­schönigung gibt. Es wird außerdem ein Stoß ins Herz des Völkerbundes und ein moralischer Erfolg Hitlers sein, der durch das Versagen der europäischen Rechtsordnung groß geworden ist und von nichts so profitiert wie vom Hinweis auf die moralische Unzulänglichkeit sei­ner Gegner(mag sie auch von objektiven Betrach­tern neben der deutschen Ordnung noch als Ideal angesehen werden). Das Risiko Divisionen auf Divisionen sendet Mussolini nach Massaua . Ein Drittel des mobilen italieni­ schen Heeres steht in den verpesteten Garnisonen von Erithrea, 3Ö00 Kilometer Luftlinie von den süditalienischen Häfen entfernt. Noch immer wagt der Duce nicht den offenen Angriff. Abessiniens Heer ist an Zahl geringer als das italienische. Der Negus wird 150.000 Mann aufstellen aber nur mangelhaft bewaffnen können. Die Waffenein­fuhr» die von Deutschland , Mer auch von den West­mächten aus forciert wird, kann Wessiniens Heer nicht auf die Höhe des italienischen bringen. Aber der Negus hat zwei mächtige Bundes­genossen: das Klima und die B e r g e. Auch der süditalienische Soldat leidet furchtbar unter dem tropischen Sumpf- und Wüstenklima ErythreaS. In der wasserlosen Zeit ist der Vormarsch von 250.000 Mann durch Gebiete ohne Trinktvasser Mussolini über Kolonisiabenteuer Ein« zeitgemässe Erinnerung Unter der UeberschriftDie Apo- theose des Bluffs schrieb der Chef­redakteur des sozialdemokratischen ,,Avanti, Benito Mussolini , über einige Kundgebungen für den Ko­lonialkrieg in Lybien am 21, Jännet 1913: Die Paraden von Neapel und Rom müssen als Symptom der gegenwärtig festzustellenden Tendenz der italienischen Monarchie, zu einem Militarismus großen Stils zurückzukehren, gewertet werden, je­nes Militarismus wie ihn Crispi und König Humbert vor Abba Garima(große Nieder­lage der Italiener im abessinischen Krieg IS96) anstrebten. Die Monarchie läßt also ihre trügende demokratische Maske fallen, welche ihr dazu diente, die Opposition im Inland zu erschlagen, und wirft sich dem Militaris­mus, der zur vorherrschenden Macht im Leben der Nation wird, in die Arme. Das wird sich eindeutig zeigen, wenn die er­sten Volksbewegungen spürbar, wenn Be­lagerungszustand und Kriegsgerichte in Funktion treten werden. Heute stehen wir vor dem Schauspiel, daß das offizielle, national-konservativ­klerikale Italien sich vor der Säbelherr­schaft beugt, das Heer zur Schule des Vol­kes wird. Wir haben diese Pervertierung der Moral vorausgesehen und wundern uns nicht. Alles dies ist selbstverständlich. Aber es täuschen sich jene, die diese militärische Vor­macht s t e 11 u n g f ür ein Z ei­ch e n d e r Kraft halten. Das wäre durch nichts gerechtfertigt. Starke Völker haben es nicht notwendig, einen inhaltslo­sen Karneval, wie er derzeit die italieni­sche Presse in Entzücken versetzt, zu ver­anstalten. Starke Völker haben Sinn für Beschränkung. Das nationalistisch-milita­ristische Italien zeigt, daß es ihn nicht be­sitzt. Daher wird jede kleine Episode des Feldzuges zur großen Schlacht, jeder Teil­erfolg zum triumphalen Endsieg und je­der General sei er auch taub wie Pe- cori Giraldi zum Scipio oder Napoleon . Daher macht man aus einem niederträchti­gen Raubkrieg römische Triumphe... kaum denkbar. Der notwendige NachschM von Trinkwasser würde alle EtMpenwege für andere Zufuhren sperren. In der Regenzeit wieder ist die Frage des Vormarsches auf zerstörten Wegen ein kaum lösbares Problem. In den engen Tälern des Hochlandes, zwi­schen den ragenden Gipfeln und den Mauern der Tafelberge werden die modernen Waffen des ita­ lienischen Heeres nicht immer zur Geltung kom­men. Der Luftkrieg gegen ein wenig zivilisiertes Land ist ein wahrer Luftstoß. Auch 1935 ist Ita­ lien nicht gegen Ueberraschungen gefeit, wie es sie 1896 erlebt hat. Und England? Das wird die Kardinalfrage: wie nimmt England den Feldzug Italiens an die Quellen des Blauen Nil auf? Vorläufig tobt zwischen London und Rom eine heftige Pressefehde. In Genf hat England sich für die Rechte Abessiniens eingesetzt. Wird England mehr tun? Der Tanasee ist für England eine Lebens­frage. Denn er speist den Nil und damit die ägyp­tischen Baumwollkulturen. Wessinien in italieni­scher Hand, das bedeutet die Gefährdung der Landbrücke Kapstadt Kairo , die England sich im Weltkrieg erobert hat. Italien war jahrzehntelang kein Gegner für England. Es war der Satrap der Londoner Poli­tik, ihr Partisan im Mittelmeer . Heute ist Italien ein Gegner, den man in London nicht Mer die Achsel ansieht. Ebendarum darf er nicht mächtiger werden. Ebendarum bekämpft England Hitlers Flottenprogramm, denn eine starke deutsche Flotte hält soviel engl. Schiffe in der Nordsee fest, daß England im Mittelmeer Italien nicht gewachsen ist. England hat das größte Interesse daran, Ita­ lien von Wessinien fernzuhaüen, aber es hat auch das größte Interesse an der Erhaltung des Frie­dens. Wird es den Suezkanal für italienische Truppentransporte sperren? Wird es Italien freie Hand lassen und lieber eine lebenswichtige Posi­tion als den Frieden opfern? Das ist die Frage, von der das Schicksal Abessiniens, aber vielleicht auch das Europas abhängt. E. F.\ Mussolini droht Rom .(Tsch. P.-B.) Mussolini erklärte in Cagliari in Sardinien in einer Ansprache an die Truppen: Wir haben alte und neue Rechnungen z« begleichen. Wir begleichen sie, ohne darauf Rücksicht z» nehmen, was man dazu jenseits der Grenzen sagen wird.