«r. 135 Soimteg, 9. Juni 1935 Seife 7 Deutsche Handelsakademie, Olmütz — zweiklassige Handelsschule— AbiturientenkürS-EinschreibuNg bis 1, Juli.— Prospekte kostenlos. 8015 Der Künstlerliebe Diese Verfilmung der nett belanglosen Komödie„Design for Living" von Roel Cotvard ist zwar eins der schwächeren Werke des berühmten Lukitsch, aber doch ein echter Lukitsch, dessen Regiekunst man gerade hier, wo er wenig Substanz zu verarbeiten hatte, am besten studieren und am ehrlichsten bewundern kann. Schon daß eine solche Komödie bei Lubitsch Stil hat, hebt sie hoch über den Durchschnitt des Gewohnten: da gibt es keine Schlagerlieder, Tanzeinlagen und keine Begleitmusik, die eine nicht vorhandene Stimmung illustrieren soll. Und so spielerisch dieser Lubitsch auch sein mag, so gewissenhaft bleibt er dennoch: er läßt zum Beispiel die Bewohner von Paris wirklich Französisch sprechen— und er verwendet das auch gleich zu einem hübschen Einfall, wenn er das „How do you do?" der Engländer von Pariser Gassenjungen mit spöttischem Erstaunen nachahmen läßt, so wie er dann einen von Montmartreluft umwehten Amerikaner bei seinem Londoner Aufenthalt das mißbilligende Erstaunen einer ältlichen englischen Miß erregen läßt. Und so ist der ganze Film: er hat mehr Einfälle als Handlung, und mehr Feinheiten als Efjekte. Daß ein Maler und«in Theaterdichter gemeinsam eine ReAamezeichnerin lieben, die ihrerseits einen wohlsituierten Reklame-Manager zum Freunde hat. daß die Zeichnerin den beiden zlvar eifersüchtigen, aber unzertrennlichen Bohemiens zum Erfolge hilft, um fie dann zu verlassen und den Wohlsituierten zu heiraten, von dem sie die Beiden dann aber bald wieder befreien,— das ist nur der Rahmen für dar heitere Spiel mit Worten, Situationen und Typen, das Lubitsch zubereitet hat. Wie er die - i Hinterlassen haben sie nur Sorgen. Geldopfer, oft unheilbaren Schaden der Bedauernswerten, die in ihrer Sorglosigkeit jede beliebige..Marke'* angenommen haben. Sie haben wohl einige Heller erspart, dafür aber unsagbares Elend auf sich genommen. Nur 40 Jahre lange Erfahrung, 40 Jahre lange, auf der ganzen Welt bewährte Verlässlichkeit verdient Ihr Vertrauen! Nach amerik. Patent Nr. 1959701 erzeugt Minderwertige Nachahmungen weiten Sie energiech xuriieU 3029 .62 NAMEN. new aufgetauchten Priservativmarken zählten wir allein in den letzten 10 Jahren. > alle waren nach kurzer Zeit verschwunden! Die Russenaufträge Nach langen Verzögerungen ist die tschecho- flowakische Anleihe für Lieferungen nach Rußland doch endlich zustande gekommen. Ihr Umfang bleibt mit 250 Millionen Kronen allerdings weit hinter der anfänglich geplanten Höhe von 900 bis 1000 Millionen Kronen zurück. Zur Kennzeichnung des Treibens einflußreicher Bankleiter, das einer Sabotage der wirtschaftsaufbauenden Maßnahmen sehr ähnlich sieht, wäre es richtiger gewesen, wenn die Hintergründe der langen Verzögerung vor der Oeffentlichkeit aufgehellt worden wären. Zur gleichen Zeit, zu der der Abschluß der Ruffenanleihe erfolgt, wird bekannt, daß inzwischen auch di« Realisierung des deutschen Kreditabkommens für Rußland erfolgt ist, das einen Kredit von 200 Millionen Mark, also rund 2000 Millionen Kronen, vorsieht. Di« deutschen Bankkapitalisten sind sicher nicht weniger auf die Sicherheit ihrer Kapitalien bedacht als die tschechoslowakischen. Trotzdem haben sie einen um so viel höheren Kredit an Rußland gewährt. Für die tschechoslowakische Industrie soll die Anleihe Warenlieferungen nach Rußland ermöglichen, die etwa das Fünffache der Ausfuhr des letzten Jahres betragen. Daß eine größere Steigerung der Ausfuhr nicht unmöglich war, geht daraus hervor, daß Rußland nach einigen Ländern höhere Bestellungen gegeben hat als im vorigen Jahr«. Die Vereinigten Staaten haben im ersten Quartal 1935 z. B. für 5.85 Millionen Dollar neue Aufträge aus Rußland erhalten. Das ent- .spricht etwa einem Wert von 140 Millionen Kronen und überholt den vorjährigen Auftragsbestand um 165 Prozent. Für die weitere Entwicklung der tschechoslowakischen Wirtschaft ist«S von Bedeutung, daß nach dem Zustandekommen der Anleihe die mit dem Wirtschaftsvertrag ermöglichte engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Rußland und der Tschechoslowakei in raschem Tempo vorwärts schreitet. Trager Leitung Genoffen und Genossinnen! Der Atus ruft euch für den 29. und 30. Juni zum Kreisturnfest 1935 nach Aussig zu einer öffentlichen Heerschau über die Elite der Arbeiterbewegung, zu der unsere Turner»nd Turnerinnen fett jeher gezählt haben. Seid alle zur Stelle! Keiner fehle! Die Turner find unsere Kerntruppen. Wer durch die Schule des Atus gegangen ist, dem kann ' fein BolkSgemeinschaftSfimmel, so verlockend er !auch aufgezogen ist, die sozialistische Gesinnung ' aus dem Herzen reißen, der hält der sozialistischen ^Arbeiterbewegung, dem heute so verpönten Mar xismus unverbrüchlich die Treue, der trotzt den ^schwersten Stürmen und bereitet in imermüdlicher Arbeit den Wiederaufstieg der Arbeiterschaft, di« endgültige Niederlage ihrer Feinde vor. Und darum: TreueumTreue! Unsere braven Turner und Turnerinnen, die in der Aus- siger Kampfbahn ihre Kräfte in friedlichem Wettkampf messen, die beim Fackrlzng der 10.000 und beim Festzug durch die Straßen Aussig - beweisen werden, daß ihre Kraft, ihre Begeisterung für die hohen Ziel« des Sozialismus ungebrochen und ihre zahlenmäßige Stärke nach wie vor achtunggebietend ist, sie verdienen Aufmunterung und vollste Unterstützung durch die Massen unserer Arbeiter und Arbeiterinnen. Wem immer es trotz der furchtbaren Krise irgendwie möglich ist, auö der nächsten wie der weitesten Umgebung der Feststadt herbeizueilen, um unseren wackeren Atus-Leuten bei den Kampfspielen zuzusehen, beim Festzug zuzujubeln, der muß in Aussig zur Stelle sein.' Die Atus-Bereine des Kreisgebietrs setzen ihre« ganzen Stolz darein, daß null» der sachlichen wie nach der propagandistischen Seite hin das ! kreisturnfest 1935 sich würdig den ftüherr« anreihe, ja sie übertreffe. An den aktiven Turnern und Turnerinnen allein liegt aber das Gelingen des Festes nicht. Sie brauchen dazu die lebendige Resonanz in den Massen unserer Parteigenossen und-Genossinnen, die ihren Wettkämpfen zu- schrn, an ihren Veranstaltungen teilnehmen und sich vor allem in den Festzug eingliedcrn oder seinen Weg jubelnd umsäumen. DaS Bürgertum, daS»ns nach seinem Pprrhus-Sieg vom 19. Mai schon am Boden wähnt und die Zeit nicht mehr erwarten kann» unendgültig abzutun, muß sehen, daß der Sozialismus nicht nur ungeschmälert über seine Kerntrup- Pen verfügt, sondern darüber hinaus in jedem Gr-, bjet- wo deutsche Arbeiter wohnen, über zehntausend« begeisterter Mämier und Fronen, die keine« Weg und keine Opfer scheuen, um ihre Verbundenheit mit dem Sozialismus, ihre trotzig« Entschlossenheit offen kundzutun. Ein endloser Zug von Turner«, ei» endloses Spalier von jubelnden Zuschauermassen muß unsere eigene Zuversicht stärken, muß der Siegeszuversicht des Bürgertums den ersten Stoß versetzen, muß e- ernüchtern und muß die Einkehr jener unverläßlichen Schichten vorbereite«, dir am Wahltag zum Feind« übergegangen find, dessen Phrasenschwall fie erlagen. Das Kreisturnfest des Atus muß dergestalt zu einem Wendepunkt werden, muß mit zum Wiederaufstieg des Sozialismus im ganzen Kreisgebiet beitragen, muß aufrüttelnd und beispielgebend auch weit über dessen Grenzen wirken. Dazu bedarf es eines Massenaufgebotes. Darum rufe« wir alle Parteigenossen und -Genossinnen, unsere Sozialistische Jugend, unsere Gewerffchaster und Genossenschafter, dn Angehörigen unserer Kulturorganisationen, kurz: alle, die in gute« und bösen Tagen fich zu uns bekenne«, auf, sich an dem Fest unserer Turner zu beteiligen und es so zu einer wuchtige« Demonstration gegen den FaseismuS, der gegenwärtig die sudetendeutschen Hirne vernebelt, zu einem begeisterten Bekenntnis für die durch keinen augenblickliche« Mißerfolg zu vernichtenden, unser» rückbaren Ziele des Sozialismus zu gestalten! Die Schwalbe Sie flog mit vielen anderen um die alten Giebeldächer, kreiste um die Türme der rmnanti- schen Burg und hockte auf den Telegraphendrähten, die das einzig Gerade in dem verschrumpelten Städtchen waren, in dem wir viele Jahre hindurch den Sommer verbrachten. AIS Kinder legten wir dar Ohr an die dicken glatten Stangen und wenn wir oben den Wind sausen hörten, so glaubten wir die Gespräche der Erwachsen«« belausch«« zu können. Ost sahen wir das Holz entlang, das sich schier unerreichbar hoch in das Blaue senkte und hätten gerne eine von den weißschimmernden Porzellanspulen gehabt, um die sich der funkelnde Kupferdraht wand. Auf diesen Drähten nun, die den Himmel wie die Linien eines riesigen Heftes in schmale Felder teilten, drängten sich die Schwalben zu Dutzenden kreischend und zwitschernd, ein wogendes Durcheinander von Schwarz und Weiß, Stahlblau mit leuchtend roten Flecken. An der Kirche und an der Burgmauer klebten ihre Nester, aber die meisten zogen doch die wohlige Wärme im großen, geräumigen Vorhaus der allen Mühle vor, 'n der es zu jeder Stunde nach frischgebackenem Brot roch und dessen Querbalken mit ihren vielen lleberschneidungen für die zierlichen kunstvollen Behausungen wie geschaffen waren. Eines späten Nachmittages, ich kam aus dem Fluhlvid, ging ich an der Mühle vorbei. Ich war damals neun oder zehn Jahre alt, trug stets, wo immer ich ging, mein neues Luftgewehr mit mir berum, daS ich in diesem Sommer als Belohnung für ein halbwegs gutes Schulzeugnis von meinem Bater bekommen hatte. Dieses Gewehr— Nickel- Stahlfeder, hellbrauner Eichen schäft— verkörperte nicht nur die Erfüllung meine- sehnfüch- ftgsten Jugendtraumes, sondern sicherte mir auch die unbestrittene Häuptlingswürde der Ton manchen und trug mir den Ehrennamen:»Silberne Büchse" ein. Viele Skalps, durch respektable Haarbüschel angedeutet(die ich und meine Krieger erbarmungslos von den Köpfen der Bleichgesichter schnitten, wofür die Aermsten dann noch von ihren Eltern Prügel bekamen, weil sie mit unS Lausbuben überhaupt spiellenl), zierten meinen Gürtel Md wollte ein anderer ans meiner Büchse schießen, so kostete eS ihn einen Angelhaken, drei besonders schöne Muscheln, oder eine seltene Feder für meinen Kopfschmuck. Mit bunten Bolzen und kleinen hechten Bleikugeln schossen wir im Garten nach der Scheibe und nach den Tannenzapfen. Ich brackig es zu einer wirklichen Meisterschaft, vermochte ich doch die Zwetschken am Stiel von den Aesten zu schießen! Zuweilen, wenn unser Stamm auf die Jagd ging, zielte ich auch nach kleinen Vögeln, ohne aber jemals einen zu treffen, schon darum nicht, weil ich mit meinem Spielzeug einen so ernsten Erfolg'für ausgeschlossen hielt. Auch diesmal sah ich zu meinen Häupten die vielen weihen Bäuchlein der Schwalben schimmern. ES dämmert« und da zufällig kein Mensch auf der Straße war, hob ich spielerisch das Kindergewehr(den Stolz meiner Bubenjahre), zielte flüchtig und nur zum Spaß und drückte ab. Wer aber schildert mein Erschrecken, als sich gräßlich zwitschernd eine Schwalbe'aus der Mitte der Versammlung loslöste, angstvoll flatterte, vergeblich an dem dünnen. Draht einen Halt suchte und unter zuckenden Schlägen ihrer schwarzblauen Schwingen in den Staub der Straße taumelte, direkt vor meine nackten Füße?! Ratlos starrte ich auf das Tierchen, das sich auf die Seite neigte wie ein leckes Schiff und sich um seine Achse drehte, wobei es den weißgrauen Staub auf sein« glänzenden Federn häufte. Sein Piepsen, laut und schrecklich, füllt« meine Ohren, mein Herz, die Poren meines Körpers und drohte mich umzuwerfen, so schwer umsing es mich. Da hörte ich hinter mir Stimmen, ich vernahm Schritte und in meiner Angst packte ich das Tierlein, steckte es in die Rocktasche und sauste mit der gräßlichen Beute die bergige Straße hinan, an der weißgetünchten Dorfschule vostbei und am Bürgermeisteramt, mit dem idyllischen mooSuMwachsenen Rauchrang, vorüber, aus dem durchsichtiger Ranch an- heimelud in den klaren Abendhimmel stieg. LBen, auf der Höhe von der Burg, hielt Ich im Dunkel der Föhren an. Die braun« Hand in der linken Rocktasche umklammerte noch immer die Schwalbe, ich spürte ihr warmes, klopfendes Herzleist und wagte nicht, sie loszulassen. Was sollte ich mit ihr tun—?... Wegwerfen?... Ihrem Schicksal überlassen? Aber wie leicht hätte man sie gefunden Md auf wen wäre der Verdacht gefallen? Doch nur auf mich, den man nie ohne das Gewehr sah! Stumm, metallen, kalt glänzte sein Lauf. Grauenvoll war mir plötzlich daS Spielzeug, au- dem heimtückisch des Verderben sprang, mit kurzem, nicht einmal lautem Knall die harmlose Romantik meiner Knabenjahre zerriß und mein Gewissen mit einer nie gekannten ernsten Schuld belud, die weit schwerer wog, als geschwänzte Schulstunden und vernaschtes Taschengeld und die mich in chrer Unfaßlichkeit zu ersticken droht«.— Da hörte ich es aus dem Garten nach mir rufen.—»Ja—al ich komm schon!", antwortete ich automatisch unbefangen, während mich eisige Glut schüttelte und ich mit pochendem Herzen dem Hause näher schlich. „Wo warft du denn solang?!" fragte meine Mütter heftig.„Bon nun an-^—", aber bevor fit noch mit der Rüge, zu Ende war, stürzte ich an ihren Hals und schluchzte jämmerlich. Sofort war sie nur mehr zärtlich besorgte, und zu Tode erschrockene Mutter.,„Aber Kindl Was fehlt dir denn—?l"... Es dauerte lang«, bis ich mich soweit beruhigt hatte, daß ich mein Erlebnis beichten konnte. Während der ganzen Zeit bohrten sich meine Fingernägel in das zuckende Etwa- in meiner Tasche wie Eisenstäbe mittelalterlicher Folterwerkzeuge in das Fleisch unschuldiger LPfer. Wir standen beim Fenster d?S ländlichen, gebbgestrichenen Zimmers, vor dem die Scheiben der Sonnenblumen und hoher Fingerhut dunkelten, abgeblühte Mohuknollen gleich den exotischen Tempeln in meinem Geographiebuche ragten,— und in den Sekunden, da es mir endlich unter Ausbietung alles Mutes gelang, die Hand aus meiner Tasche zu ziehen, hörte ich dröhnen das Rauschen des fernen Flußwehres(— oder war es mein Blut, das so tosend in mir trieb?). Der wache Lichtstreif des schwindenden Tage- siel gerade über meine Hand, über die blutigen Finger und legte sich wie eist helles Band auf das kleine weißschwarze Ding, daS leblos sein Köpfchen mit der zartgemalten Kehle baumeln ließ... In diesem bangen Augenblick« war eS mir, als wichen alle Gegenstände zurück und ich stünde allein in einer furchtbaren Leere,— nein, schwebte zwischen Fallen und Versinken und könnte nie wieder den Rand des Lebens und der Dinge fassen... Bitterste Tränen fielen wie flehend« Gebete auf den hßsinl Oliven-Oel Flüchen von Ki 4*80 aufwärf» Für die(eine ließe und warme KficU Main ! Tafel-Oel Da* ideale Oel«um Breien und Becken Meinl„E“-Oel Atmosphäre einer Pariser Künstlerbude, die kindische Eitelkeit der Erfolglosen, die Poesie einer alten Schreibmaschine oder den komischen Stolz eines Dramatikers zeigt, der sich in der Aufregung sogar an jener Tür im Theater, an der„Für Herren" steht, nach dem Kaffenerfolg erkundigt,— da- ist mehr als nur Ulk und Witzelei. Di« Pointen, die im Dialog liegen, kann fteilich nur der ganz genieße», der hinreichend Englisch versteht,— aber daß die Freundin der beiden Bohemiens mtt ihnen ein „Gentlemen-Agreemrnt" schließt, nur an di« Kunst und nicht an die Liebe zu denken, um dann, wenn sie mit dem einen allein ist, zu erklären:„Ich bin kein Gentleman",— das läßt sich iuunerhin übersetzen, und die gelungen« Gegenüberstellung der freien Künstlermoral und der stumpffinnig heuchelnden Gesellschaftssklaverei am Ende des Fiüns läßt sich auch ohne viel Worte verstehen. Daß es ein gutes Ensemblespiel zu sehe« gibt, versteht sich bei Lubitsch -Filmen von selbst. Gary Cooper , Froderie March, Everett Horton und Mi riam Hopkins (die al- einzige zuweilen übertreibt) bringen Geist und Stil des Films vortrefflich zur Geltung.—«iS-— Zigeuner der Nacht. Es ist nicht recht einzusehen, warum man uns eiueu— höflich gesagt— uütt-l- mäßtäen deutschen Film zeigt, wenn man schön auf jene Epoche zurückgegriffen hat, in der es noch gute und große deutsche Filme gab. Bon dieser, wie gesagt, mittelmäßigen Gaunerkomödie läßt sich nicht mehr sagen, als daß sie immer noch lustige unh annehmbarer als die heutige Goebbels-Ware ist, daß sie Anlaß zu spaßhaften Verwicklungen bietet mid einer Schar routinierter Leute Gelegenheit gibt, sich, in entsprechenden Rollen zu zeigen. In dieser Scha^ befinden sich der inzwischen schon verstorbene Julius blankgescheuerten Holzboden und«ine kullerte auch über das flaumige Gefieder und blieb justamrnt zwischen den dünnen gebrechlichen Krallen hängen. Wir packten di« arme Bogellrich« in eine Zigarettenschachtel(die lvar grün, Geschenkaus« gäbe mit Druckknopf, Mutter hatte sie vor Zetten aufgehoben, weil sie sagte, man könne alles brauchen—) und ich schrieb noch am gleichen Abend einen Brief ast meinen Bater in Wien , worin ich ihn bat, die kleine Schwalbe präparier«« zu lassen, ich hätte die Absicht, sie als Spende^fsir den Naiurgeschichtsunterricht) meiner Schul« zu überbringen. In den folgenden zwei Nächten schreckt« ich mit entsetzlichen Schreien auf, so schlimme Träume plagten mich. Nach drei Tagen brachte mir der alt« Landbriesträger das Paket wieder zurück. Dazu einen Brief meines Vaters. Es war der erste ernsthafte und„erwachsene" Brief, den er mir schrieb und ich saß sehr beschämt vor den wunderbaren Worten dieses unvergleichlichen Mannes. Still drückte ich mich aus dem Zimmer. Mit dem Bries und dem traurigen Päckchen. Aber ohne Gewehr. Unter dem riesigen Apfelbmim, der mit seinen Arsten breit auch noch die Straße überschattete,— die herrlichen Aepfel bogen die Zweige so tief hernieder, daß von den Heulvagen, die vorüberfuhren, immer mächtige Büschel daran hängen blieben—, hob ich mit meinem Spaten eine Grube aus, nicht größer als rin« Zigarettenschachtel. Die Glockenblumen und Steinnelken, die auf den winzigen Hügel, der leicht mit einem gewöhnlichen Maulwurfshügel hätte verwechselt werden können, legte, waren bereits am nächsten Tage verwelkt und von dem, was darunterlag, ist wohl schon lange nicht die geringste Spur mehr vorhanden. Die„Silberne Büchse" aber entsagte in einem denkwürdigen Kriegsrat ihrer Häuptlingswürde und da wegen der Nachfolge eine große Keilerei ausbrach(und zudem di« Schulferien zu End« waren), so löste sich der tapfere Stamm der kriegerischen Cmnanchen auf und zerstreut« sich im Herbst in die unromantischen Jagdgefilde von Simmering , Kagran Md Alsergrund.
Ausgabe
15 (9.6.1935) 135
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