Seit« 2 Donnerstag, 13. Funk 1933 Nr. 137 Briten und Deutsche einig? Deutschfreundliche Rede des Prinzen von Wales London.(AR.) Der Prinz von Wales hielt an die„Alten Kameraden", wie er die Soldaten der britischen Legion bei ihrer Konferenz in Lon don nannte, eine Ansprache, wobei er der deutschen Nation in herzlicher Weise Erwähnung tat.„Der Gedanke der Entsendung einer Abordnung der Legion nach Deutschland ist mir selbst," sagte der Prinz,„sympathisch. Ich glaube, daß keine andere Körperschaft oder Organisation von Menschen geeigneter sein kann, die Hand der Freundschaft den Deutschen entgegenzustrecken, als wir gedienten Soldaten» welche mit ihnen im Weltkrieg» gekämpft— undallesvergessenhaben." Der Prinz sagt«, er habe diesen Borschlag mit dem Präsidenten der Legion, dem Generalmajor Fre- deric Maurice, besprochen. Sein Vorschlag wurde mit großem Beifall ausgenommen. Diese Rede des Prinzen von Wales wird von der deutschen Presse mit zustimmenden Kommentaren begleitet. tun nicht besser, sondern schlechter geworden. Vielleicht wird der Herr Innenminister doch die Möglichkeit zugeben, daß man vom Standpunkt einer sich chrer Existenz wehrenden Demokratie auch anderer Meinung darüber sein kann, aber wenn auch nicht, so wäre es nicht uninteressant zu erfahren, ob der Innenminister glaubt, daß auch die außenpolitische Situation durch die Auflösung schlechter geworden wäre oder ob die Freude in Hitlers Hallen über Henleins Wahlsieg doch nicht ohne Grund gewesen ist. Dr. Eernh führte- weiters aus, den Antrag auf Auflösung anzunehmen hätte bedeutet, die Möglichkeit zu geben, daß die Partei sich morgen wieder bildet:»Heute sehen wir in die Bewegung hinein und können sie überwachen". Dieses letztere gilt, sofern« man der Auffassung ist, daß neben der öffentlichen Betätigung der Partei keinerlei illegale besteht, was der Herr Innenminister wohl am besten abzuschätzen in der Lage sein dürfte. Doch davon abgesehen und ohne uns über Nützlichkeit oder Schädlichkeit einer Auflösung der Henleinpartei äußern zu wollen, kann man nur überrascht sein, von so verantwortlicher Stelle zu hören, die Auflösung wäre zwecklos gewesen, weil sich die Partei.morgen" wieder gebildet hätte. Wohlgemerkt: der Innenminister sagt nichts darüber, daß zur Auflösung keine Gründe vorhanden waren, er vertraut bloß nicht auf die Zweckmäßigkeit der Auflösung, weil sie durch Neugründung der aufgelösten Bewegung sofort wieder illusorisch gemacht worden wäre. Ist das nicht das Einbekenntnis der Schwäche und der Kapitulation der Staatsgewalt vor dem Henleinfascismus? In aller Loyalität möchten wir dem Herrn Innenminister die Frage vorlegen, wozu die Regierung ^,hann erst dqs Partesen-AuflijsMgsgesetz sich b«-< '^willigen Uno erneuern ließ, wenn sie glaubt, eine Auflösung sek im Grunde nur ein Schlag ins Wasser» da kein Verbot davor schütze, die verbotene Partei schon»morgen" neu erstehen zu sehen. Und wenn die Regierung in eine legale Bewegung hineinsehen und sie überwachen kann, besser denn als eine unterirdische, warum wurde denn dann die Nationalsozialistische Partei bei uns aufgelöst? Die Pfingstreden der agrischen Führer lassen, wie man sieht, einige Fragen offen. Sie zerstören auch nicht jede Besorgnis, ob nicht etwa auch unsere Demokratie sich zu wenig wachsam gegenüber dem aller Mittel der Täuschung sich bedienenden FasciSmus erweisen werde... London.(Havas.) Mit dem Borbehalte, daß die übrigen Signatarmächte des Versailler Vertrages keine formalen Einwendungen erhebe« werde«, ist England im Prinzip dem deutschen Vorschlag beigetreten, wonach das 38prozen- tige Tounageverhältnis fürdie deutsche Kriegsmarine zu de« betreffenden Kategorien der britischen Flotte stabil bleibe, ohne daß eine andere alS die englische Kriegsflotte m Betracht gezogen wird, wobei das perzentuelle Ber» hälwis sich auf jede Kategorie und keineswegs auf die Gesamttonnag« bezieht. * Der britischeErfolgbei diesem Kompromiß ist die Festsetzung der Relation für die eiri- zelnen Kategorien, also Schlachtschiffe, Flugzeugmutterschiffe, Panzerkreuzer, Kleine Kreuzer, Zerstörer, Torpedobote, Unterseeboot«. Hätten die Deutschen das Verhältnis von 38 Prozent für die Vor Parlamentsbeginn Die Tagesordnung der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am kommenden Dienstag sieht folgende Punkte vor: 1. Gelöbnis der Abgeordneten. 2. Wahl des Vorsitzenden und dessen Gelöbnis. 3. Wahl von sechs Vizepräsidenten und ihr Gelöbnis. 4. Wahl von zehn Schriftführern und acht Ordnern. 8. Bericht über die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses. Die Zahl der Vizepräsidenten kann durch autonomen Beschluß des Hauses abgeändert werden. Wie verlautet, dürfte jedoch die Zahl von sechs Vizepräsidenten auch bei der späteren definitiven Wahl des Präsidiums beibehalten werden. Fn diesem Falle wären bis auf die deutschen Agrarier alle Koalitionsparteien vertreten und ein Sitz wäre für die slowakische Bolkspartei Vorbehalten, mit deren Eintritt in die Koalition in absehbarer Zeit gerechnet wird. Die tschechischen Sozialdemokraten soll im künftigen Präsidium der Slowake Dr. Marko- viL vertreten; als Kandidat der tschechischen Nationalsozialisten wird jetzt Dr. P a t e j d l genannt. Nach den»Lid. Nov." sollen die pokitsschen Minister in dieser Woche daS Arbeitsprogramm vereinbaren, das den Inhalt der Regierungserklärung bilden wird. Man erwartet, daß darin dringende Wirtschaftsfragen betont werden, daß sich die Regierung aber auch über wichtige politische Dinge ausspricht, so namentlich über die deutsche Minderheit. Die Regierung will nachdrücklich ihre feste Entschlossenheit betonen, in der Politik der demokratischen Zusammenarbeit.fqrtzufahren.und energisch alle umstürzlerischen Elemente und tyitt« demokratischen Strömungen zu verfolgen. Ebenso dürft« bereits in der Regierungserklärung angekündigt werden, daß die Regierung das Parlament um dieBerlängerungdeSErmächtigungS- g e s e tz e S ersuchen wird. Der endgültige Entwurf der Regierungserklärung soll in der freitägigen Sitzung des Ministerrates genehmigt werden. Genosse Dr. MelBner Klubobmann Am Mittwoch fand im Abgeordnetenhaus die konstituierende Sitzung des Abgeordneten-Klubs Gesamttonnage erzielt, so könnten sie die rund 420.000 Tonnen, die ihnen nach dem Abkomm.en zustehen werden, z. B. zur Hälfte in U-Booten verbauen, was für England eine weit größere Gefahr bedeutete» als wenn die Deutschen Schlachtschiffe bauen müssen. Der deutsche Erfolg liegt darin, daß überhaupt eine Einigung zustandekam, daß Deutschland also grundsätzlich berechtigt ist, seine Flotte aufzurüsten, und darin, daß es ja den Vertrag nach menschlicher Voraussicht nicht halten und trotz ihm soviel U-Boote bauen wird, als eS kann und will. Ein wetterer ErfolgDeutsch- l a n d s liegt darin, daß seine Flotte zusammen mit der italienischen und der japanischen eine Tonnage erzielen wird, die um rund 300.000 Tonnen größer sein wird als die Groß britanniens . der tschechischen Sozialdemokraten statt, die vom Obmann der Partei Abg. H a m p l eröffnet wurde. Hampl begrüßte alle Abgeordneten, insbesondere diejenigen, die neu ins Abgeordnetenhaus eintreten. Bei den sodann vorgenommenen Wahlen wurden gewählt: Vorsitzender Abgeordneter Dr. Alfted Meißner, Vorsitzender-Stell- vertreter: die Abgeordneten Pik, Pol ach und S rba, Geschäftsführer Abgeordneter Dr. M a- c e k. Kassier Abg. Klein, Revisoren Abg. BeL- k o und I a s a. Mitglieder des Ausschusses sind Hampl, Thalupa, Langer, RemeS, Stivin und Tayerle. Zu Ordnern wurden Abg. Neumeister und Tymes gewählt. Die Wahlen erfolgten einmütig durch Akklamation. Den politischen Situationsbericht erstattete Abg. Hampl, der die Wahlergebnisse würdigte. Er konstatierte, den verdienten Erfolg der Partei und deren Initiative in wirtschaftlichen und sozialen Fragen. Die Partei werde auch weiterhin für den Sieg der Demokratie kämpfen. Dieses Referat wurde durch die Minister B e ch y n e und Doktor D i r e t ergänzt. Kameradschaftstat tschechischer HochschOler Anläßlich der vom ÜS§S, dem Zentralausschuß der Tschechoslowakischen Studentenschaft Ende Mai in BoSkowitz veranstalteten Tagung der sozialstudentischen Mitarbeiter, an der außer den Vertretern sämtlicher tschechischen und ftowakischen studentischen Gruppen auch deutsche Gäste teilnahmen, wurde auch die Frage der Aufteilung der -Staatssubbentionen für die soziale Studentensür- svrge für die tschechischen und deutschen Hochschüler behandelt. Nach einhelliger reger Debatte faßten die tschechoflowakischen Studentenvertreter die einstimmige Entschließung: »Es wird festgestellt, daß die Gesamtsubvention für die soziale Studenten« und studentische Gesundheitsfürsorge unzulänglich ist und daß unverhältnismäßig niedrig der Anteil ist, der auf die deutschen Hochschüler entfällt. Die Arbeitstagung ersucht deshalb die Gesamtsubvention zu erhöhen und im Rahmen dieser Erhöhung dar bestehend« Mißverhältnis der Aufteilung der Staatssubvention auf die Hörer der tschechoflowakischen und der deutschen Nationalität zu beseitigen." al Raschid , und der war der schlechteste Jurist unter der Sonne." »Erinnern Sie sich an den seligen Hofrat Pietnicek? Der hatte auch einmal ein rechtes Malheur. Es wurde ihm der alte Vanouschek, der Pepi, vorgeführt. Er bettelte nur, war ein Landstreicher, saß mehr im Gefängnis als sonstwo. Der Alte war so abgestumpft, daß er beinahe blöd war. Einmal stellte ihn ein Wach» mann und sagte:»Du könntest der Lump sein, den man sucht." Und Vanouschek, der gewöhnt war, den Herren immer recht zu geben, erwiderte: »Ich bin's auch." Darauf sagte der Wachter: »Ich hab' dir's gleich auf der Nase abgelesen, du alter Lausbub." Erst vor Gericht etfuhr Vanouschek, daß er wegen Brandlegung angeklagt war. Und weil er schon alt und vergeßlich war, meinte er, da all« es erzählten, daß er vielleicht das Feuer gelegt und daran vergessen hat. Jedem, der ihn fragte, anwortete er:»Ja ja, ja ja." So kam die Sache bis vor die Geschwornen. Der Herr Hofrat Pietnicek hat sie geführt und setzte dem armen Vanouschek fürchterlich zu. Mindestens fünfmal sagte er ihm, daß er ein echtes Ber - brechergesicht babe. Die Zeugen verwirrte er so, daß afle zum Schluß schworen, den Vanouschek gesehen zu haben, wie er die Scheuer umschlich, die dann niederbrannte. Nur der Bauer, den eS anging, wollte den Vanouschek nicht erkennen und wiederholte immer wieder:»Nein, der ist eS nicht. Diesen Mann sehe ich heute zum erstenmal. Der richtige, der mir drohte, war jung, einen Kopf kleiner und sah überhaupt ganz anders aus." Sie hätten den Herrn Hofrat sehen sollen. Er war fuchsteufelswild.»Du Bauernlümmel, du hast wahrscheinlich das Feuer bei dem Lumpen bestellt, damit die Versicherungsgesellschafi ordentlich blecht t Fetzt aber paßt es dir nicht, daß man deinen Komplicen einsperrt." Ich weih nicht, gnädiger Herr, warum die° Herren vom Gericht so schlecht von den Menschen denken. Ein anständiger Mensch kommt gar nicht auf solche Bei der Beratung über die studentische Gesundheitsfürsorge erklärten sich die tschechoslowakischen Hochschüler bereit, ihre erholungsbedürftigen deutschen Kollegen in die Ferienheime deS tschechoslowakischen Studentskh zdravotnt üftav aufzunehmen und erwarten die Beistellung bezüglicher neuer Staatsmittel. DaS Eintreten der ffchechischen Hochschüler für die mittellosen deutschen Kommillitonen bedeu« det einen vorbildlichen Beweis studentischer Solidarität und ein überaus mutiges und ehrliches Bekenntnis der tschechoslowakischen Jugend zum Gedanken übernationaler Humanität und sozialer Gerechtigkeit. Das Prager „Braune Haus '* Einige tschechische Blätter berichten, daß die Prager Ortsgruppe der Henleinpartei mit den Besitzern des Hauses»U n i t a r i a" in Prag l wegen Schafftmg eines Braunen Hauses verhandelt. Die Verhandlungen über den Kauf des Hauses, das erst vor wenigen Jahren gebaut wurde und auch über große Vortragsräume verfügt, sollen sich zerschlagen haben, doch wird wegen der Verpachtung des Hauses weiterverhandelt. Als Pachtschilling wird ein Betrag von 486.000 Kc genannt. In dem Haus soll nicht nur der Pressestab Henleins, die Redaktion des künftigen Tagblattes und das Prager Sekretariat untergebracht, sondern auch Zimmer für die Parlamentarier der Partei, also eine Wohnkaserne, eingerichtet werden.(Die„Unitaria " würde sich für das Braune Haus auch deshalb besonders gut eignen, weil sie sich in unmittelbarer Nähe der Druckerei der«B o h e m i a" befindet, in der vom Herbst an daS neue TaKlatt der Henleinpartei erscheinen soll.) Es soll uns nicht Wundern, wenn die Hen- leinleute unter der Patronanz des Innenministeriums in diesem Braunen Haus auch noch eine SA-Torwache einrichten sollten, damit die Analogie mit den berüchtigten Braunen Häusern jenseits der Grenze schon einmal vollständig seil ein erfolg der Konsumgenossenschaften Eines der Mittel der Feinde unserer Kons sumvereine diese zu schädigen war, durch provozierten Verkauf an Nichtmitglieder Rechtsfälle zu schaffen und dann die Konsumvereine zu klagen« Mit dem 31. Mai ist nun eine Regierungsverordnung in Kraft getreten, in der festgesetzt ist, daß ein Verkauf an Nichtmitglieder— der nur unter gewissen Voraussetzungen möglich ist— in keinem Falle als gegen die guten Sitten des Wettbewerbes widerstreitend angesehen werden kann. Diese Voraussetzungen werden in Punft 8 der Verordnung näher umschrieben. So kann an Nichtmitglieder verkauft werden aus einer außerordentlichen und unvorhergesehenen Notwendigkeit(z. B. drohendes Verderben der Ware, örtlicher Mangel an Artikeln des tc^lichen Bedarfes) oder mft Bewilligung oder im Auftrage der öffentlichen Verwaltung. Weiter wird in der Regierungsverordnung klar ausgesprochen, daß jeder, der zu einem unerlaubten Verkauf an Nichtmitglieder verleitet« bestraft wird. Damit ist dex bisherige Zustand« daß die Lockspitzel, welche zu einem Verkauf a« Nichtmitglieder verleiteten, straffrei ausgehen und die Konsumgenossenschaft die Folgen eines solchen unmoralischen Vorgehens zu tragen hat, ein Ende bereitet. Die Verordnung ist ein großer Erfolg der Genossenschaften. Schlechtigkeiten. Der Advokat aber, der den Vanouschek verteidigte, hat die Geschichte geschickt an- gepackt, obwohl es eine Ex-offo-Sache war. Er schrie:»Das Motiv! Nennen Sie mir das Motiv des Verbrechens! Warum hätte es der Alte getan? Er ist ja die gute Stunde selbst!" Das brachte wieder den Herrn Hoftat auf- Er schlug auf den Tisck, daß es dröhnte, und rief’ »Hier werden keine Romane geschrieben, Herr Doktor, hier wird Gerechtigkeit geübt. Bis wir Romane schreiben, werden wir Motive suchen. Jetzt genügt es mir, daß Vanouschek gestanden hat." »Gestanden?" tobte der Anwalt.»Mein Klient ist ja schwachsinnig. Ich bitte um GerichtS- Srzte." »Er ist schwachsinnig?" erwiderte der Hofrat.„Das ist mir neu. Vanouschek war Korporal beim Militär. Ich hör« heute zum erstenmal die freche Behauptung, daß jemand blöd ist« der es zum Korporal gebracht hat." Er setzte dem Vanouschek so zu, daß die Geschworenen wie ein Mann erklärten:„Schuldig. * Und der arme Alte bekam acht Jahre aufgepelzt. Weniger hätte auch genügt. Aber der Herr Hofrat sagte sich: Ich werde dir geben, Motive! D-'k Alte seufzte nur, verbeugte sich vor dem Hohes Gerichtshof und den Geschworenen und sagte d^m Advokaten:„Lassen Sie's gut sein, junger Herr» ich werde nicht berufen. Ich bin schon zu alt für solche Geschichten." Und er ließ sich einsperren. Das wäre soweit in Ordnung gewesen. Aber es kam dann anders. Bei der Verhandlung war auch ein Praktikant vom Smichower Gericht. Der erinnerte sich, daß um diese Zeit der Vanouschek in seinem Bezirk eingesperrt gewesen war. Er, der Praktikant, war damals Schriftführer gewesen. Und er sah in den Dokumenten nach, und wahrhaftig: der arme Alte war zu der Zeit, als der Hof niederbrannte, hinter Schloß und Riegel gesessen. (Fottsetzung folgt.)' 43 Roman von, Emil Vachek—i \_ Deutsch von Ann« AurednKek Wenn das gestrige Gespräch daran schuld war, so muß ich schon sagen, daß ich nicht verstehe, warum Sie solche.Faxen wegen einem so einfachen Blödsinn machen. Sie sollten mich Unschuldigen aus dem Käfig lassen und den Bauernlümmel hineinstecken. Ein Mann ist wie der andre. Hab' ich nicht recht? Wenn nur die Nummer sitzt." Nach dieser Erklärung sah der Vizepräsident nicht weniger mutlos aus. „Danken Sie Gott , Beinsteller, daß man für Lästerungen gegen juristische Prinzipien nicht verurteilt werden kann. Sie wollen mich nicht verstehen. Ich muß es Ihnen daher nochmals erklären: Man hat Sie erwischt. Sie haben gestanden, deshalb sind Sie eingesperrt. Die Frist zur Ueberreichung der Nichtigkeitsbeschwerde ist vorüber. Sie haben sich nicht gerührt. Für den Rechtsstandpunkt ist die Sache mit diesem Moment erledigt. Vor dem Recht sind Sie ein Verbrecher und müssen«ingesperrt werden. Plötzlich erscheint ein gewisser Sazyma, der uns gar nichts angeht. Er bekennt sich zu einem Diebstahl, den Sie begangen haben. Ich habe ihm einen v?r» nünftigen Ausweg angeboten. Ihr wolltet beide nichts davon hören. Sie müssen eingesperrt bleiben, denn Sie haben gestanden und sind verurteilt worden. Aber auch Sazyma muß eingesperrt werden, denn auch er gesteht. Zwei können aber nicht für ein und dieselbe Sache sitzen. DaS werden vielleicht auch Sie verstehen, trotz Ihrer juristischen Primitivität. Ich darf weder Sie noch den Sazyma laufen lassen. Sie kann ich aber nicht sitzen lassen, weil Sie unschuldig sind. Vielleicht sehen Sie jetzt selbst, was Sie angestellt haben. Sagen Sie mir nun, bitte, was ich tun soll?" Beinsteller fühlte sich geschmeichelt, von so einem Juristen zu Rate gezogen zu werden.»Darüber muß man nachdenken, gnädiger Herr, es ist wirklich sehr verwickelt. Aber ich habe einen Einfall: tun Sie, als wäre gar nichts geschehen. Hauen Sie dem Dorftrottel ein paar herunter, damit er sich nicht in Dinge mischt, die ihm nichts angehen, und werfen Sie ihn hinaus. Den Beinsteller aber schicken Sic auf Urlaub, damit er nicht unschuldig sitzt." Der Vizepräsident riß die Augen auf.»Ich verstehe Sie nicht, Beinsteller, wie können Sie mit Ihrer kriminalistischen Praxis so einen Unsinn schwatzen. Weshalb sollen wir Sazyma, der geständig ist, laufen lassen? Und wie können wir Sie laufen lassen, da Sie verurteilt sind? Dazu müßte man eine Enquete einberufen." »Gnädiger Herr, ich verdien' wirklich nicht, daß meinetwegen enquetiert wird. Es muß doch niemand wissen, was zwischen uns geschieht. Ich werde mich aus dem Staub machen, Herr Fleckchen wird sich's auch sagen lassen und Sazyma wird alles tun, um sobald als möglich aus Prag zu verduften. Das Aerar wird dabei meine Gebühren ersparen." „Beinsteller", stöhnte der Vizepräsident, „schweigen Sie schon. Mich trifft noch der Schlag, wenn ich Ihre Rechtsanschauungen länger anhöre." „Das geht also nicht? Dann erlauben Sie, gnädiger Herr, daß ich mit dem Dorstrottel eine Weile unter vier Augen rede." »Wozu?" „Ich sehe doch. Ihnen ist darum zu tun, den Sazyma ins Kriminal zu bringen. Ich will ihm sagen, er soll etwas andres auf sich nehmen. Etwas nicht so Verworrenes; Sie können ihn dann dafür einsperren." „Beinsteller, Sie haben vom Recht wahrhaftig türkische Ansichten. Sie sind wie Harun
Ausgabe
15 (13.6.1935) 137
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten