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Freitag, 14. Juni 1935
Nr. 138
Atus-Vertreter bei Minister Dr. Czech Senator Genosse Heinrich Müller sprach Donnerstag bei dem Gesundheitsminister Genossen Dr. Czech vor und unterbreitete ihm die Wünsche und Forderungen der Arbesterturn« und Sportorganisationen. Die Aussprache behandelte alle körpererziehlichen und volksgesundheitlichen Bestreben der Arbeiterschaft, das Kurswesen und andere aktuelle Fachfragen. Minister Genosse Dr. Czech informierte sich eingehend über diese Fragen und sagte die Unterstützung der sportlichen und leides- kulturellen Bestrebungen zu. In der nächsten Zeit findet eine gemeinsame Vorsprache des Abg. Vaverka(DTJ) und Senator Müller(Atus) statt in welcher gemeinsame Vorschläge unterbreitet werden sollen. Genosse Minister Dr. Czech zeigte für die wichtige Arbeit der Körperkulturorganisation großes Interesse und die Bereitwilligkeit, diese wichtige Arbeit zu fördern.
Die Vertreter deS internationalen Unternehmertums haben diese Auffassung bei der Bearbeitung der Frage der Arbeitszeitverkürzung durch das Internationale Arbeitsamt und die Arbeitskonferenzen unverhüllt zum Ausdruck gebracht. Hatte der bedeutende Machtzuwachs der Arbeiterbewegung, der in zahlreichen Ländern nach dem Kriegsende zu verzeichnen war, dem Achtstunden» tag zum Durchbruch verhalfen, so wurde eine weitere Arbeitszeitverkürzung aktuell durch das ununterbrochene Fortschreiten der Produktionstechnik und die ungeheuerliche Massenarbeitslosigkeit, die sich als eine Folge der Weltwirtschaftskrise einstellte. Die Bestrebungen nach Einführung der Vierzigstundenwoche, in den einzelnen Ländern von den Gewerkschaften und von der Sozialdemokratie getragen, kamen 1932 auch in den Verwal- tungörat des Internationalen Arbeitsamtes. Bon diesem Zeitpunkt an richtete die Unternehmergruppe beim Arbeitsamt und auf den späteren Konferenzen ihre Taktil darauf ein, eine Regelung dieser Frage zu verschleppen oder überhaupt zu verhindern. Außer einer vorbereitendenArbeitSzeit- konferenz hat die Einführung der Vierzigstunden- woche zwei wertere Internationale Arbeitskonferenzen beschäftigt und steht auf der gegenwärtig tagenden 19. Arbeitskonferenz zum dritten Male auf der Tagesordnung. Obwohl sie von ihrem Charakter einer dringlichen sozialen Hilfsmaßnahme zur Eindämmung der Massenarbeitslosigkeit nichts eingebützt hat, steigert die Unternehmerdelegation jetzt in Genf ihren Widerstand bis zur Sabotage der gesamten KosiftrenzaroeiL Si'i dokümenfiert vanitt, datz' Aber der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, über der Rettung von Millionen Menschen aus Erwerbslosigkeit und Elend der ungeschmälerte Profit zu stehen hat. Bei den Auseinandersetzungen über die Ber» wirllichung der Vierzigstundenwoche haben die Unternehmer in den verschiedenen Ländern mit dem Hinweis Widerstand geleistet, daß diese Frage aus Gründen der Konkurrenz nur eine internationale Regelung zulasse. An dem Ort aber, wo diese internationale Regelung erfolgen soll, wird sie von dem gleichen Unternehmertum sabotiert! So bleibt die Verwirklichung dieser dringlichen Maßnahme ganz der Arbeiterklasse überlassen, die sie mit verstärkter Wucht in allen Ländern erzwingen muß.
Vie Aufgabe der Regierung Das„CestS Slovo" vergleicht an leitender Stelle die innerpolitischen Vorgänge in Frankreich und die Schwierigkeiten der Bildung der Regierung Laval mit der Gestaltung der politischen Verhältnisse, wie sie sich bei uns nach den Wahlen ergeben hat und mit der Bildung der Regierung Malypetr: DaS Blatt schreibt: Vor sechs Jahren, da bei uns nach dem Fall des Bürgerblocks eine neue Regierung gebildet wurde, sahen die Verhandlungen darWer noch schrecklicher aus als jetzt in Frankreich . Wer an diese Dinge sich erinnert, wer daran denkt, wie ost die Verhandlungen sich damals zerschlagen haben, wie die Führer der Koalitionspartejen einer nach dem anderen dem Präsidenten der Republik ihre Betrauung zurückgegeben haben, wie ost eine MinderheitS- oder Beamtenregierung in Sicht war, wer das alles nicht vergessen hat, der muß zugeben, daß wir einen Fortschritt erzielt haben und daß unser— mit Recht— so oft kritisiertes Parteiwesen in einem heißen Augenblick doch etwas besser sein kann als sein Ruf. Fast nirgends g<ch eS diesmal übertriebne Forderungen und Lizitationen, weder solcher persönlicher noch parteilicher Natur. Freilich goch eS noch keine programmatischen Kämpfe, weil die Erfahrungen der letzten Jahre die Parteien darüber belehrt haben, daß das beste und ernstest aufgestellte Programm wertlos ist, wenn nicht die tägliche Arbeit in der Regierung geschaffen und gesichert und wenn nicht in der Koalitionsgemeinschaft der richtige und gute Wille zu dauernder Zusammenarbeit vorhanden ist. Darin hat Herr Rasin recht, der zu sagen pflegte, daß es leichter ist ein Programm für zehn Fahre zu machen Äs für zehn Wochen. Heute in einer so aufgeregten kritischen, wirtschaftlich unsicheren Zeit ist eS eher notwendig das Arbeitsprogramm der Regierung sozusagen täglich neu zu bestimmen und eS den Tatsachen der neuen Begebenheiten und Bedürfnisse anzupassen. Das bedeutet allerdings nicht, daß wir eine programmlose Regierung ertragen könnten. Obzwar sich diese Regierung von der vorhergehenden nicht sehr un« terscheidet, muß sie llarer vor ihren Augen das Bild der schweren Wirtschaftskrise im Inland und der internationalen Schwierigkeiten im Ausland haben und dementsprechend handeln und die Mittel wählen, welche auf diesen beiden Fronten not-
Ilestr Konsumentenpolitik I Am Donnerstag trat in Prag der engere Ausschuß deS Beirates der Verbrauchergenossenschaften im Fürsorgeministerium zusammen, um über aktuelle Wirtschaftsfragen zu verhandeln, welche di« Interessen der Konsumenten und ihrer Genossenschaften berühren. Diese Gelegenheit benützte der neu« Fürsorgeminister, Genosse Jng. N e 5 a s, um über die Aufgaben seines Ministeriums in Sachen der Schutzes der Konsumenten und der BerbrauchergenossenschaftSwesenS zu sprechen. Der Minister verwies vor allem darauf, daß schon sein Vorgänger Minister Dr. Meißner er für eine wirtschaftliche Notwendigkeit erachtete, den Schutz der Konsumenten in das System der gesamten Wirffchaftrpolitik einzugliedern. Der Konsum— das ist die Kaufkraft und wenn eS diese nicht gibt, dann wird es auch kein« Produk
tion und keinen Handel geben. Die Wirtschaftskrise hat uns gelehrt, wohin es führt, wenn man den Konsum vernachlässigt und alle Aufmerksamkeit nur auf die Erzeugung konzentriert. Nach der Kundgebung des Ministers wurde über aktuelle Probleme der Konsumenten und der Genossenschaften verhandelt. Es wurde betont, daß die fief gesunkene Kaufkraft keine Erhöhung der Preise der Lebensbedürfnisse zuläßt, wenn nicht die Preiserhöhung durch ein weiteres Sinken des Absatzes und eine weitere Vertiefung der Krise paralysier! werden soll. Die Vertreter der Konsumenten verlangen, daß bei allen Regierungsmatznahmen, die vorbereitet werden, sehr sorgfältig die Kaufkraft der breiten Massen berüch'ichtigt und eine unbegründete Preiserhöhung nicht zugelassen werden soll. Der Minister versicherte di« Vertreter der Konsumenten, daß das Fürsorgeministerium bei jeder Gelegenheit auch weiterhin den Standpunkt vertreten wird, daß der Weg aus der Krise überdieVerbesserungdesKon« s u m S und über die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der breiten Bevölkerungsschichten führt, die auf ein Arbeitseinkommen angewiesen sind. Der„Venkov“ stellt Belgien als Vorbild hin Der agrarische„Venkov" bringt an leitender Stelle einen Originalbericht unter dem Titel:„DaS belgische Beispiel, der belgische Erfolg." Darin wird konstatiert, daß die Herabsetzung deS Goldwertes der belgischen Franc in den ersten zehn Wochen dar erfüllt hat, was von ihr erwartet wurde: Die Devalvation wurde zur Grundlage der wirtschaftlichen Belebung der Landes und der allgemeinen Wendung zum Besseren und dabei fei der Wert und die Kaufkraft del Geldes im Inland unberührt geblieben. Als Grundbedingungen dafür, daß eine Devalvation heute Erfolg habe, führt der Artikel an: 1. müsse der Goldwert der Währungseinheit so herabgesetzt werden, daß' nicht nur die Preisparität mit dem Ausland hergestellt, sondern auch die inländischen Großhandelspreise erhöht und so die innere Disparität.zwischen den Warenpreisen und den Erzeugungskosten befestigt wird; 2. Zu gleicher Zeit müsse die Nationalbank deS betreffenden Staates eine expansive Kredit- p o l i t ik einschlagen, müsse den Geldumlauf vermehren und den Kredit erleichtern und verbilligen, um^ieue Kaufkraft zu schaffen, damit die Großhandelspreise wieder steigen können und so die Unternehmertätigkeit wieder rentabel wird. Diesen Weg habe der„Venkov" schon seit einer Reihe von Iahten wiederholt al»«inzig mögliche« AuSgang au» der Krise erklärt. Einen andern. Ausweg gebe, es nicht.—- Merkwürdig bleibt nur, daß das Matt mit keinem Wort die Tatsache erwähnt, daß die Tschechoflowakei ja bereits im Vorjahr die Devalvation der Kron« durchgoführt hat und Belgien somit nicht als unser Vorbild, sondern«her al» Nachahmer unsere» Beispieles anzusehen wäre.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit, der, wie gemeldet, im Mai 9.3 Prozent betragen hat, stellt sich, auf die einzelnen Länder bezogen folgendermaßen dar:'Böhmen 9.1 Prozent, Mähren -Schle sien 7,4 Prozent, Slowakei 16,4 Prozent und Karpathorußland 17,3 Prozent.
seinen Gewohnheiten. Schließlich sagte er:„Sa- zyma, Sie müssen geisteskrank sein. Wenn man einem vernünftigen Menschen die Wahl läßt zwischen Diebstahl oder Ankauf verdächtiger Gegenstände, und dieser Mensch weiß, daß wegen dieser Uhr schon ein anderer, ein ausgesprochener Dieb sitzt, so weiß der vernünftige Mensch, was er zu wählen hat. Da Sie es aber nicht verstehen wollen, so habe nicht ich, sondern die GerichtS- psychiatrie das Wort." „Was ist das?" „Das sind Fachärzte, die feststellen, ob wir überhaupt einen gesunden Verstand haben." Nach dieser Erklärung stintt Sazyma nicht mehr mit dem Untersuchungsrichter und verfiel in Schwermut. In einem unbewachten Augenblick erhängte er. sich an seinen Fußfetzen, die er zu einer Schnur drehte. Der Zellengenosse erwachte aber rechtzeftig und rettete Sazyma. „Warum wollten Sie sich erhängen?" fragte der Gerichtspräsident. „Weil man mir nicht glauben wollte, daß ich die Uhr gestohlen habe." <„War niemand in Ihrer Familie geisteskrank?" „Nein, aber in unserem Dorf ist so eine Familie; Koch heißen die Leute. Bei denen vererbt es sich von Generation auf Generation, daß sie gestohlene Sachen kaufen, Mädel in verrufene Häuser bringen und bei der Steuerbehörde die Angeber spielen. Ich will mit ihnen nicht in einen Topf geworfen werden. Wenn Sie mich dafür verurteilen, hänge ich mich nochmals auf. Dann werde ich es besser machen und Sie werden mich auf dem Gewissen haben." Auf diese Art setzte es der tapfere Sazyma durch, daß er wegen Diebstahls angeklagt wurde. Gleichzeitig wurde Beinsteller zum Vizepräsidenten Kvech berufen. „Sie haben die Partie gewonnen, Beinsteller. Ich gebe Ihnen die Freiheit, aber verstehen Sie mich recht: In Wirklichkeit werden Sie nicht frei sein!"
Klasscnbcwußtscin und Naßonalgtißhl Die Abstimmungen, die seit dem msi ungeheuren Mitteln begonnenen Werbefeldzug deS Dritten Reiches unter den„Ausländsdeutschen" rings um Hitlerdeutschland stattgefunden hoben, zeigten im wesentlichen das gleiche Bild einer „Gleichschaltung", das auch für die Henleinwäh- ler und Hitlergläubigen des Sudetengebietes charakteristisch geworden ist. Da dabei immer wieder von arbeiterfeindlicher Seite versucht worden ist, die Unvereinbarkeit von Klaffenbewußtsein und Nationalgefühl als eine unabänderliche Tatsache hinzustellen, mag es am Platze sein, eine notwendige Begriffsklärung erneut vorzunehmen. Schon auch deswegen, weil immer wieder das Märchen von der„Automatik" oder„Spontanität" des Klaffenbewußtseins auftaucht, das zu nichts anderem als zu gefährlicher fatalistischer Selbstgefälligkeit und— beim Aussetzen des angeblichen Automatismus— zu deprimierenden Enttäuschungen führen muß. DaS Klassenbewußtsein ist nämlich nur bei einer verhältnismäßig Reinen Schar von Arbeitern verstandesmäßig und gefühlsmäßig zur Grundlage all ihrer Entscheidungen geworden. Die ökonomische Zweiteilung der modernen Gesellschaft kommt dem Einzelnen im engen Gesichts- kreiS seines Alltags nur dann zum Bewußtsein, wenn Arbeitskämpfe akut, soziale Konflikte brennend werden. Sonst wird die Tatsache der Klassenscheidung trotz der Zuspitzung aller ökonomischen Verhältnisse weitgehend verschleiert. Man mag die Lohn« und Gehaltsempfänger, ja auch die in kreditpolifischer Abhängigkeit befindlichen und eigener Produktionsmittel entbehrenden Kleinbürger, di«— in Wahrheit so unfreien— Angehörigen der„Freien Berufe ", Kleinbauern und selbstverständlich auch die Erwerbslosen aller Kategorien ökonomffch unter den Sammelbegriff des„Proletariats" einreihen. Man kann alsdann in den Industriestaaten eine bis zu 80 und 90 Prozent ansteigende Menschenmasse„proletarischer" Kategorie statistisch feststellen. Mit einem „klassenbewußten Proletariat" im Sinne der marxistischen Lehre haben aber diese Menschen nichts gemein. Richt einmal di« Stimmabgabe für eine der sozialisfischen Parteien kann als ausreichendes Merkmal für das Vorhandensein eine» Klassenbewußtseins gewertet werden, denn die Gründe, aus denen der einzelne Wähler sich entschließt, fiir eine Partei zu stimmen, können so vielfälfiger Art sein, daß die einfache Gleichsetzung:„Wähler einer Arbeiterpartei" gleich „Klaffenkämpfer" unzutreffend ist. Es hat keinen Zweck, auf diese Tatsache mit Werturteilen zu antworten, man muß sie vielmehr auf ihre Bedingungen hin überprüfen. Hen drik de Man , zu dessen Auffassungen man im einzelnen stehen mag wie man will, gebührt das Verdienst, auf den Mangel an sozialpsychologischer Erkenntnis hingewiesen zu haben, der bis heute der sozialistischen Bewegung aller Schattierungen zu eigen ist. Ueber die typische BewußtseinSlage der einzelnen Berufe und sozialen Gruppen fehlt es noch völlig an zureichenden Monographien. Die Arbeit von Kracauer über»Die Angestellten" hat alS vereinzeü dastehende Publikation bei ihrem Erscheinen berechtigtes Aufsehen erregt. Man ist sich bis heute viel zu wenig klar darüber, welche
„Wie wird das sein?" ftagte Beinsteller entsetzt.„Man wird mich doch nicht auf halbem Weg zwischen Kriminal und meiner Wohnung anbinden?" «Quatschen Sie nicht Unsinn, Beinsteller. Sie werden Ihre Gerichtsstrafe absitzen, dabei aber zu Hause wohnen. So lange, bis Ihre fünfzigste Strafe erloschen ist. Ich glaube. Ihnen in nächster Zeit wieder zu begegnen. Sie werden dann ein« Rarität sein: ein Mensch, der zweimal zum fünfzigsten Male verurteill wird." „DaS wird nicht geschehen, gnädiger Herr. Sollte aber eine Versuchung über mich kommen, will ich nur an das Gesicht, das Sie machen werden, Herr Präsident, denken, bis ich Ihnen vorgeführt werde." „Ich rate Ihnen, recht achtsam zu sein, Beinsteller. Ich müßte Ihnen dann wahrscheinlich auch den Aerger einrechnen, den Sie uns mit Ihrem Fall verursacht haben." „Herr Vizepräsident, wenn ich noch einmal hier erscheine, sperren Sie mich lebenslänglich ein. Wenn ich jetzt nicht besser werde, gehöre ich nur auf den Galgen." Einige Stunden später stand Beinsteller vor einem Auslagefenster und betrachtete sich in einem Spiegel. Er war rasiert, hatte sich in der Maisel- gasse neu angezogen, trug neue Stiefel, eine Krawatte, worauf ein riesengroßer dunkeMauer Saphir aus böhmischem Glas funkelte. Beinsteller brummte vor sich hin:„Jetzt bist du fein herausstaffiert, Ferdll Höher geht eS nimmer! Möchst wohl am liebsten vor Freude heulen, weil du ein anständiges Leben eingeschlagen hast? Willst Fräulein Sophiechen jetzt bezaubern, was, du miserabler Kerl? Ist nicht zu machen. Du bleibst der Beinsteller, der Dieb, der zu Hause seine Strafe absitzen muß, wenn du auch funkelnagelneu herauSgeputzt bist. Diebe gehen seit jeher erst in der Dunkelheit auS dem Kriminal nach Hause." ^Fortsetzung folgt.^
44 »»man von x Emil Vachek—n >_ Deutsch von Ainni Aurednltek
Der liebe Banouschek wurde natürlich, nachdem sich die Herren von dieser Taffache überzeugt hatten, fteigelassen. Der Herr Hofrat aber wurde, wenn ich nicht irre, kurz darauf pensioniert." Der Bizepräfirdent hüstelte verlegen:„Der Herr Hoftat Pietnicek hatte längst ausgedient und ging deshalb in Pension. Ihr Fall ist juridisch ganz anders als der des Banouschek. Sie sollen auch nicht acht Jahre, sondern zwei Monate sitzen. Jetzt fällt mir aber ein, daß wir den Geisteszustand des Sazyma prüfen lassen sollten. Sie könnten indessen freundlichst noch in der Untersuchungshaft bleiben." «Herr Vizepräsident," sagte Beinsteller schmerzlich,„das ist nicht schön von Ihnen! Warum schlagen Sie die Augen nieder? Weil Sie wissen, daß Sie eine List anwenden, um nicht in den sauren Apfel beißen zu müssen. Sie wissen ganz gut, daß der Sazyma einen ganz gesunden Verstand hat, der genügt, um für fünf Monate eingesperrt zu werden. Sie wissen auch, daß ich so unschuldig bin wie MoseS , als er im Korb auf dem Nil herumgondelte. Ich kann mich leider nicht wehren, denn wenn Sie den Vorsatz fassen, mich zu erwürgen, damit der Skandal nicht herauskommt, wird sich niemand meiner annehmen. Aber Ihr Gewissen, gnädiger Herr, denken Sie an Ihr Gewissen!" „Beinsteller l" rief der Vizepräsident verzweifelt.„Machen Sie mir das Herz nicht schwer. Ich will J^n-n nicht weh tun. Aber über Ihrem Interesse stetzt ein höheres Interesse, das Prestige
deS Gerichtes. Sie sind als loyaler Mensch bekannt, Beinsteller, und müssen ein Interesse daran haben, daß unsere Institutionen einer Lappalie wegen nicht erschüttert werden." „Sie haben leicht reden— drei Monate für nichts und wieder nichts sitzen? Das ist keine Lappalie." „ES ist nicht ganz richtig, was Sie sagen, Beknsteller. Sie haben die Behörden irregeführt, uns lächerlich gemacht und viese Ausgaben veranlaßt. Sie werden deshalb gut tun, diese scheinbare Ungerechtigkeit zu ertragen. Ich versichere Ihnen, man wird es Ihnen ein nächstes Mal einbringen. Auch Sazyma wird auf seine Rechnung kommen. Die Herren Dokwren werden sich mÜ ihrem Urteil Zeit lassen." Traurig, mit erschüttertem Glauben an die Gerechtigkeit, kehrte Beinsteller in seine Zelle zurück. Kurz darauf nahm, nicht ohne Schaden, freude, Eliaschek Abschied von Beinsteller. Bor dem Eingang erwartete ihn im Auto seine Maid. Auf diese Art gelangte ein vielfacher Verbrecher in die Freiheit und der unschuldige Beinsteller sollte für Sazyma sitzen, der ein Geständnis abgelegt hatte. Wer weih, wie es mit ihm ausgefallen wäre, hätte Sazyma nach einer Woche nicht eine neue überraschende Wendung in die verwickelte Angelegenheit gebracht. Der arme Bauernlümmel hatte sich in den Kopf gesetzt, er dürft nicht zu ehrlichen Menschen zurückkehren, bevor er die Strafe für seine Schuld nicht abgebüßt hatte. AIS der Untersuchungsrichter behauptete, er habe die Sachen wahrscheinlich von Beinsteller gekauft, war Sazyma einem Tobsuchtsanfall nahe.„Fragen Sie bei uns zu Hause nach, ob der Wenzel Sazyma imstande ist, eine solche Schwindelei zu begehen! Gestohlene Sachen kaufen!" Aber der Untersuchungsrichter überzeugte den Mann plötzlich von seiner Vorliebe für gestohlene Gegenstände. Er fragte nach dem geistigen Gesundheitszustand seiner Eltern, Urgroßeltern und seiner Geschwister, erkundigte sich nach