Nr. 138Freilag, 14. Juni 1935«Seite 5Urteil im Berliner RundfunkprozeßBerlin.(DNB) Im Rundfunkprozeß, derseit dem 5. November 1934 die sechste großeStrafkammer des Berliner Landgerichtes beschäftigte, verkündete der Vorsitzende am Donnerstagdas Urteil:Die Angeklagten Korte, Otto und Dr.Erwin Jaeger wurden freigesprochen. Derehemalige Geschäftsführer der Neichsrundfunkgc-sellschaft, der 47jährige Angeklagte Dr. KurtMagnus ist der aktienrechtlichen Untreue schuldigund wird zu einer Gesamtstrafe von f ü n f Mona t e n Gefängnis und zu Geldstrafen verurteilt.Tie Freiheits- und Geldstrafen gelten als durchdie Untersuchungshaft verbüßt. Im Falle Flesch(Frankfurt a. M.) wird das Verfahren wegenVerjährung eingestellt und der Angeklagte f r e i-gesprochen. Der 37jährige frühere Rundfunkintendant MUDr. Hans Flesch wurde in fünfFällen der aktienrechtlichen Untreue sowie derBeihilfe zum Parteiverrat schuldig erkannt undzu einemIahr Gefängnis und in den Fällender Untreue auch zu 3000, 500, 5000, 1000 und1500 RM verurteilt. Die Untersuchungshaftwird mit elf Monaten aus die Freiheitsstrafe an-gerechnet. Der Angeklagte Dr. Felix Kohl, früherer Direktor der Mitteldeutschen Rundfunk-AG,ist der aktienrechtlichen Untreue in zwei Fällenschuldig und wird zu einer Gesamtstrafe von sieben Wochen Gefängnis und zu Geldstrafen von2000 RM verurteilt, Diese Strafen güten alsverbüßt. Im übrigen wird auch dieser Angeklagtefreigesprochen. Der frühere Direktor der Schlesischen Funkstunde-AG Emil Z o r e k ist der aktienrechtlichen Untreue im Falle»Autofahrten Zorek"schuldig und wird zu sechs Wochen Gefängnis undzu einer Geldstrafe von 2000 RM verurteilt. Di-Freiheitsstrafe gilt als verbüßt. Im übrigen wirdauch er freigesprochen. Die Kosten des Verfahrensfallen, soweit auf Strafe erkannt ist, den verurteilten Angeklagten, soweit auf Freisprechung oderEinstellung des Verfahrens erkannt ist, derStaatskaffe zur Last. Der Angeklagte Bredow,Staatssekretär a. D. und früherer Reichsrund-funkkommiffär, ist der aktienrechllichen Untreue invier Fällen sowie der Beihilfe zum Parteiverratdes früheren Rechtsanwaltes Dr. F-ey schuldigund wird zu einer Gesamtstrafe von sechs Mona t e n Gefängnis und in den Fällen der Untreue zu Geldstrafen von 500, 1500, 2500 und800 RM verurteilt. Die FrecheitSstrafe und dieSeldstrafen sind durch di« Untersuchungshaft verbüßt. Im übrigen wird auch dieser Angeklagtesrrigefprochen.Deutschland verbannt Esperanto.... Derreichsdeutschen Presse entnehmen wir. daß derReichs- und preußische Erziehungsminister an di-llnterrichtsverwaltungen der Länder folgenden Erlaß gerichtet hat:»Die Pflege künstlich geschaffener Welthilfssprachen wie der Ssperantosprachehat im nationalsozialistischen Staat keinen Raum.Fhr Gebrauch führt dazu, wesentliche Wert« völkischer Eigenart zu schwächen. Es ist daher vonfeder Förderung eines Unterrichts in solchenSprachen abzusehen. UnterrichtSräume sind fürdiesen Zweck nicht zur Verfügung zu stellen"... I„Wie im Paradies!"Bon Joe Doe.■ Gleich nach dem Frühstück in dem unansehnlichen Hotel„Etna Bella Vista", das etwas abseits im weniger romantischen Viertel von Taor«wina*) gelegen war, brach Martin Ogle auf» umdie Besteigung des Eastel Mola anzutreten.'Alsihm der zuvorkommende Wirt sein Lunchpaketeinhändigte, fragte er höflich:»Diesmal ohnedie Frau Gemahlin bei uns, Mr. Ogle?" Ueber-wscht sah Ogle auf:',Z8ie denn, ich war ja nochviemalS bei Hchnen!"»Oh Pardon, daS scheintdemnach ein Zufall," und schritt beflissen zu sei-»em Pult, wohin ihm Ogle interessiert folgt«:--Hier, bitte,„Mr. Marten Ogle mit Frau Gemahlin" steht eingetragen, 25. Februar 25l"„Marten Ogle. ich aber heiße Martin Ogle,"Antwortete der Gast, indem er seine Brilledutzte.Ein goldiger Glanz lag auf der Landschaft,der Ogle's Augen, nur an daS Dämmerlicht einesMglffchen FeberS gewöhnt, förmlich schmerzteSchritt für Schritt stieg er hinan, seiner unver-tkßlichen Mabel gedenkend, die ihm damals vonder Pracht hier begeistert vorschwärmte. Wie selt-der Kies, der leuchtend weiß Eastel MolaSBandstraße bedeckte...Endlich ermüdet, wählte er ein PlätzchenMn Erdboden, dort, wor er weniger uneben warMid lehnte gegen den Stamm eines blühenden'Randeibaumes, sich ganz seiner wehmütigen Erinnerung überlassend. Hier war sie, trunken vondir Schönheit dieser Landschaft geschritten—wahrhaftig, Mabel hatt« nicht übertrieben I WieA m dieser gottvollen Umgebung die Erinnerung«n sein totes Weib überwältigte! Sein Augeleuchtete sich. Diese Herrlichkeit des Jonian-'Reeres, das vor ihm ausgebreitet lag! 25 Schat«Rrungen in Blau zählte er. Einige der Rüancenfteser türkisblauen Büschel waren von der BläueVerlobungsringes, den er einst Mabel schenkt«,war ja auch Mabel, die ihm, von der Reise•) Hafenstadt auf Sizilien.Skatspiel auf Hitlerbraun. Eine Nürnberger Kartenfabrik hat ein neues Skatkartenspielherausgebracht, das keine Könige und Buben,sondern„Stabschefs",.^reisleiter",„Gauleiter",„Truppenführer" und, statt der Buben„Hitlerjungen" führt. Die Skat-Königin figuriertals„Bund der Mädchen-Führerin". Die„Statthalter" gelten als Trümpfe und wer ausspielt,beginnt mit„Heil Hitler". Das Ganze ist soidiotisch gemacht, daß es drüben in gewissen Spie-tzerkreisen bestimmt reißenden Absatz finden wird!Ein seltsamer Unfall ist dem englischen Kanonenboot„Hastings" zugestoßen. Auf derFahrt durch das Rote Meer wurde an Bord an einerK a tz e, die einigen Matrosen Bißwunden beigebrachthatte, Tollwut festgestellt. Aus diesem Grundversuchte der Kapitän auf schnellstem Wege Portzurückgekehrt, von diesem vielfälttgen Blau erzählte, damals, als sie Taormina streifte für einpaar Stunden— nachdem sie aus Malta vonihres Vaters Begräbnis zurückkam! Ach, wie begreiflich eigentlich, daß sie nicht anders konnte,als hier zu rasten in dieser Pracht, nachdem sieihre zufällige Reisegesellschaft dazu«timierte!Wie hatte er ihr das nur vorwerfen können, undwie schämte er sich jetzt dieser Bitterkeit ihr gegenüber, aber freilich, es war ja auch kein gewöhnlicher Fall! Von der Hochzeitszeremonie weg zumBahnhof, auf das Begräbnis ihres Vaters! Under, der beruflich nicht abkam, nicht einmal alseben getrauter Ehemann, und sie allein fahrenlassen mußte! Kein gewöhnlicher Fall, wahrhaftig.Er hatte auch Mühe, sich zu beherrschen! Er, indem di« ganze Aufgeregtheit und Liebe eines 46Jahre alten Mannes aufgespeichert lag, der seineerste Ehe einging, eine Liebe, die ihn fast verbrannte. Wie sagte er damals zu ihr, als siebereits im Kupee saß und er zu ihr hinaufsah, mitwürgenden Tränen im Halse?" Glücklich, Schatz?"Und sie, mit einem Keinen Lächeln um den schönen Mund, antwortete:„Wie im Paradies!"Dieses ,^vie im BaradieS", es wurde ihr geflügeltes Wort, ihre LieblingSantwort, ihre melodische Stimme, er hörte sie noch, hatte er im Ohrfestgehalten. Wie er sich nach ihr sehnte! Immerbrennender, mit jedem Tage! Nie stirbt LiebelEr beschattete seine Augen mit der Hand. U«ber-ließ sich seinen Träumereien... bis er ein wenigeinschlummerte! Als er erwachte, schlendertenGäste seines Hotels Bella Vista eben wieder zurück, zum Lunch. Er dachte nicht daran! Warfroh, hier allein mit seiner toten Frau Zwiesprache halten zu können! Er hatte sich angewöhnt, alles was er dacht«, vor sich hinzumurmeln, fühlte sich unentwegt zu Zweit... Endlichregte sich Hunger und er nahm sein Eßpaket hervor. Er lächelte! Wie reichlich und sorgfältig gewählt und zusammengestellt l Das wär« was fürMabel! Sie, mit ihrem erstaunlich jungen Appetit! Er lächelte. Und Mabel, mit ihrem kindlichfesten Schlaf! Sie war ja ein Kind gewesen, dieArme! Selbst im Krankenhaus, auf ihremSterbelager, war ihre Appetttlosigkeit ihr größterKummer gewesen! Wie blaß und schön sie dalag.Sudan zu erreichen, um die Mattosen der ärztlichenPflege zu übergeben. 60 Meilen vor Poet Sudanlief das Kaüonenboot auf Grand.' Es mußte Donnerstag mittags von der Besatzung aufgegeben werden. Die gesamte Ausrüstung der»HasttngS" wurdeam Donnerstag abends von einem Schwesterschiff desKanonenbootes nach Port Sudan gebracht. Muni-tion und NahrungSmittelborräte sind bereits in dervergangenen Nacht geborgen worden. Die»Ha«süngs" war im Jahr« 1929 von Stapel gelassenihre Wasserverdrängung bettug etwa 1000Tonnen.Direkte Schiffahrt Rußland—Rumänien. Nacheiner amtlichen Meldung aus Moskau hat der rumänisch« Dampfer»Prinzessin Maria" Konstanzaverlassen und sich nach Odessa begeben. Damitist der direkte Schiffahrtsverkehr zwischen Rumänienund Sowjetrußland ausgenommen worden.damals! Ahnungslos, wie nahe der Tod! Undum nochmals ein Lächeln diesen Lippen zu entlocken, fragte er di« Frau:„Wie fühlt sich meineMabel, besser?" Und sie antwortete. ,L8ie imParadies!" und es war ihm gelungen, dieses letzteLächeln zu sehen...Wie wundervoll geschickt sie ihm daS Heimführte! Nie gab eS eine Meinungsverschiedenheit— außer damals, nach der Rückkehr von Malta,als er ihr voller Bitterkeit vorwarf, sich hier aufgehalten zu haben, anstatt in seine Arme zu eilen.Wie war das doch damals ein Wirbel gewesen!Nicht mehr als 24 Stunden vor der Hochzeit, alssie von Vaters schwerer Erkrankung erfuhr, gleichdarauf von seinem Tode, und sich in dieser kurzen Spanne Zeit einen Paß verschaffte, ein Billett nach Malta und— einen Gatten!Tränen rannen ihm die Backen herunter.Er griff nach dem Baedeker, wobei ihm ein alterBrief Mabels aus der Tasche fiel. Er griff danach. Kannte ihn auswendig, und ttug ihn dennoch immer bei sich. Ihr Brief, in Mabels seltsam gestochener Handschrift. ES war ja auch diebesonde« Begabung Mabels, Schreibkunst, die siezusammengefiihrt hatte. Sie erhiett in seinerFirma unter einer Menge Bewerbern den Posten.Seine Firma, die dauernd Leute beschäftigt«, diemit dieser alten Kunst vertraut waren. Ein son«derbar altmodischer Beruf für eine Frau heuttgerZeit! Zumindest bewies Mabel, ein« zu sein, diestillsitzen konnte! Selbst ihre Haushaltbücherwaren in dieser erlesenen Form gehalten! ImBaedeker blätternd, fand er die Notiz:„Ganzanfangs von Eastel Mola liegt ein Keines Eafö,das vom Eigentümer, einem Mr. Blandano, geführt wird..."Eine Tasse Kaffee wird guttun nach dieserTour," murmelte er zu sich selbst. Er überschaute die Stadt voller Mispelpracht noch einletztes Mal, diese Stadt ehrwürdiger Ahnherrenund voll kriegerischer Ereignisse...Ein kleines anspruchsloses Cafs. An einem— möglichst von den heißen Strahlen der Sonneenffernten marmornen Tischchen— ließ er sichnieder. Sofort schleppte der Wirt, jener Mr.Blandano, das Fremdenbuch herbei und bat, sich.Neue Verfolgungen in ItalienWährend der abessinische Krieg mit der zivilisatorischen Mission Italiens gegenüber dem barbarischen Aethiopien erklärt wird, hat der Unterdrückungsapparat der fascistischen Diktatur einenneuen Feldzug gegen den Antifascismus eingeleitet. Seit Herbst 1934 sind vor dem Ausnahmegericht in Rom über dreihundert Sozialisten wegenanttfascistischer Propaganda abgeurteilr und zuden üblichen schweren Kerkerstrafen verurteilt worden. Erst am 6. Mai wurde eine Gruppe vonneunzehn Mann wögen„antiitalienischer Umtriebe" verurteilt. Der Hauptangeklagte AristoP a p a z z i erhielt 20 Jahre, Camillo D o n d a18 Jahre, drei weitere Beteiligte je sechzehn Fahreund die übrigen Kerkerstrafen zwischen zwei undsechs Jahren.Während die Prozesse vor dem Sondertribunal, nach dessen Muster im Dritten Reich das„Vollsgericht" errichtet wurde, in der Presse ganzkurz vermerkt werden, spielen sich vor dem ordentlichen Gericht in Neapel derzeit Massenprozesse gegen politische Verbannte ab, von denenItalien überhaupt nichts erfährt. 287 Verbanntevon der Insel P o n z a, die gegen eine Berwal«tungSverfügung, welche ihre Bewegungsfreiheitentscheidend einschränkte, durch demonstrativeRückgabe ihres Verbanntenausweises protestierthatten, werden schubweise wegen Disziplinbruch zuhalbjährigen und längeren Gefängnisstrafen verurteilt.Noch sind die Ponza-Verbannten nicht alleabgeurteilt und schon traf in Neapel bereits einweiterer Transport von der niüsten FelseninselV e n t o t e n e ein. Auch hier hatten die Verbannten gegen die gleiche Verfügung protestiert, indemsie die Annahme des täglichen VerpflegungSgeldeSvon fünf Lire verweigerten. Die Folgen waren diegleichen wie auf Ponza. Alle Verbannten wurdenin Ketten gelegt und auf die übliche barbarischeWeise- gefesselt auf Keinen Schiffen aufs Festlandtransportiert. Offenbar will der italienische.Fascismus der nördlichen Konkurrenz in der Verfolgung politisch Mißliebiger nicht nachstehen.Ueberalterten-PenslonenIn SchwedenStockholm. Beide Kammern haben den Gesetzentwurf einmütig angenommen, durch den allenarbeitsunfähigen Ueberalterten eine JahreSpen-sion von 250 schwedischen Kronen(1500 Kd) gewährt wird. Diese Pensionen werden aus einemFonds gezahlt werden, in den die Gemeinden,Bezirke und auch der Staat beitragen werden, derzu diesem Zwecke die Steuern auf Spirituosen,Kaffee und Tabak erhöhen wird.Reich rrrrd schSrrblühen auch Ihre Blumen, wenn Sie zu ihrer PflegtBlumen-Zauberdungverwenden.1 Paket Kd 5.60, durch die Verwaltung der„Frauenwelt", Prag Xll., Fochova tt. 62, und bet allen Kolporteuren erhältlich.einzutragen.„Das erstemal, daß man mein Autogramm wünscht," sagte sich lächeln- Mr. Ogle,„wie ein Filmstar l" Ogle bestellte eine TasseKaffe«. Er schlug nachdenklich das Buch auf.Namen, die er nicht kannte, manchmal ein Vers,poetisch, zuweilen scherzhaft. Er blätterte zurück«las, unL. dachte dabei nach, was er selbst wohl hin-,kritzeln werde... da fiel sein Blick auf eineSchrift, die er wohlkannte— Mabels unverkennbar gestochene Buchstaben, und Mabels ihm geläufiger Lieblingssatz:„Wie im Paradies!"'Ohne Unterschrift, ihm allein verständlich, für ihngleichsam allein bestimmt, wie ein Gruß von ihrllSein Herz tat einen Sprung! Er drückte sein«Lippen auf die Worte, in großer Bewegung. Zogseinen Füllfederhalter au2 der Tasche und wollteeitt Wort, eine Antwort daruntersetzen, da..«Sein Kopf fiel schwer nach vorn, auf denTisch. So fand ihn Mr. Blandino, als er denKaffe« brachte. Als Mr. Ogle wieder zu sichkam, murmelte er zwischen den Zähnen:»Feigling, nicht einmal den Namen zu setzen!" zahlte«und ging...,Der intelligente Mr. Blandino beeilte sich«das Fremdenbuch nachzusehen, das, Seiten zurückgeschlagen, bis zum Jahr 25, vor ihm lag. Erkonnte jedoch nichts erspähen, das die Auftegungund die halbe Ohnmacht des ftemden Gastesrechtfertigen und erklären hätte können. Denner fand vor sich nur die belanglosen Worte:„Wieim Paradies!" Und darunter: Mr. und Mrs«M. Ogle, Logiergäste im Etna Bella Vista! 25.Februar 1925!" Sonst nichts! Das konnte einenMenschen doch fürwahr nicht in diesen erregtenZustand versetzen! T*Eine Woche darauf brachten die LondonerBlätter unter„Tagesnachrichten":„Mr. MarttnOgle aus der Stteet Avenue Mußwell Hill, aufUrlaub in Taormina, Sizilien, wurde zerschmettert auf dem Zugsgeleis« aufgefunden. Er warseit zwei Tagen aus seinem Hotel als„vermißt"angezeigt gewesen. ES ist anzunehmen, daß infolge des heftigen Sturmes, der zu dieser Zettdort herrschte, er seinen Weg verlor und vomWege abgekommen, irrtümlich auf dem Bahngeleise wetterwanderte..."Deutsch von Alice Steiner«Volkswlrtsdiait und SozialpolitikWirtschaftsabkommen mit UngarnDas Ende des vertragslosen ZustandesDie Handelsbeziehungen der Tschechoflowa-kei mit Ungarn leiden seit fünf Jahren untereinem vertragslosen Zu st and. DieFolge davon ist, daß der gegenseitige Außenhandeldieser beiden Staaten eine größere Schrumpfungausweist, als sie durch die Krise im gesamtenAußenhandel festzustellen ist. Es betrug die wertmäßigeEinfuhr auS Ungarn1934193319321980KdKdKdKd128 Mill.167 Mill.120 Mill.929 Mill.Ausfuhr nach Ungarn1934193319321980KdKdKdKd154 Mill.190 Mill.202 Mill.1004 Mill.Bon der Gesamteinfuhr der Tschechoflowakei kamen 1930 knapp 6 Prozent aus Ungarn, 1984nur noch etwas mehr als 2 Prozent. Etwa in demgleichen Verhältnis ist auch der Anteil Ungarns ander Ausfuhr der Tschechoslowakei zurückgegangen.Auch in den ersten vier Monaten des Jahres 1935ist keine günstigere Entwicklung des tschechoslowa-kssch-ungarischen Außenhandels zu verzeichnen.Die wiederholt unternommenen Bemühungen, wieder zum Abschluß eines Handelsvertrageszu kommen, sind an den von beiden Staaten vertretenen gegensätzlichen Forderungen gescheitert.Ungarn muß gemäß seiner wirtschaftlichen Struktur Wert legen auf Zugeständnisse für die Aufnahme gewisser agrarischer Produkte, die aber von.der Tschcchvslüivakci infolge dc» enurefchlageuen-agrarpolitischen Kurses nicht gegeben werden konn-; ten. Jetzt endlich konnten die vor einigen Monatenerneut aufgenommenen Verhandlungen wenigstensmit einem Teilerfolg abgeschlossen werden.Bon den beiden Wirtschaftsdelegationen istein Wirtschaftsabkommen paraphiert worden, des,sen Unterzeichnung durch die ungarische und tsche-choslowakische Regierung üevorsteht und daS bereitsin den nächsten Tagen in Kraft treten wird. Eshandelt sich auch bei dem neuen Wirtschaftsabkommen noch nicht um einen regelrechten Handelsvertrag, sondern nur um ein W a r e n a u s t a u sch-abkommen, um eine Vereinbarung über denBäderverkehr und um die gegenseitige Gewährung der Meistbegünstigungsklausel. Eine Ausdehnung des gegenseitigenHandelsverkehrs bringt das Wirtschaftsabkommenzunächst nicht, da eS nur einen Rahmen von rund80 Millionen Kronen bis Ende 1935 vorsieht.Davon entfallen 19 Millionen Kronen auf tsche-chofloivakisches Holz, für das Ungarn 23.000Stück Schweine und Agrarprodukte liefert, 14Millionen Kronen aus Kohle und Koks, fürdi« von der Tschechoslowakei Fette und Agrarprodukte bezogen werden. Für 21.5 Millionen Kronen werden Jndustrieerzeugnissenach Ungarn geliefert werden, wofür Ungarn für17.5 Millionen Kronen Industrie- und für vierMillionen Kronen Agrarprodukte austauscht. Eswird dahin gestrebt werden müssen, den Anteil derErzeugnisse unserer Ausfuhrindustrien an demmtt Ungarn vereinbarten Warenaustausch zu erhöhen. In dem durch daS Abkommen vorgesehenenUmfang werden Papier, Textilien, Glas, Zellulose, chemische Artikel und andere Jndustriepro-dukte auSgetauscht werden.Die Meistbegünstigungsklausel, die der Herstellung normaler Handelsbeziehungen sehr förderlich sein dürfte, gewährt-die gleichen Begünstigun-gen für ungarische Waren, die die Tschechoflowakeiden aus anderen Ländern zur Einfuhr kommendenWaren zugesteht.Von den in Ungarn eingefrorenen Forderungen tschechoslowakischer Exporteure werden zunächst: 872-MilkivnM Kronen durch dlS Lieferungvon Primeurs' beglichen. Die Vereinbarung überden Bäderverkehr ersttebt die Förderung und Regelung, des gegenseitigen GästeauStausches.Das ganze Wirtschaftsabkommen wird alledrei Monate überprüft und verbessert werden.Durch eine Erweiterung soll eine IntensivierungdeS bisherigen Handelsverkehrs erreicht werden.Nach einem beinahe fünfjährigen vertragslosenZustand mtt Ungarn ist das Abkommen ein neuerAnfang für die handelspolitische Zusammenarbeit!der beiden Staaten.