Nr. 141 Dienstag, 18. Statt 1935 Seite 5 Thomas Manns   Stellung zum Sozialismus Bon Will Schaber») Tagung der Arbeiterabstinenten Der Arbeiter-Abstinentenbund in der TSR hielt am Sonntag vormittags im Hause des Internationalen Metallarbeiterverbandes in K o- m o t a u seine Bundes-Vollversamm­lung ab, an der außer Vertretern der Orts­gruppen auch zahlreiche Delegierte befreundeter Organisationen teilnahmen. Den Vorsitz führte Obmann Genosse Dr. H o l i t s ch e r, der zunächst in einem herzlichen Nachruf des verstorbenen Ge­nossen Dr. Armin Klein gedachte. Begrüßungs­schreiben hatten u. a. entsendet: Gesundheits­minister Genoffe Dr. C a e<3&, die Internationale sozialistischer Alloholgegner, der Arbeiter-Ab­stinentenbund der Schweiz   und der Deutsche Ar­beitersängerbund in der ESR. Begrüßungsan­sprachen hielten Genosse Munclinger- Prag für das ZdruZeni abstinentü sozialistü, Dr. K r a s n e Y-Prag für die Zentralstelle der deut­ schen   Enthaltsamkeilsvereine, Herr M i 11 en» berg- Aussig für den Guttemplerorden, Genos­sin Adelmann- Komotau für die Konsumge­nossenschaft und für den Gec-Verband, Genosse Wondrak- Karlsbad für den Parteivorstand und Genoffe Ullrich- Brünn namens der abstinenten Eisenbahner. In den Ansprachen wurde wiederholt mit Genugtuung darauf ver­wiesen, daß das Fürsorge- und das Gesundheits­ministerium mit den Sozialdemokraten Dr. C z e ch und Ing ReLaS besetzt wurden, die als eifrige Förderer der Enthaltsamkeitsbestrebungen bekannt sind. Den Tätigkeitsbericht über die abgelaufenen zwei Geschäftsjahre erstattete Genoffe Dr. L i e- b e n. Turn. Seinen Ausführungen war zu ent­nehmen, daß der Arbeiter-Abstinentenbund trotz der schweren Wirtschaftskrise sehr ersprießliche Ar­beit geleistet hat. Die finanzielle Notlage des Bundes hat die Tätigkeit freilich stark beeinträch­tigt und manche Wünsche nicht zur Tat werden lassen. Die Berichte des Kassiers Genoffen Schneider- Graupen und der Kontrolle, Genoffen Schiefner- Graupen, wurden ein­hellig genehmigt, den Amtswaltern wurde die Entlqstung erteilt. In der Debatte zu den Berichten sprachen die Genoffen Dr. H o l i t s ch e r- Komotau, Sommer- Falkenau, Dr. K r a s n e y-Prag, Fellinghager- Komotau, Bechtold- Drahowitz, Ullrich- Brünn und Reichl- Schatzlar  . Zu den aufgeworfenen Fragen nahm Genoffe Dr. Lieben in seinem Schlußwort Stellung. Beschlossen wurde eine Protest­resolution gegen di« neuerdings geplante Erhöhung der Mineralwasser- und Sodawasser­steuer. Den zweiten Punkt der, Tagesordnung bil­deten die Referat« der Genossen Dr. Holti­sch e r und Ullrich über das Thema«Alokohol und Verkehr". Die sehr interessante Darlegungen der beiden Redner wurden mit großem Beifall guittiert. Die Neuwahlen in den Vorstand erga­ben fast keine Veränderungen. Zum Obmann wurde wiederumr- unter dem Beifall der Ver­sammlung Genoffe Dr. Holitscher ge­wählt. An Stelle des verstorbenen Genossen Dr. Klein und des erkrankten Genossen Pablc wurden die Genossen Hofbauer und S t r n a d»Prag   in den Bundesvorstand ent­sendet. Nachdem noch Genoffe Dr. Lieben dem Int. Metallarbeiterverband für die gastfreundliche Aufnahme und Genossen Dr. Unger- Aussig  dem Genossen Dr. Holitscher für die zielbewußte Leitung des Bundes gedankt hatten, wurde die schön verlaufene Tagung vom Vorsitzenden mit einem anfeuernden Appell zu weiterer, rastloser Arbeit im Dienste der Abstinenzbewegung ge­schloffen. Thomas Mann   entwirft keine politisch-strate­gischen Tagespläne. Das bedeutet aber nicht, daß er in seiner Kommentierung der Zeit je unver­bindlich, unscharf, zweideutig gewesen wäre. Nie­mals ist er, wie viele andere, mit der Pose der Erhabenheit vor den konkreten Problemen ausge­wichen. Er hat sich tapfer in den Tag gestellt, hat ausgesprochen, was der Augenblick verlangte, und selbst geringfügige Anlässe schienen ihm wichtig ge­nug, für den Geist und seine Herrschaft zu plä­dieren. Wenn Heine von Lessing gesagt hat:Er war die lebendige Kritik seiner Zeit, und sein gan­zes Leben war Polemik", so möchten wir- das Imperfekt in ein Präsens verwandelnd- dieselben Qualitäten für Thomas Mann   in Anspruch neh­men. Gerade jetzt, wo der Dichter immer wieder des Schweigens gegenüber der aktuellen Weltsitua­tion bezichtigt wird, fühlen wir uns verpflichtet, mit herzlichster Wärme für den großen Beitrag einzustehen, den der Dichter zur Erkenntnis der Gegenwart und zur Gestaltung der Zukunft ge­liefert hat. Gleich Lessing   ist er ein Erzieher seines Volkes geworden, ein Lehrer in des Wortes höch­stem und unprovinziellstem Sinne. In keiner Ent­scheidungsstunde auch heute nicht, und heute erst recht nicht ist diese einsichtsvolle und liebende Pädagogik verstummt. Funkelnd und lebensvoll ist ihre Sprache, immer ucschöpferisch, immer neu sich entzündend an der Reibungsfläche der besonderen Gelegenheit. Es ist ein Leben in der Zeit, mit der Zeit und der Zeit voraus. Dieses Voraus- Sein, das seinen Tagesbekenntniffen ihr besonderes Gepräge verleiht, hat unzureichendes Verstehen zu der Unterstellung verleitet, die aktuelle Notwen­digkeit komme darin nicht zu ihrem Recht. In Wirk­lichkeit liegt hier eine weit größere Aktualität vor als bei den Wortfechtern zwar.richtiger", doch mit ungenügender Energie geladener Ueberzeu- gungen. Thomas Mann   denkt bereits von morgen her: aus der Welt der.neuen Humanität", aus jener Welt, in der das neue Wort der Li^be herrscht, das Hans Castorp entdeckt hat. Er ist ein Bürger dieser kommenden Welt, er hat vom Lände der Zukunft bereits Besitz ergriffen. Daher ist sein Eifer von einer stillen, aber zugleich stetigen und ungeheuer sicheren Art. In der Sache ist er imnter von sauberster Unzweideutigkeit gewesen, in der Form immer zurückhaltend und behutsam. Daß er vor der klaren Auseinandersetzung auch heute nicht zurückschreckt, lehrt sein jüngster kritischer Prosa­band. Darin findet sich nicht nur» seine von enra- gierten Rückschaltern heftig angefochtene Wagner- Studie, sondern auch die Schilderung einer.Meer­fahrt mit Don Quijote", worin sich eine Perspek­tive zukünftiger Kultur eröffnet, die den Vorstel­lungen der runen- und blutseligen Rassenmystik betont zutoiderläust. Diese seine Zuverlässigkeit und Unbestechlich­keit, dieses bedingungslose Festhallen an der ein­mal gewonnen Erkenntnis werden eine spätere Zeit bestimmen, Thomas Mann   zu attestieren, er sei nicht nur ein großer Denker und Künstler, sondern er sei vor allem ein großer Deutscher, ein reprä­sentativer Deutscher gewesen: Maß, Kriterium, Norm deutschen   Geistes in gefahrvoller Stunde. Wenn wir von ihm sprechen, so sehen wir das gestrige und das morgige Deutschland   vor uns, und wir fühlen, daß wir nicht verlassen sind, wenn wir auf die Kraft ausdauernden und eindring­lichen Geistes bauen. Ganz allgemein und gatiz jenseits alles Par­teimäßigen kann man die geistig-politische Linie Thomas Manns   als die Tendenz nach einer plan­mäßigen Neuordnung des Sozialen   und damit auch des Kulturellen charakterisieren. Mit aller *) Aus dem Effah-Dand:.Thomas Mann   zu seinem sechzigsten Geburtstage". Drei Aufsätze. Ver­lag Lvrecht. Zürich   1938. Kraft hält er fest an der geistigen Tradition der Bürgerlichkeit, von der er ausgeht, als ein edler Bewahrer alter Kultur; aber er erkennt schließlich, daß diese Bügerlichkeit nichts zu tun habe mit der Bourgeoisie", deren Wirken den geistigen und kulturellen Zerfall unserer Zeit weitgehend herbei­führte. Es handelt sich also um eine Neukonstruk­tion des Gesellschaftsgebäudes bei der auch die alten kulturellen Baustoffe mitbeteiligt werden sollen.Die aktuelle Unzulänglichkeit der überlie­ferungsgemäßen deutschen   Geistigkeit", sagte er schon vor Jahren,«beruht auf der Tatsache, daß die gesellschaftlich-sozialistische Idee in ihr nicht vorkommt." Es sei das Lebenmit all seinen Ge­halten an Gegenwart und Zukunft ohne allen Zweifel auf Seiten des Sozialismus". Sozialis­mus: als Axiom neuer Ordnung, als Fundament neuer Kultur, als Plattform für die schöpferische Individualität, als das Instrument, die wirtschaft­lichen Widersprüche aufzuheben und dadurch die Befreiung des Geistes anzubahnen. Sozialismus: als die humanistische Tat, als die Zusammenfas­sung und Weiterführung alles dessen, was mensch­licher Geist und menschliche Kultur je hervorge­bracht haben. Sozialismus: als das Bündnis des Alten mll dem Neuen, als die Kuppel, welche die gewaltigen Taten der Weisheit und der Kunst in allen Völkern und allen Zeiten bergend überwölbt. Es ist einwundervolles Hineinwachsen in Jugend und Zukunft", was wir da erleben und was Thomas Mann   selbst einmal an dem greisen Fontane gerühmt hat. Der Lübecker   Patriziersohn und der märkische Bürger-Aristokrat treffen sich in derselben soziologischen Perspektive.Alles Inter­esse ruht beim vierten Stand", erklärte Fontane  1896 in einem Brief an seinen Freund James Morris,«der Bourgeois ist'furchtbar, und Adel und Klerus sind altbacken... Das, was die Ar­beiter denken, sprechen, schreiben, hat das Denken, Sprechen und Schreiben der altregierenden Klaffen tatsächlich überholt. Alles ist viel echter, wahrer, lebensvoller. Sie, die Arbeiter, packen alles neu an, haben nicht bloß neue Ziele, sondern auch neue Wege." Und noch ein anderer Fall solcher Art muß in diesem Zusammenhang verzeichnet wer­den: derjenige Oscar Wildes, des englischen No­tablen, der(in seinem wenig gekannten Traktat «Die Seele des Menschen unter dem Sozialis­mus") eine drastische Gesellschaftskritik treibt. Das wahre Ziel ist, die Gesellschaft auf einer Grundlage neu aufzurichten, die die Armut aus­schließt", ruft Wilde;es ist unsittlich» Privat­eigentum zur Milderung der furchtbaren Uebel- stände zu verwenden, zu denen die Einrichtung des Privateigentums geführt hat. Das ist sowohl un» sittlich, als auch unehrlichi" Es schesttt. als ob.ge­rade die hervorragendsten Geister, die der herr­schenden sozialen Oberschicht entstammen, mit einer fast seismographischen Empfindlichkeit für den Niedergang und die Anarchie des kulturellen Le­bens ausgestattet seien; es scheint, als ob sie alle (nach den Worten Thomas Manns  )lieber den Vorwurf des Radikalismus tragen, als den un­heilschwangeren Zwiespalt zwischen Wirklichkeit und Geist vertiefen helfen" wollen. Sie alle füh­len ihre Aufgabezwischen den Jahrhunderten", sie alle haben das Bewußtsein für dm archimedi­schen Punkt, an dem wir angelangt sind, und sie alle wollen im Grunde aus den Fluten der sozia­len Katastrophe dieTafeln des Wiffens" retten, das Kostbare und Große des kulturellen ErbeS, um es.in einem neuen kraftvollen sozialen Orga­nismus zu gesteigerter Blüte und Reife zu brin­gen- einem sozialen Organismus, dessen Kul­turmöglichkeiten unverhältnismäßig größer wären, als zu irgendeiner Epoche der menschlichen'Ge­schichte bisher. Denn diese neue Kultur würde sich nicht nur auf die mächtigste und umfassendste So- Straßendahner-Streik Belagerungszu­stand. Dte Situation des bereits zwei Mo­nate dauernden Streiks der Straßenbahner in Omaha  (Nebraska  ) hat sich verschärft. Bei Zu­sammenstößen mit der Polizei gab diese Schüsse gegen die Menge ab, wobei eine Per­son getötet und 50 verletzt wurden, darunter zahlreiche schwer. Der Gouverneur deS Staates Nebraska   hat den Belagerungszustand verhängt und nach Omaha   Abteilungen der Nationalgarde entsandt. In den Abgrund. Aus Nizza   wird gemeldet, s daß ein Militärkraftwagen, der unter Bedeckung eines Offiziers und vier Soldaten Material beför­derte, aus bisher unbekannter Ursache in einen 40 Meter tiefen Abgrund stürzte, wobei zwei Soldaten getötet und drei andere verletzt wurden. Unsicher« Wetterlage, lieber das Karpathen­gebiet verläuft eine Grenz« zwischen sehr warmem Wetter im Südosten und im Osten des Festlandes und relativ kühlem und unbeständigem Wetter im Binnenland, welchem kühlere Luft aus Westeuropa  zugeführt wird. In Ehnst wurden Montag nach­mittags 29 Grad, in den böhmischen Ländern jedoch durchschnittlich nur 18 bis 20 Grad verzeichnet, in Troppau   sank die, Temperatur nach Regenfällen so­gar aus 18 Grad. In unmittelbarer Nähe der Wärmegrenze traten in der mittleren Slowakei   stel­lenweise schwere Gewitter auf. Die weitere Weiter­entwicklung ist sehr unsicher. Wahrschein­liches Wetter von heute: Vorwiegend bis wechselnd bewölkt, verschiedentlich noch etwas Regen. In, Böhmen   mäßig kühl, in den übrigen Ländern etwas wärmer als im Westen. Wetteraus» sichten für Mittwoch: Unsicher. Peiping das Ziel des japanischen Vormarsches In der Stadt Peiping, die einst als Residenz der Mandschu-Kaffer den Namen Peking  führte, herrscht Panik. Es hat eine Maffenflucht eingesetzt vor den javanischen Truppen, die im Nahmen ihres neu aufgenommenen VormarjchcS die Stadt in kürzester Zeck besetzt haben werden. DerRobotnlk über Beness Rußlandreise Warschau. Das Hauptorgan der polnischen sozialistischen   ParteiD e r R o b o t n i k" widmet dem Besuche Dr. Beness in Moskau   einen Leitartikel, in dem u. a. konstatiert wird, daß von allen internationalen Verttägen und Abmachun­gen gegenwärtig nur die Hilfeleistrmgsverträge» lvelche Frankreich   und die Tschechoslowakei   mit Rußland   abgeschloffen haben, einen Wert besitzen. Diese beiden Verträge sind geeignet, das hit- lerische Deutschland   in Schach   zu halten und be­deuten mehr als viele Nichtangriffspakte. Die Tschechoslowakei   hübe es verstanden, daß man keinen Vertrag mit einem Staat abschließen könye, der die Gewalt vor das Recht stelle und für welchen BerträgTllediglich ein Feigenblatt zur Deckung der eigentlichen Absichten und Ziele sind. Infolgedessen müffe man mit Rücksicht auf einen solchen Staat mit anderen Ländern Bündnisse schließen und auf diese Weise die Raubgier dieses Staates zu lähmen suchen.Dec Robotnik" schließt mit dem Hinweis darauf» daß dieTschecho- slowakei ein Jahr nach der de jure Anerkennung Sowjetrußlands mit Rußland   nicht nur einen Hilfeleistungsvertrag, sondern auch einen finan­ziellen und Handelsvertrag abgeschlossen habe. Polen  , welches mit Sowjetrußland seit 14 Jah­ren normale diplomatische Beziehungen unterhält, besitze bisher keinen Handelsvertrag mit Sowjet­rußland. Britische Frontkämpfer auch nach Paris  , Prag   und Wien  Paris  . Die Vertreter der British Legion Iverden über Einladung der französischen   Mitglie­der des Internationalen Verbandes der ehemali­gen Frontkämpfer vom 21. bis 24. Juni als Gäste in Paris   weilen. Dieser Besuch wird anläß­lich der Ausstellung stattfinden, die um diese Zeit in Paris   veranstaltet wird, um das Jubiläum des Königs Georg V.   zu feiern. Eine Delegatton der British Legion wird sich im Laufe des Monates Juli nach Prag   und Wien   begeben. zietät gründen, sie würde nicht nur keine minder­berechtigten Klaffen, Rassen, Nationen kennen; ihrer Expansion würde auch kein äußeres Hemm­nis entgegenstehen, weil sie von der überragenden Leistungsfähigkeft einer hochentwickelten Technch getragen wäre. Eine solche kulturelle Ordnung hätte nichts zu tun mit dem Bestreben, alte Satzungen Wie­deraufleben zu laffen, sie hätte nichts zu tun mit einer Galvanisierung etwa der Manchester  -Ideolo­gie oder gar"des Zünftlertums, mit einer Neu­auflage des aufklärerischen oder des romantischen Zeitalter-sie läge meilenweit ab von aljE. geistesgeschichllichen Eklektizismus. Sie wäre em Novum, indem sie zum ersten Male in der Historie der Wirklichkeit den Geist aller äuße­ren Fesseln entledigen würde. Sie würde die jahr­hundertealte Klage und Anklage beenden, daß der Geist nur in den Bibliotheken zu Hause sei, daß aber von seinen Liedern nichts aus dem Volle .zurückklinge". Es wäre die Kultur der Kulturen, ein neuer Weltkalender träte in Wirksamkeit, und seine Devise lautete: Aufhebung des Widerspru­ches zwischen Geist und Tat. Dürfen wir uns heute, wo die Welt vom Lärm der Waffen und von der Phraseologie blut­rünstiger Atavismen widerhallt, derartig hochge­spannten Erwartungen hingeben? Wir dürfen es. Denn wir wissen, daß es sich bei dem Geschehen unserer Tage nicht um einen übermächtigen und unabänderlichen mechanischen Vorgang handelt, zu dessen fatalistisch-passiver Entgegennahme wir gezwungen sind; wir wissen, daß das Entscheidende bei allem der menschlich- Wille bleibt und daß es nur darauf ankommt, die­sen Willen an der richtigen Stelle und mit dec richtigen Zielbestimmung einzusehen. Was wir in diesen Tagen brauchen, ist die feste Phalanx welt­freundlichen Geistes, ein Generalbündnis der Antibarbarei... Daß es dazu kommen möge, hat Thomas Mann   immer wieder in leidenschaftlicher Weise gefordert. Uns aber will,' gedenken wir dieses jünglingshaften Sechzigjährigen, ein Bild nicht aus dem Sinn ein Bild, das uns in einer gleichnishaften Art'das Wesen des einzigartigen Geistes zusammenzufaffen scheint. Es ist Leonar­dos«Johannes der Täufer": aus tiefem Dunkel hebt sich in lichtester Weiße eine jugendliche Er­scheinung ab; um ihre Lippen spielt ein stilles und feines Lächeln; der Zeigefinger der Rechten aber reckt sich zu einer Geste freimdlichen Wissens und BorwissenS. Die neue Zeit steht vor den Toren sagt uns der prophetische Deuter. Und im hohen Brückenbogen über die Jahrhunderte hat der Iro­niker des.Zauberberg" daS Wichtigste mit der visionären Cherubsgestalt Leonardos gemeinsam. Hier wie dort kündigt sich eine gewaltige Cäsue der Geschichte an, und hier wie dort geschieht eS mit einem Lächeln voll unendlicher Milde: Milde, die um die Unabdingbarkeit einer geistigen Schick­salswende weiß. Mutti begießt Du die Blumen auch mit Blumen-Zauberdung von derFrauenwelt", Prag XI l., Fochova tk. 62; 1 Paket KC 5.60 mit Postzusendung.