9k. 148 SamStcrg. 22. Jun! 1935 Seite 5 fchen Arbeiters tief unter das des tschechischen ge­sunken. Es ijt notwendig, die Partei wieder zu akti« vieren und dem Arbeiter ein Ziel, und zwar ein in naher Zeit erreichbares Ziel, vor Augen zu führen. Aber auch dse Arbeit in den Organisationen muß intensiviert werden. Rupprecht-Undenhau weift auf die furchtbare Not und Arbeitslosigkeit der Kleinbauern-und Kleinhäusler hin. in deren Namen «r spricht. Verzweiflung hat viele dieser Leute er­fass. die meisten von ihnen leben kaum noch von ihrem Einkommen, sondern von der Substanz. Er warnt davor, sich durch den Mißbrauch des Wortes .Planwirtschaft" irreführen zu lassen, und weist darauf hin,' daß man jetzt im Zusammenhang mit dem bereits bestehenden Getreidemonopol auch von der Einführung des Viehmonopols rede. Man werde'sehr darauf achten müssen, daß diese Mono­pole fich nicht immer bloss als Mittel zur Verteuerung der Lebenshaltung für die Kleinbauern und Häusler auswirken. Der Redner kommt dann auch aus das Wahlergebnis zu sprechen, kritisiert das Verhalten der tschechischen Agrarier und meint, man müsse ein­mal untersuchen, ob Henlein nicht auch von manchen Leuten Gelb bekommen habe, die dem Staate Steuer­gelder schuldig bleiben. Arbeiter und Bauern müssen gemeinsam an der Aenderung unserer unerträglichen wirtschaftlichen Zuständen arbeiten.(Beifall.) * Genosse Kögler teilte mit, daß zum Par­teitag Begrüßungsschreiben eingelangt sind von der Reichsvereinigung sozialistischer Lehrer, von den Auslandsvertretern der ukrainischen Sozial­demokratie, von der Sozialistischen Arbeitersport- Internationale, von der finnischen sozialdemokra­tischen Partei und von dem polnischen Bund. Aus Hirschberg kam folgendes Telegramm: *50 junge sozialistische Funktionäre aus ver­schiedene« Gebiete« in einem Schulungslager des Jugendverbandes in Hirschberg versammelt, ent­bieten dem Parteitag begeisterte Kampfgrähe. Die Jugend ist bereit zu neuen Kämpfe«. Nun erst recht!" * ) In der Debatte sprach sodann Genossin Klrpal-Aussis: Sie bestätigt die Ausführungen der Barriner, di« «cklärt hatten, daß viele Menschen durch ihr Elend zu Henlein getrieben wurden. Unter Zustimmung der Delegierten verweist sie aber darauf, daß auch viele, welche ihre Existenz gesichert hatten, sich undankbar zeigten. Genossin Kirpäl spricht dann über die Folgen der Tätigkeit der reichsdeutschen Sender und jagt: Wir können nicht verstehen, daß unsere Red­ner, ob sie nun in der Arbeitersendung oder in einer anderen sprechen, kein einziges Wort über die Verhältnisse in Deutschland sagen dürfen, weü augeblich dann außenpolitische Komplikationen zu befiirchten wären. Wenn man schon unserem be­rechtigten Wunsche nicht Rechnung tragen will, so müßte doch die Tschechoslowakei schon auS Selbster­haltungstrieben oder aus Gründen der Verteidi­gung eine« deutschen Sender errichten. Jetzt müs­se» die Menschen die Reden aus Deutschland anhö, re«, weil sie im hiesigen Rundfunk nicht einmal die Ansager verstehen. Es wurde schon erwähnt, daß di« Mittel- und Hochschulen heute eine Brutstätte des Fascismus sind. Biel tragischer ist es aber, daß der Fascismus auch schon in die Volks- und Bürgerschulen ein­dringt: Nie hat sich das deutlicher gezeigt, als wäh­rend dieses Wahlkampfes. So Nnlrden in Aussig alle Schulkinder drei Tage vor den Wahlen von ihre» Lehrern in die deutsche Turnhalle zu einer.Lau­be rvorstellung" geführt und nachher erhielten all« Propagandamaterial der Henleinpartei.(Zahlreich« Zurufe: Nicht nur in Aussig geschah das! Es wird dann die Forderung gestellt, daß man mit solchen fascisfischen Lehrern Schluß machen müsse.) Das ist.richtig, dazu brauchen wir aber auch die Hilfe der Eltern, die die Beweise erbringen müssen. Bor dem: Borwurf'der Denunziation fürchten wir uns nicht, weil wir im Interesse der demcckratifchen Er­ziehung unserer Kirwer handeln. Genossin Kirpal spricht zum Schluß über den seelischen Terror, welchem die Arbeiter in den Be­trieben ausgesetzt sind, und weist zur Frage der Blockbildung darauf hin, daß ein Block mit den Kommunisten heute nur um den Preis zu erzielen wäre, daß wir uns ihren Anträgen anschließen und Henlein dadurch aber Gelegenheit bieten würden, sich anzuhängen. Das würde jedoch heißen, alle Kon­sequenzen zu ziehen und di« heutige Koalitionspoli­tik zu sprengen. Barsch*Aussls: Ein großer Teil der Arbeiter und Angestellten ist sich heute der großen Bedeutung der Arbeits­vermittlung noch nicht bewußt, obwohl die Zahl jener, die sie noch nicht in Anspruch nehmen mußten, immer kleiner wird. Trotz wiederholter Versuche ist es bis heute noch nicht, gelungen, einen Gesetzentwurf über die Arbeitsvermittlung ins Par­lament zu bringen, welcher den Intentionen der Washingtoner Konvention entsprechen würde. Wir fordern auch heute im Interesse der Arbeiter und Angestellten, daß die gesamte Stellenvermittlung ist einer amtlichen Stell« konzentriert wird und daß die Arbeitgeber durch Gesetze verpflichtet werden, alle freien Stellen beim öffentlichen Stellennach­weis zu melden. Im wirtschaftlichen Interesse der sudetendeut­ schen Arbeiterschaft müssen wir davor warnen, die öffentliche Arbeitsvermittlung der Bürokratie aus­zuliefern. Sollte der letzte ausgearbeitete Entwurf Gesetz werden, so würde die öffentliche Arbeitsver­mittlung eine Beute des tschechi- schenund deutschen Fascismus werden. Unsere Frei« Gewerkschaften bei der Stel­lenvermittlung aber, das Nachsehen haben. In der Frage des deutschen Arbeitsplatzes haben wir seit eineinhalb Jahren die traurigsten Erfahrungen ge­macht. Wir wissen schon, daß e3 außer den tsche­chischen Sozialdemokraten im tschechischen Lager noch andere Faktoren gibt, welche Verständnis für die Loge der deutschen Arbeiterschaft haben, daneben aber erfahren wir tagtäglich die gehässigsten An­griffe. Auch der international Denkende darf fich den Folgen der nationalen politischen Verhältnisse bei uns nicht verschließen und deshalb müssen wir ver­langen. daß die öffentliche Arbeitsvermittlung eine autonome Einrichtung wird. Walter-Eser: Es ist bedauerlich, hier die Frage zu hören, was uns an der Aktivität gehindert hat. Wie stel­len wir uns eine Aktivität überhaupt vor? Kann das von unten geführt werden oder muß das nicht von der Zentrale aus organisiert werden? Der gute Wille hat uns nie gefehlt, besonders bei der letzten Wahl nicht. Es wuÄen alle Kräfte angespannt, es wird aber sehr schwer sein, unter den ausgehunger­ten Arbeitslosen zu werben, wenn wir nicht die Voraussetzungen schaffen. Es wäre unrichtig zu glauben, daß viele nur der Propaganda des Rurch- funks zum Opfer gefallen sind. Genosse Wunderlich sagte, wir brauchen kein Programm, unser Pro­gramm wär« der Sozialismus. Das genügt nicht, wir müssen mehr sagen, wir müssen Tagesför­derungen aufstellen, müssen zur Konzentration aller proletarischen Schichten kommen, auch des proleta­rischen Bürgertums und der Bauernschaft. Genosse Nießner glaubt die Meinungsverschiedenheiten als AltersprMem bezeichnen zu können. Es handelt sich aber um eine Anpassung unserer Bewegung an die jetzigen Verhältnisse> Kampfmittel. Unser Parteitag ist sicher mehr den veralteten Verhältnis­sen angepaßt. Insbesondere unsere Propagandamit­tel und Presse sind unzureichend. Wir können die Demokratie bei uns nicht als gesichert bezeichnen, weil die Fascisten jetzt auf ein totes Geleise ge­schoben wurden. Wir haben das Gefühl, daß diese Konstellation vorübergehen wird, wenn die Sozia­listen nicht imstande sein werden, eine Konzentra- B u d a p e st. In der Budgetdebatte deS un­garischen Oberhauses erklärte Ministerpräsident G ö m v ö s allergnädigtst, er werde den(nur durch beispiellosen Terror errungenen!) überle­genen Sieg derRegierungspartei nicht zur Ein­führung irgend eines diktatorischen Systems aus- nützen. Er sei glücklich, wenn in der gegenwärti­gen Lage die Abgeordneten auS eigener(!) tion aller proletarischen Kräfte zustande zu brin­gen. Auch die Kommunisten haben sich geändert und können nun anders reden. Auch wir haben früher zu verschiedenen Fragen eine andere Haltung ein­genommen als jetzt. Wenn wir heute die Einheits­front äblehnen, so tun wir es deshalb, weil wir das Gefühl haben, daß die Kommunisten uns ins Schlepptau nehmen wollen. Das kann uns aber nicht hindern, Brücken zu ihnen zu bauen, Dr. Strauß-Prag : Der gesamteuropäische Sozialismus und auch wir befinden uns in schwerem geistigen Ringen um eine neue Politik und Taktik. Es ist das der Aus­druck der Tatsache, daß wir es in den letzten Jah­ren mft neuen gesellschaftlichen Erscheinungen zu tun haben. War di« Vorkriegszeit eine Epoche des aufsteigenden Kapitalismus und des Wachstums der industriellen Arbeiterklasse, so befinden wir uns jetzt in einer Zett des Verfalles des Kapitalismus, in welchem die industrielle Arbeiterklasse nicht mehr wächst. Dagegen wachsen die kleinbürgerlichen Schichten, die überall in Europa aktiv in die Ge­schichte eingreifen. Wir müssen die kleinbürgerlichen Schichten erfassen und die industrielle Arbeiterschaft darf sich weder in der Gesellschaft noch in der Na­tion isolieren. Eine weitere Tatsache unserer Zeit ist das Wachstum der Abhängigkeit der industriel­len Arbeiterschaft von der Kapitalistenklasse, das durch Krise und Arbeitslosigkeit bedingt ist. Die materielle Not der Massen wird von der Bourgeoi­sie dazu benützt, um eine Massenbewegung aufzu­ziehen. Das Charakteristische an der gegenwärtigen Reaktion in Europa ist und dadurch unterschei­det sie sich von allen früheren Reaktionen, daß sie eine plebejische Reaktion ist. Ein Gleich­nis in der Geschichte findet man für diese Erschei­nung darin, daß ursprünglich eine organisierte Ar­beiterklasse einem unorganisierten Unternehmertum gegenikbergestanden hat, während sie seit der Wende des IS. Jahrhunderts einem organisierten Unter­nehmertum gegenübersteht. Das hat damals die Voraussetzungen für die gewerkschaftlichen Kämpfe grundlegend geändert und ändert sich nun auch in die Tatsache um, daß die herrschenden Klaffen große Massen der Bevölkerung für die Reaktion gewinnen. Alle diese Erscheinungen werden bedingen, daß uns die sozialen und politischen Erschütterungen nicht erspart bleiben werden, welche die Folgen des kapi­ talistischen Fäulnisprozesses sind. Wir müssen zu der Erkenntnis gelangen, daß sich der Kapitalismus von der schweren Krankheit, die ihn befallen hat, nicht mehr erholen wird. Die Krise ist nur zu überwinden durch Maßnahmen, welche an den Pro­fit der Kapitalisten und damit a« die Wurzel der kapitalistischen Eigentumsordnung greifen. Deshalb können uns aus der Krise nur Ereignisse heraus­führen, welche die Machtgrundlage der herrschenden Klaffen erschüttern. Wir leben nun in einer Ueber- gangszeit und es ist die Aufgabe unserer Gene­ration zu leiden, aber auch die Wege zu finden zur Neugestaltung der Gesellschaft.(Lebhafter Beifall.) Mock-Katharinabers: Ich bin beauftragt, zu sagen, wie hart das Schicksal unserer Leute an der Grenze des Dritten Reiches ist. Trotz Elend und Rot haben wir uns aber doch unsere sozialistische Gesinnung erhalten. In dem letzten Wahlkampf mußten wir allerdings auch 25 Prozent unserer Anhänger einhüßen. Aber nicht die Arbeitslosen haben uns verlassen, die Arbeiter­schaft in den Betrieben ist dem auf sie auSgeübten Terror erlegen. Ich möchte hier auch auf eine Tat­sache Hinweisen, die Erbitterung in die Massen trägt: Zu den Notstandsarbeiten in unserem deutschen Ge­biete werden Menschen aus anderen Ge­bieten geholt, während unsere Leute hier hun­gern müssen. Zu dem Wahlausgang ist zu sagen, daß mit den unglaublichsten Methoden gearbeitet wurde. Unseren Leuten wurde gesagt, daß unser Gebiet nach den Wahlen zu Sachsen gehören wird und daß sich das Leben der Menschen dann auch be­deutend besser gestalten wird. Viele Menschen haben diese Lügen geglaubt und haben unsere Reihen ver­lassen. Man will in die Grenzgebiete tschechische Arbeiter und Beamte schicken. Wir sozialistischen Arbeiter sind doch die verläßlichsten Vorposten und mit uns müßte man doch diese Vertrauens­stellen besetzen! Wir erfüllen boll und ganz unsere sozialistischen Pflichten, wir müssen aber an Sie das Ersuchen richten, uns in weitgehendstem Maße zu unterstützen. Wir sind die Träger des Sozialis­mus im Gebirge und wir werden es auch in Zu­kunft sein!(Beifall.) KrejCI-Pras polemisierte mit den Ausführungen des Genossen Nießner. Man müßte doch erwarten, daß von die­sem Parteitag der verstärkte Wunsch ausgehen wird, man möge einen Weg aus dieser Wirrnis fin­den, um wieder zurückzuerobern, was wir verloren haben. Am letzten Parteitag konnte man den Reden verschiedener Genossen entnehmen, daß sie der An­sicht sind, daß eS aus der Wirtschaftskrise«inen natürlichen Ausweg geben werde. Ich habe damals festgestellt, daß innerhalb der kapitalistischen Welt kein Ausweg zu finden sein wird. Wir haben heute die große Aufgabe, den Menschen, für die wir d.en Existenzkampf führen, immer und immer wie­der zu sagen: Alles ist wichtig, Er­nährungsaktion und Arbeitslosenunterstützung, aber sie sind nicht das Ziel, das wir Ucberzeugung die von der Regierung für zweck­mäßig erachtete Politik unterstützen. Die sozialdemokratischen Gewerkschaften als politische Organisationen würden liqui­diert werden müssen. Den Arbeiter-,»Brüdern" solle ermöglicht werden, sich der bürger­lichen Gesellschaft anzuschlie- ß e n, nicht um sie auszubeuten, sonderu um sie als Brüder(!!) zu behandeln. anstreben. Das Proletariat wird einmal berufen sein, die Neuordnung der Gesellschaft vorzunehmen. Wir sind bisher aufgegangen in einem Muß von Kleinarbeit, wir haben nicht mehr die Muse ge­funden, an die großen Probleme des sozialistischen Kampfes zu denken..Das haben wir noch nachzu­holen. Die Massen wollen-keine theoretischen Vor­lesungen, es ist notwendig, überall zu betonen, daß die bestehende Welt ihrem Untergang entgegengeht, und daß wir sie neu zu formen haben. Es gibt Fragen, die wir in die breiten Massen werfen.kön-, nen, die sie interessieren würden, Fragen, über die Wir bis jetzt sehr wenig gesprochen haben. So muh die Frage der Doppelverdien er in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung gestellt werden.(Lebhafter Beifall.) Wir müssen immer wieder aufzeigen, daß es Menschen gibt, die noch Millionen verdienen, daneben andere, der darben und hungern. Auf der einen Seite ungeheurer Ueberfluß, auf der anderen maßloses Elend. Wenn wir das äufzeigen, wird man auf uns hören. . Eine weitere wichtige Frage ist die des Kampfes um den Arbeitsplatz, der uns nicht nur von den Tschechen, sondern jetzt in noch größerem Maße von den Deutschen gerastbt wird. Der Arbeitsplatz der sozialistischen Arbeiter ist bedroht. Es ist dies eine Sache, die im gesamtstaatlchen Interesse liegt: für unsere Menschen den Arbetsplatz zu sichern! Auch der Kampf um die Vierzigstundenwoche muß mit größtem Elan geführt werden. Arbeitslosensteuer, innere Kolonisation, die Frage der Doppelverdie­ner, das sind Fragen, die wir mit Fug und Recht aufwerfen dürfen und die Widerhall bei den Massen finden werden. Auch zu dem Problem der Soziali­sierung der Industrie müssen wir offen Stellung nehmen. Mit der Frage der Beseitigung des Nutz­genusses aus dem Geld- und Bankwesen könnte man die Massen mobilisieren. Wir müssen nun der Sozialdemokratie",durch die Aufwerfung dieser Fratzen, die uns die Verbindung mit den Massen bringen würden, jene Stellung verschaffen, die sie haben muß, wenn wir nicht als ein kleines Häuf­lein"abseits stehen sollen. Wir wollen uns nicht in Konzentrationslagern befinden, wenn der Zeit­punkt der Abrechnung mit dem Fascismus gekom­men ist!(Sehr starker Beifall.) Karl Kem-Troppau: Sechs neue Jahrgänge haben diesen Wahlaus­gang mitentschieden. Henlein hat ungeheueren Ein­fluß auf die Jugend genommen. Die Demokrafie muß alles tun, damit die Jugend bei den nächsten Wahlen nicht im feindlichen Lager steht. Insbeson­dere für die deutsche Jugend gilt aber die Tatsache, daß ihre soziale Situation an der Wahlentscheidung mitgewirkt hat. Dieser deutschen Jugend, die durch Arbeitslosigkeft zermürbt ist, steht auch das Ventil der EingliÄerung in den Staatsdienst, das die Si­tuation der tschechischen Jugend einigermaßen ver­bessert, nicht zur Verfügung. Die Partei hat ihre Pflicht gegenüber der Jugend erfüllt, aber der Staat hat seine Pflicht gegenüber der arbeitslosen deutschen Jugend vollkommen verkannt. Die Jugend, die sich für die Demokratie ge- s ch lagen hat, verdient, daß man sich ihrer entsprechend annimmt. Es könnte sonst der Fall eintreten, daß die Demo­krafie eines Tages an der Feindschaft der Jugend zugrundegeht. Unabhängig von der von vielen ge­forderten Zusammenfassung aller demokratischen Kräfte, haben wir große Aufgaben zu erfüllen. Die Forderung deS Zusammengehens mit den Kommuni- sten ist solange keine politische, sondern eine mora» fische Angelegenheit, solange di« Kommunisten mit ihren Einheitsfrontangeboten die Absicht verbind«, uns zu verruchten. Die Frage der Organisierung und Aktivierung der Partei verdient nicht nur Diskussion, sondern rasches und gründliches Handeln. Die Akti­vierung muß in den Bezirken und Kreisen beginnen. Dort haben die Genossen, die eine Belebung der Parteiarbeit wünschen, Gelegenheit, sich in politi- scher Arbeit durchzusetzen. Das Problem heißt nicht .Lugend oder Alter", sondern.Leistung oder Nicht­leistung". Verjüngung der Partei ist notwendig, wenn sie zugleich Verbesserung bedeutet.(Beifall.), Kratina Braunau: Wir suchen keine Sündenböcke. Aber wir müssen erkennen, daß wir an der Niederlage nicht schuldlos sind. Wir haben der Henleinftont, die mit lauter neuen Leuten aufmarschiert ist, keine neuen Män­ner gegenübergestellt. Das soll gewiß kein Vorwurf gegen unsere Parlamentarier sein, die sich redlich bemüht haben, aber ihr Bemühen konnte eben den Mantzel an neuen Männern nicht wettmachen. Der Redner gibt dann der Meinung Ausdruck, daß die Arbeiterschaft nicht durch bloße Palliativmittel ge­rettet werden könne, sondern daß das Voranstellen der großen, zündenden Idee Begeisterung entfachen müsse. Holltscher>Komotau : Fürchten Sie nicht, daß auch ich zu dem Gene­rationsproblem sprechen werde. Ich gehöre hier zu den Aeltesten in der Partei und will mich bald von der Politik zurückziehen. Ich war aber selbst jung und habe gegen das Alter gekämpft und heute kämpft eben wieder die Jugend gegen das Alter. Das ist recht so und soll so sein. Ich spreche aber zu ihnen als der Vertreter der deutschen sozialdemokrafischen Aerzte und leider als der einzige Arzt im Saal. Wir sozialdemokratischen Aerzte haben die Ernennung deS Genossen Czech zum Gesundheitsminister mit beson­derer Freude begrüßt, obwohl wir wissen, daß er auch bei bestem Willen nicht alle unsere Wünsche er­füllen kann, weil ja hinter ihm der Finanzminister steht. Der Redner kommt dann auf die verheerende Zunahme der Volkskrankheiten und die Zustände in den Spitälern zu sprechen und meint, daß hier drin­gend und gründlich Abhilfe geschaffen werden muß.(Beifall.) Hanke-Bensen lenkt die Aufmerksamkeit des Parteitages darauf, daß besonders im sudetendeutschen Gebiet eS viele ! Unternehmer verstehen, die Sozialgesetzgebung so zu umgehen, daß sie gesetzlich nicht gefaßt werden kön­nen. Hier sind unbedingt die notwendigen Maßnah­men zum Schutze der Arbeiterschaft zu treffen. Juhltzer-Amau spricht von dem wachsenden Henleinterror der Un­ternehmer, dem die Arbeiter, die um ihren Arbeits­platz zittern, in vielen Gebieten fast schutzlos aus­geliefert, sind. Es genügt aber kein defensiver Kampf, sondern der Parteitag muß der Auftakt zu einer neuen lebendigen sozialistischen Offensive werden. (Beifall.) Leinsmer-Komotau : Der Parteitag hat die Obliegenheit, den Kurs der Partei festzulegen. Was wir hier erörtern, soll über«inen engeren Kreis hinaus in der bretten Oeffentlichkeit sichtbar werden. Wie können wir über­haupt den Sozialismus erreichen? Auf revolutionä­rem Weg kommen wir nicht zum Ziel. Der Sturz des Kapitalismus ist nur durch den revolufionären Sozialismus möglich. Die Diktaturen, die rings nn Europa errichtet sind, können aber nach der Meinung des Redners nur durch eine Revolution im Gefolge eines Krieges gestürzt werden. Was haben wir in Erwartung einer solchen Kriegskatastrophe in Europa zu tun? Wir haben vor allem zu verhindern, daß auch die Tschechoslowakei ein Raub des Fascis­mus werde. Di« sudetendeutsche Spielart des Hitler- fascismus, der Henleinfascismus, ist eine Realität, mit der wir rechnen müssen. Die Fortdauer der Krise und die weitere Verelendung des sudetendeutschen Volkes bedeuten Wasser auf die Mühle des Henlein- fasciSmuS. Wir können ihm erfolgreich nur entge­gentreten, indem wir die Machtposifionen, die wir haben, nicht aus den Händen lassen und daher die Koalifionspolifik fortsetzen. Zugleich aber müssen wir den Massen die Ueberzeugung geben, daß die end­gültige Rettung guS Not und Elend nur mit Hilfe s ozialistischer Maßnahmen möglich ist. (Beifall.) Sacher-Schreckenstein weist auf den Zusammenhang zwischen dem Wahl­erfolg Henleins und dem Karnpf um den Arbeits­platz im sudetendeutschen Gebiet hin. An einer Reihe von Beispielen beweist er, wie willkürlich sudeten - deufiche Arbeitslose bei öffentlichen Arbeiten zugun­sten von ProteftionSkindern übergangen werden. Nm die Wahlniederlage wettzumachen und den Henlein­fascismus wirksam niederzuringen, sei eS notwendig, vor allem sich dafür einzusetzen, daß mit allen Kräf­ten der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und für die gerechte Verteüung der vorhandenen Arbeitsmöglich- keiten ausgenommen werde. * Einsetzung einer Wirtschafts­expertenkommission Nach der Rede des Genossen Sacher keilte der Vorsitzende Genosse Kögler mit, oaß von den Ge­nossen Schwarz, Schweichhart und 34 anderen ein Antrag auf Einsetzung einer Wirtschaftsexperten- Kommiffion zur Beratung des Parteivorstandes eingebracht wurde. Der Antrag wurde der An­tragsprüfungskommission zugewiesen. Ferner teilte Genosse Kögler mit, daß ein Begrüßungstelegramm der freien Bereinigung so­zialistischer Akademiker an den deuffchen Hoch­schulen Prags eingetroffen ist. Sodann wurde die Sitzung nach sieben Uhr abends geschlossen. In der heutigen Verhandlung des Parteitages, die um 8 Uhr früh beginnt, wird die Debatte über das politische Referat fort­gesetzt. Gömbös Zynische Erklärung im Oberhaus will die Gewerkschaften