Wr. 150Freitag, 28. Juni 1S35Seit, 3Arbeitsdienst obligatorisch200.000 Mann für ein halbe* JahrIn Tokio wie in Rom...Berlin. Am Mittwoch hat-das Reichskabinettdie allgemeine Arbeitsdienstpflicht gesetzlich festgelegt. Wie amtlich gemeldet wird, hat der Reichskanzler verfügt, daß die Dienstzeit im Arbeitsdienst bis auf weiteres ein halbes Jahrbeträgt.. Die Stärke des Arbeitsdienstes soll währenddeS nächsten Jahres vom 1. Oktober 1035 bis30. September 1936 800.000 Mann nicht überschreiten. Mit dieser Zahl werden in zwei Schichten ungefähr alle Tauglichen des Jahrganges1915 zum Arbeitsdienst eingezogen werdenkönnen.Ursprünglich war bei der Einführung derallgemeinen einjährigen Wehrpflicht auch die Einführung einer einjährigen Arbeitsdienstpflicht in Aussicht genommen. Die Herabsetzungauf ein halbes Jahr dürste auf finanzielle Gründe zurückzuführen sein.Tokio.(Tsch. P.-B.) Der Kaiser empfingden Ministerpräsidenten Okada und dm Kriegsminister Hayashi sowie die Mitglieder de- Stants-rateS zn einem Bericht über die politische Lage,insbesondere bezüglich Chinas.Vorher fand im GtaatSrate mit Außenminister Hirota und Kriegsminister Hayashi eine Aussprache statt, in der folgende Erklärungen abgegeben wurden:1) Die japanisch« Außenpolitik und daSBorgehen der Armee gegenüber China werdennach gemeinsamen Gesichtspunkten untemommm.wobei letzterer die Ausgabe zufällt» die japanfeindlichen Hindernisse zu beseitigen, die eine Zusammenarbeit beider Länderverhindern.8) Zur Sicherung Mandschukuo» und zurFörderung friedlicher Beziehungen mit China solleine breite, von störenden Elementm befreiteGrenzzone geschaffen werdm.3) Japan beabsichtigt nicht, ein zweitesMandschukuo zu schaffen»der einem neumseparatistischen Regime Vorschub zu leisten.4) Eine aufrichtige Friedenspolitik Nankingsist notwendig, um eine sofortig« segensreich« Zu-sammmarbrit der drei Länder herbeizuführm.Der Staatsrat hat schließlich der gegenüberChina zu befolgmdm„Friedenspolitik" seine Billigung ausgesprochen..Diese amtliche Erklärung ist ein schamlosesEinbekenntnis der beispiellosen Räuberme-t b o d e n, die der japanische Imperialismus gegenChina anwendet. Er verlangt eine„breite Grenz-Zope", das heißt die Annexion einigerchinesischer Provinzen und erwartetvon der Nanking-Regierung, daß sie sich die Wegnahme dieser Gebiete gefallen lasse(das nenntman Friedenspolitik). Als Gegenleistungbietet er den AuSgeraubten ein Bündnis, an demdoch nicht China, sondern Japan interessiert ist.ES ist die gleiche„Friedenspolitik", die Mussolini in Abessinien betreibt und für die auchHitler gut und gern zu haben wäre lEdens Mission erfolglos>»»WWWW^WWWWWWWM^^»WWW»WUWWWWWWW»MWMM»WDer britische Staatssekretär für Bölker-bundSangelegenheiten. Lord AnthonyEden, ist Donnerstag vormittags aus Rom inParis etnsietrosfen und hat um 19 Uhr abendsdie Rückreise nach London angetreten.Wenn auch die englischen Kommentare daranfesthalten, daß London noch immer in den Intentionen der Beratung vom 3. Feber vorgehe unddaß für ein West-Luft,Locarno keinHindernis besteh«, so ist doch deutlich zu erkennen,daß EdenS Mission in Rom und in Paris geschei,tert ist. Nach Rom brachte Eden ZugeständnisseEnglands in der ostafrikanischen Frage. Diese—wirtschaftlichen—> Konzessionen wurden aber vonMussolini kurzerhand abgelehnt. Mussolinifordert das Protektorat überAbessinien, also die politische und wirtschaftlicheEinverleibung des ganzen Lande» in da» italienische Herrschaftsgebiet.- Eden bringt also nachLondon von Rom die Gewißheit mit, daß Musso lini lieber auS dem Völkerbund austreten als aufden Krieg verzichten wird und daß England, umden Krieg zu verhindern, zulaffen müßte, daß derVölkerbund sich selbst um jedes Vertrauen bringt,indem er Abessinien ausliefert.»In Paris hatte Eden mit Lavalüber das britisch-deutsche Flottenabkommen undüber die gemeinsame Stellungnahme zu, der abes»stinischen Frage zu verhandeln. In der Flottenfrage blieb"Laval auf dem Standpunkt, daß England den Geist der Abmachungen von Dtresa verletzt habe. Die Mißstimmung zwischen Paris undLondon führt aber auch dazu, daß Frankreichanscheinend in der afrikanischen Frage Londonallein läßt und sich eher auf die Seite Mussolinisschlägt.Die Blätterkommentare sind der einhelligenUeberzeugung, daß Eden ohne Erfolgnach London zurückkehrt.Die neueste Tarnung:SchwimmvereineWien. Das Rachmittagsblatt„Echo" meldet von neuen nationalsozialistischen Umtriebenin verschiedenen österreichischen Sportorganisationen, hauptsächlich in den verschiedenen Schwimm-wereinen. InKrems wurde an einigen staatlichen Lehranstalten festgestellt, daß die Schüler,die den Ortsgruppen des„EWASK"(ErsterWiener Amateur-SchwimmkliB) angehören, dennationalsozialistischen Ideen ergeben sind und daßsie verschiedene Anordnungen der Schulorganedirekt sabotieren. Daher wurde den Schülerp dieMitgliedschaft bei d«n EWASK verboten. Aehn-liche Maßnahmen wurden auch in Mödling ge,troffen, wo festgestellt wurde, daß unter dem Vorwande des Schwimmtrainings n a t i o«n a l-sozialistisch« Appelle und Versammlungen abgehalten wurden.Verfassungsreform In Rumänien?Bukarest. Ministerpräsident Tatareseuhatte ein Gespräch mit Journalisten über dieStellungnahme der Regierung zu einer eventuellen Aenderung der Verfassung,über welche in den letzten Tagen in der Presse und.in den politischen Kreisen gesprochen worden ist.Der Ministerpräsident erinnerte an seine Erklärung vom, 23. August 1024» in welcher er hervorhob, daß die Verfassung irgendwelche Lückenund Unvollkommenheiten aufweise, insbesondere was die Zusammensetzung des Senats anbelangt. DieVerfassungsänderung könne nur im Einvernehmen mit der Krone und mit den in der Verfassung selbst enthaltenen Bestimmungen verwirklichtwerden. Die Regierung behält sich die Aktionsfreiheit sowie die Wahl des geeigneten Augenblickes für die Lösung der Berfassungsrevision vor.Die Reformen werden in Uebereinstimmung mitdem konstituell-monarchistischen Charakter des rumänischen Staates stehen.Langsame VerhandlungDas Rüsten seht rascher vom FleckHaag. Die italienisch-abessinische Schlich»tungoionunisjion hielt um Mittwoch^ihre erstensachlichen Beratungen in Scheveningen ab. Eswurde ein umfangreiche» Material unterbreitet,da» dem Vernehmen nach, auf italienischer Seite150 Folioseiten, auf abessinischer Seite etwa 100Folioseiten umfasse. Weiters verlautet, daß dieAnzahl der Grenzzwischenfälle, zu denen dieSchlichtungskommission Stellung zu nehmen hat,bisher acht beträgt. Es besteht jedoch die Möglich,leit, baß diese Zahl sich im Verlaufe der Verhandlungen bis auf zwölf ausdehnen wird. In derfür Donnerstag einberufenen dritten Sitzungsollen.zunächst Fragen des Verfahrens geklärtwerden.Kries In Sieht—die preise steigenRom.(AP.) AlS Folge der großen Einkäufe der MilitärvcrwaUung ist de^Großhandelsindex tm letzten Vierteljahr von 280 auf 312 gestiegen. DaS bedeutet ein« Preissteigerung von12 Prozent.Die erste VerlustlisteRom. Nach einer Meldung der AgeniurStefani sind in der Zeit vom 1, Jänner bi» 25.Juni dieses Fahre» in Ostafrika durch Flugzeugunfälle, verschiedene Zwischenfälle und Krankheiten 7 Offiziere und 30 Unteroffiziere und Mannschaften ums Leben gekommen.Das Ende Ernst Karl WintersWien, 27. Juni. Dem Verlag der Wochenzeitschrift„Aktiv n", die nach dem Februardes vorigen Jahres von dem Wiener Bizebürger-meister Ernst Karl W i n t e r zum Zwecke der„BerfSinung der Arbetterschaft mit dem neuenStaat" gegründet wurde, ist dir B e w t l l i.g u n g zur Herausgabe der Zeitschriftentzogen worden. Das Blatt— wohlge»merkt, das Blatt des autoritären Lizebürgermei-sterS der Stadt Wien!— stand bereits seit einemMonat unter polizeilicher Vorzensur. Damit ist di« berühmte„Aktion Winter", von dernach den Februartagen viel gesprochen wurde,endgültig erledigt und liquidiert.Winter, der vor dem Februar in Oesterreich überhaupt keine sichtbare politische Rolle gespielt hatte, war von Dollfuß nach dem Fe»bruarbluwad in die Politik gestellt worden. Winter. der di« marxistische Terminologie glänzendbeherrscht' und bis zum Februar sich immer alsaufrechter Demokrat und Gegner der eidbrüchigen Regierung deklarierte, sollte nach Dollfuß'Plan, die Aufgabe übernehmen, die geschändetesozialistische Arbeiterschaft mit ihren SchändernauSzusöhnen. ES scheint, daß er allen Ernstes derMeinung war, e» könnte gelingen, die österreichischen Arbeiter den Februar vergessen zu machenund sie zu veranlassen, sich auf den„Boden derTatsachen" zu stellen. ES scheint auch, daß W i n«t e r es bei der Werbung für diesen Plan mit seiner ost recht unverhohlen zur Schau getragenenGegnerschaft gegen den Heimwrhrfaseismu» persönlich und moralisch durchaus ernst gemeint hat.So aber hatten e» seine Auftraggeber wiedernicht gemeint. Wenn sie auch sehr genau wissen, daß W i n t e r k e i n D e m o k r a t ist, sondern vielmehr ein Monarchist, der in die Durchführung seiner Pläne eben auch die Arbeiterschaftmit«inrechnrt, so können sie doch auch Kritik vondieser Sette nicht vertragen und nicht brauchen.Die österreichische». Arbeiter hatten von allemAnfang an die„Aktion Winters" als Hirngespinst durchschaut und sich ferngehalten. Trotzder allergrößten Bemühungen konnte die„Aktion Winter" über einen ganz kleinen Kreis vonein paar hundert Menschen nicht hinauskommen.Aber auch da» schien dem Herrn Starhemberg undseinen Heimwehrfascisten, die jetzt sich zum Griffnach der vollen Heimwehrtotalität rüsten, uner-träglich. Die„Aktton Winter" wurde vonSchuschnigg unter die Kontrolle der Vaterländischen Front, der Arbeiterkammer und damit derHeimwehr gestellt. Winter selbst hat sich darauf-hin von seinem Plan zurückgezogen. In seinerZeitschrift, den„Wiener politischen Blättern",gibt er nun die Erklärung ab. daß er mit der„Aktion" nicht» mehr zu tun habe, da er eingesehen habe, daß es in Oesterreich nicht einmaljene» Mindestmaß von Preß- und Redefreiheitgibt, da» für seine politische Linie notwendig ist.Winter erklärt, daß er sich nun solang«, bis„unerwartete Ereignisse" die Zustände in Oesterreichändern, von der politischen Tätigkeit wieder aufseine wissenschaftliche zurückziehe.Run ist die von ihm verlassene Wochenzeitung„Aktion" auch verboten worden. DieWiener Vertrauensmänner der„Aktion Winter"haben bereit», die öffentliche Erklärung abgegeben, daß sie al» Protest gegen dieses Verbot jedepolitische Arbeit in der„Sozialen Aktion" derVaterländischen Front einstellen. Damit ist die„Aktion Winter"— eine Mischung aus objektivem Betrug an den Arbeitern und subjekttverIllusion— erledigt und an den Tatsachen, zerschellt. Besiegt von dem Heimwehrfascismvs, mitdem cs eben keine„Bersöhnung" gibt und der inOesterreich von den Arbeitern mit wirksamerenWaffen al» der moralischen Entrüstung ErnstKarl Winter» besiegt werden wird.Kein Trinkwasser In ErythreaKairo.(Reuter). Aus Sudan eingetroffenenMeldungen zufolge kann man sich über dieSchwierigkeiten ein« Vorstellung machen, denendie Erhaltung der zahlreichen italienischen Truppen in den ostäfrikanischen Provinzen begegnet.Bom Eryträa-Hafen M a s a u a wurden bis nachdem 850 Meilen entfernten Port Sudan Schiffeausgeschickt, um Vorräte von Trinkwasser aufzunehmen. Auch Abessinien macht im Sudan Einkäufe, insbesondere von Getreide und Zugvieh.Die Einfuhr von Sudan nach Abessinien ist jetztrund övmal größer als in normalen Zetten.Nach Ostafrita ist aus Neapel der Dampfer„Gange" mit 29 Offizieren, 50 Unteroffizierenund 1800 Soldaten sowie mit zahlreichem Kriegsmaterial an Bord abgegangen. Ein weitererDampfer, die„Confidenqa", führt schweres Material und Pferd« an Bord.Tschachar*Zwlschenfall liquidiertBeiving. Nach einer amtlichen japanischenMitteilung suchte der stellvertretende Gouverneurvon Tschachar Tschingtetsching amDonnerstag mittags den japanischen Sonderbeauftragten General Doihara im Büro de» japanischen Militärattaches auf und hatte mit ihmeine Unterredung, in deren Verlauf eine vollständige Einigung über den Tschachar-Zwischenfallerzielt wurde. Die Ausführungen der von chinesischer Sette übernommenen Verpflichtungen, deren Inhalt allerdings amtlich noch nicht bekanntgegeben wurde., wird durch japanisches Militärüberwacht werden.Wie verlaütet, hat China die A u s l ö s u n.gder Kuomintang in Tschachar, die Schaffung einer entmilitarisierten Zoneim östlichen Tschachar und die Einstellungder chinesischen Kolonisation indiesem Gebiet zugestanden.Um die Auflösungder fasdstlschen VerbändeParis.(Tsch. P.-B.) Mehrere Abendblätterbemerken, daß die von den Parteien der Linkenund der äußersten Linkm aufgeworfene Frage derAuflösung der nationalistischen Verbände und Organisationen, namentl. der Croix de Feu, im Heu-tjgen Ministerrat neuerlich zur Sprache gekommensei. Die Linke und äußerste Linke wollen dieseFrage unbedingt noch vor Schluß der Kammerse:-sion des Parlamentes, evt. schon heute abend inder Kammer zur Diskussion stellen, während Lavalvon den konservativen und nationalen Mitgliedern der Regierung geraten worden ist, einer solchen Debatte auszuweichen und nötigenfalls schonheute abends das sogenannte Schluhdekret zu verlesen, durch das die Kammersession bis mindestens 31. Oktober für geschlossen erklärt wird. Ilmauch während der Parlamentsferien eine ständigeKontrolle über die Regierungspolitik ausüben zukönnen, hat der frühere Ministerpräsident Data-vier bei der heutigen gemeinsamen Sitzung derFraktionen der Linken und äußersten Linken denAntrag gestellt, unter den Abgeordneten der Linken die 300 Unterschriften zu sammeln, die notwendig sind, um während der Parlamentsferienauch gegen den Willen der Regierung die Kammerjederzeit einberufen zu können. Einen endgültigenBeschluß in dieser Richtung wird die sogenannteDelegation der Linken/ die Vertreter sämtlicherFraktionen von den Kommunisten bis einschließlichder radikalen Partei umfaßt, erst heute treffen.Weder Verhältniswahl in Frankreich?Pari».^Tsch. P. B.) Die Kammer hatDonnerstag nachmittag» mit 446 gegen 118Stimmen eine Resolution des sozialistischen Abgeordneten Bracke"angenommen, in der der Wahlrechtsausschuß aufgefordert wird, bi» s,um Herbsteine Wahlreform-Borlag« in demSinne der Einführung des Verhältniswahlrechte» in Frankreich vorzubereite».Dieser Beschluß ist aber für den Ausschuß nichtbindend.Danzig soll zum Zloty(Ibersehen. Warschau. Der Präsident de» Danziger Senate» Greiser kündigte an, daß Polen die Anpassung der Danziger an die polnische Währung,d. h. die Einführung des polnischen Zloty in derfreien Stadt Danzig verlange. Greiser sprach sichgegen diesen Antrag au» und fügte hinzu, daßPolen die Situation ausnützen wolle und unannehmbare Bedingungen stell«. Polenversichere, daß e» seine Ausfuhr, falls in dieserAngelegenheit kein Einvernehmen erzielt würde,Über Gdingen leiten werde.80.000 Londoner protestierengegen den HitlerlsmusAm letzten Sonntag fand am Trafalgar-Platz in London eine Protestkundgebung gegenda» Hitlerregime und gegen den Faset»mu» statt.Mehr al» 80.000 Menschen waren auf dieserKundgebung versammelt und nahmen einstimmigEntschließungen an, di« sich mit der neue« Terrorwelle in Deutschland beschäftigten. Da» riesig«Meeting forderte auch die Freilassung R a k o s i sund Thälmann».RepressalienMoskau. Wie aus Chabarowsk gemel-det wird, haben die sowjetrussischen Behörden vonWladiwostok einigen Japanern, die dort seitlängerer Zeit ansässig sind, die Aufenthaltsgenehmigung entzogen und sie aus der Sowjetunionausgewiesen. Der Protestschrift des japanischenKonsuls in Wladiwostok ist russischerseits unbeantwortet geblieben. Auf Veranlassung der Marinebehörden ist japanischen Schiffen da» Anlaufen einiger sowjetrusstscher Häfen im FernenOsten, darunter auch der Bucht der Hl. Olga,verboten worden.ZentralbankmoratoriumverlängertPrag, Mit Erlaß des Finanzministeriumsbom 21. Juni 1935 wurde das Moratorium fürdie Centralbank der deutschen Sparkassen in derTschechoflowakischen Republik bi» zum 81. Dezember 1935 verlängert.