Nr. 162

Sonntag, 14. Juli 1935

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Taten der norwegischen Arbeiterregiernng

Schadhafte Grubenlampe verursacht Ex- plosion. In den Kohlengruben von Laumonier (Belgien ) ereignete sich am Samstag eine GrubengaS-Explosion, durch die fünf Bergarbei­ter schwer und drei weitere leicht verletzt wurden. Massenverurteilung wegen Spionage. Das Honved-Gericht in Budapest verurteilte gestern sechs Personen wegen Spionage zu Zucht­hausstrafen Von 4 bis 18 Jahren und eine Per­son wegen des gleichen Deliktes zu einer Ge­fängnisstrafe von 3 Jahren. Blutige Polizei. In T a c o m a(Staat Washington), kam es Freitag abends zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen streikenden Arbeitern einer Bugholz-Fabrik und der Polizei» die die Ordnung erst nach Anwendung von Tränengasbomben wiederherstellen konnte. Bei dem Zusammenstoß wurden sechs Personen schwer verletzt. Die Streikenden «fordern die Einführung der 40stündigen Arbeits­woche und Lohnerhöhung. Bei den Ueverschwemmungen in Colorado sind sieben Personen zugrunde gegangen und drei werden vermißt. Man befürchtet, daß sie ertrunken sind. Die Wasiermasien haben die Hauptstraße in einer Länge von 4 Meilen über­schwemmt und die Ernte vernichtet. Sonderzige zur Prager Herbstmesse. Als Be­weis für das große Interesse, welches jeder Prager Messe entgegengebracht wird, kann auch die Tat­sache angesehen werden, daß bereits jetzt von den tschechosiowakischen Staatsbahnen Messe-Sonderzüge angezeigt werden. So wird am 1. Meffesonntag am l September je ein Sonderzug aus O l m ü tz und Brünn , am 8. September, dem Schlußtag der Messe, ein Sonderzug aus Pilsen nach Prag ab­gefertigt werden. Für die Sonderzüge aus- niggrätz, Preßburg und Kasch au sind die Tage noch nicht festgesetzt.

Die Tschechoslowakei in der deutschen Einfuhr

Mit dem allgemeinen Rückgang der tsche­choslowakischen Ausfuhr ist auch die Einfuhr Deutschlands aus der Tschechoflowakei in den letzten Jahren zurückgegangen. Es betrug die Einfuhr aus der Tschechoflowakei: 1929 480 Millionen ReichSmar! 1982 140 1938 122 1934 162 1. Vierteljahr 1935 31,9 Im Jahre 1929-besetzte die Tschechoflotva- kei in der deutschen Einfuhr nach den Bereinig­ten Staaten, Frankreich , England, Niederlande , Argentinien und Britisch-Jndien die siebente Stelle. Fm ersten Vierteljahr 1935 steht sie an fünfzehnter Stelle. Ihre Einfuhr ist damit ge­ringer als die der sechs vorgenannten Länder und die aus Niederländisch-Jndien, der Schweiz , Dänemark , Belgien , Schweden und Spanien .

(I. F.) Seit ihrem Regierungsantritt im März des Jahres hat die- norwegische Arbeiter­regierung, obgleich sie sich nur auf eine Minder­heit stützt, mehrere bemerkenswerte Errungen­schaften erzielt. Das große Problem für die neue Regierung bestand in einer Erhöhung der Beträge aus öffent­lichen Kassen, die zur Neubelebung des Wirt­schaftslebens und zum Kampf gegen die ArbettS- losigkeit verwendet werden. Nach lang hinge­zogenen Verhandlungen mit der Bauernpartei, deren Unterstützung für die Minderheitsregierung der Arbeiterpartei erforderlich war und auf die sie rechnen kann, wurde ein Budgetvorschlag zur Bekämpfung der Krise am 2. Juli vorgelegt. Er fordert eine Erhöhung deS Voranschlages der Re­gierung Mowinckel um 34 Millionen Kronen und eine Gesamtaufwendung von 77 MMonen Kro­nen. Ein Teil dieses Betrages war bereits in den Voranschlägen der vorhergehenden Regierung vorgesehen, war aber dem durch die Anträge der Arbeiterpartei geförderten Druck der öffentlichen Meinung für eine aktive Krisenpolitik zu ver­danken. Unter Mithilfe der Bauernpartei schlug die Arbeiterregierung die Aufteilung der zusätzlichen Mittel unter die am schwersten von der Krise heimgesuchtcn Gemeinden vor. Ferner beantragte sie di« Schaffung eines Fonds zur Linderung der Arbeitslosigkeit, auch der Arbeits­losigkeit der I u g e n d, Kredite für die F i s ch e r, einen Garanticfonds zur Verfügung der Regie­rung, zusätzliche Wege- und Bahnstreckenbauten und«ine Stützung der Landwirt­schaft. Die zusätzliche Ausgabe soll nach d«m Antrag bis zu«inem gewissen Maße durch An­lechen, durch gesteigerte direkte Besteuerung und durch eine Umsatzsteuer eingebracht werden. In Anbetracht der von vornherein zwischen der Arbeiterpartei und der Bauernpartei gebil­deten festen Front waren die Oppositionsparteien nicht in der Lage, über einige schwache Proteste hinaus etwas gegen die Regierung zu unterneh­men und der Sieg der Regierung wurde am 6. Juni mit 90 gegen 51 Stimmen bestätigt. Das norwegische Gewerkschaftsge­setz, das den Streikbruch begünstigt und vor acht Jahren in das norwegische Strafgesetzbuch ausge­nommen worden ist, war für die Arbeiterbewe­gung während dieser ganzen Jahre ein Gegen­stand der Erregung. Wenn sie ihre Existenz in den Augen der Arbeiterklasse rechtfertigen wollte, mußte di« Arbeiterregierung als eine ihrer ersten Maßnahmen die Abschaffung dieses Gesetzes er­wirken. Am 14. Juni erhielt sie dazu die Zu­stimmung des Parlaments, Die gesetzliche Entziehung des Gemeinde« Wahlrechtes für Personen, die öffentlich Unter­stützungen erhalten, hat zahlreiche schwer arbei­tende Bauern und Arbeiter ohne ihre eigene Schuld getroffen. Sowohl die Arbeiterklasse wie die bäuerlichen Wähler haben dennoch» trotz dieses Gesetzes, Kandidaten zu den Gemeindevertretun­gen gewählt, obgleich manche von ihnen durch dir

Bestimmungen daran gehindert waren, ihre Man­dat« auszuüben. Die AbschaffungdieseS Gesetzes gehört ebenfalls zu den Maßnahmen der Arbeiterregierung. Am 25. Mai gelang es der Regierung, auch in dieser Frage die Mehr­heit davonzutragen, obgleich nicht nur von tun Konservativen, sondern auch von der Bauernpartei Opposition gegen diesen Antrag gemacht wurde. Das neue Regime in Norwegen hat sich als fähig erwiesen, nicht nur in Norwegen , sondern auch im Auslände, Vertrauen zu erringen. So wurde zum Beispstl die neue norwegische Staats»

1753 wurde das British Museum begründet und bis auf den heutigen Tag ist es die reichste Sammlung von Kulturdenkmälern aller Völker und besonders der aus der Zeitgeschichte bereits ver- schvundenen und der primitiven vorzugsweise derjenigen,. über deren Siedlungsländer nun der Union Jack weht. Gelehrte aus allen Ländern haben im British Mnseum Dokumente vergangener Zei­ten studiert, ein Karl Marx und 80 Jahre später Vladimir Jljitsch Lenin gehörten zu den Stammgästen, der Bibliothek. Ein kleines Beispiel von ihrem Reichtum: ein Berliner Mittelschullehrer hatte die Schicksale seine- Jägerbataillons im Welt­krieg niedergeschrieben. Das Büchlein war nur in kleinerer Auflage erschienen und längst vollständig vergriffen. Einer seiner Kollegen und Bataillons­kameraden hätte die Schrift gern gelesen, aber selbst der Verfasser besaß kein Exemplar. Da kam der Professor bei einer Reise nach England auf den Ge­danken, die Bataillonsgeschichte in der Bücherei des British Museum zu verlangen, und wenige Mi­nuten darauf hatte«r das Buch vor sich liegen! Nun berichtet eine Londoner Zeitung, daß ihr manchmal Briefe zugehen von Provinzlern, die fragen, was sie in der einen Stunde, die sie in Lon­ don dem British Museum widmen können, sich an­sehen müßten. Dafür wird ihnen der Hinweis auf einige der interessantesten Museumsstücke gegeben: Der Stein von Rosette. Während Napoleon - ägyptischem Feldzug 1799 fand der Ingenieur-Offizier Bouchard im Nildelta nahe dem Ort Rosette(arabisch Rashid)«inen schwarzen Granitstein von unregelmäßiger, frag- menthafter Form, etwa 1 Meter lang und 75 Zenti­meter breit. Der Stein trug zahlreiche Hiero­glyphen eingemeißelt daneben aber die grie- chischeUebersetzu ng: der langgesuchte Schlüs­sel äugt VerständniS ber altäghptischen Symbol« schrfft' war gefunden! Natürlich brauchte es noch jahrelanger Gelehrtenarbeit, um nun auch den in­neren Bau der Hieroglyphenschrist zu rekonstruieren. AIS der Oberbefehlshaber Napoleon Bonaparte von der Auffindung des werwollen Steines erfuhr, ließ er sofort Kopien des Textes Herstellen und an alle Archäologen in Europa senden er dachte gar nicht daran, die weitere Arbeit zu einem Monopol seines

anleihe von 20 Millionen Kronen am 31. Mai auf dem schwedischen Markt mit eiitem Ziilsfatz von.3.5 Prozent Md zu einem Kurs von 97 Pro­zent untergebracht. Die Anleihe wurde in einer und einer halben Stunde überzeichnet. Weiterhin machte die konservative Partei bei Gemeindenachwahlen m zwei kleinen Gemeinden im fernen Norden, Norwegens im Beginn des Monats Juni die«gefährliche" Finanzpolitik der Arbeiterregierung zu ihrem Hauptschlager bei den Wahlen. Sie hatte bis dahin ip diesen Gemeinde­räten die Mehrheit gehabt; die Arbeiterparte« erhöhte jedoch ihren Stimmenanteil, nach.einer außerordentlich starken Wahlbeteiligung(90 Pro­zent in einer der beiden Gemeinden) und erhielt in beidon die Mehrheit.

Landes zu machen! Nachdem die Franzosen Aegyp­ ten verlassen hatten, brachten die Engländer den Stein nach London . Die zweisprachige Beschreibung dürfte aus der Zeit um 300 v. Ehr. stamen, als dürfte aus der Zeit um 300 v. Ehr. stammen, als das griechische Element die geistige Oberhand in Aegypten gewonnen hatte. Im Nachbarraum Elgin-Denkmäler Fig Ten und Reliefs,' Säulen und Kapitale vom Pa«/herum und anderen Bauwerken der Akro­ polis , die gleichfalls 1799 der englische Bot­schafter in Konstantinopel Lord Elgin nach England schaffen ließ. Es ist viel über einenRaub" dieser Denkwürdigkeiten durch die Engländer gesprochen worden, aber dem Lord war cs darum zu tun, wenigstens einen Teil der hellenischen Bauwerke vor der Vernichtung zu retten, die als Moscheen und' Pulvermagazine dienten. Auch ein« ganze Kariatide aus dem Erechcheion ließ Lord Elgin nach London schaffen. Der dafür geleistete Ersatz sügt sich allerdings so schlecht in den historischen Rahmen, daß gerade dieser Anblick das Verlangen nach Rückgabe der Entführten den Hellenen wachgerufen hat, die noch nicht dreißig Jahre auch dem Elginschen Ab­transport die türkische Herrschaft abgeworfen und ihren Staat aufgerichtet haben. Neben dem vielbesuchten Mumiensaal sind die jüngsten Funde aus dem chaldäischen Ür in Mesopotamien , halbwegs zwischen Bagdad und dem persischen Golf» untergebracht. Dort in den Königs-' gräbern und in der. Gruft der Königin Shuh-Ad hat man auch die Reste von Menschenopfern, von Rin­dern, Wagen und viele Prunkstücke aus Gold und Silber gefunden. Im römisch-britischen Saal findet man inmitten goldener Ziertane und Gemmen die berühmte Portlandvase. Diese klassische Base aus blauem Glas mit erhobenen weißglästknen ünk^geTMNenartig behandel-^ ttn Figuren' darauf,'solldst Asche 8 es römischen? Kaiser - SeptiMuS SeveruS (193211 n. Chr.) enthalten.haben. Eines Tages wurde sie von einem irrsinnigen Museumsbesucher in hundert Stücke zer­schlagen. Man hat sie wieder zusantmcngesetzt, denn sie ist einer der größten Schätze, die wir von der Vergangenheit überkommen haben.

Das Drttify Museum Kurzprogramm für einen Tag

Frau und Kultur Aufgabe« in nnserer Feit In unserer Zeit einer Zeit der Millio- nen-AöbeitSlosigkeit, scheint eS gewagt, überhaupt von Kultur zu reden. An notwendigsten Lebens­bedürfnissen herrscht Mangel: an Essen, Trin­ken. ZAeSdung, Wohnung. Doch die Mehrheit im Staate und wir selbst gehören nicht zu jenen, die gleich den Browning entsichern, wenn daS Wort »Kultur" fällt. Und deshalb soll einmal unter­sucht werden, wie weit die Frau» insbesondere jedoch die arbeitende Frau im Zusammenhang mit der Kultur unserer Zeit lebt. Dies bedeutet: als Theater-, Konzert» und Vortragsbesucherin, als Lernende fremder Sprachen, als ZeitungS-, Zeitschrift- und Buchleserin, als Hörerin von Radio-Veranstaltungen sowie auf jedem Gebiet weiterer Bildungsmöglichkeiten. Schon vor der Krise war es den großen Massen der Frauen auf Grund ihrer materiellen und kulturellen Lage nicht möglich, auch nur einen Bruchteil der hier aufgezählten Kultur-, Unter- Haltungs- und Lehrgegenstände in Anspruch zu nehmen. Nicht allein die wirtschaftliche Situation hat also den Kulturverbrauch der grau herabge» mindert. Dank des unermüdlichen Kampfes der Arbeiter-Bewegung begann sie überhaupt erst am kulturellen Leben mehr und mehr teilzunehmen. Worunter nicht nur das Interesse an rein ästhe­tischen, künstlerffchen und philosophischen Fragen verstanden werden darf. Sondern ebenso die Mit­arbeit am politischen, gewerkschaftlichen und ge- uossenschaftlichen Ausbau. Jene hoffnungsvollen Ansätze haben in den letzten Jahren, unter der verhängnisvollen Aus­wirkung von Wirtschaftskrise und Weltarbeits­losigkeit schwer gelitten. Ein geradezu verzweifel- ttS Ringen der organisierten Arbeiterschaft be­gann, um daS erreichte Kultur-Niveau wenn nicht noch auszubauen, so doch wenigstens zu halten. Ein Ringen, an dem auch überall die organisierte Werktätige Frau aktiv teilgenommen hat. Mäch­tige Feinde stehen uns in diesem Kampf gegen­über. Denn während die Arbeiterschaft ihrem Kulturbestreben den Sinn qibt, selbständig den­kende und enffcheidende Menschen mit sozialem Bewußtsein zu erziehen, benutzen ihre Gegner

alle Kulturmöglichkeiten, um dieses soziale Be­wußtsein zu trüben. Da sind die großen Film-Produzenten. Sie nehmen fast eine Monopol-Stellung ein. Ihre Macht benutzen sie jedoch, um den Film, der neben dem Radio heute das hervorragendste und modernste Kultur-Instrument sein könnte, mit läppischen Machwerken zu entwürdigen. Ihr Grundsatz lautet: die Menschen für zwei Stun­den von der Erinnerung an ihr Elend abzulenken. Die sozialistische Arbeiterschaft hat auf dem Ge­biet der Filmproduktion nur erst Ansätze gemacht. Abgesehen von Sowjet-Rußland» das Hervorra­gendes zur Hebung des ethischen und künstlerischen Niveaus des Films leistete. Gleiches kann man höchstens von einigen amerikanischen, deutschen und österreichischen Herstellern behaupten. Wenn in diesem Zusammenhang von Deutschland und Oesterreich die Rede fft, so gilt dies selbstverständ­lich für jene Zeit, in der Gewerkschaften und so­zialistische Kulturorganisationen die Möglichkeit hatten, Fllme aus der Geschichte der Ackeiter- Bewegung zu produzieren. Auch die tapferen Ver­suche junger Film-Künstler, sogenannterAvant- Gardisten ", sollen hierbei nicht unerwähnt blei­ben. Diese sind in den meisten Fällen Freunde des kulturellen Fortschritts, Kämpfer gegen Reak­tion und Kitsch. Sie schaffen dem Willen der großen Filmtrusts entgegengesetzt oft unter schweren finanziellen Opfern und persönlichen Entbehrungen, Wecke, die das reale Leben unver­fälscht und ohne Konzession an den sogenannten, in Wahrheit jedoch bewußt irregeleiteten Publi­kums-Geschmack, widerspiegeln. Da aber der Film beträchtliche Kapital-Investitionen erfordert, wird das Bestteben solcher Organisationen und ihrer künstlerischen Mitkämpfer immer mehr er­schwert. Der verlogene Kitsch triumphiert in allen fünf Erdteilen. Die aufgeklärte arbeitend« Frau hat hier ein« wichtige Aufgabe zu erfüllen: ihre Umge­bung zu beeinflussen! Die Film-Konfektion, der süßliche Kitsch darf von der werktätigen Frau, um im Jargon des Fachmanns zu reden, keine gute Mund-Propaganda" erhalten. Gerade darauf aber legen Filmproduzenten mehr Wert als auf sachliche und gründlich« Krittk! Die Stellung des Rundfunks wird im­mer beherrschender. Selbswerständlich, daß er auch

auf das kulturelle Bewußtsein der Frau den größ­ten Einfluß ausübt. Der Rundfunk hat noch mehr ass der Film die Möglichkeit, an die Frauen aller Schichten heranzukommen, über alle staatlichen und kulturellen Grenzen hinweg international zu wirken. Man bedenke, daß er nicht nur die außer­halb des Hauses arbeitende Frau erfaßt. Er tritt auch an jene heran, die in weltfernen Gegenden lebt, von allen Kulturzentren abgeschnitten, die im engen Kreis ihrer Häuslichkeit wirkt, und der «S Kircher, Sorgen sowie mühevolle Tagesarbeit nicht erlauben, regelmäßig Bücher und Zeitun« tzen zu lesen oder ins Kino zu gehen. Hier hat die in ihren vier Wänden lebende Frau die Möglich­keit, geistige Belehrungen und Genüsse aufzuneh- tnen. Wo die organisierte Arbeiterschaft noch ein Machffaktor im Staate ist, hat sie eS verstanden, sich eine Position im Rundfunk zu schaffen: die Arbeiter-Sendung l Ganz bewußt richtet sich diese Sendung gegen alle Einflüsse des fafcistsschen Rundfunks jenseits der Grenzen. Die Arbeiter-Sendung gestattet es an die Frauen aller Kreise heranzutreten, sie mit den Ideen des demokratischen Sozialismus und der modernen Arbeiter-Bewegung bekannt zu machen, ihr poli­tisches, ihr kulturelles Verantwortungsbewusstsein zu wecken. Tageszeitungen, Wochenzeitschriften mtt all ihren Spielarten Magazine, Roman-Zei­tungen, Modeblätter, illustrierte und Witzblätter sowie die ausgesprochen nur für Frauen geschrie­benen Journale früher an erster Stelle, sind vom Radio auf den zweiten Platz zurückgedrängt worden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß ihr Ein­fluß herabgemindert wurde. Auch hier kämpft di« organisierte Arbeiterschaft gegen übermächtige Feinde. Gegen die Konfektionäre der Literatur. In billiger, aber bunt und marktschreierisch her­gerichteter Aufmachung überschwemmt solche Mas­senware sevbst das letzte Dorf. Der Inhalt dieser. Warenhaus-Literatur dient fast ausschließlich dem Zweck, fleinbürgerliche Frauen-Jdeale zu konser­vieren und eine illusionäre Well aufrecht zu er­halten, die es in Wahrhest längst nicht mehr gibt. In unserer Zeit des furchtbarsten Elends und drohender Kriegsgefahr kennen solche Machwerke keine anderen Sorgen, als Romane und Novellen zu veröffentlichen, in denen hochherzige Großin­dustrielle ihre armen, aber ehrlichen Sekretärin­nen heiraten. Hausfrauen werden für Kochrezepte

interessiert. Es heißt darin:.Man nehme, man nehme..." Keiner aber sagt ihnen jemals, wo-, her sie es denn nehmen sollen. Aehnlich ist es mit den Schnittmustern. Ueber die neusten Mine­linien und-Torheiten der sogenanntenoberen Zehntausend" wird berichtet, über das,.was man. ttagendarf" und was nicht. Doch außer solchen, unverbindlichen Direktiven hüten sich die Beränt- wörtlichen wohl, den Frauen irgendeinen Weg aus ihrer Not zu zeigen. Gegen derartiges,Lite­ratur-Opium kämpft wiederum allein die poli­tisch-aufgeklärte Frau. Sie stellt dem Kitsch gegenüber die TageSpreffe und die Frauenzeit-, schristen ihrer Partei und ihrer Organisation. Das Buch war früher ausschließlich Privi­leg der Besitzenden. Auch daS hat sich mit dem' Aufstieg der Arbeiter-Bewegung geändert. Kleine» aber sozial werwolle Bibliotheken sind keine Sel­tenheit mehr in Arbeiter-Wohnungen. Partei, Gewerkschaften und Genossenschaften errichteten in allen Städten Leihbibliotheken. Eigene Verlage und Buchgemeinschaften wurden gegründet. Ihre Produktion hat die Bestimmung, belehrend und erzieherisch zu wirken und insbesondere die arbei­tende Frau aiff ihr Recht als selbständige, un­abhängige Gefährtin des Mannes im Betrieb und stn persönlichen Leben hinzuweisen. Diese Bücher Wollen ebenso wie die guten Filme keine Ablen-. kling von den Nöten des Tages, sondern sie for-' dern auf zum akttven Kampf. Einem solchen Werk muß gerade von Seiten der Frau tatkräftigste Unttrstützung zuteil werden. Die so lange währende Krise hat daS Theater als Kulturinstrument für die Mehr-, zahl der Frauen fast vollkommen auSgeschalt-tj Berfllche der organisierten Arbeiterschaft, sich Einfluß auf daS Theater zu verschaffen, sind bis­her schwach geblieben. In den fascistisch regierten Ländern, in denen bereits wie in Deutschland und Oesterreich beträchtliche Forffchritte erzielt warey» sind diese Forffchritte vollkommen liquidiert wor­den. Innerhalb der Arbeiter-Bewegung aber hat. die'politisch denkende und handelnde Frau Gele­genheit, im Rahmen von Sänger-Vereinen» Theater-Truppen, Spiel« und Sportgemeinschaf­ten nicht nur sich sewst den grauen Alltag vor­übergehend zu verschönern, sondern auch alle, an­deren Frauen aufzurufen, den grauen Alltag für immer zu verändern!,