Seite 6 Sozialdemokrat" Donnerstag, 18. Juki 1935. Nr. 165' Der Golfstrom   ein Irrtum? Aufsehenerregende Entdeckungen eines französischen   Forschers In den SchulatlaMen findet man noch immer jenen rätselhaften Strom eingezeichnet, der im Golf von Mexiko   seinen Ursprung hat, zwischen Florida   und Kuba   seinen Weg durch die Fluten des Ozeans nimmt, die Bahamainseln umspült und schließlich wie ein Fächer ausstrahlt. Und weiter? Er verliert sich in den Wassermafien, sagte bisher die Forschung, aber seine Kraft ist groß genug, um den Weg bis zu den Küsten Europas   zu finden, das Klima zu mildern und den nördlichen Ländern die lebensnotwendige Wärme zu spenden. Im Jahre 1513 hatte erstmalig der spanische Weltentdecker und Condottiere Ponce de Leon die Existenz des Golfstroms festgestellt. In die Wissen­schaft ist er erst durch Franklin eingegangen. Die­ser stützte sich auf die Mitteilungen eines Wal­fischjägers aus Nantucket, der ihm auf der Land­karte den mutmaßlichen Verlauf des Stromes ein­zeichnete. Es ist sehr sonderbar, daß die Wissen­schaft bis in die letzte Feit hinein nicht daran ge­dacht hat, den tatsächlichen Verlauf des Golf­stroms festzustellen. Auf den Seeatlanten hat er noch immer die Gestalt und den Verlauf, den ihm ein Walfischjäger vor dem atemlos lauschenden Franklin gegeben hatte. Ein historischer und wis­senschaftlicher Irrtum hat sich so bis auf unsere Tage erhalten. Schon vor zehn Jahren hatte der ftanzösische Tiefseeforscher Le Danois   die Behauptung auf­gestellt, daß der Golfstrom eine pseudowissenschaft­liche Illusion sei. Seither haben Nachprüfungen die Richtigkeit dieser Theorien bestätigt. Der Golf­strom verliert sich bei 40 Grad westlicher Länge. Seinx Fluten können also die europäische   Küste nicht" mehr berühren. Somit stehen wir vor einem der paffionierendsten wissenschaftlichen Rätsel: Wo haben die warmen Wafferströmungen, deren Existenz unleugbar ist, ihren Ursprung? Zusammenstoß zweier Weltmeere Le Danois gibt auf diese Frage eine neu­artige, kühne Antwort, die ihm, wie er berichtet, intuitiv in einer jener endlosen taghellen Polar­nächte gekommen ist. Die warmen, bis hoch in den Norden hinaufreichenden Wasserströmr hätten ihre Ursache in dem Zusammenprall nördlichen und südlichen Meeres nach dem Einsturz der sie schei­denden Kontinente. Seither wiederhole sich unter dem Einfluß kosmischer Phänomene noch nach Jahrhunderttausenden der Zusammenstoß der ersten Stunde. Le Danois hat feststellen können, daß sich Wafiermassen verschiedener Temperatur und ver­schiedener Dichte nicht vermischen, wenn sie in sivo? ßen Quantitäten vorhanden find. So gibt es regelrecht fossile, sauerstofflose Meerteile inmitten des Ozeans, in denen kein Leben gedeiht, ohne daß sie sich im Lauf der Zeit vermischt hätten. Man findet solche Schichten toten Meeres im atlanttschen Ozean, an der aftikanischen Küste und gegenüber von Panama  . Zhklerr Kalter und warmer Jahre Da sich nun große Wafiermassen verschiede­ner Beschaffenheit nicht vermengen, ist es ein­leuchtend, daß die vom Pol ausgehenden kalten Wasserströme durch die Erdumdrehung nach We­sten abgelenkt werden und infolge ihrer Schwere die Tiefen des Ozeans einnehmen, während die wärmeren und leichteren Wassermassen aus den tropischen Zonen über ihnen schweben. Le Danois   konnte feststellen, daß die wärme­ren Wafferschichten im Sinne einer zynischen, vier­jährigen Ebbe- und Flutbewegung über die schwe­ren, in der Tiefe lagernden Wafiermassen Hin­weggleiten und bis weit in den Norden hinauf­wandern. Es gibt kalte Zyklen, in deren Verlauf die kalten Wässer bis unterhalb von Terras-NuevaS Vordringen. Die Fischer kennen das genau. Sie wissen, daß sie manches Jahr über Terras-Nue- vas nicht hinausdürfen. Dann fahren sie die Westküste von Grönland   entlang und folgen so nur dem Wanderzug der Fische, die mit den war­men Wafferströmungen ziehen. Die Entdeckung der zyklischen Bewegung des Meerwassers bildet eine wertvolle Bereicherung der meteorologischen Wissenschaft. Für sich allein stellen aber die Be­wegungen der Wafiermassen keinen ausschlag­gebenden Faktor der Weiterbildung dar. Abonnements- Bestellschein. Abonniere ab 1935 das täglich erscheinende Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei <3o>ial&emotrat" Verwaltung Prag   XU.. Fochova tt. 62, zum Preise von 16 KC monatlich, und sende diesen Betrag nach Erhalt des Erlagscheine- ein. Zische, die den Aermelkanal nicht kenne« Die Tiefseefische sind das empfindlichste Ba­rometer für alle Schwankungen der Meeresströ­mungen, und im allgemeinen überhaupt für alle Vorgänge im Innern der Ozeane. Sie haben aber dabei auch ihre Traditionen, ihre Gewohnheiten und festeingewurzelten Irrtümer. Es gibt keine traditionelleren Lebewesen, als gewisse Fischarten. Wir finden Fische, wie den roten Thunfisch bei­spielsweise, die den aus geologisch jüngster Zeft stammenden Aermelkanal noch nicht kennen. Um in die Nordsee   zu gelangen, umschwimmen sie heute noch, wie ihre Vorfahren vor 100.000 Jah­ren, die britischen Inseln, statt den kürzeren Weg durch den Aermelkanal zu nehmen! Leitender Advokaturskonzipient 650 KL Gehalt! Fristlos entlassen, weil er auf der gesetzlichen Kündigungsfrist bestand Prag  . Vor dem Arbeitsgericht fit der- zeit ein Prozeß anhängig, der die Situation des In« telligenzproletariats in ein scharfes Licht rückt. Ueber den Prozeß selbst werden wir später eingehender be­richten, denn das Beweisverfahren dürfte manches Interessante bringen. Für heute begnügen wir uns mit einer kurzen Feststellung des Sachverhaltes und der Hervorhebung einiger bemerkenswerter Begleit­umstände. Ein Advokaturskonzipient klagt seinen Chef aus Einhaltung der gesetzlichen sechs­wöchigen Kündigungsfrist. Der Konzi­pient ist nämlich nach neunmonatiger Dienstzeit von seinem Chef fristlos entlassen worden, weil er sich weigerte, einen Revers zu unterzeichnen, in welchem er auf die im Gesetz festgesetzt« sechswöchige Kündigungsfrist verzichten und bloß eine ein­monatige anerkennen sollte. Muß schon in Er­staunen setzen, daß ein Rechtsanwalt eine solche, dem Gesetz widersprechende Vereinbarung von seinen Untergebenen fordern will, so ist um so erstaunlicher, daß er die gerechte Verweigerung einer solchen ge­setzwidrigen Vereinbarung als Grund für so­fortige Entlassung ansieht. Wir wollen der Entscheidung des Arbeitsgericht,?- nicht vorgreifen und begnügen uns einstweilen mit dieser kurzen Fest­stellung des Tatbestandes. Interessant sind zweifellos di« BcfoldungSver- hältniffe in dieser Kanzlei. Der Kläger   war kein Neuling, sondern erster Konzipient und zeitweise Stellvertreter des Chefs. In solcher Eigenschaft be­zog er ein Monatsgehalt von brutto 650(sechs­hundertfünfzig) XL. Von dieser fürstlichen Entlohnung müssen allerdings die üblichen Abzüge abgerechnet werden. Äußer ihm war noch eine Kon- zipientin da, die übrigens anläßlich dieses Prozesses gleichfalls gekündigt wurde, mit der Begründung, sie soll« als Zeugin ganz ftei und unbeeinflußt sein. Wir kennen die Rechtsanschauung des Herrn Chefs nicht und sind darauf begierig, ihn seinen Stand- purstt vor dem Arbeitsgericht begründen zu hören. Wir werden über diesen charakteristischen Prozeß im weiteren Verlauf eingehend berichten. rb. Interessantes vom Sport in Sowjetrußland Wenn auch aus Sowjetrußland keine sensatio­nellen Berichte von Spitzenleistungen der sortier eintröffen, so erzwingt sich die dortige Sportentwick­lung doch immer größerer Beachtung. Der größten Beliebtheit erfreut sich unter der Jugend das Wolleyballspiel. In drei Ver- Die jahrhunderttausend alten» zum Instinkt gewordenen Gewohnheiten des Tiefseevolks machte es Le Danois möglich, den Verlaus der sich heute in den Aermelkanal ergießenden Flüsse vor Ein­bruch des Festlandes festzustellen. So. finden wir heute an Stellen, wo ehemals die Flüsse ausmün­deten, Fischbänke von besonders üppigem Reich­tum nur weil da vor 100.000 und 200.000 Jahren sich Süßwaffer ins Meer ergoß. Die Fi­sche haben sich den neuen Daseinsbedingungen an­gepaßt, aber ihren altgewohnten Aufenthaltsort haben sie nicht verändert. So konnte zum Beispiel festgestellt werden, wo sich die ehemalige Rheinmündung befand. Heute finden wir nämlich an dieser Stelle eine der berühmtesten Heringsbänke. Es ist eine be­kannte Tatsache, daß die Heringe ihre Eier ge­wöhnlich an Flußmündungen ablegen. Aus Treue gegen die Traditionen ihrer Fischvorfahren tun sie es heute noch an den gleichen Stellen, wie vor undenklichen Zeiten. Gibt es etwas Wunderbare­res als die Geheimnisse der Tiefsee? Heinrich Jordan(Paris  ) bänden sind 150.000 Verein« organisiert mit über eine Million Spieler. Im Wollehball zeigt sich das ungewöhnliche Interesse auch aus dem Lande unter der bäuerlichen Jugend und heute findet man schon bereits auf jedem Kolchos ein« sehr ansehn­liche Wolleyball-Mannschaft. Das Wolleyballfpiel wurde vor zehn Jahren in Rußland   eingeführt und di« erste Meisterschaft wurde im Jahre 1925 von den Arbeiter-Hochschulen ausgetragen. In einem großen Ausmaße hat sich in Ruß­ land   der Gehsport entwickelt. Di« Langstrecken­wettkämpfe sind eine volkstümliche Disziplin, die sehr gute Besetzungen ausweisen. In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden bereits 50 Langstrek- kenwettkämpfe ausgetragen, in denen die Wettkämp- ser rund 100.000 Kilometer bewältigten. Die günstigen klimatischen Verhältnisse nützen in ausgiebigem Maße auch die Skifahrer aus. Sogar die Finnen finden in den sowjetrussischen Wettkämpfern gleichwertige Partner. Daß der Schwimmsport in di« breiten Massen eingedrungen ist, bezeugt beispielsweise ein Schwimmertreft«n in Leningrad  , an dem sich gegen 5000 Schwimmer und Schwimmerinnen beteiligten. Welch ungeheuerer organisawrischer Apparat muß da in Tätigkeit treten, um einen Wettkampf von solch großem Ausmaß zu beheruschen. Das ist ein großer Vorzug, der dem Westen zum Vorbild dienen könnte. In der Leichtathletik erreichen bisher di« Rüssen noch nicht das westeuropäische Niveau. De  : Eitifluß ausländischer Instrukteure macht sich vor­läufig noch nicht geltend. Vielleicht deshalb, west die Leichtathletik noch nicht jene Beliebtheit bei der Jugend gefunden hat wie die Ballspiel«, oder weil den individuellen Spitzenleistungen nicht. jene Be­deutung beigemessen wird wie z. B. in Amerika   und in der übrigen Welt. Im Hochsprung erzielt« A. Chudjakow(Chabarowsk  ) mit 1.88 Meter eine neue sowjetrufsische Bestleistung. Im Drei­sprung ohne Anlauf stellte Dimitrij Jossel- jan mit 10.10 Meter ebenfalls eine neue Bestlei­stung auf und im Hochsprung ohne Anlauf erreicht« er 1.60 Meter. Bemerkenswert ist auch di« Leistung der Moskauerin Bernikow im beidhän­digen Diskuswerfen mit 68.48 Meter. Auch die Zeit, die die Moskauerin Mamojew über 800Meterin 2:19 Min. erzielt«, ist sehr gut. Sozialistisches Arbeitersporttreffen in Gdingen  . Polnisch« und Danziger Arbeitersportler trafen sich im Gdingener Stadion zu einem großen Sportfest, das einen überaus gelungenen Verlauf nahm. Rach dem Festzug, der sehr imponierend war be­sonders durch die starke Teilnahme der Danziger und den Begrüßungsansprachen durch Vertreter deS polnischen Arbeitersportverbandes(ZRSS) und Danziger Genossen nahmen die sportlichen Veran­staltungen ihren Anfang. Handball- und Fußball­spiele sowie Leichtathletik wechselten in rascher Folge und fanden beifällig« Aufnahme. In der Leicht­athletik dominierten di« Danziger, welche auch drei neue Bestleistungen erzielen konnten, und zwar: Bei Grete Nissen und Adolf Mrnjou in dem FilmDer Fall des Kommissärs Colt", i« welchem Menjou die Rolle eines Detektivs spiel  « den Frauen im Diskus mit 27.18 Meter und übe« 1000 Meter in 3:30.3 Min. und bei den Männer» über 3 X 200 Meter in 1:16.7 Min. Im Handball gewann FT Langfuhr gegen FT Danzig 6:2(4:0) und das Frauenteam des Siegers schlug jenes der Wasserfreunde Danzig   5:0. Je zwei polnische unt Danziger Mannschaften bestritten di« Fußballspiele. De» Danziger Fußballmeister FT SchDlitz trug dal! Spiel um di« polnische Meisterschaft gegen Baltii Gdingen aus und verlor knapp 1:2(0:1). Damit ist Danzig   von der Meisterschaft ausgeschaltet woko den. Die Entscheidung, welche Mannschaft de» Danzig-Pommerellischen Bezirk bei den weitere» Spielen vertritt, liegt nun zwischen Baltic GdingeiÜ Amator Bromberg und Naprzod Graudenz. Jn> zweiten Match gewann ein« kombinierte Danziget Mannschaft gegen Amator Bromberg 4:3. Belgische Arbeitersportler i« Rotterdam  . Am vergangenen Sonntag veranstalteten die holländtz scheu Ärbeiterturner und-Sportler den Maas  ' Schelde-Sporttag in Rotterdam  , an welchem auä belgische Genossen teilnahmen. Neben turnerische» Vorführungen die Belgier gefielen mit ihrer Gyav nastik kamen Ballspiele und Leichtathletik z» Worte. Im Korbball gewann KRL Rotterdam gegen eine Haager Kombination 5:0. Das Fußbad match Rotterdam   gegen Antwerpen.  (Belgien  ) endest 1:1(0:1). In der Leichtathlettk wurde ein Weitz kämpf Rotterdam  Antwerpen   ausgetragen, den dst Rotterdamer mit 118:90 Punkten gewannen. Dec Nkm Pauly Wessely-Film in Deutschland   verböte» Wie aus Wien   gemeldet wird, wurde der Film Episode", dessen Hauptroll« Paula Wessely   spiclb in Deutschland   mit der Begründung verboten, dal der Autor und Regisseur des Films, Walter ReisW Jude sei, filme in Prager   Lichtspielhäusern Alfa:100 Tage". Jt. Avion:Madaast- Butterfly". A. Sylvia Sydney. Fenix:®(* schlossen. Flora:Ihr Toreador". A. Edd» Cantor. Gaumont:.Die goldene Katharinas Tsch. A. Nedosiuska. Hvtzda:»Fachmann Liebe". A. Eddie Cantor.   Julis:Das grob» Spiel". Fr. Kinema: Journale, Grotesk«, Repe'' tage. Koruna:H e j ruPi" Tsch. Voskov" und Werich. Lucerna:»Zirkus Barium" A. Wallace Berry. Metro:»Leise flehen meine' der". D. Maria Eggerth. Passage: ,,D»/ große Spiel". Fr. Praha  :»Das schwarze Äs A. Skaut:Die blonde Venus". A. Martes Dittrich. Svitozor:»Madame Butterfly  ". A. Sylvia Sydney.  - Alma:Salto in oie Seligkeit- D. Belvedere:»Siefce unter Künstlern". A. Illusion:.DerletzteDiktator". Fr. R«m Claire. Roxy:Das Gewitter". Rufs. 9Wi bis Sonntag.   Spott:Die Frau stn U-Boot"." G. Cooper, CH. Laughton. Verlanget überall Volkszünder Name: Genaue Adresse:» Letzte Post:«» Unterschrift: Kakteen mit»rSauOtrömia" begossen, werden zauberhaft schön. Senden Sie uns Xi 5.60 in Brief­marken, wir liefern Ihnen dafür den guten Blumenzauberdung, den besten Dungguß für Ihre Blumen. Sie werden staunen, wie herrlich dann Ihre Blumen gedeihen. BrrwalttmgFrauenwelt", Prag   XU-, Fochova tt. 62, und durch alle Kolpor­teur« erhältlich. Wallace Boery in dem FilmZirknS Barnum" Bezugsbedingungen: Bei Zustellung inS HauS od« bei Bezug durch die Post monatlich Xi 16., vietteljähttg Xi 48., halbjährig Xi 96.. ganzjährig Xi 192.. Inserate werden laut Tarif billigst berechnet. 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