Sette iSonntag, 21. Juli 1935Nr. 168U«s«u»bere Konkurrenzgefundendenbeiberanstal-durch denAuf der einen Seite ist die Feststellung angenehm, die durch diese Aktion dem Pilsner'Erzeugnis, was die Qualität anbelangt, zuteil wird,auf der anderen Seite ist diese Aktion bezeichnendfür die Erfindungsgabe der amerikanischen Unternehmer und weiter ein Beweis, mit welchenSchwierigkeiten die tschechoslowakischen und insbesondere die Pilsner Brauereien arbeiten müssen,um ihr Erzeugnis vor dieser unlauteren Konkur-sener Bürgern das amerikanische Pilsner schmeckt. Unter diesenPhotographien sollten die Namen der„Fachleute"angeführt werden, die das amerikanische Pilsnerin gleicher Qualität wie das echte Pilsner befunden haben.Luftkriegs-Probe in LondonLondon. In der nächsten Woche wird dieLuftverteidigung Londons auf die Probe gestelltwerden. 368 Militärflugzeuge werden an denHebungen teilnohmcn. Bon Montag abend bisDienstag früh wird hie Luftstreitmacht von»Südland", bestehend aus 176 leichten, mittleren undschweren Bombenflugzeugen, eine große AnzahlAngriffe auf die Hauptstadt unternehmen. 15 Geschwader Kampfflugzeuge und ein Erkundungsge-Drei Mau« im Im» ertrunken. Innsbruck. Freitag mittags ertrankenBermeflungsürbetten in der Nähe von Martins-bruck an der Schweizer Grenze ein SchweizerIngenieur und zwei Arbeiter imhochgehenden Inn. Sie wollten den Muß in einemBoot übersehen, das mit einem Drahtseil amUfer befestigt war. Das Book kenterte undalle drei Insassen ertranken. Ihre Leichen wurden noch nicht geborgen. Auch die Namen konntennicht festgestellt werden.schwader, zusammen 192 Flugzeuge, werden sich,unterstützt von 194 Lustabwehr-Abteilungen von»Nordland", um die Abwehr der Gefahr bemühen.Der zweite Teil der Uebungen wird am Dienstag morgen beginnen und am Freitag sein Endenehmen. Die südländischen Luststreitkräste werdensich bemühen, wichtige militärische und strategischePunkte in der„feindlichen Hauptstadt" zu zerstören. Bei diesen Uebungen sollen die neuesten Angriffs- und Verteidigungsmittel ausgeprobtwerden.Der Mann in die Untersuchungshaft, Fra«und Kinder in den Tod. Samstag vormittagsspielte sich im 15. Wiener Bezirk eine Familientragödie ab, die drei Menschenleben forderte.Der Lagcrangestellte einer großen Wiener Firma,Leopold Vollauf, wurde am Freitag wegen Diebstahls von Stoffen verhaftet und in die Untersuchungshaft des Landesgerichtes eingcliefert.Seine 27jährige Frau Hermine, die mit^ihrenzwei Kindern völlig mittellos dastand', öffnetenun früh in ihrer Wohnung den Gashahn. Alsdie durch den Gasgeruch aufmerksam gewordenenNachbarn in die Wohnung eindrangen, fandensie die Frau, ihr vierjähriges Söhnchen undihr 18 Monate altes Töchterchen tot auf.Furchtbarer Tod. In der Judengasse in Egerfiel der 5jährige Josef Ströhl beim Ballspielin einen Trog mit kochendemWasser. Dasunglückliche Kind erlitt schreckliche Brandwunden und starb kurz nach der Einlieferungins Egerer Krankenhaus.Ein vierzehnjähriges Mädchen in Neusatztötete ihren Geliebten, den FliegerunteroffizierMasten, durch einen Schuß aus dessen Dienstgewehr. Das Mädchen gab an, daß Majcen ihrursprünglich die Ehe versprochen hatte undmit ihr seit Feber des laufenden Jahres in wilde r E h e lebte. Nun habe er sie davongesagt, weiler die Ankunft seiner angetrautenKampf um eine MoscheeLahore. Hier kam es Freitag zu aufregenden Szenen, als 5900 Mohammedaner gegen eineMoschee anstürmten, die von Sikhs teilweise zerstört worden wär. Größere Zusammenstößekonnten nur dadurch verhindert werden, daß britische Truppen und Polizisten«ine enge Kette umdie Moschee zogen. 30 Rädelsführer wurden verhaftet. Zwei Personen getötet und einige verletzt,'als die britischen Truppen in die Mengeder Mohammedaner schossen. Die Mohammedaner nächtigten entgegen dem Verbot in denStraften und versuchten den Polizeikordon zudurchbrechen, um in die Moschee zu gelangen.Auch einige Polizisten wurden, verletzt.Liebestragödie im HegerhausKremster. Samstag nachts hörte der HegerHan ä k einen Schuß fallen und hierauf Stöhnen. Als er aus dem Hegerhaus hinauslief, fander seine Tochter Anna stöhnend neben ihremGeliebten, dem Arbeiter Karl B r ä z d i l, liegendvor. Bräzdil, der einen Herzschuß hatte, gab keinLebenszeichen mehr, während Anna Hanäkovänoch lebte» Der Vcrzlveifelte Vater wollte seineTochter ins Hcgerhaus bringen, aber sie verschiedin seinen Armen. Die Ursache der Liebestragödiewird untersucht.Vom Rundfunktaptehleuwartu«ms den Programmen!Montag:Prag, Sender L: 10.05: Deutsche Presse,12.10: Polkas auf Schallplatte«, 17.50: Chansons,18.20: Deutsche Sendung: Dr. Vorbach: Kunstwanderung durch das alte Eger, 18.40: Aus demManuskript von Veidl, 19: Deutsche Presse, 21.30:Konzert der tschechischen Philharmonie, 22.30:Tanzmusik. Sender S: 7.30: Leichte Musik, 14.20:Deutsche Sendung: Leichte Musik.— Brünn 12.30:Orchesterkonzert, 17.40: Deutsche Sendung: Lie-derftünde, 20.30: Saxophonsvlo.— Mährisch-Ostrau 18.20: Deutsche Arbeitersendung: Franz Mazik: Kulturelle Aufgaben derArbeiterschaft.— Kascha« 20.15: Militärkonzert.■- Dienstag:Prag, Sender L: 6: Gymnastik, 10.05: Deutsche Presse, 13.40: Duette und Opern von Smetana, 15: Salonorchesterkonzert, 16.30: BunresProgramm.— 18,20: Deutsche Sendung: Dr.Weil: Wirtschaftliches Relief, 18.30: Lieder schlesischer Komponisten/19: Deutsche Presse, 21.20: EinArzt spricht über erste Hilfe, 21.35: MusikalischeSpiele, 22.30: Tammusik. Sender S: 7.30: LeichrcMusik, 14.15: Deutsche Sendung: Winternitz: Zukunft des Detailgeschäftes, 14.35: Leichte Musik.—Brünn 17.40: Deutsche Sendung, Arbeiterfunk: Soziale Information, 17.45: Süß und Pe-scha: Das Brünner Arbeitslager, 20.05: Volkslieder verschiedener Völker.— Mährisch-Ostra« 18.20:Deutsche Sendung: 19.25: Schauspiel aus dem Atelier: Die Getauften von Rakous.— Prrßbnrg20.05: Unterhaltungsmusik.Frau erwartete. In ihrer Verzweiflung habe dieBetrogene das Dienstgewehr, das sich im Zimmerbefand, ergriffen und ihren Geliebten erschossen.31 Fl«gze«gkatastrophcn i« sechs Monaten.Die Zeitung Nishi-Nishi teilt mit, daß das japanische Flugwesen'in den ersten sechs Monatendieses Jahres große Verluste davongetragen hat.Es sind insgesamt 31 Flugzeuge abgestürzt, wobei 46 Flieger den Tod fanden. Bon den: tödlichabgestürzten Fliegern gehören 20 dem Militärflugwesen an, 22 waren Marineflieger und nurvier Verkehrsflieger.Für hundert Millionen Zwetschken. Nach Meldungen aus Vinkovce schätzt man die heurige.Zwetschkenernte im Savetal auf hundert Millionen Dinar.Reue Höhlon in dor Mittrlslowakei. In denvergangenen Tagen wurden im Bezirke Banova imFlußgebiete der Behrava bei der Gemeinde Slatinkyin dem bewaldeten Mhang hinter der sogenannten„Dupna diera" Tropfsteinhöhlen entdeckt. DieHöhlen wurden von einheimischen Bewohnern unterder Führung des Fachlehrers BalaLowjech aufgefunden. Sie«rußten mehrere Tag« lang einenVerbindungsstollen aus der Höhl«„Dupna- diera"graben. Gleichzeitig wurde ein langer Gang entdeckt, wo zahlreiche Menschenschädel undviele menschliche und tierische Knochenwurden.Exkursionen, von den Staatsbahnentet. Vom 27. Juli bis 4. August querBöhmerwald für Xö 370, vom 10. bis 25.August Ferienaufenthalt im Riesengebirgefür Kd 650, vom 4 bis 25. August Kuraufenthaltin Karlsbad für Xö 1120, am 11. Augustnach De«tschbrod zur Havlikrk-Lusstellstngfür Xc 80, vom 15. August bis 5. September nachLühaiovicefürXL 970, TrenöiansköTepliceXö 1050, nach P i st h a n Kö 1010,vom 25. August bis 15. September, nach BechhntlLibusina Bad) Xc 750.— Anmeldungen mit"Anzahlung im Bazar neben dem Wilsonbahnhof.Telephon 383.35.Wetterprognose:„Stellenweise Regen". Nachder vorübergehenden Erwärmung und Wetterbeffe-rung am Samstag beginnt über das Binnenlanderneut kühlere Luft vom Westen her einzudringen.In Böhmen und in der Südslowakei ist die Temperatur am Samsfag stellenweise auf'30 Grad angestiegen. München hatte jedoch um 14 Uhr bei regnerischen: Wetter bloß 21 Grad. Am späteren Nachmittag regnete es bereits auch in Westböhmen teilweise in Begleitung von Gewittern. Andauerndschönes und heißes Wetter beschränkt sich auf denSüden und Südosten des Erdteiles, wo SmnStagnachmittags überall 80 bis 35 Grad C. verzeichnetTSdttcher Verkehrsurrfallin KomotauSamstag nachmittags ereignete sich in Koknotau ein schweres Verkehrsunglück. Der 15Jahre alte in einer Komotauer Delikatessenhandlung beschäftigte Lehrling Franz Fleischeraus Eidlitz, ein Sohn des Werkarbeiters JosefFleischer, fuhr mit einem Stoßwagen zur Bahn.In der Bahnhofstraße fuhr der vom Marktplatzzum Bahnhof verkehrende Staatsautobus plötzlich den Jungen von rückwärts an, so daß dieserzu.Fall kam. Der schwere Autobus ging über denKnaben hinweg und verletzte ihn derart schwer,daß der arme Lehrling noch wahrend des Transportes ins Krankenhaus verschied. Der tragischeVorfall hat unter der Bevölkerung große Aufregung verursacht.Ku-Klux-Klan-Leuteals LynchrichterNew Aork. Wie aus Port Lauderdale in Florida gemeldet wird, ereignete sichdort ein Fall von Lynchjustiz. Ueber hundert maskierte Ku-Klux-Klan-Männer entrissen der Polizei einen N e g e r, der einen Messerangriff aufeine weiße Frau verübt haben soll, schleppten ihnin den Wald und knüpften ihn an einem Baumeauf. Die maskierten Männer durchsiebten dannden hängenden Leichnam des Negers mit einigenhundert Revolverschüssen. Die Polizei hatte dieAbsicht, den Neger in einem Kraftwagen in Sicherheft nach Miami zu bringen, als die maskierten Männer den Kraftwagen anhielten undNeger aus dem Wagen herauszerrten.Das Tsch. P.-D. meldet aus Pilsen:Ueber die Erfindungsgabe der amerikanischenBierbraukonkurrenz sind den Pilsner Brauereieninteressante Informationen und Beweise zugegan gen. Eine Brauerei aus dem Westen der Ver einigten Staaten entsandte nach Pilsen einenVertrauensmann, der von verschiedenen Pil se n e r Bürgern schriftliche Erklärun gen beschaffen sollte mit der Bestätigung, daßsie das Pilsener Bier amerikani schen Ursprungs verkostet hätten undbezeugen können, daß es dem e ch t e n P il-sener Bier g I e i ch k o m m e. Außerdemsollten in den Pilsner Restaurationen Filmevpn biertrinkenden Gesellschaften hergestellt wer den, um in den amerikanischen Blättern als Beweis dafür veröffentlicht zu werden, wie P i l- i renz zu schützen.wurden.— Wahrscheinliches Wetter von heute: Unbeständig, vom Westen her fortschreitende Wetterverschlechterung^'stellenweise Regen, tagsüber erneut kälter, frischer Westwind. Wetteranssichten fürMontag: Wetterlage noch immer nicht stabil. Westbis Itordweftwind.Kindesmörderin nach 15 Jahren überführt.In Grubersdorf in Kärnten wurden die EheleuteAnton und Johanna Hofer unter der Beschuldigung verhaftet» daß die Frau, Mutter von neunKindern, im Jahre 1920 ihre damals dreijährigeTochter erwürgt und ein Jahr später ihrenebenso alten Sohn vergiftet habe. JohannaHofer hat nach längerem Leugnen ihre Tat zumTeil eingestanden.Kann der Mensch 180 Jahre alt werden? Bekanntlich hat man in den letzten Jahren im Kaukasus eine Anzahl Greise entdeckt, die ein Alter erreicht haben, das eines Methusalem würdig gewesenwäre. Ein gewisser Laguiachvili, der in der Nähevon Tiflis wohnt, ist heute 150 Jahre alt. Er erinnert sich noch an den Einzug der russischen Truppen in Georgien im Jahre 1801, als der Zar dasLand dem russischen Reiche einberleibte. Er hateinen Sohn, der 110, einen Enkel, der 80 Jahrealt ist! Ein anderer, ein Abkhasier, Khapara Kiout,soll 152 Jahre alt seiy. Diese erstaunlichen Fällevon Langlebigkeit sind im Institut für Experimental-mcdizin in Moskau genau studiert worden. DerForscher Läzarev, ein berühmter Biologe, der sich.mit diesem Problem befaßt, hat eine Kurve für dieEmpsindlichkeit der Nervenzentren des Gehirns aufgestellt: beim Neugeborenen von Null ausgehend,hebt sich diese Kurve nach und nach bis zum Altervon 20 Jahren und kehrt dann sehr langsam bisNull-zurück, wenn die Alterssteigerung sich 180Jahren nähert. Mit anderen Worten gesagt, ist dermenschliche Organismus so eingerichtet, daß die totale Abnützung des Nervensystems 180 Jahre erfordern würde. Theoretis«^ also könnte der Menschdieses Alter erreichen. In unserer schnellebigen, unruhigen Zeit, die ganz andere Anforderungen anunsere Nerven stellt, ist der Organismus fast immer( sehr viel schneller abgenutzt, so daß die wenigstenI Menschen heute noch ein hohes Alter erreichen.3aaeSfl€uialUitea iWie Amerikaner ihr„Pilsner" verzapfen wollenI« die flachwellige Senke Hingebreitel, inein weit ausgespanntes Netz von Landstraßeneingeflochten, ohne Reize im alten Innern, unfertig, willkürlich im neueren Zuwachs, liegtKöniginhof, tschechisch Dvür Krälovö, an der nochjungen Elbe.' Es ist eine Stadt mit reichlich dreizehntausend, bis auf einen geringen deutschenAnteil, tschechischen Einwohnern. In einer, wenigschönen Straße gibt es ein wenig schönes deutsches Hotel. Abends speiste da eine deutsche Gesellschaft, anscheinend ein deutscher Klub; dieHerren sahen aus, als gehörten die Maschinen-,Textil- und Holzwarenfabriken von Königinhofalle ihnen, und die Damen machten.den Eindruck,als seien sie mit industriellen Bilanzen verheiratet. Man erriet enggeflochtene Beziehungeninnerhalb des Kreises und exklusiven Abschlußnach außen gegen die tschechische Umwelt, und manfühlte sich dicht an die Reibungsfläche nationalerGegensätze geraten, hinter denen sich ja so und sooft nur soziale Gegensätze verbergen. In denTagen des Umsturzes flogen auch prompt tschechische Steine in die deutschen Hotelfenster. Danach bekam das vom deutschen Turnverein erbaute Hotel«inen tschechischen Pächter; es wareine Art politischer Mimikry, die heute nicht mehrnptig erscheint, nachdem allerorten die„DeutschenHäuser" ganz offenkundig die Standquartiereund Arsenale der deutschen Henlein-Partei geworden sind.In einem alten Buche von 1741 steht überdiese Stadt der Satz:„Allhier ist weiter nichts zusehen." Rnd das stimmt auch heute noch...Durcheinen Umstand ist die Stadt aber doch berühmtgeworden: durch die Geschichte mit der Königin«htzfex Handschrift,Im Jahre 1817 wollte der BibliothekarHanka in einem Gewölbe der Stadtkirche altetschechische Handschriften entdeckt haben, zwölfBlätter mit vierzehn epischen und lyrischen Gedichten mft» Gedichtfragmenten aus der tschechi-chen Heiden- und Heldenzeit, Kapitelbruchstückedes dritten Buches eines Epos aaf Pergament.Die erste Ausgabe in neutschechischer und deutscher Uebersetzung erschien 1819 und erregte überall Aussehen. Die Zeit war günstig. Eben ersthatte Herder die Beziehungen zwischen Dichtungund Muttersprache klargestellt, Verständnis fürdie BolkSpoesie geweckt und in den„Stimmen derVölker" Dichtungen aus zwanzig Literaturen gesammelt und vereinigt. Der Königinhofer Fundbedeutete die Entdeckung einer mittelalterlichentschechischen Dichtung, die allgemein und nicht nurvon den Tschechen begrüßt wurde. Goethe, JakobGrimm, Chateaubriand waren unter den Gra-tulanten; Goethe übersetzte ein Gedicht„DasSträußchen"-aus den Königinhofer Pergamentenins Deutsche. Und es blieb nicht bei diesem einenFund. Noch andere, darunter die„GrünebergerHandschrift", kamen zum Vorschein. Das tschechische Nationalbewußtsein stärkte sich an diesenResten einer alten literarischen Kultur.Aber schon einige Jahre später äußerten zunächst deutsche und dann auch slawische ForscherZweifel an der Echtheit dieser Handschriften, undschließlich bewies ein ganzer Chor gelehrterStimmen, daß Hanka die Handschriften gefälschthabe. Dobrovsky, der bedeutendste tschechischeSprachenforscher, bestritt die Echtheit der angeblichen Dokumente, Palacky verteidigte sie. Esentbrannte ein jahrzehntelanger heftiger Streft,der schließlich mit der Feststellung endete, daßtatsächlich eine großartige Fälschung vorlag.Hanka und seine Mithelfer hatten die mft dichte rischer Begabung verfertigten Fälschungen„samtihren vielen Anachronismen"— wir zitierenhier nach Arne Noväks Schrift über die tschechischeLiteratur—„in eine zweifelhafte alttschechischeSprache übertragen, in sehr verdächtiger paläo-graphischer Weise abgeschricben und mit theatralischen Effekten als Königinhofer und Grüneberger Handschriften„entdeckt".. Es dauertefünsundsechzig Jahre, ehe die Wissenschaft denverwegenen Betrug des allzuerfrigen Patriotenaufdeckte."Hanka hatte dem tschechischen Nationalbewußtsein einen Dienst erweisen wollen. WelcheVerwirrung der Gefühle, welch bergeversetzenderEhrgeiz gehört dazu, mit einer Fälschung eineGeltung„beweisen" zu wollen, die nur durchwirkliche Leistung bewiesen werden kann. Hanka,dessen Königinhofer Handschrift man im PragerNationalmuseum im Original von seiner Handbetrachten kann, hat es versucht. Und immerwieder wird Aehnliches gewagt. Erst im Jahre1934 sind die„ältgermanischen Gräberfunde"aus dem Saazer Lande, die etwas für die Ge,schichte der Deutschen in Böhmen„beweisen"sollten, als Fälschungen entlarvt worden. Auchvon diesen„Funden" war viel Wesens gemachtworden von Leuten, denen sie in den nationalistischen Streifen patzten, bis sich herausstellte, daßdiese Urnenscherben und Göttcrfiguren, darunterdie„Venus von Saaz", eine heidnische achtbrüstige Göttin der Fruchtbarkeit, von einem Scharlatan aus Ton gemacht und in einer Ofenröhre„gebacken" worden waren. In diesem Götterbäcker von Saaz hatte Hanka sein deussches Gegenstück gefunden.Fritz Mauthner, der übrigens gar nicht weitvon Könrginhoj entfernt in Horschitz. geborenwurde, hat in einer Novelle mit dieser BöhmischenHandschrift seinen Spott getrieben, und in seinenErinnerungen sagt er von Hanka, dem er idealeBeweggründe zugute hält:„Es muß ihm eineLust gewesen sein, das hohe Alter der tschechischenVerse zu beweisen; es muß ihm ein Triumph gewesen sein, durch sein Talent und durch seinetechnischen Künste so viele Jahrzehnte die gelehrteWelt zu betrügen; und es muß seine Eitelkeit inunerhörter Weise befriedigt haben, als bedeutende Dichter und Sprachhistoriker in allen Ländern Europas begeistert von den kleinen Gedichten sprachen, die der arme Teufel irgendwo aukeiner öden Bude geschrieben und dann in alt-! flämische Sprachform gezwängt hatte. Wohl magHanka, wenn er wirklich ein Dichter ist, gejubelthaben, als er eine polyglotte Ausgabe seinerHandschrift herausgeben konnte, wie man vomVaterunser polyglotte Ausgaben besitzt; wohlmag er gelacht haben, als flawische Philologenseinen Text behandelten, wie man Homer behandelt, und über einzelne Worte, die der Abschreiber mißverstanden hätte, gewagte Konjekturen aufstellten."Es war übrigens Professor T. G. Masaryk,der heutige Staatspräsident, der seinerzeit inden Streit um die Handschrift entscheidend eingriff und ihn mft dem endgültigen Nachweis derFälschung beendete— nicht jeder Präsident kannwie Hindenburg sich rühmen, seit seiner Jugendzeit keine anderen als militärischen Bücher gelesen zu haben.Die Königinhofer Handschrift war als groteske Fälschung abgetan. Aber Hankas erzenesDenkmal auf dem Markt zu Königinhof steht;der Glaube hat eS dahin gesetzt. E. H.