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Donnerstag, 25. Juki 1935

Nr. 171

3agegneuigfeetten

Vrvettersterven Katastrophe« in saseistischen Betrieben

Kupari vor schwerer Feuersgefahr bewahrt Dubrovnik . In der Nachbarschaft des Seebades Kupari brach Dienstag gegen Abend in dem Pinicnhain auf der Gorikina- tz ö h e ein Brand aus, der sich infolge des herr­schenden Windes mit unglaublicher Ge­schwindigkeit gegen das tschechoslowakische halbstaatliche Seebad Kupari ausbreitete. Dank den« Einschreiten der Fcnerwehrmannschaften, des Militärs und der Marine sowie dank der Hydran­ten- und Feucrlöscheinrichtnngen des Bades Kn- pari gelang es, den Brand auf die genannte Höhe zu b e s ch r 8 n k r n, so das; das Bad Kupari mit allen Gebäuden und Parks unversehrt blieb. Die G ä st e des vollkommen besetzten Seebades ohne Unterschied der Nationalität halfen bei der Abwehr des Brandes. Das Feuer war vis zum Morgen vollkommen bewältigt, im Bade zog völlige Ruhe und Ordnung rin und die wenigen Gäste, die die Angst nach Dubrov­ nik flüchten liest, kehrten wieder nach Kupari zurück. Wie uns ausdrücklich mitgeteilt wird, er­eignete sich unter den Gästen kein Unfall und auch das Bad Kupari nahm keinen materiellen Schaden. Die anmutig bewaldete Gorikina-Höhe, eine Frucht zehnjähriger Arbeit des jugoslawischen Staates und der Dubrovnik-Gesellschaft, wird, so- ferne die abgebrannten Pinien nicht von selbst zu neuem Leben erwachen, wieder bepflanzt werden. Der Brand entstand durch Unachtsamkeit der Pension Lido im benachbarte» Srrbrn.

Neue Flucht vor dem Hochwaffer Schanghai . Der Tuschan-Sec südwest­lich von Schantung ist über die Ufer getreten«nd hat eine katastrophale Ucberschwenimung ver­ursacht. An 400.000 Personen fliehen vor dem Hochwaffer. Tausende und Abertausende von Menschen suchen ihr Heil auf Bäumen. Im Tale des Aangtsce fand das Rote Kreuz 30.000 Lei­chen. Man ist der Ansicht, daß in den Fluten des Gelben Flusses über 100.000 Personenertrunten sind.»

Der Tod fährt in die Stube Ein ungewöhnlicher Unfall, der den Tod eines Kindes zur Folge hatte, ereignete sich in Groß-Uhlersdorf, An einer Straßenkreuzung konnte ein mit Steinen belade­nes Lastauto eine Steigung nicht nehmen, wollte zurück und fuhr in das Häuschen eines Arbeiters namens S ch i n d l e r. Die HauLwand wurde durchbrochen, Schindler sowie ein bei ihm weilen­der Freund schwer verletzt. Schindlers Töchterchen, ein fünfjähriges Kind, wurde von den Rädern des Wagens erfaßt und sofort getötet./' Schon wieder ein Großfeuer in Prag VH. Mittwoch um 19 Uhr brach auf dem oberen Bahnhof in Prag -Bubna Feuer aus, und zwar im Altpapierlager der Firma Viktor Wolff. In dem Lager, wo mehrere Firmen untergebracht sind, verbreitete sich der Brand weiter auf die Magazine der UP-Möbelfirma, der Dachpappen­firma Kunz-Kladno , der Firma Kypta, Kunststeine ,

Höchst am Main. Dienstag abends brach in einem Werk der I G- F a rbenindustrie in Höchst am Mai infolge Selbstentzündung eines Gefäßes mit leicht brennbarer Flüssigkeit ein Brand aus. Das Feuer griff schnell um sich, so daß das ganze Gebäude, indem sich ein Säure­betrieb befindet, in hellen Flammen stand. Zwei Arbeiter kamen bei dem Brande ums Leben, acht weitere Arbeiter mußten mit lebensge­fährlichen Brandwunden ins Krankenhaus gebracht werden. Der Schaden wird auf ein« ein hälb MillionenMark geschätzt. Köln . Im alten Gaswerk Ehrenfeld ist am Mittwoch vormittags einer der drei Gasbe­hälter in Brand geraten. Die Behälter haben zu­sammen ein Fassungsvermögen von 192.000 Kubikmeter. Einzelheiten über die Ursache und den Umfang des Brandes sind noch nicht bekannt.

und der Firma Zadak, Dachpappe und Teer. Auf der Brandstätte erschienen die Feuerwehren aus der Prager Zentrale und die freiwilligen Feuerwehren aus ganz Prag . Auch Polizeibereitschaft wurde entsendet. Gegen. 10 Uhr abends war das Feuer lokalisiert und die Feuerwehr ging daran, die restlichen kleineren Brandherde zu beseitigen. Der Schaden ist beträchtlich, zur Zeit jedoch nicht genau feststellbar.

Selbstmordversuch Krajcoviks Preßburg. Der Oberwachmann KrajöcviL, der wegen des Verdachtes, eine ganze Reihe von Frauenmorden begangen zu haben, in Unter­suchung steht, hat seine anfänglich an den Tag ge­legte Sicherheit verloren. Ganz aus der Fassung geriet er, als ihm der Untersuchungsrichter mit­teilte, daß er zur Konfrontierung mit Zeugen nach Komorn gebracht werden solle. Kräjcovic erlitt einen Tobsuchtsanfall. In der Nacht auf Mittwoch unternahm er einen Selbstmordversuch, indem er verschiedene kleine Gegenstände, Glassplitter, Nägel, Drahtstifte und einen Löffel schluckte. Die erlittenen Verletzungen sind nicht lebensgefährlich, doch wird Krajcoviö wahrscheinlich operiert wer­den müssen. ,j

Militärflugzeug abgestürzt Insassen retten sich mit Fallschirme« Budwcis. Bei einer Flugübung auf dem provisorischen Flugplätze in Vierhof bei Böhm.- Budweis stürzte in den späten Nachinittagsstun- den des Mittwoch ein Flugzeug des Flieger-Regi­ments 1 aus Eger, der DoppeldeckerAPb32 102" ab. Das Flugzeug fiel bei der Gemeinde Plav , etwa neun Kilometer von Budweis entfernt, auf ein Feld und wurde vollkommen zertrüm­mert. Die zweigliedrige Besatzung des Flugzeu­ges bemerkte in großer Höhe eine plötzliche Stö­rung an der Lenkvorrichtung des Flugzeuges, die sie vergeblich zu beseitigen trachtete. Der Beob­achter Leutnant Michal K o l p a k aus Michalan in der Slowakei sprang aus einer Höhe von etwa 2000 Metern mit dem Fallschirm ab und erreichte etwa sechs Kilometer von den Trümmern des Flugzeuges entfernt glücklich den Boden. Auch der Pilotflieger Stabsrottmeistcr Vyborny sprang unmittelbar nach dem Beobachter mit dem Fallschirm ab. Er brach sich aber den Unter­schenkel des rechten Beines. Er wurde in das Militärdivisionsspital in Böhm.-Budwcis über­geführt. Am Donnerstag iverdcn die Trümmer des Flugzeuges und die Ursache der Havarie von einer Kommission aus Prag untersucht werden.

An dem in Brand geratenen Gasbehälter, der 60.000 Kubikmeter Inhalt hat und zur Zeit mit 10.000 Kubikmetern Standgas gefüllt war, wurden Anftreicherarbeiten ausgeführt. Plötzlich löste sich ein größeres Eisenstück, fiel aus beträcht­licher Höhe auf die Decke des Behälters und riß ein Loch. Durch die sich dabei bildenden Funken entzündete sich das ausströmende Gas und brannte in einer Flamme von mehreren Metern Höhe. Gegen 13 Uhr war der Brand gelöscht. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen. Mailand . In den piemontesischen Eisen- w e r k e n T u r i n hat sich am Dienstag eine Ex- plosion ereignet, durch die ein Arbeitsraum ein­stürzte. Vier Arbeiter wurden getötet und neun verletzt. Zwei der verletzten Ar­beiter schweben in Lebensgefahr.

Wo find die Waffen? Paris . Wie derMatin" meldet, ver­schwand auf geheimnisvolle Weise eine Lieferung von 3 2 8 großen Ki st en mit Waffen uns Munition, die in P a r i s bestellt wurden und für Argentinien bestimmt waren. Nach der Verweigenmg der Ausschiffung der Ladung war das Schiff nach Le Havre zurückgekehrt, wo jedoch die Zollbeamten feststellten, daß sich in den Kisten statt Gewehren und Munition nur S t e i n e und Sand befanden. Die Behörden sind bemüht, festzustellen, wo diese bedeutende Waffen- und Munitionssendung abhanden kam, ob in Frank­ reich oder während der Ueberfahrt.

Dampfer werden unmodern London . Während des vergangenen Jahres sank die Welt- Dampfer-Tonnage um 1,830.000 Tonnen, indessen die Tonnage der Motorschiffe um 700.000 Tonnen z u n a h m.(Im Juni betrug die Gesamttonnage aller Staaten 64.8 Millionen Tonnen.) Don allen maschinell betriebenen Schif­fen verwendeten im Jahre 1914 88.80 Prozenr Kohle, während jetzt nur noch 50.15 Prozenr der Schiffe Kohle verfeuern. Dem­gegenüber stieg die verhältnismäßige Anzahl de: Schweröle verfeuernden Schiffe von 2.60 auf 30.65 Prozent und die Zahl der Schiffe mit Ex­plosionsmotoren von 0.40 auf 17.2 Pro­zent an- Dor Browning in der Hand des Vierzehnjährigen Nshorod. Dienstag nachmittags führte ein 14jähriger Knabe zwei Nachbarkinder, einen neun- und einen dreizehnjährigen Knaben ins Haus, in­dem er ihnen versprach, ihnen etwas zu zeigen. Im Hause entnahm er dem unversperrten Koffer seines Bruders, emes Lehrers, einen scharf­geladenen Browning, den er mit dem Rufe ,Lände hoch!" auf die Nachbarskin­der in Anschlag brachte. Aus dem Browning löste sich ein S ch u ß, der dem neunjährigen Knaben in die rechte Lunge drang. Der Knabe ist dieser Verletzung e r l e g e n. Es wurde eine Untersu­chung eingeleitet. Tod in den Flammen. Am Mittwoch nach­mittags manipulierte die 30jährige Marie Ne- snidalovä in ihrem Gemischtwarengeschäft in der Skodcvä ulice in Pilsen mit einem bisher nicht festgestellten Brennstoff, offenbar mit Spiritus oder Petroleum, so unvorsichtig, daß ihre Klei­

der Feuer fingen. Nach vergeblichen Versuchen, die Flammen in der benachbarten Wohnung mit Hilfe der Federbetten zu ersticken, lief die Ne- snidalovä mit den brennenden Kleidern auf die Straße, wo Passanten die Flammen löschten. Die Unglückliche wurde in beklagenswertem Zustand in das Krankenhaus geschafft, wo die Aerzte fest­stellten, daß die erlittenen Brandwunden lebens­gefährlich sind. Die wirkliche Ursache des Un­glückes konnte polizeilich noch nicht genau fest­gestellt werden, weil die Nesnidalovä an große« Schmerzen leidet und nicht vernehmungsfähig ist.' Das Genick gebrochen. Bei Maltheuern in Nordwestböhmen ereignete sich ein tödlicher Autounfall. Das Auto des Brüxer Möbelfabri­kanten B ö h s fuhr gegen den Eisenmast einer Telephonlcitung. Der Chauffeur Max Z e r n e r aus Brüx brach sich das Genick und war sofort tot. Böhs kam mit leichteren Verletzungen davon^ Eisenbahnertod. In der Nacht zum Mittwoch wurde im Ujhoroder Hauptbahnhof der 36jäh- rige Verschieber Jan Petrus, Vater zweier unver­sorgter Kinder, beim Rangieren von Waggons von einem Lastzug erfaßt. Petrus wurde das rechte Bein abgetrennt und das linke Bein mehrfach ge­brochen. Außerdem erlitt er schwere innere Ver­letzungen, denen er am Morgen im Krankenhaus er­legen ist. Tollfirschrn. Dem Krankenhaus in Berc- hovo wurden zwei Kinder des Bauern Julius Thöt aus dec Gemeinde Kidous eingeliefert, di« Tollkirschen gepflückt und gegessen hatten und sich dadurch schwer vergifteten. Kurz nach der Ein­lieferung ist der achtjährige Knabe g e st o r b e n, während sich der Zustand seiner sechsjährige» Schwester besserten Typhusfälle in der Slowakei . In B a j c(Slo­ wakei ) haben sich drei Typhus-Fälle ereig­net. Die Erkrankten, Bajcer Arbeiter, wurden dem Neuhäusler Krankenhaus zugeführt. Wetterlage noch nicht stabil. Die nach Süd­osten zurLÄveichenden Kaltlustreste geben zwar strichweise noch Anlaß zu stärkerer Bewölkung, sonst aber hat sich das Wetter erheblich gebessert. Ja Nord- und Westdeutschland ist die Temperatur am Mittwoch überall auf 25 Grad gestiegen, in Frank­ reich , wo eS heiter ist, auf 26 bis 30 Grad. Die Regenfälle in den Beskiden und Karpathen haben aufgehört. Die allgemeine Wetterlage ist zwar günstig, aber noch nicht stabil. Von Nordwesten her dringt wieder ein wenig kühlere Luft gegen das Binnenland vor, was die Ausbildung lokaler Ge­witterstörungen zur Folge haben kann. Wahr­scheinliches Wetter von heute: In den südwestlichen und südlichen Teilen der Republik vor­wiegend hester und warm, sonst wechselnd bewölkt, mäßig warm, Novdwcstwind, vereinzelte Gewitter- nicht ausgeschlossen. Wetteraussichte« f ü r Freitag: Bis auf vereinzelte lokale Störun­gen trocken und im allgemeinen schön.

Vom Rundfunk empfehlens wertes aus«lan Programmen! Freitag: Prag , Sender L: 10.05: Deutsche Presse, 11- Salonorchesterkonzert, 12.10: Opernszenen, 12.30: Militärkonzert. 15-Tschechische Philharmonie , 18.20; Deutsche Sendung: Gabriel: Wesen und Zweck des Bundesgedankens' in den deutschen Radiovereinen, 18.30: Dr. Pollak: Ultraviolettklima von Prag , 18.50: Arbeitersendung: Aktuelle zehn Minuten, 19.25: Salonorchesterkonzert, 20.45: Flö­tenkonzert, 21.15: Uebertragung von den Salzbur­ ger Festspielen . Sender S: 7.30: Leichte Musik, 14: Mozart , 14.15: Deuffche Sendung: Buntes Aller­lei für die Frau. Brünn 18.05: Meixner: Vom schlechten und guten Deuffch, 18.50: Unterhalwngs- musik. Mährisch Ostrau 18.20: Deutsche Sen­dung: Gröbel: Wesen und Bedeutung der Volks- wirffchaft. Preßburg 16.30: Orchesterkonzert, l

Das Geheimnis des 25. Juli" Zum Jahrestag der Ermordung Engelbert Dollfuß ' Vor einem Jahre wurde der österreichische Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß ermordet. Die Tat und ihre unmittelbaren Folgen brachten Europa hart an den Rand des Krieges. Mussolini schickte seine Divisionen an den Brenner. Joden Augenblick konnte das Chaos eines Weltkrieges über die schwer geprüfte Menschheit hereinbrechen. Wer hat den Bundeskanzler Dollfuß er­mordet? Bis heute hat kein Gericht Oesterreichs den Namen des wahren Mörders festgestellt. Bis heute ist die Welt in dieser Frage auf allerdings ungeheuer schwer wiegende Indizien angewiesen, Indizien, die dem unbefangenen und unbestech­lichen Blick die Mitschuld von Mitgliedern der österreichischen Regierung an dem Verbrechen vom 25. Juli 1934 beweisen. Der Militärgerichtshof, der mit verdächtiger Geschwindigkeit schon am 26. Juli 1934 zusam- nlcntrat, verhandelte zunächst gegen zwei Ange­klagte, Holzweber und P l a n e t t a. Beide wurden zum Tode durch den Strang verurteilt und sofort hingerichtet. Solzweber als Führer der Aufständischen und Planetta als vermeintlicher Mörder des Bundeskanzlers. Tote können erfah­rungsgemäß nie mehr als Zeugen auftreten und einem überhaupt nicht mehr unangenehm werden. Dies war der ersichtliche Grund der ungeheueren Schnelligkeit, mit der die Behörde zwei Menschen,

die mehr vom 25. Juli wußten als ihr lieb sein konnte, ins Jenseits beförderte. Freilich kann man psychologisch das absolut unverantwortliche Vor­gehen der Regierung und der Polizei besonders gut verstehen vor allem die rasche Hinrichtung Planettas wenn man weiß, was heute fest­steht, daß nämlich das Beweisverfahren klar und eindeutig ergeben hat, daß Planetta nicht den tödlichen Schuß abgegeben hat. Dr. Dollfuß wurde von zwei Schüssen getroffen. Planetta ge­stand,. einen Schuß abgefeuert zu haben. Er wußte, daß ihm dieses Geständnis sein Leben kosten würde. Warum sollte er sich unter diesen Umständen weigern, die Abgabe eines zweiten Schusses zuzugeben, hätte er einen solche» abge­geben? Aus den Zeugenaussagen und den Gut­achten der Sachverständigen gxht unzweideutig hervor, daß der Schuß, den Planetta auf den Bundeskanzler feuerte, nicht der tödliche war. Tödlich mußte, der ztveite Schuß sein, der aus einer bis heute unbekannt gebliebenen Pistole aus einer Entfernung von nur 10 bis 15 Zentimeter abgefeuert lvurde und dessen Kugel nie gefunden werden konnte. Sie war einfach verschwunden. Ein Mitglied der Regierung spielte von An­fang an eine höchst verdächtig« Rolle: Emil Fey , Bundesminister fsir das Sicherheitswesen, Thcrcsicnritter und manches andere noch, vor und nach dem Putsch mannigfach verbandelt mit den Nationalsozialisten, mit Rintelen.und zahlreichen anderen ebenso dunklen Existenzen. Er wußte lange vor dem Puffch von dessen Bevorstehen, er tat nichts Entscheidendes zu seiner Verhinderung. (Vielmehr stellte sich heraus, daß am Tage des Ereignisses, am 25. Juli, in den Waffen der Ballhausivackie keine Munition war!) Fey ver- handelle während des Putsches ungeniert mit den

Aufständischen, er ging mehrfach zum sterben­den Dollfuß(wiewohl er neben zahlreichen anderen unwahren Behauptungen auch behauptet hat, nur einmal bei diescin gewesen zu sein), er telephonierte an die Zentralstellen der Exekutive und veranlaßte diese, nichts gegen die puffchi- stische Besetzung des Ballhauses zu unternehmen, er gewährte den Nationalsozialisten freien Abzug und manches andere noch. Die Welt weiß heute, daß Emil Fey , der saubere Maria-Theresien- Ritter, erprobter Arbeitermörder vom Feber 1934, da er mit Haubitzen und Minenwerfern gegen Arbeiter, Frauen und Kinder schießen ließ, im Falle des Gelingens diese? vom Dritten Reich angezettelten Puffches sofort auf die Seite der siegreichen Nationalsozialisten getreten wäre, sie weiß, daß er Dollfuß verraten, wenn nicht be­wußt in die Falle gelockt hat. Das er mindestens im allerhöchsten Grade mitschuldig ist an dem Verbrechen vom 25. Juli, unterliegt in der ge­sitteten Kulturwelt keinem Zweifel. Ein Mann, österreichischer Jurist, Augen- und Ohrcnzeuge des Wiener Prozesses gegen Pla­netta und Holzweber, hat es unmittelbar nach den Ereignissen unternommen, aus genauester Kennt­nis aller Details die Dinge so zu schildern wie sie sind: Dr. Fritz Kreisler , dessen Bro­schüre»Wer hat Dollfuß ermordet?. Das Ge­heimnis des 25. Juli" die lebendigste, bis heute völlig unwiderlegte Anklage gegen Emil Fey ist, die sich denken läßt. Am Jahrestage des blutigen Ereignisses, das ganz Europa in ein neues Meer von Blut und Tränen zu stürzen drohte, lohnt es sich, noch einmal auf diese Broschüre und ihr Er­gebnis hinzuweisen, was an dieser Stelle natür­lich bereits damals geschah, unmittelbar nach dem die Schrift erschienen war.

In wahrhaft souveräner Beherrschung des gesamten Materials rekonstruiert diese Broschüre von europäischer Bedeutung Hergang und Hinter­grund der Tat vom 25. Juli. Sie kommt naä mühevoller Untersuchung zu einem für die Re­gierung Schuschnigg , aber vor allem für Fey ver­nichtenden Ergebnis. Wer unter' Aufgabe seiner bürgerlich ge­sicherten Existenz ins Ausland geht und einsiS aus dem moralischen Grunde der Wahrheit zum Siege zu verhelfen, die unerhörte Anklage, mei­sterhaft fundiert, der Regierung Schuschnigg (der gleichermaßen Mitwisser ist), vor allem aber dein Ehrenkavalier Fey ins Gesicht schleudert, lügt nicht. Dr. Fritz Kreisler aber tat noch mehr. Ec erklärte sich bereit, zurück nach Wien , und zwar direkt in die Strafhaft des Landesgerichts z» gehen und daselbst jede Anflage tvegen Verleum­dung, Hochverrats oder irgendeines anderen De­liktes, begangen durch die Veröffentlichung seiner Broschüre, zu erwarten, allein unter folgende» Bedingungen wahrhaft selbstverständliche für einen Rechtsstaat daß er Einsicht in die auf de» Puffch bezüglichen Prozeßatten nehmen könne, daß ihm gestattet werde, ausländische Verteidiger zuzuziehen und daß das Verfahren ein ordent­liches und öffentliches sei. Die österreichische Regierung schwieg. Sie schweigt noch heute. Sie ging nicht auf den im höchsten Grade loyalen Vorschlag Dr. Fritz Kreislers ein. Sie, die ztvar die Frechheit besaß- Kreislers Behauptungen Verleumdungen zu nen­nen, weigerte sich, ihm unter den selbstverständ- lichen, hier wiedergegebenen Bedingungen Ge­legenheit zum Wahrheitsbeweis vor einem öster­reichischen Gericht zu geben. Sie wird schon ge­wußt haben, warum. Europa