Nr 171
Donnerstag, 25. Juli 1935
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Bremen.(AP.) An dem Neuaufbau der Flottenbasis von Wilhelmshaven   arbeiten zur Zeit 8000 Personen. Unter anderem sverden unterirdische Erdöltanks- sowie Rauchstationen errichtet. Diese dienen der R a u ch e r z e u- flitn.g, um dem Feinde die Sicht unmöglich zu machen. Sofia.(AP.) Die Regierung hat den repu­blikanischen Oberst Weltschew, den Organisator des Staatsstreiches vom 19. Mai 1934, aufgefor­dert, das Land zu verlassen und ihm einen Aus­landspost zur Verfügung gestellt. Es wurde ihm vorgeworfen, dah er nach dem Scheitern seiner Pläne neuerdings Anschlug an linksradikale Kreise gesucht hab«. Warschau.(AP.) Der Rat der Deutschen in Polen   verhandelt in der Wahlfrage mit dem Mi­nisterpräsidenten Slawe!. Anderseits verhandelt die Jungdeutsche Partei  (Nationalsozialisten) auf eigene Faust mit dem Innenminister, so dast wenig Aus­sicht auf ein gemeinsames Vorgehen der deutschen  Minderheit in der Wahlfrage besteht. Stambul.(AP.) Die Türkei   will in Thrazien  eine Festung errichten, und zwar in K i r k- L a r e I i, einem Schlachtort des Balkankrieges, der 50 Kilometer von Adrianopel   und 30 Kilometer von der bulgarischen Grenze entfernt ist. Damit soll ein Ausgleich für Adrianopel   geschaffen werden, deffen Festung auf Grund des Lausanner Vertrages ge­schleift werden muhte. Kairo.(AP.) Abessinien hat ein« eigene Ge- sandtschast in Kairo   errichtet, der in der heutigen Situation eine groste Bedeutung zukommt. Zagreb.(AP.) Der flowenische Buchdrucker­streik hat sich voy Laibach aus jetzt auch auf Mar­ burg   und Cilli ausgedehnt.
Die Garung in Irland  London  . Die gespannte Lage in Ulster   und in einigen Teilen des Irischen Freistaates dauert weiterhin an. In Calway rissen irische Hafen­arbeiter die englische Flagge von einem aus Belfast   kommenden Schiff herunter und be­drohten die Besatzung mit Tätlichkeiten, falls sie an Land gehen würde. J^ Limerick haben die Hafenarbeiter ebenfalls die Ausladung nord­irischer Güter verweigert. Wie aus Belfast  weiter gemeldet wird, sind dort die katholi­schen Hafenarbeiter nicht mehr in die Arbeit zurückgckehrt. Ein Mühlenwerk mutzte ge­schlossen werden, weil 20 protestantische Mädchen die Arbeit solange verweigern wollen, bis sämtliche katholische Angestellten entlassen seien. Neuerdings ist es in Belfast   auch zu schweren Reibungen mit italieni­schen Familien gekommen. Mehrere ita­lienische Familien sind schwer bedroht worden und drei von ihnen wurden mit Gewalt aus ihren Wohnungen entfernt. Die italienische   Kolonie hat dirscrhalb Vorstellungen bei dem Konsul in Belfast  erhoben und um Schutz vor den Feindseligkeiten gebeten. Bon italienischer Seite sind R e p r e s- sali en ergriffen worden, indem italienisch« Aufträge an Belfaster   Firmen in Höhe von einer halben Million Mark zurückgezogen worden sind.
»Loch-Nesi".Phantasien in der Slowakei  . In Surany   bei Neutra(Slowakei  ) herrscht grosse Aufregung. Mehrere Bewohner behaupten mir aller Bestimmtheit, im Neutrafluh ein slowa­kisches»Loch-Netz-Ungeheuer" ge­sehen zu Haben. Das Tier soll drei Meter lang sein, einem Tintenfisch gleichen und Enten und Gänse verzehren. Die Suranyaner lie­gen nun Tag und Nacht»auf dem Anstand", um das mysteriöse Tier beim Auftauchen sogleich zu erlegen... Selbstmord. In der Nähe von Kulm fanden Bähnbeamte den völlig zerstümmelten Körper eines S e ch z i g j ä h r i g e n, der sich vor einem Zug geworfen hatte. Die Identität des Unglück­lichen konnte bisher nicht ermittelt werden. Der Film als Lehrmittel. Die bulgari­sche Regierung will in den Schulen als Erzie- hungs- und BiWungsmittel den Film einführen. Zn diesem Zwecke werden in allen größeren Städten des Landes besondereSchulbiographen" eröffnet wer­den, in denen Kultur- und Erziehungsfilme werden vorgefuhrt werden, die zollfrei werden eingeführt werden können.
Erdgas-Fund i» Ungarn  . In der Umgebung der im Komitat Sopron gelegenen Gemeinde Mi­halyi wurde in einer Tiefe von 1800 Metern eine Erdgasquelle gefunden, die noch reicher ist, als die bisher in Ungarn   aufgedeckten Erdgasquellen. Die Bohrungen hat die Europeen Gas Electric Com­pany durchgcführt, die in verschiedenen Gegenden Ungarns   Bohrungen nach Erdöl- und Erdgas-Vor­kommen ausführt. Na, find wir froh! Aus Mailand   wird ge­meldet: Der amerikanische   Schriftsteller Halli­ burton   ist mit dem ElefantenMiß Dolly" Dienstag abends um 1 Uhr nach Ueberquerung der Alpen auf Hannibals Spuren in Aosta   eingetroffen. Im Laufe der Lustmanöver, die gegenwärtig über London   und den angrenzenden Grafschaften im Gange sind, stieß Dienstag nachts bei Bayshot (Grafschaft Surreh) ein Bombenflugzeug beim Nie­dergehen mit solcher Wucht auf, daß es zerbrach und in Flammen aufging. Von den fünf Mann der Besatzung erlitten drei Verletzungen, die je­doch nicht lebensgefährlich sind. Die Maschine selbst brannte völlig aus.
volKswlrtsdiait und Sozialpolitik
Aktive Zahlungsbilanz 1934
Denkmäler für die Opfer des letzten Krieges
Die Volkswirtschaftliche Bedeutung der Aktivi­tät unserer Aussenhandelsbilanz geht aus der Zah­lungsbilanz für 1934 hervor, über die soeben das Statistische Staatsamt das Material veröffentlicht. Im Gegensatz zur Aussenhandelsbilanz, die nur eine Uebersicht über die Entwicklung der Ein- und Ausfuhr vermittelt, weist dieZachlungs- bilanz alle Einnahmen und Aus- gabenaus, dieimVerkehr mit dem Aus lande getätigt werden. In der Zahlungsbilanz erscheinen also in der GruppeLaufende Posten" außer dem Außen­handel die Dienstlei stungen, worunter zusammengefatzt sind die Provisionen für Kom­missionäre, die von tschechoslowakischen Staatsbür­gern und Firmen an das Ausland oder von Aus­ländern an Kommissionäre in der Tschechosiowakei gezahlt werden. Außerdem werden unter den Dienstleistungen noch die gegenseitigen Verpflich­tungen des In- und Auslandes aus dem Versiche­rungswesen, dem Eisenbahn  - und Wassertransport, dem Postverkehr, der Teilnahme an internatio­nalen Institutionen, der diplomatischen Auslands­vertretung, dem Fremdenverkehr und der Auswan­derung verrechnet.. In denLaufenden Posten" gehören die entgeltlosen Ueberwei» s u n g e n, die in der Hauptsache aus deü Geld­sendungen der Auswandsretz hestehPi; ferner der PostenE i nkamm e n,.worunter di«,Einnahmen und Ausgaben aus dem in der Tschechoslowakei   be­findlichen Besitz von ausländischen Aktien, An­leihen, sonstigen Wertpapieren und Immobilien und dem ausländischen Besitz von tschechoslowaki« schen Aktien usw. aufgeführt werden, und außer­dem Ausgaben, die aus der Verzinsung von Staats-, Gemeinde- und anderen Krebsten ent­stehen. In der Gruppe Kapitalposten erscheinen die Verpflichtungen aus der Verschuldung an das
Jtetae Spur vo» Lepej Uzhorod. Trotz angestrengter Nachforschungen ter Gendarmerie muh den flüchtigen Räubern Lepej und Klevec hat deren Verfolgung bisher kein positi­ves Ergebnis gezeitigt. Die Spuren beider Verbre­cher führen von der Polonina Kuk, welche von 50 Gendarmen mit sieben Polizeihunden durchsucht wurde, in der Richtung zur Polonina Borzava im Nachbarbezirke Svaljava. Es ist interessant, daß sich zwischen den Gegenständen, welche die beiden Ver­brecher beim Zusammentreffen mit den Gendarmen forigeworfen haben, ein Briefumschlag vom Bezirksgerichte Bolovc befindet, welches in der Nacht zum Freitag der Vorwoche auSgeraubt worden ist, also kurz vor Eröffnung der gegen die beiden Ver­brecher gerichteten Hauptaktion der Gendarmerie. Bei dem Einbruch in das Bezirksgericht in Volove wurden nur Gegenstände von uwbedeutendem Werte entwendet. Wie bereits gemeldet wurde, haben die Verbrecher auf einem Lagerplatz einen Teil ihrer Oderkleidung zurückgelassen und weil die Rächte in dieser Höhe sehr kühl sind, nahm die Gendarmerie an, daß die Flüchtigen in den Dörfern versuchen würden. Leben-mittel und Kleidungsstücke zu erlangen. Allem Anschein nach werden die Ver­brecher von einzelnen Bewohnern mancher Ortschaf­ten heimlich mit Lebensmitteln ver­sorgt und über die Bewegungen der Gendarmerie unterrichtet, wodurch die Verfolgung erschwert wird, zumal einzeln«. G«.nh.arM.e r^s.e st en noch keine telephonif.chr.Verbindung besitzen «der das Telephon nachts nicht funttioniert.
setzt aber der Musikinstrumentenindustrie in der Tschechosiowakei ihre Aufmerksamkeit zugewandt hlcken. Ein Optimist. Im Oberhause trat Lord Mar- leh(Arbeiterpartei) für den Bau bomben­sicherer Unter st ände für die Mehrheit der Bevölkerung ein. Er berechnete die Unkosten auf eineinhalb Milliarden Pfund Sterling. Lord Peversham, der namens des Innenministe­riums antwortete, erklärte, der Vertreter sei zu pessimistisch. Nach dem Urteil der Regierungssach­verständigen sei Schutz gegen Gas durchaus mög­lich. Die Behauptung, daß es Giftgase gebe, gegen deren zerstörende Wirkung keine Maske etwas ausrichten könne, entbehre jeder Grundlage. Pestseuche. In Kaschgar   in Chinesisch- Turkestan brach eine Pestseuche aus. Es wur­den unverzüglich hinreichende Mengen von Anti­pestserum dorthin gesandt. Kain? Am 11. d. M. fand eine Gendar- meriepatrouille, die nach der Räuberbande Jlko LepejS auf der Polonina Jzvor Opolsna, nächst der Gemeinde Nikka, fahndete, durch einen Poli­zeihund aufmerksam gemacht, den Leichnam Jiki G e I b i k, der elf Tage vorher durch einen Schutz aus einem Militärgewehr von hinten, der ihn in die rechte Brustseite traf, erschossen worden war. Das Verbrechen wird der Lepejbande zur Last gelegt. Jetzt hat aber die Gendarmerie über direkte Anzeige des Vaters des Erschossenen den Bruder Alex Gelbiil verhaftet, der seinen Bru­der Jiki einigemale mit dem Tode bedrohte, und -war deswegen, weil er ihn mit seinem Vater während eines Streites zu Hause'»«prügelte. Alex wurde zwar von allem Anfang verdächtigt, aber er wies sein Alibi nach. Der Verhaftete wurde in die Haft des Bezirksgerichtes in Bolovö übergeführt. Ehrung eines Mörders. Die Stadt Apolda   hat eine neue Straße zur Erinnerung an den R a- thenau-Mörder Oberleutnant Kern, der sich vor der Festnahme das Leben nahm, Erwin-Kern- Straß« getauft und sich selbst damit ein»Kultur­denkmal" gesetzt.
angezogen worden. Im Jahre 1828 schloss die Zahlungsbilanz bei einem geringen Ueberschutz von 2 Millionen K$ mit 27 Milliarden 170 Millionen KS ab. In den folgenden Jahren ist sie bis 1933 zurückgegangen, e r st 1934 hat sie sichwie- der erhöht. Die Hauptziffern der Zahlungs­bilanz sind(in Millionen K£): Einahme« Laufende Posten
Während man schon zum nächste« rüstet Präsident Lebrun weiht das Denkmal für die Gefallenen in den Sommerschlachten 1918 ein, das bei S o i s s o n s errichtet wurde.
Baßgeigen für Amerika  . Die nordwestböh- mische Musikinstrumentenindustrie, in der die Arbeitslosigkeit besonders stark wütete, hat jetzt mehrere Großaufträge auf die Lieferung bon Baßgeigen nach Amerika   erhalten. So hat u. a. S ch ö n b a ch den Auftrag zur Her­stellung von 300 Geigen für Jazz-Kapellen be ­kommen. Bemerkenswert in diesem Zusammen-«rrpsluqlunurn au» vrr an vas Hang ist, daß die amerikanischen   Jazz-Kapellen j Ausland, dann die Auslandsguthaben, die Ver- bisher inDeutschland zu bestellen pflegten,. rechnung aus dem Außenhandel mit Wertpapieren, ' aus der ausländischen Kapitalsbeteiligung und aus dem Goldankauf der Nationalbank. Um eine Uebersicht über die Entwicklung un­serer Zahlungsbilanz in den letzten Jahren zu er­möglichen, sind in der nachstehenden Tabelle die Jahre 1933, 1932 und 1928 zum Vergleich her-
1934
1933
1932
1928
Außenhandel
7316
5889
7371
21243
Dienstleistungen Entgeltlose
798
624
821
1729
Ueberweisungen
136
179
266
611
Einkommen
298
365
482
448
Summe der lauf.
Posten
8548
7057
8940
24031
Kapitalposten
Tscheo slowakische Auslandsschuld Tschechofl. Aus-
35
176
1041
395
landsforderungen 625
316
297
524
Außenhandel mit
Wertpapieren,
Kapitalbeteiligungen,
Immobilen,
C'O«4 Mi*
Goldkäufe der Nationalbank
292
368
358
2220
Summe der
Kapitalposten
952
860
1596
3139
Laufende u. Kapital«
posten zusammen 9500
7917
10536
27170
Ausgaben:
Laufend
e Posten
1934
1933
1932
1928
Außenhandel
6483
5926
7615
19328
Dienstleistungen Entgeltlose
575
465
811
1578
Ueberweisungen
21
18
18
49
Einkommen
629
695
763
1019
Summe der
lauf. Posten
7708
7104
9207
21974
Kapitalposten
Tschechoslowakische Auslandsschuld 329
345
956
897
Tschechofl. Aus ­landsforderungen 425
21
140
837
Außenhandel mit Wertpapieren, Kapitalbeteiligungen, Immobilien, Goldkäufe der Nätionalbank 950
164
265
3490
Summe der Kapitalposten 1644
530
1361
5194
Laufenden. Kapital­posten zusammen 9352
7634
10568
27168
Es schließt demnach die Zahlungsbilanz der Tschechosiowakei für 1934 mit einem Urber- i schuß von 148 Millionen KL ab. 1933 hatte der Ueberschutz 283 Millionen KL be­tragen; im Jahre 1932 gab es ein Defizit von 32 Millionen KL und 1928 einen Ueberschutz von 2 Millionen KL. Wenn der tschechosiowakische Gesamt­außenhandel im vergangenen Jähre nicht das hohe Aktivum von 833 Millionen KL gebracht hätte, so würde die Zahlungsbilanz mit einem beträchtlichen Passivum abschließen. In diesem Falle hätte dann die Tschechosiowakei erhebliche Goldzahlungen an das Ausland zu leisten; ein Zustand, der aus Gründen der Wäh- rungsstabilität und aus dem gesamwolkswirt- schaftlichen Interesse heraus nicht erwünscht ist. Aus den einzelnen Gruppen der Zahlungs­bilanz ist unter denDienstleistungen" als be­merkenswert hervorzuheben, dass der Ueberschutz aus dem Fremdenverkehr, der 1933 121 Millio- nen KL betrug, auf 252 Millionen KL gestiegen ist; der Ueberschutz aus den Eisenbahntransporten ist mit 133 Millionen KL nur um 7 Millionen KL geringer als 1933. Bei den Provisionen für Kom­missionäre dagegen ist das Passivum von 81 Mil­lionen auf 131 Millionen KL angewachsen. Die Entwicklung der Bilanz der entgeltlosen Ueberwei- sungen lässt Rückschlüsse auf die schwere Schädi­gung der tschechoslowakischen Auswanderer durch die Wirtschaftskrise zu. Im Jahre 1928 wurden von den Auswanderern über 600 Millionen KL in dic Heimat geschickt, 1934 waren es nur noch etwa 130 Millionen KL. Bei allen diesen Vergleichen mutz man die Anfang 1934 vorgenommene Kro­nenabwertung berücksichtigen. In der GruppeKapitalposten" ergab sich 1934 ein Passivum von 692 Millionen KL; da­von entfallen 294 Millionen KL auf die Verpflich­tungen aus der Verschuldung an das Ausland; dieser Betrag erreichte im Jahre 1933 nur 169 Millionen KL. Bei den Auslandsforderungen ist die Tschechosiowakei mit 200 Millionen KL aktiv, obwohl die Bankkonti der ausländischen Korrespon­denten mit 516 Millionen KL aufgeführt sind. Gegenüber 1928 ist die Gesamtzahlnngs- bilanz 1934 um etwa 60 Prozent zusammen­geschrumpft. Iw dieser Entwicklung kommt ebenfalls die vernichtende Wirkung der Welt­wirtschaftskrise zum Ausdruck. Andererseits ist auch die Zunahme der Zahlungs­bilanz von 1933 zu 1934 die Einnahmen stie­gen von 7919 Millionen auf 9500 Mill. KL, die Ausgaben von 7634 Millionen auf 9352 Mil, llonen KL ein Zeichen der Intensivierung des gesamten Wirtschaftsverkehrs unserer Republik mit dem Ausland.