Nr. 173 SamSwg, 27. Juli 1935 / Seite 5 Menschenraub in Sa« Franeiseo China und die amerikanische Rüstungsindustrie.— Totenschiffe, Leichenschiffe und Blutschiffe.—„Geschanghaite Tra mps".— Die Enthüllungen des Reverend Hiram S. White. MTP San Francisco im Juli. Der Krieg in Ostasien ist ein Gott wohlgefälliges Werl, denn seine Lieblingskinder, die menschenfreundlichen Rüstungsindustriellen der USA , verdienen an ihm gute runde Dollars. Sie sind alle sehr fromm und darum fest davon überzeugt, daß Gott diesen prächtigen Krieg nür geschaffen hat, um sie dabei verdienen zu lassen. Prosperity for everl„Reverend Smith, ich spende Ihnen 5000 Dollar für Ihre Church, wenn Sie jeden Sonntag dafür beten, daß dieser gute Krieg noch recht lange dauern möge!" Denn solange dieser gute Krieg dauert, solange rollen die Dollars. Die amerikanische Rüstungsindustrie erlebte noch nie derartige Prosperity. Nicht nur in Schanghai sitzen die Vertreter ihrer Konzerne. In Lankau hat L. B. Gale, Präsident des Gale-Syn- dikats und Großaktionär des Miranda-Trusts, persönlich sein Hauptquartier aufgeschlagen. Er vertritt die American Armement Corporation und beliefert nicht nur Japan , sondern auch sämtliche kriegsführenden Gruppen Chinas . Er vertritt auch den Söley-Konzern zu London . Wenn die direkte Einfuhr aus USA Schwierigkeiten macht, geht die Ware über Rio , wo Major Sackville und der brasilianische Kapitän Raoul Figuerra alle erforderlichen Formalitäten besorgen. Im vergangenen Jahr verkaufte der Soleykonzern durch Mr. Gale an die verschiedenen Regierungen Chinas 100.000 Mausergewehre, 700.000 Karabiner, 50.000 Maschinengewehre und die nötige Munition, an Japan 70.000 Stück 8.65 Millimcter- LewiS-Maschinengewehre. Der Repräsentant der Curtiß-Wright, Mr. Fawcett, verkaufte an China zwanzig Flugzeuge des gleichen Typs, den acht Wochen zuvor Japan bezog. Auch die llnsted Aircraft liefert an China Flugzeuge und nimmt dafür im Tauschhandel Rohstoffe in Zahlung. Ebenso oder ähnlich agieren Electric Boat, Federal Laboratories, Du Pont de Nemours , Driggs und Vickers. Das Geschäft ist nicht ganz risikoloS. Die chinesischen Küsten werden scharf kontrolliert, und ost fallen die Transporte in„unrechte" Hände, die in Wirklichkeit genau so„recht" sind wie di« anderen. Immerhin ist der Waffenschmuggel offiziell verboten, und sowohl der japanische als auch der englische Küstenschutz behandeln Schmuggelschiffe gern als„gute Prise". Das Risiko wird geringer, wenn die„Ware" über Rio oder Buenos Aires geht, die Waffen als„Weizen" dellariert werden, und wenn— wie kürzlich— eine gemeinsame 10 Millionen Dollar-Lieferung der ameri kanischen Du Pont de Nemours Corporation und der englischen Imperial Chemical Industries nicht von den Lieferanten selbst, sondern von der „neutralen" Rekonstruktion Finance Corporation finanziell perfektuiert wird. Stehen derartige Hilfsmittel aber nicht zur Verfügung, so verwendet man„Blutschiffe". » Blutschiffe oder Leichenschiffe sind etwas anderes als Totenschiffe. Totenschiffe sind eine harmlose Angelegenheit; sie dienen dem Transport der Leichen in Amerika verstorbener Chinesen nach China , damit die Toten in heimischer Erde bestattet werden können. Sie sind ein rundes, ruhiges Geschäft und zahlen sich gut aus. Leichenschiffe ren tieren sich freilich ebenfalls, aber sie sind eine gefährliche Sache. Sie transportieren keine Leichen, sondern Waffen und leichtentzündliche Sprengstoffe, die leicht den Untergang des Transportschiffes verursachen köimen, zumal dieses oft gezwungen ist, die übliche Route zu vermeiden, um nicht einem Wachtschiff in die Hände zu fallen, und sich darum mühsam durch Riffe und Untiefen hindurchzuwinden. Daß es dabei nicht immer ohne Leichen abgeht, ist verständlich; die Leichenschiffe tragen ihren Namen darum mit Recht, und sie sind auch nicht beliebt. Es ist nicht leicht, Besatzungen für sie anzuheuern. Ein Schiff ohne Besatzung ist aber kein Schiff, und darum wird das Leichenschiff meist zum Blutschiff. Die Besatzung des Blutschiffes wird nicht angeheuert, sondern„geschanghait". Sein Kapitän steht in Verbindung mit den Wirten übelbeleumdeter Hafenkneipen. Diese greifen sich Tramps und andere Gestrandete des Lebens auf, bewirten sie großzügig, bearbeiten sie mit Drogen, lasten sie im Rausch den Kontrakt unterschreiben und schaffen dann die besinnungslosen Opfer in Booten auf das Blutschiff, wo sie zuerst ihren Rausch ausschlafen dürfen und dann an die Arbeit gestellt werden. Nichtsecleute werden schnell angelernt; Prügel und Milk« und Sozialpolitik Streiflicht über Deutschlands Wirtschaft Die Konjunktur in der Verbrauchsgütererzeugung hat in Deutschland in den ersten Monaten 1935 einen erheblichen Rückschlag erlftten. Im April lag der Verbrauchsgüterindex um beinahe sechs Prozent niedriger als im Vorjahr. Die Pro- duktion der Textilindustrie ist von 103,3 Prozent im Vorjahre auf 91,7 Prozent im April dieses Jahres gefallen. Der Beschästigungsstand in den Vcrbrauchsgüterindustrien ist in den ersten Monaten 1935 gesunken. Die Wirtschaftsgruppe Maschinenbau meldet für Juni 1935 einen Auftragsrückgang. Während einzelne Zweige der Gruppe ihr« Produktionskapazität beinahe voll auSnützgn könnten, bleibe bei der Mehrzahl der Ausnutzungsgrad unter 50 Prozent. Man hoffe, den gegenwärtigen Beschäftigungsgrad in den nächsten Monaten aufrecht erhalten zu können.— Das heißt also, daß an Neueinstellungen nicht zu denken ist. In der Maschinenindustrie ist der Exportanteil am Auftragseingang bedeutend zurückgegangen. Er betrug 1934 16 Prozent— 1931 56 Prozent! Im Sommer 1935 sind in Deutschland mindestens eineinviertel Million Arbeiter und Ange- Fußtritte, auch Drohungen mit der Waffe, besorgen dies vorzüglich. Natürlich desertieren die so „Geschanghaiten" sofort nach der Landung, aber gerade dies liegt durchaus im Jntereffe des Kapitäns, denn er kommt dadurch ja um die Auszahlung der Heuer herum. Manchmal kommt es natürlich zu einem Meutereiversuch, und dann werden etliche Geschanghaite kurzweg erschossen, ohne daß sich die Landbehörden darum bekümmern können. In diesem Falle verdient der Kapitän des Blutschiffes nicht nur an der Heuer-, sondern auch noch an der Verpflegungsersparnis. Es gibt Wirte in den kalifornischen Häfen, die mit diesem Geschäft enorme Vermögen verdient haben. Die Behörden wiffen Bescheid, aber entweder können sie nichts tun, weil die Menschenhändler jeden formellen Verstoß gegen die Gesetze streng vermeiden, oder die Beamten wollen nichts tun, weil sie selber dabei verdienen. Reverend Hiram S. White erllärt, daß allein in San Fran cisco jährlich mindestens 1000 Menschen„geschanghait" würden. Er versuchte, eine Volksbewegung gegen dies Schandsystem ins Leben zu rufen, aber er hatte Pech. Eines Abends wurde er mitten in der Stadt von Kidnappern aufgegriffen, „gedrogt", an Bord eines Blutschiffes gebracht, verprügelt, zerschunden und zu Matrosenarbeit gezwungen, und erst nach der Ankunft der„Swallow" in Schanghai gelang es ihm, zu entfliehen. Seine Enthüllungen haben enormen Staub aufgewirbelt, und die kalifornischen Behörden mußten wohl oder übel eine Untersuchung einleiten, aber die Sache schlief schnell ein, und es blieb alles beim Alten. Allan E. King(MTP) stellte weniger im Export beschäftigt als in der gleichen Zeit im Jahre 1929. Das Vollscinkommen von 1934 soll nach den bisherigen Berechnungen um etwa zehn Prozent höher liegen als 1933. Diese Steigerung geht aber nicht auf eine entsprechende Erhöhung des Arbeitseinkommens zurück, sondern auf eine starke Befferung des Unternehmereinkommens. Bei 36 von der deutschen Reichskreditgesellschaft untersuchten Jndustrieünternehmungen wurde1934 eine Verdoppelung des Gewinnsaldos gegenüber 1933 festgestellt. Die Löhne und Gehälter haben gegenüber 1933 keine Erhöhung erfahren. Wurden im Jahre 1933 noch 22 Prozent der industriellen Nettoproduktion ausgeführt, so waren es 1934 nur noch 13 Prozent. Deutsch lands Anteil an der Weltausfuhr ist damit 1934 auf neun Prozent zusammengeschrumpft. Die Hauptvereinigung der deutschen Eier« wirtschaft hat soeben die Ankaufspreise um 14 Prozent je Kilogramm erhöht. Die Eier, von denen bisher schon.das Stück 11 und 13 Pfennige kostete, werden damit erneut verteuert. Deutschland ist das weitaus teuerste Land der Welt. Sein Großhandelsindex auf Goldbasis beträgt 100,8(1913 ist 100). In großem Abstand folgt ihm die Schweiz mit 88. Japanische Ezportdämmerung. Schon die Bemühungen Japans , mit England eine gegenseitige Abgrenzung der Absatzgebiete zu vereinbaren, haben gezeigt, daß sich dem japanischen Dumping zunehmende Schwierigkeiten entgegenstellen. Die Ver» vic Qualitötsmarkc, deren Umsatz großer ist als aller anderen inserierenden Marken zusammengenommen. rimereö Nicht marktschreierische Reklame, sondern die keinere, verläßlichere und gesündere Qualität hat gesiegt. Kenner nehmen daher nur„Primeros“ und lassen sich nichts anderes aufdrängen oder unterschieben, nur weil der Verkäufer bedeutend mehr an anderen Marken verdient! Denn ein kleines Doch oder Versager kann Sie fürs Leben unglücklich machen. Nur in Apotheken, Drogerien und Fachgeschäften fordern! Handlungen haben bisher kein Ergebnis gehabt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind zwar noch um 17 Prozent mehr Baumwollwaren ausgeführt worden als in der gleichen Zeit des Vorjahres, das sind mn 40 Prozent mehr als vor zwei Jahren, aber inzwischen hat Aegypten seinen Handelsvertrag mit Japan gekündigt. Die ägyptischen und indischen Aufträge für den japanischen Export sind so zurückgegangen, daß eine weitere Steigerung kaum zu erreichen sein wird. Kanada liegt mit Japan sogar im Handelskrieg. Dazu kommt noch, daß die japanische Baumwollindustrie ihren Rohstoff seit der Abwertung des Den bedeutend teurer bezahlen muß, Ly Corel ! i. die aus mehreren heimischen Stmmnfilmen bekannte Schauspielerin, wurde anläßlich im Rahmen des internationalen Tanzturniers stattgefundenen Konkurrenz als die schönste Frau Franzensbads preisgekrönt. Die Höllenmaschine Fieschis Zum hundertsten Jahrestag seines Attentats Don Hermann Wendel . Außer seinem Anfang, der Julirevolution von 1830, und seinem Ende, der Februarrevolution von 1848, ist von dem ganzen Regime des „Bürgerkönigs" in der Vollsüberlieferung nichts so lebendig geblieben, wie das Attentat FieschiS, uyd zwar ebenso sehr wegen seiner raffinierten Technik, als auch wegen der Zahl der Opfer und der politischen Nachwirkungen. Niemand war verblüffter als die Barrikadenkämpfer des Jahres 1830, die sich unter dem Feldgeschrei: Nieder die Dynastie! geschlagen hatten, als lediglich die jüngere Linie der Bourbonen auf die ältere, lediglich Ludwig Philipp auf Karl X . folgte. Das lohnte schon eine Revolution! Und während die Legitimisten den„Bür- gerkönig" als dreisten Emporkömmling mißachteten, galt ihm der Haß der entschiedenen Republikaner, weil er die Frucht der Volkserhebung frech stiebitzt hatte. Es lebe Ludwig Philipp? Nein, es lebe die nächste Revolution, die ihn wegfegen würde! Da sich zudem die soziale Lage der breiten Masten immer mehr verschlechterte, kam es bald zu Explosionen. 1831 schlugen sich die Lyoner Hungerweber mit dem Todesmut der Verzweiflung gegen die herrschenden Gewalten, 1832 lieferte das republikanische Paris der Soldateska des„Bürgerkönigs" eine erbitterte Straßenschlacht in der Rue St. Martin und dem anschließenden Gäßchengewirr, 1834 verwandelte sich wieder Lyon in einen feuerspeienden Vulkan des Bürgerkriegs, und die Pariser Barrikadenkämpfer des gleichen Jahres, die mit dem Gemetzel in der Rue Transnonian endeten, gingen in die revolutionäre Heldenlegende ein. Da alle diese Aufstände von der bewaffneten Macht des Staates schonungslos niedergeworfen wurden und am Stand der Dinge nichts zu ändern vermochten, bohrte sich ins Hirn einzelner Fanatiker der Gedanke ein, daß die individuelle Aktion in Form eines Anschlages auf das Leben des Königs sicherer zum Ziel führe. Zu diesen Fanatikern gehörte ein in sich gekehrter, mürrischer Graukopf namens Pierre M o r e y, Sattler seines Zeichens, Jakobiner von Gesinnung, besten Herz einst frohlockt hatte, als während der Schreckensherrschaft von 1793/94 die Karren mit den Opfern der Guillotine durch die Straßen gerollt waren. Ausgezeichnet als Barrikadenkämpfer der Julirevolution» hatte er in der„Gesellschaft der Menschen- und Bürgerrechte" die Flamme seines Grolls gegen das Bürgcrkönigtum stets neu geschürt, bis sein Entschluß fesfftand, Ludwig Philipp aus dem Wege zu räumen. Aber da der Einundsechzigjährige selber vor der Tat zurückschreckte, gewann er in dem um sechzehn Jahre jüngeren Korsen Josef F i e s ch i ein williges und brauchbares Werkzeug. Der, früher napoleonischer Sergeant- dann Bandit und Zuchthäusler, war unberührt von einer starken politischen Ueberzeugung, wie sie Morey beherrschte! nach 1830 hatte er sich als angeblicher politischer Märtyrer eine Pension erschwindelt und sich zugleich als Spitzel der Polizeipräfektur an die Geheimgesellschasten herangemacht. Entwurzelt, mittellos, dazu krankhaft eitel und ruhmredig, zeigte er sich zst allem bereft, was Geld abzuwerfen oder Aufsehen zu erregen versprach. Nicht zuletzt deshalb fiel Moreys Auge auf ihn, weil sich Fieschi rühmte, der Erfinder einer wirksamen Mordmaschine zu sein, die das Prinzig der Mi- trailleuse vorwegnahm, nicht des einläufigen Maschinengewehrs von 1914, sondern der fünf- undzwanzigläufigen Kugelspritzc von 1870. Auch der Korse dachte fünfundzwanzig Flintenläufe neben- und übereinander auf beweglichem Gestell zu befestigen, und auf einen Schlag loszufeuern. Nachdem er dem Gedanken gewonnen war, seine Erfindung am König zu erproben, bewog Morey den Spezerei- und Farbwarenhändler Pierre Theodore Florentin Pepin, Hauptmann der Nationalgarde, der ebenfalls in extrem republikanischen Vorstellungen schwelgte, für die Vorbereitung des Anschlags die nötigen Gelder zu lockern. Am 28. Juli 1835, dem fünften Gedenktag der Julirevolution, hatte Ludwig Philipp eine Truppenschau der Nationalgarde und Linie abzunehmen. Diesen Tag wählten die Verschworenen. Als um die Mittagsstunde der König mit einem glänzenden Gefolge den Boulevard du Temple heruntcrgeritten kam und gegenüber dem Hause Nr. 50 angelangt war, entlud sich jäh, unter Blitz, Donner, Pulvergeruch, die Höllenmaschine die an einem Fenster des dritten Stocks haarscharf eingerichtet war. Wildeste Panik folgte. Tote, Sterbende, Verwundete bedeckten das Pflaster. Der Marschall Mortier war töd- l i ch getroffen, ebenso der General L a- chasse de Verigny, zwei Obersten» andere Offiziere und Nationalgardisten, aber auch Zuschauer, Männer, Frauen, Kinder; insgesamt kostete der Anschlag achtzehn Tote und zweiundzwanzig Verletzte. Nur der König und seine drei Söhne kamen wie durch ein Mirakel heil davon. Vergeblich versuchte Freschi, sich an einem Seil aus dem Fenster lassend, zu fliehen, und nach etlichen Tagen waren auch seine Spießgesellen Morey und Pepin ausfindig und dingfest gemacht. Während der Verhöre und der Verhandlung vor der Pairskammer als Staatsgerichtshof bot keiner der drei das erfreuliche Bild männlicher Entschloffenheit, die zu ihrer Tat steht. Wenn Fieschi sein Verbrechen bald larmoyant beklagte, bald herostratisch rühmte, suchten Morey und Pepin mit Ausreden und Winkelzügen umsonst ihre Unschuld darzutun.s In der Morgenfrühe des 19. Feber 1836 trugen sie ihren Kopf auf die Guillotine. Einige Läufe der Höllenmaschine, zu scharf geladen, waren Fieschi unter den Händen zersprungen und hatten ihn sehr schwer verletzt. Aber auch im übertragenen Sinne gingen die Schüsse nach hinten los. Obwohl die Tat keiner Partei, Gruppe oder Gesellschaft an die Rockschöße zu hängen war, sanken sofort die Aktien der republikanischen Opposition außerordentlich. So wenig beliebt Ludwig Philipp bei den VdlkZmaffeir war. so verstand doch unter Millionen nicht einer den politischen Kampf nicht so, daß Unschuldige reihenweise hingestreckt wurden und das Staatsoberhaupt unbeschädigt blieb. Die Regierung deutete diese Stimmung schleunigst aus, indem sie von den Kammern die sogenannten Septembergesetze annehmen ließ, die durch Aenderung des Verfahrens vor den Schwurgerichten und durch Einfügung neuer Strasparagraphen die Bewegung der Opposition wesentlich erschwerte. Aber auch nach außen gewann der König an Autorität und Ansehen. Die legitimen Monarchen Europas , die den geschäftstüchtigen Ausnutzer der Julirevolution als„Barrikadenkönig" mißliebig und mißtrauisch betrachtetem begrüßten ihn— der Reußenzar freilich ausgenommen— plötzlich als einen der ihren; der Mcihagel Fieschis legitimierte Ludwig Philipp in den Augen der andern gekrönten Häupter als Bürgen der überlieferten Ordnung. Auf seine Wirkungen hin angesehen, könnte also das Attentat des 28. Juli 1835, zumal bei der anrüchigen Spitzel-Vergangenheit des Haupttäters, fast den Verdacht wecken, es sei von der Polizei gewünscht oder gar angestiftet worden. Aber schon der Umstand, daß in der Tat das Leben des Königs und der Prinzen nur an einem Haar hing, schließt diese Vermutung aus. Der Anschlag entsprang in Planung und Ausführung wirklich nur dem mehr oder minder umdüstertrn >irn einiger Einzelgänger.
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15 (27.7.1935) 173
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