Seife 2 Sonntag, Tf. August 1935 s »-.iss Wald war es, der von der Tribüne des Parlaments unter dem Hcchngclächter der Bourgeoisie den Sozialdemokraten das verbrecherische Wort vom „Sozialfascismus" entgcgengeschleudert hat. Wie wenig Gottwald gelernt hat— er gehört eben zu jenen Phrasendreschern, die nichts vergessen und nichts lernen— dafür zeugt der Umstand, daß er in einem Atem»die Volksfront der Arbeit, der Freiheit und des Friedens" fordert und von den „reaktionären Führern der sozialistischen Parteien der Tschechoslowakei " spricht,»die in engster Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie stehen". Wie stellen sich die Kommunisten diese Einheitsfront vor? Sie werden die sozialistischen Vertrauensmänner weiter beschimpfen und zugleich mit ihnen gemeinsame Politik machen? Wenn der Herr Gottwald daS Schimpflexikon, welches das einzige Buch zu sein scheint, aus dem er sich etwas gemerkt hat, nicht aus der Hand geben will, wenn er nicht leben kann, ohne die Sozialdemokratie zu beschimpfen, dann ist er nicht geeignet, jene Aufgabe zu erfüllen, die ihm seine Partei anscheinend gestellt hat. Er, der mit-em Stigma des berufsmäßigen Spalters behaftet ist, wie ein Aussätziger mit seiner Krankheit, er, an dessen Stirn das Brandmal des Menschen klebt, dessen einzige Kunst im Schimpfen auf die Sozialdemokratie besteht, er, der seine Minderwertigkeit durch scharfe Worte ausgleichen will, wird keinen Glauben an den ehrlichen Willen der Kommunisten wecken, an der Zusammenfassung der sozialistischen Kräfte dieses Landes mitzuarbeiten. Da die Kommunisten behaupten, daß unsere gegenwärtige Politik die»engste Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie" bedeutet, können wir nur feststellen, daß sie vomSinn unserer Politik keinen blauen Dun st haben. Abgesehen davon, daß diese Behauptung niedrige Demagogie ist— in Frankreich sind die Kommunisten bereit, in eine Regierung selbst mit den Linksradikalen, also in die»engste Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie" einzutreten— wir nehmen an der Koalitionspolitik teil, weil wir eben die Bourgeoisie nicht allein regieren laffen wollen. Die Regierungskoalition haben wir niemals als„Arbeitsgemeinschaft", sondern als einen Boden aufgefaßt, auf dem wir den Klassenkampf um die Lebensinteressen der Arbeiter führen, auf welchem wir für die leidenden Opfer der Krise kämpfen. Wir nehmen gemeinsam mit unseren tschechischen Genossen an der Regierung teil, weil wir die Macht nicht der Bourgeoisie allein überlassen, w e i l w i r diesen Staat nicht in den Fascis- muS hineinschlittern lassen wol- l e n. Das haben wir den Kommunisten schon oft, zuletzt in dem Antwortschreiben des Brünner Parteitages auf ihr damaliges Einheitsfront-Angebot gesagt. Die Kommunisten anerkennen diesen unseren Standpunkt schon, allerdings verblümt, in, dem sie soqar Gottwald mußte sich unter dem Druck der Moskauer dazu bequemen—>»nicht den Regierungsaustritt als Bedingung der Einheitsfront" stellen. Ihre Erkenntnis ist aber nur eine halbe, denn sonst könnte Gottwald nicht gleichzeitig die Regierungsteilnahme als»reaktionär" und als»engste Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie" bezeichnen. Die Kommunisten müssen also zu Ende denken und zu der Erkenntnis gelangen, daß unsere Politik ein Ergebnis der gegenwärtigen politischen Situation ist, daß wir dadurch die Interessen der Arbeiterschaft schützen und vor allem die Demokratie des Landes, die Freiheit des Proletariats verteidigen. Wir und die tschechischen Genossen haben aus der Spaltung so viel gerettet, um eine sozialdemokratische Arbeiterbewegung aufzubauen, die ein politischer Faktor ist und mit der man rechnet. Was wir aus der Spaltung an politischer Macht gerettet haben, mit dem hasardieren wir nicht. Wir werden Freiheit und Demokratie weiter verteidigen und für unsere Auffassung kämpfen, daß wir so für die Zukunft des Proletariats und für den Sozialismus wirken. Wir streben danach, d i e gesamte Arbeiterklasse imKampf für die Demokratie und gegen den Fascismus zu sammeln und Ein Genosse, der über die Verhältnisse in Pr.-Schlesien gut unterrichtet ist, schreibt uns: Man sollte im Kampf um die Loslösung der Massen von dem Einfluß der Hitler -Regierung nur solche Methoden anwenden, die dem erstrebten Zweck dienen. Auf jeden Fall muß man eine Berichterstattung vermeiden, die geeignet ist Illusionen aufkommen zu laffen über den Reifegrad der deutschen Arbeiterllasse zum Sturze des fasci - stischen Systems. In der»Roten Fahne" vom 7. d. erscheint ein»Eigenbericht" aus Breslau , der jeden ernsthaften Gegner der Hitler -Regierung auf den Plan rufen muß, weil solche Berichte eben nur geeignet sind. Verwirrung in die Reihen der Arbeiterbewegung zu tragen. Es geht dort um die Musterung(Assentierung) der deutschen Rekruten. Daß die Stimmung für den Militarismus nicht so ist, wie ihr die gleichgeschaltete Presse darstellt, ist bekannt. Aber das Rechenexempel, das die»Rote Fahne" bringt, ist zwar sehr sensationell— aber gerad' deshallb ist es eben nur ein Rechenexempel und von der Wirflichkeit— leider— weit entfernt. Daß in einer oberschlesischen Industriestadt am ersten Musterungstage von 140 Musterungspflichtigen nur 35 Mann, in einem niederschlesischen Industrieort von 100 Rekruten nur 11 oder 13 Mann erschienen, das mochte bei Zwangskursen usw. unter Brunning—Papen geschehen sein Wir kennen die deutsche Arbeiterjugend. Wir kennen sie besonders nach der Hitler -Regierungsübernahme aus Arbeitsdienst und von der Land- bilfe. wir wissen auch, welchen Grad von Widerstand sie entwickeln kann. Aber wir haben heute in Deutsckiland eine Terrorregierung, die täglich revolutionäre Arbeiter hinrichten läßt. Ein System, das zum Kriege treibt kann sich solche Kriegsdienstverweigerungen, wie sie der wohlmeinende Berichterstatter anführt, nicht gc- Elne Milliarde Kt Einnahmenmanko gegenüber dem Budgetsoll Schlechter Stand der Staatseinnahmen im ersten Halbjahr 1935 Soeben wird eine Uebersicht über die Staatseinnahmen im ersten Halbjahr 1935 veröffentlicht, aus der hervorgeht, daß die Steuern, Zölle, Gebühren und Monopole im ersten Halbjahr 1935 insgesamt 2337 Millionen KL einge- aus der bürgerlichen Demokratie heraus eine so--' ziale Demokratie und eine sozialistische Wirtschaft zu gestalten. Wir haben gegen Proletarier, welche eine andereAuffassung von der Taktik des Kampfes um die Befreiung der Arbeiterklasse haben, niemals einen Kampf auf Tod und Leben gepredigt und niemals aus dem Auge verloren, daß die Kampfeinheit der Arbeiterklasse, die Gewinnung des größten Teiles der arbeitenden Menschen für den Sozialismus unsere Aufgabe ist, eine Aufgabe, die sich unsere Väter und Großväter vor fünfzig und mehr Jahren gesetzt haben und der wir dienen werden— immerdar. fallen lassen. Zur Hälfte gibt daS ja der Berichterstatter auch zu, wenn er sagt, daß man überall in der Frühe die Rekruten durch Polizei, Ge stapo . Gendarmerie, SS und SA abhole, also praktisch gesprochen verhaftet. Aber angesichts dieses Terrors zu behaupten, daß die Rekruten beim Herannähen der Autos und Kommandos aus den Fenstern springen, und selbst im Musterungs' lokal noch„durch die Latten" gehen, scheint ein' mehr als kühne Schlußfolgerung zu sein. Wohlgemerkt, die„Rote Fahne" schreibt ausdrücklich:„Das ist keine Einzelerscheinung." Also wäre das die Stimmung in Deutsöblandk Man überlege: Die große Mehrheit der Werktätigen aller Schichten weigert sich nach der„R. F.", zur Musterung zu gehen. Nach dem Rechenexempel der„R. F." sind es etwa 75 Prozent, die bewußt den Kriegsdienst verweigern, also keine passive Resistenz, sondern aktiven Widerstand leisten. Da das keine Einzelerscheinung ist, leisten folgerichtig 75 Prozent der deutschen Werktätigen der Hitler -Regierung heute schon aktiven Widerstand. Man darf als Sozialist nicht in den Fehler verfallen, den Gegner zu unterschätzen. Di; Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung«n Jahre 1933 ist eine Warnung. Wir sind weit davon entfernt, schwarz zu malen. Wir wissen, daß sich die deutsche Arbeiterflasse ihre Bewe- gungsfteiheit wieder erkämpfen wird und dazu sich heute schon unter größter Opferbereitschaft dsi Grundlage, die illegale Organisation, schafft. Aber illegaler Kampf, dgs heißt nicht nur di- konfpirativen Regeln beherrschen, sondern dem Gegner ins Auge sehen können, trotz seiner blutigen Fratze. Die Presse aber muß eine Spraibe führen, die der Wirflichkeit entivricht und all: Berichte vermeiden, die einer objektiven Prüfung nicht standzuhalten vermögen: andernfalls schadet sie der revolutionären Sache. bracht haben, das sind um 329 Millionen weniger als im Vorjahre. Da das Budgetsoll des ersten Halbjahres für diese Staatseinnahmen 3176 Millionen bettägt, ergibt sich ein Manko von 839 Millionen oder 26 Prozent. Da auch die Netto-Erträgnisse der Tabakvegie um 151 Millionen hinter dem Voranschlag zurückgeblieben sind, erreicht das Einnahmenmanko 990 Millionen. Zweifellos werden diese Ziffern auf die Gestaltung des Budgets für 1936 nicht ohne Einfluß sein. Armeegeneral Ludwig Krejki, Generalstabschcs der tschechoflowakischen Armee, wird die heurige« Manöver-Schlus-übungen leiten Island marschiert mit Die Politik des sozialistischen Handelsministers Zum erstenmal in der langen parlamentarischen Geschichte Islands nehmen jetzt die Sozialdemokraten an der Regierung teil, die auf einer Koalition beruht. Handelsminister Genosse Hara l d u r Gudmundsson ist augenblicklich in England und hat Mitgliedern der Labour- Party von seiner fernen Heimat berichtet: Die Wahl vor 13 Monaten hat unsere Stimmenzahl verdoppelt. Wir regieren mit der Fortschrittspartei zusammen. Wir haben keine Zeit verloren, um die Lösung der wirtschaftlichen Probleme vorwärtszutreiben. Entsprechend dem von unserer Partei aufgestellten Vier-Jahr- Plan ist in meinem Ministerium sofort ein- Planwirtschaftskommission mit einer Arbeitermehrheit eingesetzt worden. Seitdem haben wir unsere Hauptprodukte unter zentrale K o n- trolle und Bewirtschaftung gebracht. Das Fischereiamt regelt und überwacht die Herstellung von Salzfisch und wird vielleicht auch de» Export übernehmen. Die Preise von Fleisch und Milch haben wir durch zenttale Regelung gesenkt, trotzdem aber erhalten die Produzenten mehr als früher. Schutzzöllnerei und Sperrmaßnahmen anderer Länder haben, uns gezwungen, uns auf die eigenen Hilfsquelle«' zu besinnen. Wir haben die Zuschüsse zu öffentlichen Arbeiten unter direkter Staatskontrolle um 30 Prozent, bei kommunalen um 100 Prozent erhöht. Häfen und Straßen erstehen und dek Wohnungsbau wird stärker subventioniert als jr zuvor. Nach dänischem und schwedischem Vorbild fördern wir die Sozialreform. Das Strafgesetz wird fortschrittlich umgearbeitet, Geburtenbeschränkung auf ärztliche Anweisung straflos gemalt. Auf Befragen erflärte der Minister noch, daß keine verantwortliche Persönlichkeft die Rechtsstellung Islands gleich einer britischen Dominion zu Dänemark fordere. Sensationslust aut Kosten unserer politischen(Zieltuns 1 Die Legende H von Morus, Agrippa und BK Menahem, dem Sohne Jehudas Von Wladimir Korslenko HB Aus dem Russischen von hon 3**ein VSiaR Die nachstehende Legende des berühmten russischen Dichters erschien in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, unter der zaristischen Zensur, als Antwort auf die Predigt der„Gewaltlosigkeit", die von Tolstoi und seinen Jüngern bettieben wurde. Sie hat durch den Durchbruch des FasciSmus in Mitteleuropa wieder größte Aktualität erlangt. N. S. * Zu jener Zeit herrschte das mächttge Rom über alle Völker, und sein Reich war unermeßlich. In Europa hatten die Römer die Gallier und die mannhaften Germanen besiegt, die Bri ten , die nicht nur durch den Ozean, sondern auch durch hohe Mauern geschützt waren, und das bergige, meerbegrenzte Spanien . Und auch Grie chenland und die Pontischen Stämme und viele andere erkannten die Macht des Adlers an. In Afrika unterwarfen sich Karthago und zahllose Aethiopen der Waffengewalt und verpflichteten sich, die Vorräte zu liefern, von denen das römische Volk acht Monate lebte. In Asien beugten sich fünfzig Städte dem Herrscher Roms, auf die Liktorenbündel blickend, die die Konsuln umgaben. Aegypten und Arabien , die Völker Indiens , sowie die Meder, die Parther und die stolzen Kirmeer, die von den Lakedoniern abstammen, die furchtbaren Syrther, die Mauren und Numidier und viele andere Völker hatten sich ergeben und beugten sich bebend unter das Joch... Sie bebten nicht mehr vor dem Schwert der Eroberer, sondern vor den Ruten der Littorenbündel, die sie stets an ihre schmachvolle Sklaverei denken ließen. Der Widerstand war gebrochen, der Tod hatte die Arme der Kämpfer ttastloS sinken lassen, die Augen, die nach der Freiheit schauten, waren geschloffen, die Stimmen, die mutig zur Verteidigung aufgerufen hatten, waren verstummt... Ueber der angsterfüllten, von Grauen gepackten Welt reckte der römische Adler seine Schwingen, und Roms Herrschaft lastete schwer< auf der unterjochten Erde... ... Und eine Zeitlang herrschte Frieden auf der Welt. Aber er barg nicht das Gute in sich, sondern das Böse. Nicht der Oelbaum gedieh auf den Feldern des Lebens, sondern Dornen und Disteln, denn nicht mit segensreichem Regen wurden die Gefilde des Lebens genährt, sondern mit dem blutigen Schweiße der Sklaverei. Und das Stöhnen der Unterdrückten erfüllte die Welt... So nährte sich das stolze Rom von den Früchten der Sflaverei, wie der aasfressende Adler sich von Aas nährt. Von diesen Früchten wurde bald das ganze Volk vergiftet und als erste vergifteten sich daran die Herrscher. Die ersten Cäsaren, die auf den Widerstand und die Abwehr der Vöfler stießen, welche die Freiheit noch nicht vergessen hatten, besaßen noch meist ein gewisses Maß von Vernunft: mit Güte und Milde suchten sie jene an sich zu fesseln, deren schwertbewehrte Arme noch ihre Freiheit zu verteidigen vermochten. Unter der zarten Hülle der Menschenliebe verbargen sie die Ketten der Sklaverei, um in den stolzen Söhnen der Freiheit nicht den Wunsch zu erwecken, den Tod im Kampf zu suchen. Deshalb verwehrten sie, nach der Eroberung Judäas , es dem Volke nicht, auch weiterhin den alten Sitten und dem alten Glauben anzuhängen und seine eigene Verwaltung zu haben. Und die Schwelle des Tempels zu überschreiten, war ihren Kriegern unter der Sttafe des Todes verboten. Doch immer schwächer, immer stiller wurden die Rufe nach Freiheit, der Widerstand gegen die Eroberer war gebrochen, erschöpft und kraftlos hatte sich die Welt ergeben, die nur hie und da vergeblich an den Ketten rüttelte. So vergingen die Jahre. Die Römer waren gewohnt zu befehlen, die Welt— zu gehorchen. Im Herzen Roms wuchsen Hochmut und Stolz. Es dachte: „Wer wagt es heute, an meine Macht zu tasten?" Und es gab sich die Antwort:„Niemand!" Und in der übrigen Welt wuchsen durch die fllavische Gesinnung immer mehr Angst und Speichelleckerei. Und Rom , in der Totenstille der ringsum herrschenden Sflaverei, brWte gegen das Welt all , wie der mächtige Löwe nachts in der lydischen Wüste. Und das Weltall , wie die Wüste, lauschte angstvoll dem Brüllen des Gewaltigen. Es erinnerte sich an die Leiden der Väter, doch deren kühnen Mut hatte es vergessen. Je mehr in den Völkern die heilige Flamme des Zornes erlosch, um so maßloser wurde Rom in seinem Gebaren. Nach den Cäsaren Julius und Augustus kam der grausame Tiberius auf den Thron. Ihm s-'lgte dex wahnsinnige Gajus. Und schließlich, nach dem schwachsinnigen Claudius , war es der grausamste der Menschen, Nero , der von der Höhe des Cäsarenthrones, im Angesicht der ganzen Welt, die Gesetze Gottes und der Natur mst Füßen ttat.„Auf der Spitze des Berges hatte er das Lager der Unzucht errichtet," er verlachte die Tugendhaftigkeit und ttänkte mit dem Blut Unschuldiger die schaudernde Erde... * In Judäa gab es seit langem nicht mehr den milden Petronius, nicht einmal mehr Pilatus, der einst aus der helligen Stadt die Banner mit dem Abbild des Cäsaren tragen ließ, um die Gefühle des VcilkeS nicht zu verletzen. Nun war Albinus der Gouverneur, ein gieriger und grausamer Mensch, der wie ein Räuber unter den Wehrlosen wütete, so daß es kein Verbreche« gab, das er nicht begangen hätte.„Seine Speerträger, bestimmt zur Aufrechterhaltung der Ordnung, verwundete er, um die friedlichen Einwohner auszuplündern. Es gab keine Freiheit des Wortes, und niemand wagte es, seine Stimme zur Klage oder zur Kritik zu erheben. Es herrschte hingegen völlige Willkür."*) Niemand vermochte zur gerechten Verteidigung das Wort z« ergreifen, doch rauben und plündern konnte ein jeder, der nur die Macht besaß. So wuchsen die Leiden der sich demütig dem Joch Unterwerfenden...'■ So wuchsen die Leiden, aber chren Höhepunkt hatten sie noch nicht erreicht. Florus, der auf Albinus folgte, bewies, daß im Vergleich mit ihm Albinus noch milde' gewest« war. Während Albinus seine Untaten heimlich und verborgen auszuüben bestrebt war, prahltt FloruS damit, sich Nero zum Vorbild nehmend- In Dingen, die Milde erfcirderten, war er grausam und unmenschlich, die schlimmsten Untate« jedoch ließ ex ungestraft, war selber ihr Urheber und Beschützer. So gedieh der Baum der Gewalt auf dem Boden der Schwäche, und der Stolz auf dem Boden der Demut. Und es gab keinen Ausweg- keine Hoffnung für das Volk, denn alle Rechtswege waren verschlossen. Einmal geschah es, daß an einem Feiertagt Cestius Gallus , der Generalgouverneur Syriens , der bei den Römern in hohem Ansehen stand, nach Jerusalem -kam. Eine ungeheure Menge Jude« umringte den Fürsten und beflagte sich mit Tränen und Geschrei über Florus' Untaten. Sie flehten um Schutz und Gerechtigkeit. •) Flovius Josephus:„Der jüdische Krieg.* lRortsehuno kolat.V
Ausgabe
15 (11.8.1935) 186
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