9tr. 186 Sonntag, 11. Angust 1935 Seite 5 Aus der Geschichte des Suezkanals (AP.) Die hitzige Diskussion über die Frage, ob die Sperrung des Suezkanals berechtigt sei oder nicht, hat in der Weltpresse viele Einzelheiten über die historische Entstehung des Suez- kanals zutage gefördert. Der Gedanke, die Sperre zwischen Mittelmeer und Rotem Meer zu durchstechen, ist alt. Schon im 11. Jahrhundert v. Chr. ist er nachweisbar. Die Pharaonen haben bereits Projekte ausgearbeitet, wie die Schiffahrt erleichtert werden könnte. Sie kamen aber nicht zustande, bis auf einen kleinen Kanalbau des Königs Nccho, an dessen Erweiterung auch Darius und Ptolemäus II. arbeiteten. Doch nahm man später davon wieder Abstand. Der römische Kaiser Trajan griff die Pläne wieder auf, hatte aber auch nicht mehr Glück. Dann folgten die Einfälle barbarischer Stämme, so daß an die weitere Betreibung der Angelegenheit nicht zu denken war. Erst dieBenezianer machten sich 1517, erneut ans Werk. Venedig , das den Portugiesen die Vormachtstellung im Handel mit dem Orient streitig zu.machen suchte, schlug dem Sultan ein Projekt zum Durchstich des Isthmus vor, doch der Sultan lehnte ab. Frankreich griff ebenfalls unter Lud wig XVI . und später unter Napoleon das Vorhaben auf, aber auch Privatinteressenten studierten eifrig diese Frage. Nach Vorarbeiten des Genuesers Ghendini um 1820 arbeitete der Oesterreicher Negrelli einen Plan aus, der einen Kanal von 169 Kilometer Länge vorsah (1855). Der Tod entriß diesen genialen Techniker seinen Studien. Die eigentlichen Entwürfe stammen dann, wie allgemein bekannt, von dem jungen französischen Konsul in Kairo , Ferdinand L e s s e p s, eineni Verwandten der Kaiserin Eugeme. Er gründete dann auch die Gesellschaft des Suezkanals, deren Aktien von Frankreich und vom ägyptischen Vizekönig, zum Teil aber auch von Triest , Genua und Venedig erworben wurden. England hielt sich vollständig fern. Die Konzession wurde vom ägyptischen Khedive 1856 erteilt. 15 Jahre später war das Werk vollendet. Damals vollzog sich gerade die Umwandlung vom Segel- zum Dampfschiff. 1880 betrug das Tonnengewicht der Schiffe, die den Kanal durchquerten, 3 Millionen. Im letzten Jahre waren es 31,750.000 Tonnen. In den italienischen Blättern verweist man jetzt angesichts der englischen Drohungen dckrauf, daß an der Seite von Lesseps nicht wenige Italiener an leitender Stelle standen, daß die ersten Pläne von Italienern stammten, daß Frankreich die Durchführung finanziell ermöglichte und daß England erst nach dem Abschluß dem Khedive von' Aegypten die Aktien abkaufte, die ihm die Oberaufsicht und Verwaltung sicherten.. Ferner betont die^alieiü-, schePressc, welch ungeheurenAnteil der italienische Handel und Schiffsverkehr im Suezkanal habe —• 1935 stand Italien hinter England bereits an Zweiter Stelle— und erklärt, Suez und Gibral tar seien die beiden Lungenflügel, die Italien unbedingt zur Atmung notwendig habe. Neuartiges Luftschiff. Auf dem Flughafen von Touffus-la-Noble(Frankreich ) wurde ein neuartiges halbstarres Luftschiff ausprobiert, das die besondere Eigenschaft hat, vertikal starten und landen zu können. Die Führergondel ist mit einem Zugpropeller versehen, der von einem Motor betrieben wird. Ein 12 PS-Motor mit Bor- und Rückwärtsgang betreibt einen zweiten Propeller, der unter der Gondel angebracht ist. Mit Hilfe dieses Propellers kann lms Luftschiff senkrecht starten und landen. Die Reisegeschwindigkeit beträgt 75 Stundenkilometer. Maschinenflug— Menschenflug Es ist uns allen gar nicht so recht bewußt, daß wir gerade im Zeitalter der übersteigerten Teistungen des Menschen auf allen Gebieten, auch auf dem des Sportes, einen uralten Menschheitstraum, dessen Lösung zugleich alle menschliche Kraft der Muskeln und des Gehirnes verlangt, im Stich gelassen haben. ." In allen Richtungen durchschneiden heute Aeroplane das Lustmeer um den Erdball. Maschinen fliegen, nicht der Mensch! Gerade in den letzten Monaten sucht der Mensch mit aller Anstrengung, selbst den Beweis zu führen, wie unnötig er auf diesen Flugmaschinen ist. In allen Ländern werden Flugzeuge gebaut, die automatisch als Robotenmaschinen, ohne die lenkende Hand eines Mannes am Steuerrad ihren Weg durch den Luftraum nehmen können. So wurde dem Publikum in London bei einem Fest der »Königlichen Luftmacht" am 29. Juni dieses Jahres ein Flugzeug ohne Bemannung vorgeführt. Dieses Flugzeug wurde von einem Radiosender von der Erde auS gesteuert, es führte alle Flug- wanöver wie ein gewöhnlicher Apparat aus, genau so, als wenn ein Mensch in ihm sitzen würde. Wir haben das Ideal der fliegenden Maschine erreicht. Der uralte Traum des geistig erwachten Menschen war es, sich selbst mit eigener Kraft wie rin Adler in die Luft heben zu können^ Also d e r fliegende Mensch, nicht die fliegende Maschine. Was wir heute tun, sich mit fremder Kraft in die Luft heben, das muß sein Gleichnis weit zurück in der Menschheitsgeschichte suchen. Die Tonzhlinder Babylons zeigen uns Etana, der Praktischer Sozialismus für England (Schluß.) Geplante Wirtschaftsentwicklung ist auch die einzige Möglichkeit, die Arbeitslosigkeit, den Fluch des Kapitalismus, zu bekämpfen. Wichtig ist die Rolle, die öffentliche.Arbeiten spielen müssen. D. wendet sich gegen die orthodoxe Meinung, die öffentliche Arbeiten nur verwenden will,„um die Schwankungen in der Nachfrage nach Arbeitern auszubügeln". Oeffentliche Arbeiten müssen mehr sein als ein Ergänzung privater Initiative und der Entwicklung sozial wichtiger, bisher vernachlässigter Zweige dienen. Die Mittel würden durch Anleihen und eine geeignete Kreditpolitik beschafft werden. Es ist natürlich, daß in England auch von den Sozialisten die währungs- und kreditpolitischen Fragen mit besonderer Gründlichkeit untersucht werden. Englands Macht ist zum großen Teile Finanzmacht. Ihre innen- und außenpolitischen Ausstrahlungen sind ebenso wichtig wie unbekannt. Die Labour Party würde, wenn sie an die Macht käme, die Bank of England , die eine Privatbank ist, und die anderen wichtigen Banken verstaatlichen. Die Labour Party ist eine Gegnerin des Goldstandards, der„goldenen Kette", und zieht einen auf wichtige Waren gegründeten Standard vor. Das Preisniveau muß möglichst stabil gehalten werden, was die Zentralbank über die Diskontrate, die Notenpresse und durch Operationen auf dem offenen Markt bewirken kann.' Bisher war für Investitionen das Gewinninteresse, nicht der soziale Vorteil maßgebend. Darum schlägt die Labour Party einen Nationalen Jnvestitionsrat vor, der dienotwendigen finanziellen Mittel aufbringen und an die geeigneten Stellen leiten würde. Die Anleihen an ausländische Staaten sollen eingeschränkt werden, weil sie häufig zu politischen Die Geliebte erdrosselt. In Nova Ves in der Slowakei erdrosselte der 28jährige Karl L o w a s seine 24jährige Geliebte Julie Polak. Lowas beging die Tat aus Zorn darüber, daß seine Geliebte Bekannten mitgeteilt hatte, daß sie sich Mutter fühle. Der Mörder wurde verhaftet. Ein Mord nach einem Monat entdeckt. In einem Wald in der Nähe von Holleschau wurde die Leiche eines seit einem Monat vermißten Mannes aus P r i l e p gefunden. Der Körper lag unter Reisig und Blättern vergraben. Die Gendarmerie stellte fest, daß es sich um einen Mi0 r- d handelt. Rekordjahr der Flugkatastrophen in Japan . In der letzten Zeit häuften sich in I a P a n die Zahl von Flugunfällen und Opfern an Menschenleben, welche diese Katastrophen erfordern. In diesem Jahre beziffert sich bisher die Zahl der Menschenopfer von 31 Flugkatastrophen auf 46 Personen, darunter 22 Matrosen, 20 Soldaten und vier Zivilisten. Reue Hitzewelle über USA . Die Hitzewelle, die seit mehreren Tagen den Südwesten der Ver einigten Staaten heimsucht, hat wieder 15 Todesopfer gefordert. Auf einer Zuchthausfarm in Louisiana sind allein drei Neger st räflinge infolge der dort herrschenden Gluthitze g e st o r b e n. Die Temperaturen bewegen sich in den Gebieten, die von der Hitzewelle betroffen sind, zwischen 35 und 50 Grad Celsius. Verwicklungen führen. Die Regelung und Planung der Investitionstätigkeit ist eine der Schlüsselpositionen, von denen aus der Angriff gegen die Arbeitslosigkeit geführt werden kann. Es ist nicht möglich, sich hier mit dem außenpolitischen Programm eingehend auseinanderzusetzen, schon Weil es an dieser Stelle vor kurzem anläßlich der Besprechung des Buches Arthur Hendersons geschah. Dr. Dalton, der zur Zeit der zweiten Arbeiterregierung für die englische Außenpolitik mitverantwortlich war, sieht im Prinzip der kollektiven Sicherheit des Völkerbundes die stärkste Friedensgarantie. Die Kolonialpolitik der nächsten Labourregierung faßt er in zwei Worten zusammen: Sozialisierung und Selbstverwaltung, Unerläßlich für den Frieden der Welt ist eine Abrüstungskonvention, die Schaffung einer internationalen Polizei, die Nationalisierung der Rüstungsindustrie und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Völker. Den Wunsch nach Grenz- r e v i s i o n hält Dalton für vielfach unbegründet. Es ist nicht die Aufgabe von Sozialisten, Grenzen zu revidieren, sondern sie zu beseitigen. Dr. Daltons Buch ist ein gründlicher und wichtiger Beitrag zu der schon ansehnlichen Literatur über Programm und Taktik der Labour Party . Der Autor, der von seiner diesjährigen Studien- und Bortragsreise durch die Tschechoslo wakei auch bei uns bekannt ist, hat in seinem Buche seine Erfahrung als Finanzwissenschastler und praktischer Politiker verwertet und besonders in der Kommentierung und gedanklichen Weiterbildung des offiziellen Programms der Labour Party sehr Beachtliches geleistet. Es ist eine der Stärken der englischen Arbeiterbewegung, daß für sie die Zeit der Machtlosigkeit, die der Niederlage folgte, nicht eine des Defaitismus und der Zersplitterung ist, sondern eine des geistigen und programmatischen Aufbaus. O. F. Der Automobilverkehr auf der Großglockner- Straße ist seit der Eröffnung der Straße ungewöhnlich stark. Die Straße wird täglich von 600 bis 800 Automobilen befahren. Mit 80 Frauen verheiratet. In Belgrad wurde der frühere Millionär Konstantin M a n e a wegen Betruges, Diebstahls, Polygam i e und acht anderen Delikten in Hast genommen. Manea, der erst 28 I a h r e alt ist, hat einen Rekord aufgestellt; er hat 8 0 Frauen regulär geheiratet! Wie es gemacht wird. Die elenden Machenschaften der Nazi gegen jüdische Volksgenossen illustriert ein Flugzettel, der uns von. einem Reichsangehörigen zur Verfügung gestellt wurde. Er hat folgenden Text: Jüdische Frechheit Der Jude Hoffmann, Blumenstraße 62/63 Milch- und Kolonialwarengeschäft, erlaubte sich am Sonntag, 8.30 Uhr, einen Parteigenossen zu belästigen. Deutsche Volksgenossen, kauft nicht bei Juden! Dieser Boykottzettel wird seine Wirkung nicht verfehlen. Tas Mindeste ist, daß der jüdische Geschäftsinhaber geschäftlich ruiniert wird, wenn ihm nichts Schlimmeres droht. Und hierzulande gibt es Menschen und eine gewisse Presse, die sich an der Volksgemeinschaft Hitler-Deutschlands nicht genug berauschen können, aber in einem Atem auch für die„R e ch t e d e r Minderheiten" kämpfen möchten, die man im Hitler- Paradies täglich mit Füßen tritt! Jn Xütxc D Nom(AP.) Das Sondergericht von Asmara (Erythräa) hat sechs Arbeiter wegen Rebellion zürn Tode verurteilt.— Jn Neapel kamen in einer der letzten Nächte zwei neue Transporte mit Hunderten von erkrankten Soldaten an.— 3laä) Meldungen aus Mailand wurde der Sekretär des Fascios von Pescacosta, Francecso Tallis. einer der Faseisten der ersten Stunde und Teilnehmer des Marsches auf Rom , von einem 23jährigen Reserveoffizier erschossen. Simla.(Reuter.) Im Staate Lahore (In dien ) kam rs zu Ausschreitungen gegen die Agrar reformen. -Die Polizei machte von der Schußwaffe Gebrauch, wobei drei Personen getötet und 47 verwundet wurden. Singapur.(Reuter.) Wie aus Bangkok gemeldet wird, sind in Siam Unruhen ausgebrochen. 15 Unteroffiziere wurden verhaftet urw werden wegen Aufforderung zum Ungehorsam in der Armee abgeurteilt werden. Volkswirtschaft und Sozialpolitik Ein Konsumentenamt in den Vereinigten Staate» In einer Pressekonferenz kündigte Roosevelt die Schaffung des Amtes für Konsumentenprobleme an, das Walter Hamilton Gill übernehmen soll. Dieser Berater hat sich vor allem mit den Fragen der Preisgestaltung im Lebensmitteldetailhandel und mit den durch den Zwischenhandel hergerufenen Preiserhöhungen zu befassen. Ein„Fünfjahrplan" in Großbritannien Da Lloyd George's Plan vorläufig inaktuell geworden ist, wird nun ein neuer Plan in England verbreitet, unter dessen Verfassern sich der Schriftsteller H. G. W e l I s, der Gewerkschafter Arthur Pugh, Professor Gilbert Murray u. a. befinden. Der Plan heißt»Die nächsten fünf Jahre" und tritt für die Schaffung einer Reihe von Planungsstellen ein, so eines staatlichen Planungskomttees, eines wirtschaftlichen Generalstabes, einer Stelle für Wirtschaftsentfaltung regionaler Planungsausschüsse, eines Wirtschaftsbeirates usw. Ein interessantes Arbeitszeit- Experiment In einem Referat auf dem Kongreß der englischen Glasindustriellen hat der Fabrikant Pilkington von einem interessanten Experiment mit der Verkürzung her Arbeitszeit Mitteilung gemacht. In Anbetracht der fortschreitenden Mechanisierung dieses Produktionszweiges sei er zur Ansicht gelangt, daß man in gleichem Maße die Arbeitszeit vermindern müsse. Im August 1933 sei in seinen Betrieben eine Arbeitszeit von 42 Stunden«ingeführt worden, wobei die Arbeiter im allgemeinen den gleichen Lohn innerhalb 14. Tagen erhalten wie früher für eine um vier bis sechs Stunden längere Arbeitszeit; allerdings wurden die Ueberstundenzahlungen eingeschräntt. Das Ergebnis sei: Bei einer Senkung der Arbeitszeit um 10 Prozent eine Produktionssteigerung um 15 Prozent, eine Zunahme der Beschäftigungszahl um 8.4 Prozent und eine Produktivitätssteigerung vro Arbeiter um 11.4 Prozent. Der Gewinn sei durchschnittlich gleichgeblieben. Der Referent sprach die Ansicht aus, daß analoge Maßnahmen in anderen Produktionszweigen erst recht erfolgreich sein müßten. sich von der Kraft eines mächtigen Adlers in die Lüfte tragen ließ. Sinnbilder wahrhaft höchster menschlicher Sehnsucht aber sind die Sagen von Wieland dem Schmied, von DäidaluS und Ikarus. Die germanische Edda singt von dem kunstreichen Goldschmied Wieland, der die Federn der Wildgänse zu mächtigen Flügeln aneinanderfügte. Durch zerschnittene Fersensrhnen gefesselt, wirft er sich mit der Kraft seiner Arme mit mächtigem Flügelschlag in den Wind und erhebt sich gleich den Adlern. Auch in der griechischen Sage befreit sich Dädalus von den Fesseln irdischer Gefangenschaft, indem er aus Schwanenschwingen und Wachs sich Flügel baut. Nur sein Söhn Ikarus stürzt ins Meer, weil er zu übermütig sich der Sonne entgegenwarf. Immer wieder versuchte der Mensch, diesen Traumwunsch in die Wirklichkeit zu tragen. Doch die meisten bezahlten es mit ihrem Leben. Nach dem Jahre tausend sprang der Benediktinermönch Oliver von Malmesburg mit Flügeln von einem Turm. Er stürzte jäh zur Erde, brach sich beide Beine und starb. Wieder zweihundert Jahre später versuchte ein Sarazene die Fliegende Kunst vor Kaiser Manuel Comnenos in Konstantinopel zu zeigen. Diesen ttieb die Ungeduld der Zuschauer in den Tod. Sie höhnten den Sarazenen, als sich kein Wind zeigte und er wartet«. Da sprang er doch und zerschmetterte. Im Mittelalter waren es Mönche, die immer wieder versuchten, das Geheimnis des fliegenden Menschen zu finden. Aber sie stürzten immer, brachen sich Arme, Beine, Genick. Berühmt durch den Ingenieur-Schriftsteller Max Eyth ist der fliegende Schneider von Ulm , Albrecht Berblinger , geworden. Vom Mün ster will er mit seinen Leinenflügeln über die Donau fliegen. Er fällt hinein und wird von den Fischerknechten, elend verhöhnt, derausgezogen. Viel Zeit verging und keinem gelang es, das Problem zu lösen. Um das Jahr 1808 baute sich in Wien der Uhrmacher Degen ein paar mächtige Flügel von sieben Meter Spannweite aus gefir« nistem Papier. Hochsteigen konnte er mit seinen Flügeln erst, als er über sich einen kleinen Ballon anbrachte. Diese sonderbare Maschine führte er dann dem Volke im Wiener Prater vor. Kühn geworden, ging er nach Paris , um seine Kunst zu zeigen. Aber dort wählte er einen zu kleinen Ballonaustrieb. So sehr er- mit den Flügeln schlug, er kam nicht^bom Boden hoch und die wütenden Pariser verdroschen ihn elendiglich. Einen ähnlichen Weg ging siebzig Jahre später de Groof. Er ließ sich mtt seinen Flügeln von einem Ballon an einem Seil etwa dreißig Meter hochheben und dann abschneiden. Es zeigte sich, daß Degen in Paris trotz seiner Prügel noch besser fuhr als de Groof hier in London . Dieser fiel, abgeschnitten, wie ein Stein zu Boden und zerschellte. Von dieser Zeit an hatte man den Glauben an den Muskellraftflug des Menschen verleben und begann sich mehr auf die Maschine zu verlassen. Mit welchem Erfolg, das wird anschaulich der nächste Krieg zeigen. Inzwischen hat es aber immer wieder Menschen gegeben, die neue Versuche machten, mit Flügeln und eigener Muskelkraft zu fliegen. Besonders in neuerer Zeit sind diese Experimente wieder häufiger geworden. Wir wollen dabei nicht von den Segelfliegern sprechen, jener Abart der Aeroplane , die sich von günstigen Winden tragen lassen und die ohne jeden Motor soviel Erfolge für sich buchen konnten. Eine neue Art des Muskelkraftfluges spuckt seit Erfindung des Fahrrades in den Köpfen vieler Menschen. Jeder, der in seinem Leben viel mit Schlossern, Mechanikern und Monteuren zusammenkommt, hat schon einen getroffen, der das fliegende Fahrrad erfunden haben wollte. Seltener sind die, die es auch zu bauen versucht haben. Nun hat dieser Tage auf dem Moskauer Flugplatz ein Erfinder ein neues Modell eines solchen fliegenden Fahrrades vorgeführt. Es ist ihm auch gelungen» durch heftiges Treten der Pedale neunzehn Sekunden über der Erde zu fliegen. Eine neue Abart des fliegenden Menschen zeigte der kühne amerikanische Fallschirmab- springer Clem. Mit einem Fluganzug aus Aluminiumstreben und leichtem Tuch sprang er aus einem Flugzeug. Dann führ er wie eine Schwalbe durch die Luft. An der Erde wäre er aber trotzdem wie ein Stein zerschellt, wenn er nicht vorher den mitgeführten Fallschirm geöffnet hätte. Durch diesen Vogelanzug erhält aber jedenfalls der Fallschirmabspringer eine Manövrierfähigkeit.. Er kann seinen Absprung nach einem Punkt hin dirigieren und das ist auch der praktische Sinn dieses Vogelanzuges, den in einem neuen Modell auch der russische Fallschirmabspringer Georg Schmidt über dem Moskauer Zentralflughafen vorgeführt hat. Schmidt sprang in einer Höhe von eintausendzweihundert Metern aus dem Flugzeug. Er kreiste mtt einer Fluggeschwindigkeit von zwanzig Metern in der Sekunde über dem Platz. Jn einer Höhe von sechshundert Metern öffnete er dann den Fallschirm. In diesen Julitagen des Jahres 1935 hat auch die Donau wieder ihren neuen Albrecht Berblinger in ihre kühlen Fluten ausgenommen. Der junge Erfinder Stephan Kiraly sprang mit angeschnallten Flügeln von einer Eisenbahnbrücke bei Budapest . Er landete nach einigen Schlägen seiner Flügel in der Donau . Seinen Rettern eicklärte er, daß er die Versuche solange fortsetzen werde, bis er das Problem des Fluges mit MenschenmuSkel- krast gelöst hätte. D.
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15 (11.8.1935) 186
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