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Nr. 203
Samstag, 31. August 1935
Seite 3
Moskau.( Taß.) Ter französische Schriftsteller Henri Barbusse starb hier Freitag früh um 8 Uhr 55 an einer Lungenentzündung im Alter von 62 Jahren.
Nun ist in den Schreckensteiner Schichtwerken| Die Herrschaften schäßen die Schichtarbeiter doch zum Heile Hitlers und Henleins alles gut geraten. fehr niedrig ein, wenn sie glauben, daß ihre Die Betriebsausschußwahlen brachten bekanntlich Nazifniffe nicht bemerkt werden. mit aller möglichen Wahlhilfe einen glorreichen Sieg der SHF. Dieser ist der nationalsozialistischen Garde im Betriebe, wie man allenthalben sieht, gewaltig in den Kopf gestiegen und die Nazi scheinen jetzt der Ueberzeugung zu sein, daß es bis zur Aufrichtung des Dritten Reiches bei uns gar nicht mehr weit sei. Am Morgen nach der Wahl begrüßten sich die Macher der Nationalsozialisten oftentativ mit„ Sieg Heil". Die Schicht- Nazi betonen eben auch nach außen hin, daß sie sich mit dem Dritten Reiche eng verbunden fühlen. Einen dokumentarischen Beweis dafür lieferten die Herren nach der Konstituierung des neuen Betriebsausschusses, als der neue Betriebsausschuß im Sinne der geschlichen Bestimmungen die neu gewählten Funktionäre des Betriebsausschusses durch Anschlag der Arbeiterschaft bekanntgeben mußte. Diese Kundmachung lautet:
ernannt:
Verlautbarung
In der am 27. d. M. stattgefundenen fonstituierenden Sigung des neu gewählten A. B.- Ausschusses wurden zu Amtswaltern Vorsitzender Hecke Adolf( Deutsche Arb. Lifte) Stellvertreter Huschner Ferd.( Sozialdemofrat) Schriftführer Habicht Jos.( Deutsche Arb. Liste) Hecke Adolf. Stampiglie A. B. A.
Der französische Dichter, dessen plöblicher Tod aus Mostau gemeldet wird, wurde gegen Ende des Weltkriegs weltbekannt durch sein Buch " Das Feuer", eine leidenschaftliche Darstellung der Kriegsschrecken, die eine erschütternde Anflage im Namen der Menschlichkeit war. Mit diesem Buche hat Barbusse das erste Werk der gro Ben Antikriegsliteratur geschaffen, die später auch in Deutschland durch Toller, Arnold Zweig , Res marque und Lirdwig Renn fortgeführt wurde. Sie sieht also eine Kundmachung des ArbeiBarbusse ist bis ans Ende ein Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit geblieben, ein rastloser An- ter- Betriebsausschusses der Schicht verfe im Jahre fläger gegen Unterdrückung und Völkerverheßung, 1935 aus. Es fehlt nur noch" Heil Hitler" dargegen Realtion und Barbarei. In seinem Werte unter und der sozialdemokratische Stellvertreter " Les Enchaînements"( Die Kette) hat er die Ge- ausgestrichen, dann könnte man glauben, der Gau schichte der immer neuen Versklavungen der ihrer IX sei schon Wirklichkeit. Dieſe bezeichnende VerKraft nicht bewußten Völker darzustellen unter- lautbarung hat die Tarnkappe der neuen Mehrnommen, und in zahlreichen anderen Romanen beit im Betriebsausschus etwas gelüftet. und Novellen( die zum größten Teil auch in deutschen Uebersetzungen erschienen sind) hat er das Schicksal der Unterdrückten in allen Ländern der Welt, die Leiden des Weltproletariats und der Opfer europäischer Kolonialpolitik mit leiden schaftlicher Anteilnahme und bezwingender Beredsamkeit erzählt. Ein Dichter wie Barbusse hat sich von Anfang an nicht auf das Gebiet der " reinen Literatur" beschränkt, er trat als Politiker vor die Oeffentlichkeit, als Organisator von Schriftstellerfongreffen, als Redner und als- Herausgeber der Pariser Wochenschrift Monde", mit der er ein Organ für die fortschrittlichen und rebolutionären Intellektuellen aller Nationen schaffen wollte. Insbesondere widmete sich Barbusse in den letzten Jahren der geistigen Unterstübung des Kampfes der um ihre Freiheit ringenden Kolonialvölfer in Afrika und Asien , der Propaganda für die Sowjetunion und der Organisierung des antifascistischen Kampfes.
Das Begräbnis
des Genossen Dr. Lev Winter
findet Sonntag, den 1. September, um 11 Uhr bormittags vom Zeremoniensaal' des Prager
Die Schicht- Nazi werden sich jetzt vor Freude feinen Rat wissen. Denn der erste Erfolg ist da. Man hat jezt keine Funktionäre mehr im Betriebsausschuß, ſondern waschechte Amt 3 wal- ter. Was bekümmert es diese Leute und ihre bekannten Hintermänner, daß das Betriebsaus schußgefeß keine Ernennungen kennt, sondern daß alle funktionäre ordentlich zu wählen sind. Der Verfasser und seine Hintermänner scheinen vergessen zu haben, daß sie auf Grund des demokratischen Betriebsausschußgesezes, welches von den berhaßten Sozi errungen wurde, gewählt wurden.
das ist eine Frage
leichter Kost!
Aus dem Anschlage der Schicht- Nazi stechen eigentlich drei Momente hervor: 1. Die Unwissenheit. Denn es ist ein Unsinn, großsprecherisch von der Ernennung von Amtswaltern zu sprechen, wenn das Gesetz demokratische Wahlen vorschreibt. 2. Die Naivität, mit welcher man den Schichtarbeitern zu glauben zumutet, daß wirklich e Wechsel des Systems eingetreten sei. 3. Das Raffinement, mit welchem man sein eigenes politisches Bekenntnis wegläßt, aber den verhaßten Vorfizenden stellvertreter vor der Arbeiteröffentlichfeit und der Direktion als Sozialdemokraten deklariert. Für unseren Vorsitzendenstellvertreter Genossen Huschner ist es gewiß ein Ehrentitel Sozialdemokrat" genannt zu werden. Aber an dieser Stelle als solcher bezeichnet zu werden, ge= hört doch in ein anderes Gebiet. In der ganzen Aufmachung liegt eine deutliche Demonstration nach mehreren Richtungen hin. Einmal um den Begriff„ deutsch " nur für sich in Anspruch zu nehmen und um andererseits nach oben und außen hin unseren Genossen Huschner au brand- Nur echt mit dem Namenszug marken. Diese offensichtliche Demonstration wird den Schicht- Nazi nur das eine einbringen, daß
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Ceres
Schicht
man sie in ihrer vollen Gänze allgemein erfannt Kriegsmaterial für Malta hat. Es ist besser, sie lassen ihre Tarnkappe fallen und zeigen sich offen als das was sie sind. Ihr überschäumendes Nazigefühl bringt sie halt immer mehr zur Selbstentlarvung. Denn man fann doch nicht annehmen, daß die mit Rechtswissen so gut„ beratenen" deutschen Recken so beschränkt sind, um nicht zu wissen, daß politische Parteien in den Arbeiter- Betriebsausschuß nicht kandidieren können, sondern daß nur Gewerkschaftsorganisationen im Betriebe zur Wahl Listen aufstellen dürfen. Ihre Berater werden sie wahrscheinlich mehr im" Furor Teutonicus" unterrichten, als über die Auslegung unserer demokra
tischen Geseze.
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Jene Schichtarbeiter und nicht zuletzt Arbeiterinnen, welche ihre Interessen in die Hand dieser neuen Beglücker" legten, sind jedenfalls zu bedauern. Die klassenbewußten Arbeiter und deren Organiſationen werden sich von diesen Herrichaf ten und ihren Kinkerlißchen nicht beeinfluſſen lassen. Der Jubel und das„ Sieg Heil" der Schicht- Nazi und deren Anhänger, wie Aufseher, Meister und Betriebsleiter werden auch wieder ihr Ende finden. Der Leitung der Schichtwerke aber kann man zu so einer fabelhaften Reflame nur gratulieren. Nun waltet fröhlich, frisch und fromm darauflos, wir kommen wieder.
schaftlichen Maßnahmen der italienischen Regie
London.„ Daily Telegraph " berichtet: Der Verkehrsdampfer ,, Bellerophon"( 9000 Ton= nen) ist gegenwärtig im Hafen von Portsmouth eifrig damit beschäftigt, Geschütze und sonstiges Material für die Verstärkung der Flugzeugabwehr für Malta aer Bord zu nehmen. Marineinfanterie und Fußartilleristen sind mit der Verladung beschäftigt. Die beurlaubten Offiziere und Mannschaften der Flughäfen Gosport und LecOn- Solent sind zurückberufen und alle Urlaubsbewilligungen aufgehoben worden. Dem Luftfahrtskorrespondenten des„ Daily Telegraph "
zufolge haben die Flugzeug- Mutterschiffe Fu= rious" und" Courageous" außer ihrer normalen Ladung von Flugzeugen( 33 bzw. 48 Maschinen) noch eine große Zahl weiterer Flugzeuge verladen. Italienische
Gegenmassnahmen
Paris . In Besprechung der Vorbereitun
gen zu großen italienischen Manövern im Mit telmeer befaßt sich„ Paris Midi" des breiteren mit einer Meldung des„ Matin", derzufolge 60 italienische U- Boote den Befehl erhalten
haben, zur Abfahrt in die Gewässer südlich von Sizilien , d. i. in die Nähe der Insel Malta , sich bereit zu halten. Es scheint, heißt es auch in der Depesche, daß große italienische Luftstreitkräfte an der ſizelischen Küste konzentriert werden.
Einer Meldung aus Alexandria zufolge haben während der letzten 48 Stunden Transportschiffe mit mehr als 10.000 italienischen Sol. daten den Suezkanal nach Süden durchfahren. Mussolini am Brenner
London . Die Kommentare der britischen wagen, wenn es diese Organisation verstehen Theatralische Pose an der Zollschranke Presse zu dem amtlichen Kommuniqué über den würde, mit Erfolg sich Italien entgegenzustellen. italienischen Ministerrat in Bozen sind zum Teil Baldwin kehrt nach London Bozen . Mussolini begab sich am Donnerstag zurück sehr scharf, insbesondere, soweit über die wirtin Begleitung des Generalsekretärs der fascistischen Partei Starace auf den Brenner. Dort berParis. Der englische Ministerpräsident ließ er seinen Wagen und begab sich an die les Bains abkürzen. Er wird am Donnerstag schen Zollbeamten, schüttelte ihnen die Hände und Einige Blätter schreiben, daß allerdings nächster Woche in London erwartet. In London unterhielt sich freundschaftlich mit ihnen; er ließ Der plötzliche Tod Dr. Winters rief in Genf bereits seit einigen Monaten irgendwelche Zah- behauptet man, daß seine Anwesenheit in London sich auch von ihnen photographieren und verteilte insbesondere in den Kreisen des Internationalen lungen auf italienische Anleihen sehr schiver zu zwar durch keine dringende Angelegenheit erfor- Unterschriften. Darauf besichtigte der RegierungsArbeitsamtes einen tiefen Eindruck hervor. Der erhalten waren. Die größte unzufriedenheit be- dert wird, daß man es aber für wünschenswert chef die Kaserne der Grenzivache, auf der er die Direktor Arbeitsamtes kunden die Seehandelspläße. Das Wochenblatt erachtet, daß er in London anwesend sei, wenn italienische Trikolore hissen ließ, und begab sich Butler ist nach Prag abgereist, um an dem für Handelsschiffahrt,„ Syren and Shipping" die wichtigen Beratungen des Völkerbundes in dann sofort mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug Begräbnis Dr. Lev inters teilzunehmen. schreibt offen, daß Italien deutsche Methoden zur Genf stattfinden werden.
Krematoriums statt. Gemäß dem Wunsche des rung und über die Zivangstonversion der Aus Baldwin wird seinen Kuraufenthalt in Bad Air 3ollschranke. Er begrüßte die österreichi
Verstorbenen wird das Begräbnis in aller Ein- landsanleihen gesprochen wird. fachheit und ohne Trauerfonduft erfolgen.
des Internationalen
Sorgen der Christlichsozialen
um uns
Bergwerksbesizer, schreibt das
Blatt, wird
zögern, Geschäfte mit Italien abzuschließen. Wir werden sehen, ob sich Italien wird ohne englische Stohle und ohne englische Schiffe behelfen können.
Finanzierung seines abessinischen Feldzuges anwendet. ,, Daily Telegraph " führt aus, die Zeit sei nicht fern, in der Italien auch nur ein einziges Schiff werde anheuern und auch nur eine einzige Tonne englischer Kohle kaufen können. Auch der Die Deutsche Presse", das Hauptblatt der unternehmungslustigste englische Reeder oder Christlichsozialen, macht sich Sorgen darüber, daß die deutschen Sozialdemokraten an der gemeinjamen Beratung der tschechischen Sozialdemokraten mit den Nationalsozialisten nicht teilgenommen haben, was nach Meinung des Blattes, ein Beweis dafür sei, daß die deutschen Genoffen im sozialistischen Block nicht als gleichwertige Die Times" schreiben zu dem amtlichen Glieder gewertet und betrachtet werden". Wie Kommuniqué über den in Bozen abgehaltenen weit es mit dieser Behauptung der Deutschen Ministerrat: Die Erklärung fördert nicht die Presse" her ist, deren Redakteure andere Zeitun Sache des Friedens, sie klärt aber wenigstens gen nicht ordentlich lesen können, lehrt die von daß am vorhergehenden Tag eine Beratung der uns bereits am 23. August gebrachte Nachricht, einigermaßen die Lage, vor welches sich der Völterbundsrat gestellt sehen wird. Mussolini will einen Krieg. Es wäre taum Bertreter der deutschen Sozialdemokratie stattge- unfair, zu behaupten, Mussolini würde enttäuscht funden hat, in der in Bezug auf die Leuerung sein, wenn er seine Absichten in Abessinien o h ne und Wirtschaftspolitik das entsprechende Einver- Krieg erreichen könnte. Das Blatt hält es für nehmen erzielt wurde. Die Betrachtungen, die zweifelhaft, ob Mussolini jich über irgendein koloalso die„ Deutsche Preſſe" anstellt, sind müßig niales Mandat freuen würde, denn er scheine entund jedes politische sind wird wissen, daß der schloffen zu sein ,,, die Fascisten zu einem billigen Einfluß der deutschen Sozialdemokratie im sozias Siege über einen schlechtbewaffneten afrikanischen listischen Block doch etwas größer ist als der Einfluß der Christlichsozialen in der klerikalen Ins ternationale dieses Landes. Im übrigen möge Genfer Verhandlungen mit einem Mißerfolg ſich das Blatt gejagt sein lassen, daß die Zusam- enden, dann wird Deutschland längstens innermenarbeit zwischen den tschechischen Genossen und halb 10 Jahren in einen Strieg getrieben werden. den Nationalsozialisten von uns begrüßt wird. Wie könnte sich auch Deutschland eine so herrliche da dadurch gerade die Forderungen, die wir an- Gelegenheit zur Ausbreitung seiner Macht ente gesichts der Teuerung erheben und die in der gehen lassen? Wird jedoch, sagt das Blatt, sichtgleichen Richtung laufen wie jene der tschechischen lich an Paris gerichtet, Genf einen Erfolg haben, wird Deutschland nichts gegen den Völkerbund Sozialdemokraten, an Nachorud gewinnen.
Staat zu führen."
,, News Chronicle" schreibt: Sollten die
Wronkow
KONZENTRATIONS
LAGER
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SCHUTZHAFT
Die Gerechtigkeit wurde von der Hakenkreuz- Mehrheit niedergebrüllt