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Sonntag. 1. September 1935

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Eine Million unter Waffen Kriegerische Rede Mussolinis beim Abschluß der Manöver

Gasschuttvorkehrungen auf Malta London . Reuter meldet au- Malta : Dir Behörden haben am Freitag an die Bevölkerung ein neues Flugblatt mit Weisungen über da» Verhalten bei Luftangriffen und über Maßnahmen gegen Gift« gas auSgegeben. In mehreren staatlichen Schu­len werden gassichere Räume gebaut. ES wird belanntgegeben, daß das Warnungssignal beim Nahen feindlicher Flieger aus Böllerschüssen be« steht. DaS Ende der Gefahr soll durch daS Läuten der Kirchenglockcn verkündet werden. Die Regierung von Malta hat den Bau bombensicherer Unterstände in allen Bezirken der Insel angeordnet. Die Polizei erhält Unterricht in Maßnahmen zur Giftgas- Abwehr.

Auflösung des Wirtschaftsgebietes der alten Mon­archie sind noch heute lebendig. Wir müssen den Widersinn täglich aufs neue verspüren, daß ge­waltige Sektoren der Industrie unserer Republik einst dazu bestimmt ein ungeheueres Wirt­schaftsgebiet zu versorgen heute bcachliegen, daß hunderttausende Arbeiter aus diesen Indu­strien brotlos wurden, während gleichzeitig die Preise wichtiger Nahrungsmittel, wie etwa des Fleisches, bedenklich in die Höhe gehen, weil diese Waren in unserem Staat nicht in der nötigen, Menge produziert werden können. Gewiß sind solche Nöte zum großen Teil auf Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zurückzuführen, aber viele von ihnen ließen sich dennoch lindern, wenn ein konstruktiver Donauplan kom­pensatorische Wirtschaftsverträge möglich machte, nach denen rein agrarische Donaustaaten unsere Jndustrieprodukte abnähmen und dafür den Ueberschuß etwa ihrer Viehproduktion an uns lieferten. Freilich bleiben all diese Pläne fromme Wünsche, solange diesen wirtschaftlichen Notwen­digkeiten der solide politische Unterbau fehlt. Und Voraussetzung dieses politischen Unterbaues jeder Donaulösung ist, daß die Donaustaaten einander als wirklich nicht bloß dem Worte nach unabhängige Partner einander gegenübertreten. Solmrge einer der wichtigsten dieser Donaustaa­ten Oesterreich eine Provinz des italieni­schen FasciSmuS ist und in ständiger Gefahr schwebt eine Provinz deS deutschen zu werden; solange in Budapest die offiziellen und inoffiziel­len Delegierten Hitlers und Mussolinis mit Re- gierungSmitgliedern um die Macht schachern, so­lange muß jeder Donaupakt ein Spiel mit Wor­ten bleiben. Man muß sich endlich darüber klar werden, daß jede Lösung im Donauraum und eine solche Lösung wird von Tag zu Tag politisch und wirtschaftlich dringender ein Spiel mit Worten bleibt, solange ein Teil dieses Tonaurau- mes SpielMrtz fascistischer Kolonialkämpfe ist. Unter der fascistischen Devise: der Donauraum der Kriegsschauplatz des autoritären Imperialis­mus! ist im Herzen Europas dessen gefährlichster Brandherd entstanden. Unter der Devise:Fasci- stischer Imperialismus, hinaus aus dem Donau­raum! Die Nachfolgestaaten den freien und un­abhängigen Völkern der Nachfolgestaaten!" kann dieser Brandherd gelöscht und an seiner Statt ein konstruktives, demokratisches Wirtschaftsgebilde errichtet werden. Vielleicht sind der Tage, in denen die Demokraten noch Gelegenheit zu solcher Lö­sung haben werden, nicht mehr viele. Es ist ent­scheidend wichtig, keinen einzigen zu verlieren.

Bozen . In Gegenwart des Königs er­klärte Mussolini bei der die Manöver abschließen­den Truppenschau, in anderen Zeiten seien die einberufenen Reservisten nach den Manövern ent­lassen worden. Doch das geschehe in diesem Jahre nicht. Im September würden noch 200.000 Mann eingezogen, so daß die italienische Wehrmacht die vorgesehene Zahl von einer Million Mann«nter den Waffen haben werde.

Die Welt soll wissen, daß, wenn weiterhin in törichter und provokatorischer Weise von Sank­tionen gesprochen«erde, Italien auf keine« Soldaten, keinen Matrosen und keinen Flieger verzichte, sondern seine Streitmacht auf die höchste Effektivstärke dringen werde. Die hohe Moral und die Widerstandskraft der Truppen hätten ge­zeigt, daß sie auch die härtesten Anforderungen biszuEnde erfüllen werden, wenn daS Vater­land sie rufe.

Hlinkas Politik Die Leitung der slowakischen Volkspartei (Hlinka ) hat dieser Tage in Preßburg eine Sitzung«-gehalten, in der diese Partei eine Ent-, schließuftg faßte, wonach sie an ihrer oppositionel­len Haltung weiter festhalte, daß ihre Presse weiter oppositionell schreiben und daß die politi­sche Erziehung ihrer Anhänger in diesem Sinne erfolgen werde. Angesichts der Tatsache, daß man seinerzeit bei der Bildung der Regierung nach den Wahlen im Mai daran dachte, die Hlinka -Leute in die Koalition hineinzunehmen und man dann, als dieser Versuch mißlang, davon sprach, daß dies vielleicht im Herbst möglich sein werde, wird dieser jüngste Beschluß der slowaki« schen Vollspartei von der tschechischen Presse mit Interesse ausgenommen und verschieden kom­mentiert. DaS Blatt der Tschechischllerikalen, dieLi- dovö Listy" bedauern, daß es noch nicht gelungen ist, die größte slowakische Partei für die Zusam­menarbeit in der Koalition zu gewinnen, um s» mehr, als sich schwierige Zeiten für den Staat ergeben können. Allerdings braucht man die Hoffnung nicht aufzugeben, daß die slowakische Vollspartei ihre Ansicht ändern werde. Es wäre ein staatspolitischer Akt von hoher Bedeutung, wenn es gelänge, die slowakische Vollspartei in die Regierung zu bringen!Auch wenn die Hoffnung darauf nach den Beratungen in Preß­ burg eine geringe ist, ist die Hoffnung doch vor­handen." Erste Slovo" wieder hebt hervor, daß es sich den Slowakisch-Klerikalen um nichts anderes gehandelt hat, al- um die Betonung ihres bis­herigen oppositionellen Vorgehens, da sich ja in den Parlamentsferien nichts ereignet hat, wozu hätte konkret Stellung genommen werden können. Die Slowakisch-Klerikalen hätten nur die Oeßfentkichkett daran erinnert, daß sie noch in Opposition seien. Was die Bemerkung in der Entschließung der flowakischen Volksparteiler be­trifft, daß ihre Presse weiter oppositionell schrei­ben werde, sei dies nicht weiter verwunderlich, weil ja diese Presse auch zu einer Zeit oppositio­nell geschrieben habe, da die Hlinka-Partet in der Regierung war. Auch dieLidovö Noviny" betonen, daß der Beschluß in Pretzburg nicht überrascht habe. Die Tatsache, daß die Verhandlungen der siowakischen Bollspartei mit Malypetr seinerzeit ergebnislos ausgefallen sind, hat Hlinka sehr erregt und ihn in seiner oppositionellen Haltung versteift. Der Beschluß sei nur ein Manöver. Vor der Oeffentlichkeit soll die oppositionelle Haltung der Partei weiter betont werden, während man sich für die Verhandlungen mit den Regierungs­parteien eine Grundlage schaffen will. In der Sitzung wurde, wie andere Blätter melden, auch über die sogenannte Broschüren- Affäre viel gesprochen. Vor kurzer Zeit ist näm­lich zweifellos aus der Feder eines führenden Politikers der slowakischen Bolkspartei eine Bro­schüre erschienen, welche sich gegen die Politik der Partei und insbesondere gegen den Chefredakteur deSSloväk", den Abgeordneten Sidor, wen­det, der angeblich Ministerkandidat der Partei ist und jetzt wegen einiger Artikel, die er geschrieben hat, zu drei Wochen Arrest verurteilt wurde. In de Sitzung soll nun der Senator Dr. Viktor R a v a s erklärt haben, daß er die Broschüre zwar nicht verfaßt habe, mit ihrem Inhalt aber über« emstimme und auch Material geliefert habe. Gegen diesen Senator soll nun vorgegangen werden.

400.000 Abessinier im Norden konzentriert

Munition nur für drei QroBkampftage? AddisAbeba. Die kriegerischen Bor- bereitnngen in Abessinien schreite« in beschleunig­tem Tempo fort. Im Nordteil des Lande- wur­den an 400.000 Mann konzentriert und eS«er­den hier Steinmauern gegen die Angriffe derTankS errichtet. In Oga- den wurden 18 kleine Festungen ge­baut, in welchen die Truppe« zusammengezogen werden. Die Besatzungen in den Städten Dschi- dschiga, Gerlogubi und Dagabur« wurden ver­stärkt. Im Süden verläßt sich Abessinien auf die Eisenbahn und auf daS Klima, welche- für Euro­päer vollständig unerträglich ist. Auch dort wer­den bereit- alle Dorkehrungen für eine allgemeine Mobilisierung getroffen. Die amtlichen Stellen, vertrauen auf da- alessinische Militär, doch wird dem HavaSbericht- erstatter zufolge der Mangel an Muniton, die an­geblich höchstens für drei Tage eine- moderne» Krieges au-reicht, schwerlich durch die ausgezeich­nete Disziplin»nd Tapferkeit deS abessinischen Soldaten wettgemacht werden. Abessinien verläßt sich darauf, daß es gleich nach Eröffnung der Kämpfe Waffm-»nd Muni­tionslieferungen erhalte» werde; es werde sie aber schwer bezahlen können, wenn in Betracht gezogen wird, daß daS abessinische Jahresbudget 30 Millionen Theresientaler beträgt.

Die Bevöttenmg Abessiniens läßt sich schwer davon überzeugen, daß es zweckmäßiger sei, Ver­handlungen zu pflegen alS Krieg zu führen. Der Generalstai wird seinen Sitz in Addi- Abeba haben und mit seinen Truppen mittel­sieben Radio-Stationen in Fühlung sein. Der Aufruf an die Bevölkerung, sich für die Beoteidigung gegen Fliegerangriffe vorzube­reite«, bat im Laude große Unruhe hervorge- rufen. Biele Greise, Frauen und Kinder haben bereit- die Hauptstadt verlassen und find i n die Berge geflüchtet, welche volle Sicher­heit bieten. Im königliche« Palast werden zur Zeit bombensichere Uaterstände gebaut. Freiwillige dankend abgelehnt London . Die abessinische Gesandschaft in London veröffentlichte eine Erklärung, in der sie zwar die Sympathien der Europäer, die sich für den abessinischen Militärdienst melden, aner­kennt, zugleich aber konstatiert, daß die abessini­sche Regierung derartige Anerbieten schon wegen der Verschiedenartigkeit der Sprache nicht anzu­nehmen vermag. Es verlautet, daß allein bei der abessinischen Gesandtschaft in London gegen 2800 derartige Meldungen eingelangt sind.

Der türkische Außenminister in Bled B l e d. In Bled ist Samstag vormittags auf seiner Reise nach dtr türkische Außen«" Minister Dr. R« s ch d i Ara-«ngetroffm. Er hatte hier mit dem jugoslawischen Minister­präsidenten Dr. Stojadinovii eine Zu­sammenkunft. Stoja-inovi! hatte am Vormittag" mit Ruschdi Aras und dem rumänischen Außen­minister Titulescu eine Beratung, die nach dem Mittagessen in Anwesenheit des griechischen Gesandten in Belgrad Mela-, der den griechischen Außenminister vertrat, fortgesetzt wurde. Diese Besprechung war also eine Konferenz der Staaten des Balkanpaktes. Bei der Konferenz wurden sämtliche Fragen behan- delt, die den Balkanpakt berühren. Stojadinovik informierte den türkischen Außenminister Wer

da- Ergebnis der Tagung de- Ständigen Rates der Kleinen Entente. Die Repräsentanten der Staaten des Balkanpaktes gelangten zu einer vollen Einigung über ihr künftige- Borgehen, in-bespndere was,dje Arbeiten und dar Berhal- teri m Ä e ft f betrifft.

Australien gegen Sanktionen? London . Di« Pressemeldungen, wonach die australische Regierung ihren Oberkommissär B r u c e in London angewiesen haben sollte, sich der Anwendung von Sanktion en zu widersetzen, ha­ben zu einer Erklärung des australischen Mini­sterpräsidenten Lyon - geführt. Nach Abschluß eine- Kabinettsrates sagte er, diese Meldungen seienunautorisiert und irreführend". Die australische Regierung könne und dürfe ihre Hal­tung gegenüber einer Lage, die noch gar nicht ent­standen sei, nicht näher darlegen.

VILLA OASE oder; DIE FALSCHEN BORGER Roman von Eugene Debit Berechtigt« Uebertragung aus dem Französischen von Bejot

Nur wenn der Name ihrer Eftern fiel, oder wenn man sie nach ihrem Befinden fragte, trübte sich ihr Glück. Ach, und wenn eS zehn wurde, mußte sie gehen. Etienne begleitete sie. In den dunklen, einsamen Straßen, gingen sie langsam wie in­mitten eine- Waldes. DaS Licht der Laternen schuf von Zeit zu Zeit Helligkeiten, die Sonnen­flecken glichen. Helene sah sich in einem Spiegel. Ihre Wangen glühten, ihre Augen glitzerten. Sie war gar nicht müde, so sehr belebte sie dir Nähe ihrer BetterS. Sie versprach ihm, sich zu pflegen. Nur, damit er zufrieden wäre. Denn sie selbst glaubte noch immer nicht, daß sie wirk­lich krank sei.Sonst läge ich wohl jetzt längst im Bett", sagte sie lachend. An einer bestimmten Ecke fragte Etienne leis«:Sieht man sich bald?" Am liebsten hätte sie geantwortet:Mor­gen." Sie überquerte die Plaee Blanche. Die leuchtenden Flügel von Moulin-Rougc, die durch die Nacht pflügten, blendeten, verdächtige Pärchen beunruhigten sie. Sie war froh, al- sie in der Rue Bourquin war. Glücklich ging sie zu Bett. Plötzlich schien sich ein Abgrund vor ihr aufzutun. Sie hustet«. E» begann mit einem Kribbeln im Hals, dem ein kurzes» trockenes Bellen, dann ein Röcheln, fast wie ein ErstickungSkrampf, folgte. Sir mutzte sich aufrichten. Sie suchte ihr Taschen­tuch, doch sie mochte spucken, soviel sie wollte:

diese- entsetzliche Würgegefühl verließ sie nicht. Etienne hatte sie ganz zuversichtlich verlassen. Nun, sie hafte ihn ebenso belogen, wie sie ihre Eltern und sich selbst belog. Sie sah Mamina stöhnend im Bett liegen und bekam Angst. Wen sollte sie rufen? ES hörte sie ja doch niemand. Sie stand auf, um die Furcht zu überwinden. Bleich und gebrechlich wandelte sie in ihrem langen Nachthemd durch die Wohnung, blieb vor Irma- Bildni- stehen, setzte sich an den Ofen, kehrte in ihr Zimmer zu­rück und wurde wieder von der gleichen Angst befallen. Sie warf sich vor, daß sie in falscher Scham die Wahrheit verheimlicht hatte. Sir hatte gelogen, um ihre Mutter nicht zu beunru­higen und Julien seinen Entschluß nicht bereuen zu lassen. Doch länger würde sie sich nicht ver­stellen können; eS wurde ihr mit jedem Tage schwerer. Jetzt wäre sie ihrer Mutter um den Hal- gefallen, um ihr alle- zu gestehen. Ja. aber Irma fand nie Zett, zu ihr zu kommen. Und würde Julien Verständnis für sie haben? Man ließ sie allein. DaS Glück, reich zu fein. daS sie früher ersehnt hatte, bedeutete ihr schon nicht- mehr. Sie zählte die Tage. Wenn ihre Mutter kommen würde, sollte sie alle- erfahren. Sie würde mit ihr zum Arzt gehen, und im Früh­ling würden sie Paris verlassen. Einmal fragie sie Julien:Ob Luftveränderung mir gut täte?" Er sagte weder ja noch nein. Auf dem Lande würde sie besttmmt zunehmen. Nur der Gedanke, auf Etiennes Gesellschaft verzichten zu müssen, stimmte sie traurig. Eines abends eröffnete ihr Julien: In zwei Tagen sind wir wieder zu Hause." Sie umarmte ihn, als habe er sie aus der Gefangenschaft befreit. Jetzt winkte ihr Erlösung von ihrer Mutlosigkeit und Langweile. Sie würde mit ihrer Mutter ins Kino und in die Läden gehen.

Am Tage der Heimkehr machte sie sich schön. Immerzu sah sie nach der Uhr. Die Zeiger schie­nen stillzu stehen. Dieser Tag war ein Markstein in ihrem Leben wie der Tag der Abfahrt von Lausanne . Endlich! Ein Schlüssel drehte sich im Schloß. Sie lief hinaus. Mama!" Guten Tag, Liebling. Na, laß mich mal erst hinein." Als sie im Sessel saß, ihre Tochter auf den Knien,, fragte sie: Und was macht die Gesundheit?" ,,E» geht mir gut. Nur gelangweilt habe ich mich, nicht zum Aushalten. Ich wollte dich schon besuchen, doch Onkel hat es verboten. Jetzt bleibst du da?" Ein starker Hustenanfall unterbrach sie. Sie fürchtete, Irma würde peinliche Fragen an sie richten. Aber Julien, der durch- Eßzimmer fuhrwertte, schrie: .Was hast du denn gemacht, Helene? Hier ist ja alle- in Unordnung." «Hör nicht hin. Er ist ein ekelhafter Pe­dant. Zunächst will ich mich einmal gründlich ausschlafen. Ich bin ganz erledigt. Einen Monat keine Nacht Ruhe, das spürt man!" Später vertrete ich dich", flüsterte Helene. Onkel schimpfte, Mutter war müde. Wieder war sie allein, aber diese Art von Einsamkett schmerzte noch mehr. Nein, nie würde sie den Mut finden, sich ihren Eltern anzuverttauen und sie zu stören. Lieber log sie weiter. Sie ging ins Eßzimmer und fragte bescheiden: Darf ich Ihnen helfen, Onkel?" Damit ich auch noch über dich stolpre? Danke, mir genügt der Dreck, den du angerichtet hast. Alles hast du auf den Kopf gestellt. Wohin ich trete, liegt ein Taschentuch von dir. Und obendrein wird mir Irma, kaum daß sie im Kahn liegt, auch noch eine Szene machen. Da­sehe ich voraus. Ich hätte mich nicht um dich ge­kümmert und sie beschwindelt. Aber daS hört nun

auf! Ob du krank bist oder nicht: noch heute bringe ich dich zu Papa Adam» Freund." Helene saß zwischen Irma und Julien und stopfte sich da- Essen in den Mund. Sie bestürm­ten sie mtt Fragen über alles, wa» sie in dem Monat erlebt hatte, und sie antwortete mit neuen Lügen. Sie war noch nie beim Arzt gewe­sen und zitterte vor Furcht und Hoftnung. Kaum waren sie vom Tisch aufgeftanden, kommandierte Julien: Zieh den Mantel an, Helene. Und du, Dicke, mach dir keine Sorgen." Irma warf sich in einen Sessel und nahm die Zeitung zur Hand. Aber sie konnte die Rub-' nicht genießen. Leicht gesagt: sich keine Sorgen machen. Da kam sie nun, nachdem sie einen Monat geschiftet hatte, nach Hau- und hofft', wie Julien e- ihr beteuert hatte, ihr Mädel wohl zu finden, und nun statt dessen begrüßte sie eine zur Unkenntlichkeit abgemagerte Helene. Mann hatte nichts gemerft. Der ließ sich jeden Bären aufbinden. Sie hatte geglaubt, sich eint Lebensgefährtin für ihre alten Tage zu sichern, und hatte sich eine Kranke auf den Hals geladen, ein Mädchen, dem, mochte eS sich jetzt auch im Wohlstand befinden, immer ein Armeleutegeruch anhasten würde. Sie dachte lange nach. Diese Geschichte durchkreuzte ihre Plane, richtete ein Hindernis vor ihrem Ehrgeiz auf. Julien und Helene kamen spät zurück. Nur eine leichte Bronchitis, Mama. Der Arzt meint..." Er hat dir jede Aufregung verboten", unterbrach sie Julien.Geh in dein Zimmer und leg dich hin." Als sie draußen war, fetzte er sich, schnaufte, verzog sein Gesicht, rang die Hände. Du siehst ja aus wie ein Leichenbitter," sagte Irma.Was ist denn los?" Was los ist? Tuberkulös ist sie." (Fortsetzung folgt.).