Seite tDonnerstag, 5. September 1935Nr. 207Politische Gefangene werden in Rigaauf bestialische Weise gefoltertHitler-Methoden in LettlandDie Folter gehört noch seit der zaristischenZeit zum Inventar der Rigaer Polizei. In derdemokratischen Epoche haben diese Methoden nichtaufgehört, so daß das Parlament eine spezielleUntersuchungskommission für diese Angelegenheilbestellen mußte. Nach dem Umsturz im Mai 1934hat sich die Lage in den Gefängnissen bedeutenverschlechtert. Durch eine besondere Bestialitätzeichnet sich die politische Polizei aus. Fast allepolitischen Gefangenen werden beim Verhör grausamen Foltern unterworfen, um„Geständnisse"aus ihnen herauszupressen. Zu den üblichen Fol-termcthoden gehört das Schlagen mit Gummiknüppeln und langen, dünnen Sandsäcken, außerdem das Zusammenpressen und Schlagen der Geschlechtsorgane. Gelegentlich werden-jedoch auch„qualifizierte" Methoden angewandt. Dem politischen Gefangenen Leibowitsch wurden in der politischen Polizei die Kleider vom Leibe gerissen, einMetallgürtel angezogen, worauf er in eine Badewanne geworfen wurde, durch die elektrischerStrom geleitet wurde. Diese„elektrischeBadewanne" wird jetzt häufig angewandt:dem politischen Häftling Wilumson wurde dieseBadewanne bloß gezeigt, das genügte, um ihn zueinem„Geständnis" zu zwingen. Andere Gefangene werden mehrere Tage und Nächte hintereinander am Schlafen gehindert. Sie müssen dieganze Zeit auf Stühlen sitzen, und sobald dieAugen zumachen, werden sie mit Nadeln gestochen,ihre Stühle werden umgeworfen oder man preßtihnen brennende Zigaretten auf die Haut. EinenHäftling hat man mit solcher Gewalt mit demKopf auf den Tischrand gestoßen, daß ihm dasNasenbein gebrochen wurde.Im Keller der politischen Polizei ist eineFolterkammer mit allen möglichen Marterinstrumenten eingerichtet. Um die Gefangenennoch mehr«inzuschüchtern, sind die Wände dieserKammer schwarz gestrichen und mitSchädeln ausgeschmückt. Die schwächerenGefangenen„gestehen" bereits nach einer in derFolterkammer verbrachten Nacht alles, was manvon ihnen verlangt. Ein besonderer Folterknecht tritt beim Verhör der renitenten Gefangenen in Funktion und martert die Unglücklichen, bis sie das Bewußtsein verlieren oder ihnendie Knochen gebrochen werden.Mit Ausnahme der Nationalsozialisten werden alle Gegner des heutigen Regimes diesenMartern unterworfen. Aber am meisten leidendarunter einfache Arbeiter, Juden und frühereMitglieder der soziälistischen Parteien. Die Zustände in den Gefängnissen sind nicht besser. Besonders grausam sind die Verhältniffe im Zentralgefängnis in Riga. Auch schwerkranke politische Gefangene werden innerhalb und außerhalb des Gefängnisses für Schwerarbeitenverwendet. Indien Kalnciemcr Steinbrüchen(beiRiga) muß jeder politische Gefangene täglich zweiKubikmeter Stein brechen und verladen. Di.e normale Arbeitszeit beträgt 13 Stunden, bisweilenauch 17 Stunden. Die Diktatur hat überhaupt inallen lettischen Gefängnissen ein ganz unmenschliches Regime eingeführt. Um das Sitzen undSchlafen auf dem Boden in diesen engen, dunklenSteinlöchern zu erschweren, wird der Boden häufigmit Wasser begossen. Tagtäglich werden HäftlingeDas Opfereines HeiratsschwindlersSelbstmord durch Sprung in d« MoldauPrag. Dienstag abends sprang die frühereAngestellte eines Bufetts in Prag II, AntonicNovotna, von der Legionenbrücke in die Moldau und ertrank.Das 19jährige Mädchen hatte vor längererZeit den 49 Jahre alten Friedrich L a n d y skennengelernt, der sich ihr als Gutsbesitzer undvermögender Mann vorstellte und ihr schließlicheinen Heiratsantrag machte. Die Novotna verlangte, daß er vorerst die Einwilligung ihrerEltern, die in Brandeis a. E. wohnen, einhole.Tatsächlich fuhr Landys hin, von den vorsichtigenEltern wurde er jedoch abgewiesen und dem Mädchen wurde ein weiterer Verkehr mit dem vielälteren Mann verboten. Trotzdem kehrte dieNovotna nach Prag zurück, sie gab sogar ihreStellung auf und wechselte die Wohnung, so daßdie besorgten Eltern selbst mit Hilfe der Polizeidie Tochter nicht finden konnten. Als allesSuchen nichts half— Landys hatte seine Freundin nicht polizeilich gemeldet—, wurde in einigen Zeitungen die Meldung lanciert, daß derHeiratsschwindler Landys das Mädchen entführthätte. In den Zeitungen wurde Landys auch alsder geschildert, der er in Wirklichkeit war: einzivanzigmal vorbestrafter Betrüger,Zur Rede gestellt, gestand er seiner Verlobten, daß er wirklich ein berüchtigter Betrüger seiund versprach sich zu bessern. Das Mädchen nahmnun eine neue Stelle an— für 100 Kc monatlich—, um sich und Landys über Wasser zu halten. Zu den Eltern zurückzukehren wagte sienicht. Vor einigen Tagen erkrankte Landys, Montag früh starb er. Die Novotna, welche keinenAusweg mehr sah, folgte ihm in den Tod,in den Gefängnissen mit Gummiknüppeln geschlagen. In dem Rigaer Zentralgefängnis trateneines Tages die Gefängniswärter Kronis, Grau-dinsch und ein dritter in bie Zelle des HäftlingsJanson und fingen ohne jeden Grund an, ihn zuwürgen und zu schlagen. Der GefängnistvärterBlodneek packte den Häftling Melnis am Hälfe/,warf ihn zu Boden, steckte ihm den Türschlüssel, inMord beim FischdiebftahlErtappter Dieb erschießt einen WächterSeit einiger Zeit beobachteten die Wächterndaß ein Dieb die Fischkulturen in den Teichen vonBartousov bei Kopidlno plündert. Montaggelang es endlich dem Sohn des Aufsehers Freimann, Franz, den Räuber auf frischer Tat zustellen. Es war der 25 Jahre alte Karl Hra«s k y» der bereits einigemal als Wilderer vorbestraft. wurde und sich nun mit seinem-FreundPoupa auf den Fischfang verlegt hattet AlsHrasky sich entdeckt sah, zog er den Revolver undstreckte Franz Freimann mit zwei Schüssen nie-,der. Der Schwerverletzte starb bald nach seinerEinlieferung ins Krankenhaus. Poupa wurdeverhaftet, auf Hrasky wird eine Razzia in derUmgebung des Tatortes veranstaltet.Generalangriff der Rote«Rakovnik. Der zweite Tag der Kämpfe derdritten Manövergruppe in NördwestböhmeN standneuerdings im Zeichen des Vorrückens der Armeeder Roten, welche die vorgeschobenen Einheiten derBlauen bis zum Dienstag-Abend in die LinieSaaz—Podersam—Lubenz zurückdrängte. DerVormarsch der Roten wurde Dienstag nachmittagsdurch die im Raume südlich von Podersam eingesetzte Kavallerie der Blauen verlangsamt. Ausdem Raume Rudig griffen Tanks ein, welche bisin die Nachhüt der Einheiten der Roten vorstießen und in deren Linien Verwirrung anrichteten.Die Blauen hatten Dienstag abends einesehr gute Abwehrstellung ausgebaut.. Der konzentrierte' Angriff der Roten gegen diese Stellungbegann Mittwoch um 10.30 Uhr unter ausgiebiger Unterstützung durch Maschinengewehre undArtillerie. Gegen 12 Uhr drangen die Roten, nachKoleschowitz vor.482 Kilometer in der StundeNew N»rk. Der englische WeltrekordfahrerCamp bell verbesserte seinen absoluten Schnelligkeitsrekord für Automobile, in dem er einStundenmittel von 482.601 Kilometer auf derRennstrecke am großen Salzsee im Staate Utaherreichte.Tornado über FloridaMiami..Die sogenannten Florida-KayS-Jn-seln wurden von einem starken.Sturm, der Tornadostärke erreichte, heimgesucht. Im ganzen findmehr als 100 Personen ums Leben gekommen.Auf einer der Inseln war gerade eine Gruppe vonehemaligen. Frontkämpfern mit dem Bau einerneuen Landstraße beschäftigt, als der Tornadodahersauste. 75 dieser ehemaligen Fremtkämpferden Mund, so daß der Gefangene zu bluten anfing. Darauf wurde Melnis in den Karzer geschleppt. Die vollständig mangelhafte Verpflegung, verbunden mit Schwerarbeit und ununterbrochenen moralischen und physischen Foltern führen den Zusammenbruch auch der stärksten und gesündesten Häftlinge herbei. Die Gefangenen erkranken massenweise. Der Gefangene Peterson istAnfang dieses Jahres nur deshalb gestorben, weilihm ärztliche Hilfe verweigert wurde. Die Sterblichkeit unter den Gefangenen ist äußerst hoch. Diekranken Gefangenen sind vollkommen sich selbstüberlassen, die Verhältnisse im Gefängnislazarettsind schauderhaft. Die Kranken, die sich nichtselbst helfen können, verkommen im Schmutz.wurden getötet, die restlichen verwundet. Es wurden acht Dampfer ausgesandt, die den in Bedrängnis und Not befindlichen Personen Speisenund Getränke überbrachten. Der Gcsamtschäden,der insbesondere an den Verkehrslinien auf derFlorida-Halbinsel verursacht wurde,^kann vorderhand noch nicht abgestbätzs werden. Der Tornadohat nun seine Richtung gegen Norden geändert.Der Dampfer„Capulet" befindet sich in Seenotund sendet SOS-Signale. Präsident Roosevelthat den Truppen, der Marine sowie dem RotenKreuz angcovdnet, so weit wie möglich Hilfe allenjenen zu bringen, die von dem Unwetter heimgc-sucht wurden und Schaden erlitten haben.Die Rettungsmannschaft ans Florida Keysmeldet, daß bei dem Tornado etwa 5« PersonenumS Leben gekommen sind. Der Pilot des Flugzeuge-, das das betroffene Gebiet überflogen hatte,meldet, daß das Arbeftslager der ehemaligenFronttämpfer auf der Insel Matmatecumbe vollständig vernichtet wurde. Ein Zug mit elf Waggon-, der den Veteranen zu Hilfe kommen sollte,ist vom Wind ins Meer geweht worden.SattenmSrderi« richtet sich selbstIm Jahre 1934 starb im Nachoder Bezirks-krankenhauS der Kutscher Andrs aus Altstadtan der Mettau unter den Anzeichen einer Vergiftung. Als man nach dem Begräbnis voneinem unnatürlichen Tcde des Kutschers zu sprechen begann, wurde eine Exhumierung und Se-zierung der Leiche ungeordnet. Hiebei fand manin den Eingoweiden des Tosen Arsenreste.Am Dienstag nahm die Gendarmerie in derWohnung des Arbeiters V. Koneknh, mit demAnna Andrs, chie Frau des Verstorbenen, schon zuLebzeiten, ihres Mannes Beziehungen unterhaltenhatte, eine Hausdurchsuchung vor, wobei Arsengefunden wurde. Da sestgestellt wurde, daß Ko-ncknh auch der Andrs Arsen geliefert hatte, lenktesich der Verdacht auch auf sie. Koneknh und FrauAndrs wurden verhaftet und dem BezirksgerichtNachod eingeliefert. Mittwoch abends hat sich dieAndrs in ihrer Zelle erhängt. In einem unbewachten Moment verfertigte sie sich aus ihrerUnterkleidung einen Strick und erhängte sich amFenstergitter.Am Volant gestorbenWien. Dienstag kurz vor Mitternacht wurdeauf dem Schubertring der 51jährige KaufmannMaurice Courtois aus Paris am Volant seinesAutos sitzend, von einem Schlag an fall betroffen. Er konnte glücklicherweise das Auto nochrechtzeitig abbremsen.Kanone« im Dienste des Fremdenverkehrs.Durchaus mit Unrecht konzentriert die euro-päische Oeffentlichkeit in diesen Tagen ihr Interesse auf die Vorgänge in Genf, wo erwachsene Männer eben eifrig damit beschäftigt findso zu tun als wären sie mit der Erhaltung desDer erste Flag durch Menfchenkraft gelungenDas Muskelkraftflugzeug nach seinem erfolgreichen Fluge, den der Pilot Dünnbeil(imoberen Bild auf dem Führersitz der Maschine) bei Frankfurt am Main zurücklegtc. Hier gelang es ihm, zwei Flüge von 195 und 235 Meter Länge nur durch eigene Kraft auszuführenund damit dem alten Wunschtraum der Menschheit aus eigener Kraft fliegen zu können, nahezukommen.Friedens beschäftigt. Weit nützlicheren Auf-schluß als im Genfer Völkerbundpalais könntedie Oeffentlichkeit über diese Dinge vor einemverhältnismäßig prunkloscn Gebäude der ViaVittor Pisani in Mailand bekommen, inwelchem ein ftalienisches Reisebüro unterge-bracht ist, in dessen Auslage dieses Plakathängt:Turisti!Col 1936 si organizzera una gitastraordlnariavon 1‘autopuilman VictoriaMilano— Addis-Abeba!Ritorno per 1‘Eritrea e la LibiaVisita alla exregia des Negus!(Touristen! 1936 veranstalten wir eine Spezialreise im Pullmanautobus Victoria von Mailand nach Addis-Abeba! Rückreise über Eritreaund Libien. Besuch im ExkönigreichdeSNegus!) Wie man sieht, wissen in Italien sogar die Reisebüros besser was los ist,als anderswo die Außenämter. Und die P. T.Reisenden sind gebeten, sich rechtzeifig mit Fahrkarten zu versorgen und sich nicht von böswilligen fremdenverkehrsstörenden Nachrichten, daßder Krieg vielleicht doch vermieden werde, irremachen zu lassen.Mord an einem Vierjährigen? In einemWalde bei W i l l e r s d o r f in der Nähe vonOffegg wurde die halbverweste Leiche einesKnaben gefunden. Die Untersuchung ergab,daß es sich um den Leichnam des vierjährigenJosef Seifert aus Riesenberg handelt, derseit Ende März spurlos verschwunden ist. ES istnicht ausgeschlossen, daß das Kind einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.Im Kampf mit einem Bären. Unweit vonTeröhova bei Sillein wurden der Heger Paz«d e r k a und der Maschinist FlovaLek voneinem Bären angefallen. Es kam zu einemwilden Kampf zwischen dem wütenden Tierund den Männern, die vergeblich auf den Bärenschossen. Nur zwei Jagdhunden verdanftendie Angegriffenen ihr Leben. Pazderka wurdesehr schwerverletzt ins Spital eingeliefert.Waagthaler Obst nach Holland. In denletzten Tagen mehrten sich die Nachfragen holländischer Interessenten nach Waagtaler Obst,von dem im Vorjahre nach Holland 166 Tonnenausgeführt wurden. Es laufen bereits jetzt zahlreiche Bestellungen ein. Vom Jahre 1930 wirddem Obstbau im mittleren Waagtale größereAufmerksamkeit zugewendet. In diesen Bezirkenwurden seither annähernd 100.000 Obstbäumeausgesetzt. Im Vorjahre brachte die Obsterntedes mittleren Waagtales ungefähr 30 Millionen Kö ein.Ein umfangreiches Manifest. Die PariserBlätter berichten eingehend über das Manifest,mit dem sich der italienische Dichter Gabrieled'Annunzio an Frankreich wendet und es zurEinhaltung der Loyalität auffordert. Das Manifest, welches in der italienischen Zurückgezogenheitdes Dichters verfaßt wurde, zählt 233 Manuskriptseiten.Aufhebung der Poststelle Freiung im vöh»merwalde, Postamt Winterberg. Mtt dem30. September 1935 wird die Poststelle Freiungim Böhmerwalde, Postamt Winterberg, aufgehoben.Die Gemeinde Freiung im Böhmerwalde wird ab1. Oktober 1935 in den Postbestellungsdienstbereichdes Postamtes Winterberg eingerecht.Die Abkühlung mit regnerischem Wetter hat sichweiter ostwärts ausgebreitet und nunmehr auch einengroßen Teil der Slowakei erfaßt. Warm ist es nurnoch in Karpathorußland und auf der Baltanhalb-insel. Chust hatte Mittwoch nachmittags noch 28und Belgrad 33 Grad, dagegen Preßburg und Pragnur 19, Paris 16 Grad. In Nordwestböhmen tratennachmittags leichte Gewitter auf. Zu einer durchgreifenden Wetterbesserung dürste es noch nicht kommen,da sich der Zufluß feuchter Luft vom Ozean her unterdem Randeinflutz der Störungen von Großbritannien noch etwas verstärken dürfte.— Wahrscheinliches Wetter von heute: In denböhmischen Ländern veränderlich, strichweise nochSchauer oder Gewitter, nur mäßig warm, etwasauffrischender Wind aus südwestlichen Richtungen.Im Osten des Staates vorwiegend bis wechselnd bewölkt, strichweise regnerisch, auch in Karpathorußland Abkühlung.— Wetteraussichten fürFreitag: Unbeständig und nur mäßig warm.Vom Rundfunk■mpeehteMwerto* au« dm ProflranaiMiFreitag:Prag, Sender L: 9: Eröffnung des Schulfunks,10.05: Deutsche Presse, 13.30: Arbeitsmarkt, 17:Bioloncellokonzert, 18.20: Deutsche Sendung: Dr.Schausberger: Organisches Denken, 19: DeutschePresse, 20: Uebertragung aus dem Smetanasaal:II. Konzert des Festivals, 22.30: Tanzmusik. Sender S: 7.30: Salonorchesterkonzert, 14: Unterhaltungsmusik, 14.15: Deutsche Sendung: Für dieFrau, 14.30: Chansons auf Schallplatten.—Brünn 17.40: Deutsche Sendung: Sportberichte,19.25: englssche Jazzmusik.— Mährisch-Ostrau12.30: Mittagskonzert, 17.50: Schallplatten: Weber, 18.20: Deutsche Sendung: Rapp: UnhörbarerSchall.