9k. 211Dienstag, 10. September 1935-- Stile 5Airtikrirgstclcgrammc verboten! Der Pariser„Populaice" veröffentlichte sieben einenGeheimbefehl des Innenministers, der denBeamten des Haupttelegraphenamtes Paris verbietet, Telegramme zu befördern, di« einen Protest gegen den italienischen Angriffskrieg widerAbessinien betreffen. Infolgedessen sind auchProtefttelegramme solcher Art an das Sekretariat des Völkerbundes und an Mitglieder desRates nicht an die Adressaten gelangt.Der Selbstabschreiber. Wie bekannt, hatGabriele d'Annunzio, der zeitlebenslächerliche Pathetiker, eine 233 Seiten langeBotschaft an Frankreich Erlassen, die der fasci«Nische Botschafter Cerutti dem Präsidenten Lebrun übergeben soll. Darin wird Frankreich er,mahnt, dem italienischen Rauhzug gegen Abessinien»lateinische Solidarität" zu halten. DasPariser„O u v r e" stellt dazu fest, daß Gabrielesich nicht in geistige Unkosten bei der Verfertigungdieses Riesenschriebs gestürzt hat. Er hat nämlichganz einfach sein am 29. März 1919 verfaßtesMemorandum abschreiben lassen, woriner Frankreich aufforderte, in der Friedenskonferenz das ftalienische Verlangen nach Dalmatiengegen Jugoslawien durchzusetzen.Autostraße um die halbe Welt? In Budapesttreten heute bereits Vertreter der Automobilklubsaus den meisten Ländern zusammen, um einphantastisches Projekt zu beraten. Es handelt sichum nichts weniger als die Errichtung einer ganzmodernen, mit allen Finessen ausgestattetenAutobusstraße, die von London nach Hinterindieneinerseits, nach der Südspitze Afrikas andererseits führen soll. Nach dem gegenwärtigen Projekte soll diese internationale Autoverbindungdurch folgende Orte gehen: London, Dover,Brüssel, Köln, Frankfurt a. M., Würzburg, Regensburg, Linz, Wien, B u d a p e st,Belgrad, Sofia, Philippopel,Istanbul, weiter über Aleppo(Syrien), D a-m a s k u s, Bagdag, Quetta(in Belu-d s ch i st a n), Lahore und Delhi nach Kalkutta mit eventuell späterer Verlängerung derStraße nach Indochina—Rangoon, Singapor«und Batavia. Die Straße läßt die Tschechoslowakei abseits liegen. Weiters wird«ine Abzweigung geplant, die in Damaskus ihren Anfang nehmen und über Jerusalem, Kairo,Chartum, Nairobi, Dedon, Abercorn, Liwing-stone, Johannesburg nach Kapstadt(Südafrika) führen würde. Der Plan ist fertig. Obes auch die Straße werden wird, ist angesichts derallgemeinen Wirtschaftskrise höchst fraglich, selbstdann, wenn nicht ein kleiner Weltkrieg die Vertagung des schönen Projektes erzwingt.Alte Schallplatte» im Schleichhandel. Inganz Deutschland hat sich ein schwunghafterSchleichhandel mit Schallplatten aus dersogenannten Systemzeit entwickelt, und zwar großenteils von Kabarett-Schlagern mit einem leichtpolitischen Inhalt. Für bestimmte Platten werdenSchleichhandelspreise von 60 bis 70 3Warf bezahlt.Lier chinesisch« Räuber Überfielen imHauptpostamte in der Internationalen Niederlassung einen Geldtransport von etwa 100.000Dollars, der von einem Postkuli und einem Postbeamten unter dem Schutz von zwei WachpostenauSgeführt wurde. Sie erschossen den Kuli, verletzten die beiden Wachposten schwer und entkamen mit der Beute in einem bereitgehaltenenAuto.Ei« Palast Alexanders des Großen? BW«termeldungen zufolge hat der bekannte jugoslawische Archäologe Vutic Avuliö in der Umgebungvon Nisch die Grundmauern des Palastes Alexanders des Großen entdeckt.Der russisch« Flieger Jewsejew erreichte aufeinem gewöhnlichen Jagdflugzeuge die Hohe von12.020 Metern.Immer noch Alkoholschmnggel. MehrereKüstenwachtschiffe haben heute noch ein englischesund drei amerikanische Motorschiffe anhaltenkönnen, die insgesamt Alkohol im Werte vonrund 200.000 Dollars geladen hatten. 20 Mannwurden verhaftet. ES ist dies die größte Schmuggelaffäre, die sich seit der Aufhebung der Prohibition ereignet hat.Die Einwohnerzahl von Tokio-Stadt beträgtnach dem Ergebnis der Volkszählung 5.7 Millionen und die von Groß-Tokio 6.2 Millionen.Die Einwohnerzahl von ganz Japan und Koreawird nach dem vorläufigen Ergebnis mit rundhundert Millionen angegeben.Wörterbuch nach 50 Jahre» abgeschloffen. DieFranzösische Akademie hat ihre Arbeiten an demWörterbuch beendet, die vor 50 Jahren am 5. November 1888 begonnen wurden. DaS letzte Stichwort, mit welchem diese Ausgabe des Wörterbuches•— die achte seit der ersten Auflage'vom Jahre 189s— schließt, lautet„zhgomatique". Die Akademiehat die traditionelle Anordnung beibehalten, dochfinden sich in der neuen Ausgabe zahlreiche Neuerungen, insbesondere in der Terminologie. Die Akademie hat den geläufigen Sprachgebrauch berücksichtigt. Zahlreiche neue Worte find, obwohl sie vonder Akademie ursprünglich abgelehnt wurden, in darWörterbuch doch ausgenommen worden. Die Zahlder neuen Termini ist also bedeutend, und die» istein beredtes Zeichen dafür, daß fich in den letztenJahren das Leben in den verschiedensten Formenrasch geändert hat.Wolkenkratzer nicht mehr rentabelAP. Die Krise hat auf die Bautätigkeit einenhemmenden Einfluß auSgeübt. Heute werden inAmerika nicht einmal die JnstandhaltungSkostenher Riesengebäude durch die Mieten aufgebracht.Bedeutet das nun ein Ende der Aera der Wolkenkratzer? Keineswegs, man weiß sich zu helfen. Diealte Form der Wolkenkratzer scheint zwar überlebtzu sein, aber es ist sicher, daß eine neue Formaufkommen wird. Zwar wird man nicht, wie vieleglauben, etwa nur noch in Glas bauen. Wer manwill den Bau von Wolkenkratzern stark verbilligen und gleichzeitig ungeheuer beschleunigen. Man rechnet nämlich ernsthaft damit,in einigen Jahren Wolkenkratzer bauen zu können, die in 80 Tagenfertig sein sollen.Dafür braucht ihre Lebensdauer auch nicht mehrauf ein halbes Jahrhundert berechnet zu werden.Man will sie vielmehr nach 20 Jahren wiederabreißen. Die Baukosten würden sich dadurch aufein Drittel ermäßigen. Die Inneneinrichtung würde so hergestellt werden, daß ma» siewieder verwenden kann. Die Wände sollen nachaußen emailliert und wärmetechnisch isoliert werden, aber die Dicke von 10 Zentimetern nichtüberschreiten. Fenster will man durch künstlichesLicht ersetzen(I), und Luftschächte, die auf demDach enden und deren Lust durch verschiedeneReinigungskammern geht, sollen den Räumenständig frische Luft zuführen.Hippodromals Statte der UnzuchtMißbrauchte Kinder— Lier angstlagte Familienväter— Widerliche KuppeleiPrag. In der sogenannten„BergnügungSecke"auf dem Belvedere, gegenüber dem Wasserturm, betrieb u. a. auch daS Ehepaar Franz und Marie B e-z o u j k a ein Unternehmen, dar sich als„H i p p o«d r o m" bezeichnete, zu deutsch Reitbahn. DaS Vergnügen, das den Besuchern geboten wird, bestehtdarin, daß sie auf alten ausrangierten Gäuleneinigemal rundum reiten dürfen. Begreiflichertveisegehörten zu den Stammgästen dieses Unternehmensvor allem Kinder, denen eS ein königliches Vergnügen bereitete, sich einmal als richtige Reiter zufühlen. Wer das.Hippodrom" hatte auch andere Besucher...Die vom Staatsanwalt Dr. B r t n i k vertretene Anklage beschuldigt vier Männer, sich anminderjährigen Mädchen in diesem famosen VergnügungSunternehmen in sträflicher Weisevergangen zu haben. Da war zunächst ein HerrEdmund Schönfeld, der eine Reihe von Mädchenzwischen zwölf und vierzehn Jahren bei diesen„Reitübungen" in einer Weise betastete, daß damit derTatbestand des Schändungsparagraph e n erfüllt erscheint. Dieser Herr wurde allerdings durch das Gutachten der ärztlichen Sachverständigen, die ihn für absolut unzurech-nurrgsfähig erklärten, dem Zugriff der Justizentzogen und erscheint daher nicht auf der Lifte der-Angeflagten. Aber er fand' rin« Reihe würdigerNachfolger, die fich auf diesen Schuldau-schließungS-grund nicht berufen konnten und deshalb auf derAnflagebank Platz nehmen mußten. Der älteste dieser Angeflagten zahlt 82 Lebensjahre, der jüngste 89.Die Einzelheiten dieser, natürlich geheimenVerhandlung entziehen fich der Berichterstattung.Nach der öffentlich verlesenen Anflage sind deSVerbrechens der Schändung einetMinderjährigen angellagt: der 88jährig«Kutscher Wenzel Pknkava, der sljährige Schuhmacher Josef Jehlikka, der 46jährig« KaufmannJaroslav Dvotak und der 62jährige Heizer tenltMüller des unmittelbar begangenen Verbrechensund ferner die Inhaber des„Hippodroms", der 43«jährige Franz und die S9jShrige Marie Be-zouska der Mittäterschaft.Als Hauptzeuginnen bei dieser Verhandlungfiguriertenfünf Mädchen zwischen zwölf und vierzehnJahren,die den Angeflagten zur Befriedigung ihrer unnatürlichen Gelüste gedient haben. WaS das EhepaarDezoußka betrifft, so wird diesem von der Anklage zur Last gelegt, von diesen in ihrem Unternehmen begangenen Sittlichkeitsverbrechen nicht nurgewußt, sondern diese gefördert und sogar arrangiert zu haben.Für diese Annahme bestehen mehrere guteGründe. Bor allem die Art, in welcher der ganzeSkandal aufflog. Die MarieBezouska hatteeines der geschälten Kinder des Diebstahlsvon sechzig Kronen bezichtigt, während dieKleine beim Polizeiverhör dieses Geld als ihr„ehrlich erworbenes Eigentum" reklamierte. Das Kindhaste den Betrag von einem der„Kavaliere" alsEntgelt für die sträflichen Handlungen erhalten. DieAnklage vertrist also di« Meinung, daß der angeflagten Mitinhaberin d«S Hippodroms hauptsächlichdaran gelegen war, daßdie Kinder möglichst viel Geld in die Handbekomme» sollte«, um eS am Bufett zu vernaschen,weshalb sie im Auftrag der perserven Männer dieKupplerin spielte. Nebenbei erwähnt— diese Männer find durchwegs verheiratet unddurchswegS Väter mehrerer Kinder.Vermutlich war eS demnach auch nur kurzsichtigeHabsucht, die die Kupplerin bewog, daS betreffendeKind zur Herausgabe der„ehrlich erworbenen"60 fiö zu nötigen, was letzten Endes zu ihrer Entlarvung führte.Ein noch grelleres Licht wirft auf die MethodendeS angeflagten Ehepaares BezouSka die Feststellung der Anflage, daß im Fall des unzurechnungsfähigen Schönfeld, der schlecht tschechisch sprach,die Maste BezouSka den zum Mißbrauch vorbereiteten Kindern die deutschenWorte rindrillte, mit bene« sie Geld verlangensollten.Der vor dem Senat P e r n t verhandelte Prozeß wurde im Laufe de» Nachmittag» für vertagt erkläst, da sich die Rotwendigkstt der Vorladung neuer Zeuge» ergeben hatte. rb.AMERIKA...!Schenectady, Pittsburgh und noch einegroße Reihe Obersee-Stationen hören Siebeilag und Nacht mitdem neuen SuperhetPhilips„Sirius"auf Kurzwellen fastin derselben Qualitätwie die Europasenderi9 Wellenbereich«» 16—30 m, 200—570 m,750—2000 m. 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Gratiserhältlich bei jedem Philips-Radiohänater oder direkt von der Philips A.-G., Prag II.,Karlovo ndm. 8.•’>o-.-w v.,.vM-tp WSft-<KAgger ZsttMgStraßenbahnkartenfür deutsche BürgerschülerDie Prager Straßenbahnen stellen bekanntlich Mittelschülern ermäßigte Monatsfahrkartena«S. Bürgerschülern wurden diese Ermäßigungengrundsätzlich nicht bewilligt, weil die Verwaltungder Straßenbahnen auf dem Standpunkt staud,daß in jedem Bezirk eine Bürgerschule besteht unddie Schüler die Straßenbahnkasten deshalb nichtbrauchten. Als nun ein Teil der Bürgerschüler wegen der Neberfüllung einzelner Anstalten in anderen Bezirken eingeschnlt werden mußte, dehnte dirStraßenbahnvcrwaltung die Begünstigungen auchauf diese aus. Die deutschen Bürgerschüler verlangten bisher erfolglos, daß auch ihnen die Ermäßigungen zuerkannt werden, denn da eS inPrag nur zwei deutsche Knavenbürgestchulen gibt,ist die Situation für sie eine wesentlich andere alSfür di« Schüler der tschechischen Anstalten.In der gestrigen StadtvertretungSsitznngstellte Genosse Dr. S ch w e l b den Antrag, daßdie Begünstigung auf den Straßenbahnen auchden deuffchen Bürgerschülern zuerfannt werde.Der Antrag wurde alS Resolution angenommen.Schlechte Regie der RathausmehrheltGegen"Ende der geststgen Sitzung der Prager Stadtvertretung wurden einige demagogischeAnträge der Ligisten verhandelt. Bor der Abstimmung über opposstionelle Anträge pflegen dieParteien der Rathausmehrheit den Sitzungssaalzu verlassen und so die Stadwertretung beschlußunfähig zu machen. Als es gestern zur Abstimmung über die erwähnten Anträge kam, stellte eSfich heraus, daß noch eine beschlußfähige Präsenzwar, wobei allerdings die Opposition die Mehrheit hatte. Die ligistischen Anträge wurden mit3V von 52 Stimmen angenommen.Versandeter Bestehe. Gestern vormittags, etwaum 9 Uhr, stieß ein Motorwagen der Elfer-Liniean der Ecke Fochftraße und Skretagasse gegen einschweres Lastfuhrwerk, das Sand geladen hatte undin di« Skretagasse fuhr. Der Swtz war so heftig.daß das Fuhrwerk sich überschlug und der Wagenzerbrach. Hiebei wurde der ganze Sand über di«Fahrbahn geschüttet, so daß der Verkehr zwanzigMinuten lang in beiden Fahrtrichtungen behindertwar. Verletzt wurde niemand,Zusammenstoß zweier Motorräder. Gesternvormittags fuhr der 22jährige Miloslav Rychnovskhaus Whsotschan auf seinem Motorrad durch di« Krä-lovskä, als er auf der Brücke über die„Rokytka"mit dem 47jährigen Photographen Josef Jikinec ausWhsotschan zusammenstieß. Beide wurden von ihrenMotorrädern geworfen und verletzt, und zwar erlittRychnöwskh eine leichte Gehirnerschütterung undRitzwunde im Gesicht und am Arm, während JikinecHautabschürfungen an Arm und Knie und eine Verletzung am Brustkorb erlitt. RychnowskH wurde inSKrankenhaus auf der Bulovka gebracht, währendJikinec vom Polizeiarzt verbunden wurde. Schuldam Unfall ist Rhchnovskh, der, um einem Fuhrwestauszuweichen, von hinten in Jikinec hineinstieß.Richt aufspringen! Gestern vormittag- sprangan der Ecke Tksnov und Poiiä in Prag ll., dieSljährige Friseursgattin Emma Kräl aus Karolinental auf«inen fahrenden Motorwagen der Sechser-Linie auf. Hiebei wurde sie, wie sie sagt, voneinem unbekannten Passagier von der Plattform gestoßen, so. daß sie zwischen das Vorderrad und de«Schutzrahmen fiel, wobei ihr der rechte Fuß imKnöchel zerschmettert wurde. Der Arzt der Ret«tungSstatton verband sie und ließ sie auf die KlinikJiräsek schaffen.Dn DiorEnglisch-amerikanische Filmftrsion. Wie dieLondoner Blätter berichten, ist Alexander Korda, derDirettor der größten englischen Filmgesellschaft„London-Films" und Regisseur der erfolgreichenFilme„Das Vrivatleben Heinrichts des Achten" und„Der rote Pimpernell", in daS Direflorium deramerikanischen Filmgesellschaft United ArttstS"«in«getreten, dem Charlie Chaplin, Douglas FairbankS,Mary Pickford und Sam Goldwhn angehören. Kordahat sich vertraglich verpflichtet, für die nächsten zehnJahre jährlich sechs englische Filme nach Amerikazu liefern. Dafür werden in den neuen Ateliersder„London-Films" in Denham zehn englisch«Filme mit amerikanischem Geld gedreht werden, alserster der Elisabeth Bergner-Film„Die hxilig«Johanna" nach Shaws Drama.