Nr. 212
Mittwoch, 11. September 1935
Seite 5
Biber und IDühlralten... so möchte ich die größeren und Heineren Nazi­blätter bei uns nennen, die, bezahlt oder unbe­zahlt, im Dienste Hitlers   stehen, und die die Borteile, die ihnen unser demokratisches Presse­gesetz bietet, ausnutzen, um, verblümt oder unverblümt, seine Geschäfte in unserer Republik  zu besorgen. Die Biber unterhöhlen den Boden des Staates, zernagen die demokratisch­republikanischen Grundpfähle, auf denen unsere Regierung so sicher zu stehen vermeint, werfen Dämme auf gegen die nationale Verständigung, und bilden heute schon einen Staat im Staate, besten Flagge noch verhüllt ist, auf deren Ent­hüllung aber hunderttausende unserer Nazi unge­duldig warten! Die Wühlratten arbeiten den Bibern vor: sie wühlen und lockern die heimatliche Erde auf, nagen an den Wurzeln und will das Korn nicht wachsen und gedeihen, so ist unsere Regierung schuld daran, im Verein natür­lich mit Marxisten, Juden und den Rad­fahrern! Hingegen Deutschland  ! Dort hängt jetzt in jeder Arbeiterstube statt der alten Petroleum­lampe eine Speckseite über dem Eßtisch, von der sich jedes seinen Fetzen nach Belieben herunter­säbeln kann! Arbeitslose gibtS dort überhaupt nicht: waS nicht in der Rüstungsindustrie beschäf­tigt ist, ist beim Bau deS LustschiffahrtS-Ministe- riums in einer der drei Schichten, und der Rest ist teils im ArbeitS-, teils im Konzentrationslager versorgt, wo'S so wenig zu arbeiten gibt, daß fie dort die viele überflüssige Zeit mit Exerzieren und Singen ausfüllen müssen! S o hört's der Sudetendeutsche täglich und stündlich im reichsdeutschen Sender und so liest er'S jeden Morgen beim Frühstück in seinem Naziblatt! War waren früher die kleinen Blättchen in der Provinz für harmlose Mäuschen! Wie freute ich mich z. B wenn ich in so einer freundlichen Gaststube denGraden Michel" am Nagel hängen sah! Aber das war nicht mehr das liebe Mäus­chen mit dem sammetweichen Fellchen, den klugen Kugelaugen und den rosa Pfötchen, das ich da in der winzigen Biersmbe in Altwartenberg in der Hand hielt, das war eine richtige Wühlratte, mit struppigem Fell, mit den tückischen Rattenaugen und den giftigen Krallen! Das ganze Biest eine Giftblase, jedes Wort ein Giftbolzen! Wie das Keine Vieh nur so viel Gift von sich geben konnte? Die Naziratte übernazt sogar die Nazi­biber! Sie arbeiten ihr nicht fleißig genug! Wirst sie doch derReichenberger Zeitung  " vor, sie(die Reichenberger Zeitung  ") hätteihr rotes Herz" entdeckt! Nun wissen wir'S: die Reichenberger Zeitung   ist nicht nur kein Naziblatt son­dern ein Konkurrenzblatt deS PragerSozial­demokrat" und des KarlsbaderBottswillen" also ein richtiges Marxistenblatt und das auS der wahrheitsgemäßen Feststellung heraus, daß die Zahl derRoten  " beim Reichenberger Treffen 10.000 betragen hat, während derGrade Michel" nur 2800 gezählt hat! Ja, eS ist nicht leicht, zween Herren gleichzeitig zu dienen: Hitlern und der Wahrheit! Wie lausig unsere wirtschaftlichen Ver­hältnisse sind, lernt der Sudetendeutsch« erst be­greifen, wenn ihm der«gloriose Aufstieg" des Dritten Reiches   in der richtigen Beleuchtung
Kleiner Ma«« im Urlaub i. Wenn man sich keine Alpen  » oder Italien­reise leisten kann, und auch beim Brand der Ber­liner Funkausstellung nicht dabei ist, jedoch vierzehn Tage Urlaub hat übrigens Urlaub: wer denkt denn eigentlich bei diesem herrlichen Wort daran, daß der Urlaub eine Errungenschaft der freien Gewerkschaften und unserer Partei ist! dann bleibt man eben im Lande und trägt sein« paar Kronen nicht in fascistische Länder. Und wenn man dann so zwei Wochen wandert, die Augen richtig aufmacht und die Ohren spitzt, bringt man nicht nur die Anzahl der zurückgeleg­ten Kilometer heim, sondern einige oft ganz wert­volle Beobachtungen. Im Vorjahr lernt« ich so das Erzge­ birge  , seine Menschen und seine Not gut ken­nen, besser als es wir Hauptstädtwenschen durch die langatmigsten Aufrufe begreifen; heuer ging die Wanderung durchs Elbesandstein­gebirge(EilandDittersbach) und dann weiter bis zum Jefchken. Die weltberühmten Naturschönheiten, man ist verlockt, fast von Natur­wundern zu sprechen, brauch ich nicht zu schil­dern. Wer noch nicht in denTyffaer Wänden", amPrebischtor", am ,Herrnhau»felsen  " war, wer noch nicht durch dieFerdinands-, Wilde« und Edmundsflamm" gefahren ist, den kann auch die weitschweifigste Erzählung nur ahnen lassen, wie einzigartig schön unsere H e i m a t i st. Ich habe jedoch einige soziale, gesellschaftliche Beobachtungen im UrlaubStage- buch festgehalten, die geeignet sind, zur weitesten Kenntnisnahme. Der gute Gendarm Im Grenzort L ging ich einen Gendarm um eine Auskunft an. Er gab sie mir bereitwilligst in meiner Muttersprache, da er bemerkt hatte, daß meine tschechischen Sprachkenntnisse doch nicht ganz einwandfrei sind. Darm deutete er noch auf meine Freiheitspfeile und sagte: Wenn Sie über die Grenze gehen, nehmen Sie das Abzeichen weg, sonst haben Sie drüben Un­annehmlichkeiten!" Ich bedankte mich für seine
Bestialischer Mord an der schwangeren Geliebten
Böhmisch-BudweiS. Dienstag nachts ver­haftete die Gendarmerie in der Gemeinde Koste- lec in Südböhmen  , unweit Hlubokä, den 21 jäh­rigen Knecht FrantiSek T u s l, der vor zwei Tagen auf besttalische Art das 88jährige Dienst­mädchen Anna I o f o v ä ermordet hatte. Die Josovä wurde vergangenen Sonntag abends auf dem Gutshof des Josef Pudil, bei dem sie im Dienst stand, im Stall tot aufgefunden. Die Hausleute dachten, daß die Magd wahr­scheinlich durch den Huf eines Haustieres in den Kopf getroffen wurde, wobei fie gegen den Stein­trog fiel und so den Tod erlitt. Es wurden auch schon Vorbereitungen für ihr Begräbnis getrof­fen. Montag morgens erführ die Gendarmerie von dem Vorfall und ging sofort daran, die Sache zu untersuchen. Auf Grund der Untersuchung der Gendarmerie wurde aber Tusl verhaftet. Er
leugnete anfangs; erst des nachts gestand er beim Kreuzverhör den Mord ein. Er hatte mit Anna Josovä mehrere Monate hindurch eine Bekannt- schaft gehabt, die er eines jüngeren Mädchens wegen löste. Die Josovä, die schwänget war, machte ihm deshalb Sonntag im StalleVorwürfe. Es kam zu eurem Streit und zu einem Hand­gemenge, wobei Tusl, wie er selbst aussagt, die Josovä würgte und sie, nachdem sie das Bewußt­sein verloren hatte, folange mit dem Kopf an den Steintrog aufschlug, bis sie zu atmen aufhörte. Er verließ sodann den Stall und meldete nach geraumer Zeit auf dem Gute, er hätte die Josovä im Stalle tot aufgefunden. Zu seinerEntschul­digung" führte Tusl an, er habe nicht gewollt, daß sein Kind eine so alte Mutter habe". Nach dem Verhör frug er die Gendarmen, oh er ge­hängt werden würde oder was für eine Kerker­dauer ihn erwarte.
gezeigt wird! Also denkt euch mal, ihr lieben Leser desGraden Michel": wenn ihr auch keine Ahnung habt, wo drüben Mecklenburg   liegt und wo in Mecklenburg   die Stadt Rostock   liegt diese Stadt hat vor zehn Jahren 40.000 Einwoh­ner gezählt und hat heute, unter Hitler  ! über 70.000! Das haben wir wieder mit Hitler zu verdanken, der die Gebenedeite beschattet hat! Ein Kraftstück, da» der Jude Salomo   mit seinen tausend Frauen nicht fertig gebracht hätte der Junggeselle Hitler   aber hat's geschafft! Und dieser Hymnus schließt mit Worten so voller Glut, daß eS nicht Wunder nehmen darf, wenn sich derGrade Michel" so krumm gebogen hat.wie das gekrümmte Hakenkreuz desDeutschen Turn- verbandS" auf den blauen Badehosen unserer hier badenden Raqi-Jugendl Der»Krumme Michel" fchmettert seinPreiSlied" in» lauschende Publikum: Die deutschen   Menschen leben mit neuem Bewußtsein!" Die. deutschen   Städte wachsen mit neuem Bewußtsein!" Deutschland   lebt mit neuem Bewußt­sein!" Bewußtlos sind nur die paar Millidnen Deutscher  : Marxisten, Juden, gläubige Katho­liken mit ihren eingekerkerten Priestern und in» Zuchthaus geworfenen Schwestern, die die Kirchengelder vor dem Zugriff der herrschenden Gangster retten wollten, die Evangelischen, die sich noch immer nicht Hitler als Christus aufdrän­gen lassen, die auf's Pflaster geworfenen- Mänmr,.. die aufgelösten Kampfverbände, der Stahlhelm, die einst so dominierenden Korps­studenten, die Pensionäre' der Konzentrations­lager, dir Tausende Gefolterter und Gemorde­ter sie alle sind sich der Herrlichkeit de» Dritten Reiches   nicht bewußt bloß der .KrummeMichel" in Reichenberg   lebt im neuen Bewußtsein, das der englische   Minister eine Schande der Menschheit genannt hat! Und da sage einer, die SpecieSDummer Michel" sei auSgestorben I U n u S.
Der weinende Knabe Von Richard Rax. Leichter Nebel liegt über der verwüsteten Landschaft, deren Boden westwärts gleichmäßig bedeckt ist von Unkraut, daS schon angefangen hat zu vergilben. Am Kanal, in dichtem Gebüsch und unter alten Weiden  , stehen österreichische schwere Batterien. Hier göbt es noch Bäume, denn der Raum liegt kilometerweit hinter der berühmten Siegfriedstellung, die der Feind vor Wochen durchstoßen hat, wenn auch der deutsche Heeres­bericht es nicht wahr haben mochte. Dieser Septembertag an der Frönt von Cambrai   ist auffallend und bedrückend ruhig. Nur auf die Kuppe knapp nördlich von Arleux, die ein unbesetzes Erdwerk krönt, jaulen in glei­chen Zeitabständen Granaten aus englischen Mör­sern nieder» Platzen mit ohrenbetäubendem Kra­chen und sprengen die lehmige Erde haushoch gegen den Himmel. Zackige Sprengstücke aller Größen fauchen und zwitschern weithin über das unbelebte Gefilde. Die Ruhe des Tages benützt der deutsche Artil­leriemajor dazu» nach aufregenden, keine freie Minute gönnenden Wochen seine der österreichi­schen Gruppe zugeteilte leichte Batterie zu be­sichtigen, die noch vorwärts des Kanals in einer flachen Mulde schon inmitten der Wüste steht. NntevwegS hält der Major einen Vortrag über den Zustand der österreichischen Batterien mit ruthenischer Mannschaft, deren Mäntel und Stie­fel in Fetzen sind, deren Gruß nur wenig an das Reglement erinnert. Die artilleristische Leistung erkennt er an, die soldatische Haltung aber sei schon sehr schlapp.Man sieht bei ihnen zu Wenig auf äußere Strammheit." Mittlerweile ist die Mulde erreicht, in der eine schwache Radspur die Richtung zur deutschen  Batterie Weist. Die ist gut getarnt gegen die feindlichen Flugzeuge und gegen die Beobachter der Fesselballons. Noch auf fünfzig Meter Ent­fernung kann nur der Erfahrene in dem unregel-
WeißeJZohne machmi jedes Antlitz ansprechend und schön. Zur Erlangung schöner weißer Zähne putze man früh und abends die Zähne mit der herr­lich erfrischend schmeckenden Chlorodont-Zchn- paste. Schon nach kurzem Gebrauch erhalten die Zähne einen wundervollen Elfenbeinglanz. Tube Kc 4.
mäßigen Haufen aus gelblichem Unkraut und gleichgefärbten Zeltbahnen die vier Feldgeschütze erkennen. Aus dem trostlosen Haufen in der trostlosen Einöde, in der die Granaten von Arleux her die schleichenden Minuten schlagen, fährt ein Mann hoch und meldet sich mft aller preußischer Strammheit als Wachtposten der Batterie. Aber all die äußere soldatische Strammheit, die gute Haltung und tadellose Montur kann nicht verber­gen, daß dieser Posten kein rauher Krieger ist, sondern ein blasser Knabe. Der bricht, als der Major im üblichen Tone wider die Meldung straff schnarrt:Ist gut, mein Sohn!" in Weinen aus; Der Knabe steht stramm, doch große Tränen rollen und Schluchzen bedroht seine Haltung. Die überraschende Unterbrechung seiner be­drückenden Einsamkeit die Kameraden sitzen geborgen metertief unter der Erde   der Aus­druckist gut" in die ringsum herrschende äußerste Trostlosigkeit fallend, das güfige Wortmein Sohn", das an die Mutter erinnern mochte, in deren Pflege der Siebzehnjährige noch gehört, während er sich m den Mittelpunkt alles Grauen» gestellt empfindet, haben mit einem Schlag jede eingedrillt« Hemmung überwunden. Der Major empfahl sich eilends und schritt querfeldein nach rückwärts. Ihm mag, zumal er wiffen mußte, daß das Ende nahte, selbst nach Weinen zumute gewesen sein, da sein strammer Posten sich in einen weinenden Knaben verwan­delte. Denn Zehntausende solcher Knaben standen damals in der Front zwischen dem Meere und Verdun  , über die in jenen Wochen die Hölle brauste, aus der auch der Ueberlebenden viele nicht mehr den Heimweg fanden.
Gewinne der Spiritusbrennereien
K8 2.49 pro Liter ImPrävo Lidu" veröffentlicht Jng. O. Kovakik einen Artikel, in welchem er eine Reihe von Beispielen für die Gewinne der Spiritusbren­nereien anführt: Brennerei A: Kontingent 18.000! Hektoliter, ausgewiesener Gewinn in der Kam­pagne 33/34 1,834.739 KC, 32/33 934.920, Gewinn pro Liter Spiritus 33/34 84 Heller, 32/33 81 Heller, Spiritusbrennerei B: Kon­tingent 13.500 Hektoliter, Gewinne..33/34 Kc 593.S02, 32/38 420.407, Gewinn pro Liter, 38/34 44 Heller, 32/33 31 Heller, Brennerei C: Kontingent 17.800 Hektolfter, Gewinn 1938 1,062.099, pro Liter 98 Heller» Brennerei D: Kontingent 8000 Hektoliter, Gewinn 83/34 1,993.648, 82/33 1,570.88« Gewinn pro Liter 33/34 2.49, 32/33 KC 1.96. Man sieht, es gibt noch Leute, denen es in der Krise nicht so schlecht geht!
Aufmerksamkeit und gab ihm bekannt, daß ich die Sitten und Gebräuche im Dritten Reiche wohl kenne, aber gar keine Sehnsucht habe, unseren demokratischen Boden mit den von kostbarem Proletenblut getränkten neudeutschen Boden zu verwechseln. ES ist nicht dasselbe, wenn... Die Sache mit den Plakattafeln fiel mir ball' auf. Wir in P. bemerken an unseren Pla- katierungSwänden und-Säulen gar nicht mehr, daß im Mai d. I. ein Wahllampf tobte. Anders ist eS im deutschen   Randgebiet unserer Republik  . Da lleben noch an manchen Plakattafeln in vielen Orten Wahlplakate. Eigenartig daran ist, man sieht fast nur noch Plakate der SHF, Plakate deS neuesten Weltreisenden, Herrn Henlein. Wir wiffen aber sehr gut, daß unsere Partei überall plakatieren ließ, und richtig, wenn man so eine Plakatsäule näher betrachtet, sicht auch da und dort noch ein Zipfelchen unserer Wahlplakate her­vor. Doch in der Hauptfache sind fast überall unsere Plakate ganz mit neuen Kundmachungen überklebt. Man kann sich dazu allerlei Gedanken machen. Freude hat man jedoch, wenn man sicht, daß an vielen, fast unzu- g ä n g l i ch e n F e l s e n weitinSLand die FreiheitSpfeile leuchten. Unsere Naturfreunde müssen eine gute Klctterfektion in der Böhm.- Sachs. Schweiz  haben. Di« Natur alt Geschichtsbuch Es müssen nicht immer Ruinen sein, die un» erinnern, daß Despotenmacht vergänglich ist. Manche Bezeichnung erinnert unv an frühere Zei­ten und Zustände und läßt uns Vergleiche ziehen mit der Gegenwart. An die sogenannte»Hute alte Zeit" mahnt z. B. derTrommelstein" in der Nähe von Dittersbach, eine hochgelegene Felsenplatte, von der aus man einen weiten Rundblick ins Land hat. Von diesem Stein erging noch vor hundert Jahren der Trommelruf an die Bauern, ihre Arbeit sofort liegen zu lassen und zum Robottdienst bei der Herrschaft anzutreten. Da nützte kein Murren und Fäusteballen; Män­nern, Frauen und Kindern galt der Trommel­wirbel. Der Mensch, ganz gleich, ob Greis oder Kind, war SNave. Die Trommel rief zum Skla­
vendienst. Hundert Jahre später rufen SHF- Plakate mit einem Trommler zumRordböhm. Bollstag" in Haida. Der Trommler hat natürlich ein braune» Hemd an. Vor hundert Jahren rief jedenfalls der Trommler zum Skla­vendienst. Wenn ich diese fleine historische Notiz von Dittersbach niederfchreibe, muß ich doch auch noch von der größten Sehenswürdigkeit dieses Ortes berichten, da» zwar kein Werk der Natur, aber dafür ein Werk guter Menschen i st: das Kinderheim in Dittersbach, Eigentum der Bezirksvrrwaltung Tetschen  , geschaffen auf Initiative unserer Partei. Kinderheim! Das Wort klingt so einfach. Wer aber da» Kinderheim in Dittersbach gesehen hat, wird mir zustimmen, daß es wie ein Märchen­schloß am Waldesrand anzuschauen ist. Wenn doch alle Arbeiter und vor allem viele Frauen dieses grandiose Heim sehen könnten, ich glaube, all« Männer und vor allem diese Frauen würden bei der nächsten Wahl vorsichtiger bei der Abgabe ihres Stimmzettels sein. Nur eine Partei der Arbeiterschaft, nur eine Partei, die klar und deutlich erklärt, bloß die Jntereflen der Werttäti­gen in Stadt und Laich zu vertreten, nicht aber eine Parei, in der Mieter und Hausherr, Groß­grundbesitzer und Meierhofsarbeiter,. Fabrikant und Prolet zu einer sehr zweifelhaftenBotts­gemeinschaft" zusammengedrängt sind, schafft solche herrliche Bauten für die Kinder des Bottes, wie es das Kinderheim in Dittersbach ist. Diese Partei der Arbeiterschaft, unsere Par­tei, trommelt nicht und spricht vielleicht auch zu wenig von ihren Taten; ein Fehler» der aber be­seitigt werden kann, wenn sich alle, die Mitglied, Mitkämpfer in dieser jetzt fo vom Gegner gehaßten Partei sind, al» unermüdliche Werber und gute Propagandisten betäti- gen. von unseren Taten, unseren Erfolgen über­all reden. Reich-deutsche Propaganda-Methoden Eine Nächtigung in den verschiedenen Bau­de n und Jugendherbergen kann auch guter politischer Anschauungsunterricht sein. E» grüßen sich da nicht nur Jungen deS Deut­schen TurnverbandeS, wenn sie sich unbeobachtet glauben, stramm mitHeil Hitler" und erklären,
zur Rede gestellt, es wäreHeil Henlein" gewe­sen und übrigens wäre in L e i t m e r i tz ein Angeklagter freigesprochen worden, trotzdem er Heil Hitler  " gegrüßt hätte; es ziert dieser Gruß samt dazugehörigem Hakenkreuz nicht nur die mehr oder weniger sauberen und unangenehm riechenden Aborte, eS verraten da auch die Gäste­bücher dieser Jugendherbergen und Bauden, w i e reichsdeutsche Propaganda gemacht wird. Eine solche Eintragung beginnt z. B. so: Wenn ich, als Reichsdeutscher, zu den Su­detendeutschen nach Rordböhmen komme, ist es mir, als fände ich einen kranken Bruder." Und dann wird derKrankheitszustand" festgestellt, dasRezept" verschrieben und dieMedizin"' verordnet:... Also, Sudetendeutsch­ land  , deine erste und heiligste Aufgabe kennst du..."Erst die große Einheit und Einig­kett, dann das Parteiintereffe, und dein Körper, Sudetendeutschland  , dein jetzt so schwacher Körper wird gesund."... dann können wir Reichsdeutschen wieder zu unserem gesunden Bruder kommen..." Nach einem trommelnden" Schlußsatz, wobei auch das be­kannte Tellzitat von der Einigkeit mißbraucht wird, schließt die Epistel ganz auffallend beschei­den mitEin Reichsdeutscher". Er hat aber schon feine gebührende Antwort bekommen; fünf Seiten weiter findet jeder Leser dieses Gästebuches fol­gende Zeilen: Jenem Reichsdeutschen! Die Freiheit wächst auch aus Gräbern, bis sie die Sargdeckel sprengt. Das sollten auch ihre Totengräber nicht vergessen." (Ludwig Börne  .) Die Führergemeinschaft der sudetendeuffchen sozialistischen   Jugend im Namen ihrer Kamera­den in den Kerkern und Konzentrationslagern dergeeinigten" Natton. Nun folgen über ein Dutzend Unterschriften bekannter führender SJ-Genoffen. D e r A n- griff ist gut pariertder Hieb sitzt! Damit ist vorläufig dieser Fall erledigt. Da zufällig die Adreffe des Wanderers aus dem Reich bekannt wurde, ist es nicht ausgeschlossen, 'daß per Post noch mehr für seine polittsche Auf­klärung getan wird.