Nr. 218 Mittwoch, 18. September 1935 Seite 5 ALgeslürzt. Der 19jährige Lehramtskandidat deS bischöflichen Lehrerseminars in Linz H a r- ring ist am Sonntag beim Abstieg vom Krano- beth-Sattel bei Ebensee beim Eisgraben auf der Suche nach Alpblumen 200 Meter tief abgestürzt. Er blieb mit schweren Kopfverletzungen und Brü­chen der oberen Gliedmatzen tot am Platze. Der Leichnam konnte erst am Montag gefunden wer­den. Der 21jährige Schreiner Hellmut Mader aus Bregenz ist beim Besteigen der Nordwand des Isen abgestürzt und tot liegen ge­blieben. Motorrad und Eisenbahn. Bei der ungeschütz­ten Bahnübersetzung zwischen St. Valentin und Mauthausen (Nieder-Oesterreich) fuhr Montag der 28jährige Wiener Gemeindewachmann I. Aichber- ger auf einem Motorrade in einen Personenzug. Er wurde auf der Stelle getötet. Seine Mit­fahrerin Maria Brandl aus Wien wurde schwer verletzt. Zusammenstoß im New-Aorker Hafen. Der aus Südamerika eintreffende Dampfer ,:Sänta Barbara" stietz am Dienstag in der Einfahrt des New-Dorker Hafens mit demAmbrose Chan­nell-Leuchtschiff zusammen. Beide Schiffe wur­den stark beschädigt. Unter den Passagieren der Santa Barbara " brach eine Panik aus, doch wurde niemand verletzt. Auf der Fahrt zum Romershoals-Leuchtturm, der sich nahe dem Hafeneingang befindet, kenterte ein mit Borräten beladener Leuchtturmkutter in schwerer See. Vier Mann der Besatzung ertranken. Volkswirtschaft and Sozialpolitik Acht Monate Außenhandel Der Gesamtumsatz im tschechoslowakischen Außenhandel liegt in den ersten acht Monaten 1938 im Vergleich mit dem Vorjahre um rund 122 Millionen höher. Diese Erhöhung ist ausschlietzlich auf die Zunahme der Aus­fuhr zurückzuführen. Vom Juli bis August 1934 betrug der Wert der tschechoslowakischen Ge­samtausfuhr 4365 Millionen KL, in der gleichen Zeit dieses Jahres 4698 Millionen KL, das ist eine Zunahme um 833 Millionen KL. Dem­gegenüber steht eine Verminderung der Einfuhr von 4112 Millionen auf 3901 Mil­lionen KL, also um 211 Millionen KL. Die Entwicklung des Autzenhandels ist bei den einzelnen Warengruppen recht unterschiedlich. So wurden für 45 Millionen KL mehr lebende Tiere eingeführt als im Vorjahre. Die Einfuhr von Rohstoffen ileibt in die­sem Jahre«m fast 200 Millionen KL gegen­über dem Vorjahre zurück, di« Rohstoffausfuhr ist nm etwa 73 Millionen KL geringer. Die Ausfuhr von Fertigwaren er­reichte in den ersten acht Monaten 1934 die wert- mätzige Höhe von 3095 Millionen KL, im glei­chen Zeitraum dieses Jahres 3259 Millionen KL, demnach eine Steigerungvonl64Mil- l i o n e n KL. Die mengenmäßige Entwicklung der Spezial­einfuhr nahm in den wichtigsten Warengruppen in den ersten acht Monaten der vergangenen drei Jahre die folgende Entwicklung: JännerAugust 1935 1934 1933 in Tonnen Nettogewicht Kohlen.,. 9 951.766 913.017 856.682 Eisenerz«<. 9 437.438 250.100 232.027 Mineralöle, 9 250.819 229.410 203.839 Roheisen,, 29.201 54.296 23.405 Holz... 66.478 81.896 94.827 Kunstdünger« 80.782 85.536 87.344 Oelsamen. , 9 91.585 76.290 77.466 Baumwolle, 9 43.606 55.546 46 673 Reis.. 9 89.951 46.721 88.516 Unedle Metalle 9 80.457 26.769 24.012 Kochsalz. 68.493 81.444 83.474 Wolle... 18.333 20.679 17.422 Felle und Häute, roh 16.527 29.783 17.422 Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist die Einfuhr von Eisenerzen, Mine­ralölen und Oelsamen ganz be­trächtlich gestiegen. Bemerkenswert ist auch die wertmäßige Entwicklung der Spe­zialeinfuhr einiger Warengruppen. So ist die Einfuhr von Textilrohstoffen und Tertilhalbfabri- katey dem W^erte nach, stark zurückgegayge,»^ VjM Jänner bis August 1934 wurden Baumwolle, Wolle, Flachs, Hanf,-Jute bzw. Gartis'und Waren aus diesen Rohstoffen, Seide und Seidenwaren im Werte von 1295 Millionen KL eingeführt, in der gleichen Zeit dieses Jahres jedoch nur: 1008 Millionen KL. Der Rückgang beträgt dem­nach 287 Millionen KL. Gewaltig zugenommen hat die Einfuhr von Tabak, die 1934 nur rund 32 Millionen KL betrug und in diesem Jahre 153 Millionen KL erreicht. Die Entwicklung der mengenmäßigen Ausfuhr unterstreicht die schon bekannte Tat­sache, daß am günstigsten die Eisenindustrie ab­schneidet. Es betrug die mengenmäßige Ausfuhr: JännerAugust 1985 1934 1983 in Tonnen Nettogewicht Kohlen. , 2,195.219 2,359.537 2,034.563 Holz... 996.837 954.017 557.188 Eisenwaren 74.841 69.324 86.189 Zucker., 128.148 92.596 151.892 Bausteine. « 52.358 45.884 27.593 An der erfreulichen Aufwärtsbewegung unseres Gesamt-Außenhandels haben demnach nicht alle Zweige der Exportindustrien Anteil. Wenn sie zu einer nachhaltigen, spürbaren Be­lebung ddr Produktion führen soll, so muh insbe­sondere der Export von Kohle und von Erzeugnis­sen der Textilindustrie, Papier -: Glas- und Por­zellanindustrie eine größere Steigerung erfahren. Wenn die im letzten Monat zu verzeichnende Er­höhung der Einfuhr nicht zu neuen Einfuhrdros­selungsmaßnahmen führt, wenn eine gewisse han­delspolitische Neuorientierung vorgcnommen und die Exportförderung auch von der Industrie mit Nachdruck betrieben wird, dann sind auch der künf­tigen Exportentwicklung jener Industriezweige bes­sere Chancen geboten, deren Produktionsstätten int sudetendeutschen Gebiet liegen. JännerAugust 1935 in Tonnen 1934 Nettogewi 1933 cht Eisenerze. , 59.762 48.070 47.503 Papierzeug, 55.295 63.525 52.965 Stabeisen,, 42.300 24.736 8.089 Malz... 43.339 53.989 53.199 Tafelglas,, 82.569 38.045 82.208 Hohlglas«« 22.711 21.807 22.559 Eisenblech und -Platten., 32.997 34.454 13.072 Mehl... 23.207 82.972 79.338 Papier.,, 20.501 19.947 22 40.0 Getreide«, 19.707 26.963 91.600 Die günstig« Ausfuhrentwicklung in der Metall» und Maschinenindustrie kommt auch in den bedeutend höheren Ziffern des Ausfuhrwertes gegenüber den beiden Vorjahren zum Ausdruck. Dagegen ist der Ausfuhrwert von Kohle, der Glas ­industrie, der Papierindustrie zurückgegangen. Die Konzentration der Industrie in der Sowjet-Anion Zu den Eigentümlichkeiten der russischen Jndustriewirtschaft gehört die hoh5Konzentration der Industrie. In keinem Industrielands nicht einmal in Amerika ist die Arbeiterschaft in Großbetrieben so konzentriert, wie in der Sowjet­ union . Bon den fünf Millionen Arbeitern der Großindustrie waren am 1. änner 1933 67 Pro­zent in Betrieben mit über 1000 Arbeitern be­schäftigt; in den Vereinigten Staaten gab es im Jahre 1929 7 Millionen Arbeiter der Groß­industrie, von denen nur 30 Prozent in Betrieben gleicher Größe beschäftigt waren. Würde man zu den Großbetrieben auch Betriebe mit über 500 Arbeitern zählen, so waren in der Sowjetunion im Jahre 1933 80 Prozent der Jndustriearbei« terschast in Großbetrieben, d. h. von 500 his über 1000 Arbeitern, angestellt, gegen 46 Prozent in den Bereinigten Staaten. Interessant ist die Verteilung in.den ein­zelnen Zweigen der Industrie. Dreiviertel der Äxbeiterschaft der Maschineubaumdustrie sind in Betriebenmit^über 1000 Arbeitern beschäftigt, in den Vereinigten Staaten nur 47 Prozent. Her- vorzuheben ist auch, daß am 1. Jänner 1934 die Sowjetunion die gleiche Zahl, oder genauer saft die gleiche der Maschinenbauarbeiter hatte, wie die Bereinigten Staaten im Jahre 1929 r 1,195.000 in Rußland und 1,209.000 in Amerika . In der chemischen Industrie sind 76 Prozent von 226.000 Arbeitern in Betrieben mit über 1000 Arbeitern beschäftigt, in den USA . nur 45 Prozent von 354.000 Arbeitern. Das gleiche Bild ist in der Leichtindustrie zu verzeichnen: 77 Pro­zent der Textilarbeiter sind in Großbetrieben mit über 1000 Arbeitern angestellt gegen 23 Prozent in den Vereinigten Staaten . Di« große Bedeutung der Konzentration der Industrie besteht abgesehen vom sozialpoliti­schen Gesichtspunkte vor allem in der Möglich­keit der Maffenproduktion, die mit einer Verbil- liguna der Herstellungskosten verbunden ist. Demoralisierung im Dritten Reich AP. Man kann einen Querschnitt durch das Dritte Reich machen, indem man von dem Gesichtspunkt ausgeht, alle Narrheiten, die dort inzwischen Mode geworden sind, aufzuzeigen. Das ist sehr ertragreich, mag man nun an den Führerkult mit Hitleraltären oder an den Wo­tanskult mit heiligen Hainen, Thingstätten und Bärenfellschmuck denken, mag man sich die Frau vergegenwärtigen, die sterilisiert zu werden wünschte, weil sieostisch überlagert" sei, oder den Feldzug gegen MendelssohnsSommer- nachtsträum", HeinesLoreley ", das^Nieder­ländische Dankgebet" wegen jüdischer Her­kunft. Mit diesen Narreteien hat es aber nicht sein Bewenden. Weit erschreckender ist das Bild der Demoralisierung, das das Dritte Reich bietet. Denkt man einmal ernsthaft über diesen Gegenstand nach, so stößt man auf derart viel Material, daß man kaum weiß, wo man anfan­gen soll. Das Dritte Reich hat, ebenso wie aus der Wissenschaft, auch aus der Justiz den Be­griff der Objektivität verbannt. Die pri­mitivsten Rechtsbegriffe sind mit Füßen getreten. Nachdem das Ideal der Freiheit'zerfetzt war, stempelte man Menschlichkeit und Brü­derlichkeit zu Merkmalen verweichlichter Rückgratlosigkeit, Pazifismus zu dekadenter Feigheit, erhob die Unduldsamkeit auf den Thron, heroisierte den Terror, ja den politischen Mord. Die Vergottung von Staat und Führer, von Blut und Boden führte zu einer Umwertung aller Werte. Die Folgen sind dem- entsprechend grauenhaft. Zunächst wurde die Gesinnungslosigkeit Trumpf. Durch Gleichschaltung und Gesinnungsterror, Stock­schläge auf den Magen und Konzentrationslager züchtete man die Heuchelei und den Ver­rat, die Kriecherei und den Byzantismus. die Thrlosigkett und Gesinnungslumperei. DaS galt sowohl für den Beamten, der heute gute Miene zum bösen Spiel machen mutz, wie für den Arbeiter, den man in die Arbeitsfront pretzt, für den Geschäftsmann, derHeil Hitler" grüßen muß, und den Passanten, der dem Geßlerhut seine Reverenz zu erweisen hat, seihst wenn ein 70jähriger an zwölffährigen Hitlerbuben vorbei- kommt. Der Lehrer, der anders denkt, der Rich­ter, der noch eine Vorstellung von Rechtsstaat hat, sie müssen schweigen. Rücken werden ge­krümmt, die man so leicht nie wieder gerade bie­gen kann. Und schlimmer als das Schweigen, gegen das nur wenige sich aufzulehnen vermochten, war noch das erzwungene Bekenntnis zum Gegenteil der eigenen Auffassung: der Antifascist in der SA , der Demokrat, der zum Hitlergruß gezwun­gen ist, der politisch Neutrale, dem man das Sin­gen deS Horst Wessel -Liedes abpreßt. Die Be­hauptung der alten Stellung, die Jagd nach der neuen"Stellung, der Kampf um das kärgliche bißchen Brot nötigt zu dieser Heuchelei. Die Angst vor Verfolgung, das Schreckgespenst der Gestapo zwingt zu dieser Heuchelei, führt dazu, alte Ideale wegzuwerfen, zu reden, was man nicht glaubt, die Ellbogen zu gebrauchen, die an­deren zu übertrumpfen. Der Kampf um den P o st e n er entspricht im Dritten Reich dem Tanz ums goldene Kalb. So sieht die sittliche Erneuerung, die Ausrottung des«materialisti­schen Denkens" aus. Nie war die Korrup­tion so groß wie in der Diktatur. Denn dort fehlt jegliche Kontrolle, fehlt der frische Luftzug einer kritischen Presse. Wo die politisch« Ueber- zeugung(oder angebliche Ueberzeugung) an Stelle fachlicher und charakterlicher Eignung zum alleinigen Maßstab wird, kann es ja nicht anders sein. Die Angaben über Korruption sind keine Uebertreibung. Sie sind täglich so zahlreich oft gibt es pro Tag bis zu 50 Meldungen dar­über, daß man sie nicht mehr registrieren kann. Hand in Hand damit geht der Geist der Denunziation. Schüler denunzieren den Lehrer, Kinder die Eltern, Konfirmanden den Pfarrer, Beichttinder den Geistlichen. Denunzia­tion aus Fanatismus, Denunziation zur Ver­deckung der polittschen Vergangenheit, Denun­ziation zur Erlangung einer' Position oder um des Gewinnes willen, Denunziation zur Errei­chung von Straffreiheit und Befreiung aus der Hast also durch Terror erpreßt, Denun­ziation aus privater Rache. Es ist, als ob der Nationalsozialismus die niedersten Instinkte auf­gewühlt hätte. Grausenerregend die Fälle eines Vaters, der seine Tochter, und des Juden, der seinen Bruder der Gestapo wegenRaffenschande" denunziert. Da haben wir den Gipfelpunkt der EharskjxxWaM. In anderen Fällen, gitt es dem Nachbar, dem Hauswirt, dem ehemaligen Liebhaber, dem Konkurrenten. Ueberflüssig, über die Verwahrlosung der Jugend zu sprechen, die sowohl bei der Hitlerjugend wie beim Bund deutscher Mädel Orgien feiert: Gewalttätigkeit, Ueberheblichkeit, Großmannssucht, Scheu vor Ar­beit, Abneigung gegen alles Lernen, Anbetung des Körpers und des Körperlichen. Reben der Rache werden Neid und Haß zu Leitmotiven: Hätz, gegen die Juden, Haß gegen die Intellek­tuellen, Haß gegen das Ausland, Haß gegen alle Nndersderckenden. All dies ist untermischt mit Minderwertigkeitsgefühlen, die beim Pangerma­nismus eine große Rolle spielen, mit Verfol­gungswahn und schweren Sexualkomplexen(man vergleiche dieRaffenschande" mit derschwar­zen Schmach" im Rheinland und mit der Lynch­justiz in Amerika ), die auch bei den spontanen Aktionen und den sadistischen Mißhandlungs­orgien eine Rolle spielen. Ueber allem aber steht die Anbetung der Gewalt. Tefstrrer Bergbauer«... Proletarierleben über den Deen der Südschweiz Nirgendwo lockt die Landschaft so sehr zu be­geisterter Stimmungsmalerei wie im Tessin , über dem gerade im beginnenden Herbst das Füllhorn der Blütenpracht sich ergießt. Hier wird es dop­pelt schwer, nüchtern zu beschreiben, hier liegt noch auf der ärmlichsten Hütte ein romantischer Ab­glanz der Sonnenhelle, den Maler verleitet es unfehlbar, auch seinersetts in bunten Farben zu schwelgen: die Kamera deS Reporters allein läßt sich nicht täuschen, sie sieht auch über den funkeln­den Seen der Südschweiz das Gesetz dieser Ge­sellschaftsordnung lebendig, und hält das Leben ihrer Opfer im wahrheitsgetreuen Bilde fest. Das Leben der Teffiner Bergbauern ist ein Leben der Arbeit inmttten von Gefilden, die dem Fremden nur der Erholung gewidmet scheinen, ihrer'ganzen Natur nach angetan zu Freude und Wahltag. Wer es aber näher betrachtet, der sieht mehr als diese Kehrseite der Landschastsmedaille; er muß erschüttert bekennen, daß der Kontrast ihm bis ans Herz greift, daß soviel häßlicher Daseins­kampf in einer, Welt der Schönheit beispielhaft ist für die Unordnung des menschlichen, des'gesell- sckaftlichen Seins. So daß er gerade hier, wo er sichs nicht träumen ließ, vyn neuem den Befehl vernahm, im Kampf um eine bessere Gestaltung, einen planvoller organisietten Stand der Dinge nicht zu erlahmen. Sehen wir die Photos an, die der Reporter mitgebracht hat! Es sind aewitz nur Einzelaufnahmen und er hat geleknt^nicht zu verallgemeinern. Aber diese Einzelaufnahmen er­scheinen ihm typisch für eine ganze Klaffe. Ihr Tag beginnt bei Morgengrauen: um 8 Uhr hört der Fremd« ihre Stimmen schon, und noch, wenn der letzte Abendschimmer hinter dem Hügel versank, sind sie am Werk. Zwischen 9 und 10 Uhr des späten Abends werden die Stimmen anders gefärbt: dann liest er mit melodischem Ge­sang einen Artikel aus der Zeitung vor... und erst dann wird Nacht, kurze Nacht, die im Schlaf Erquickung geben soll für so viele Stunden härte­ster Frohn. Hier gibt keine Fabrikssirene die Zeit an für Arbeitsbeginn und wohlabgewogenen Feierabend, hier ist immer zu tun, hier, ist ewiger Akkord ums tägliche Brot, hier wird in. keiner Schicht das Pensum bewältigt: immer neue Arbeit ist liegen geblieben und morgen weiterzuführen und wenn die Woche, wenn der Monat um ist, kommt keiner, der den Lohn zahlt oder das Ge­halt. DaS pure arme Leben ist's, das Teffiner Bergbauern gewinnen. Die Casa gehört nicht ihnen, das Land, die Reben, das Holz dem Herrn, demGroßbauern", der irgendwo im Orte wohnt. LBdach und Nutzung der Feldstücke gibt er ihnen, dafür liefern sie den Dung von Kuh und Schwein für seine Felder, dafür halten sie sein Land in­stand und pflegen seine Rebstöcke, dafür hat er einen Hüter auf seinem so entlegenen Besitz, aus dem er den Gewinn zieht. So tut die Frau: Sie melft die Kuh, sie ttägt zweimal am Tag die Milch ins Tal und steigt wieder herauf, oft schwer beladen mit den Dingen, die der Ort ihrem Leben geben muß. Der spitz nach unten sich verengende Korb hat seine Heimstatt auf ihrem geplagten Rücken: bis zu einem Zentner vermag sie zu tragen, denn Tragen und Steigen das ist das A und O ihres Lebens. Körbe voll Reisig schleppt sie heran, daß im Kamin ein Feuer sei. Körbe voll am Weg geschnittenen Grases für die Kuh, die das Frischfutter nicht selbst auf der Alp sich holen kann, sondern zwischen an­steigender Waldung auf steilem Pfad, unter'Rei­hen von Reben und mit Gemüse bepflanzten Flek- ken Felds im heimeligen Stall einer verfallenen Ruine hausen muß. Bei all der Plage aber weicht der zärtliche Ruf nach Hühnern und Katzen nicht von ihren Lippen, daß keines sich verlaufe; die Karnikel wollen Futter, die spärlichen Beete dop­pelte Pflege. Und so ist das Sich-Bücken ihr Be­ruf, so wird sie vorzeitig alt und hat doch immer ein gutes Wort für den Fremden. Und wann sie die Polenta, den Maiskuchen, zum Mittageffen kocht, wann sie den dünnen Kaffee, wann sie die Ministra, die Gemüsesuppe, zum Abendmahl be­reitet, an ihre kleine Wirtschaft denkt, er weiß es nicht. Die Damen und Herren, deren Auto auf der Straße wartet, finden es vielleicht schmutzig bei ihr. Aber sie wohnen am See unten und das Personal" sorgt für ihre Wohnung».. So tut der. Mann: Seine Augen sind nicht mehr gut. Mit dem Stab ertastet er die oft so gefährlich steinig-steilen Pfade. Er lebt Mischen den Ställen, der sprudelnden Quelle, aus der er Eimer um Eimer heränschleppt, und dem Wald. Die Kuh, das Schwein, r sie sind sein.^kapi­tal", ihr Leben ist seines, ihr Wohlbefinden ist alles. Er redet mit den Tieren, indem er sie ver­sorgt. Mit der Sichel liegt er fast auf dem Boden, um das letzte bißchen Grün zu ergattern, er brei­tet es in der Sonne aus, er sammelt es wieder ein, Heu und Spreu heißen seine Aufgaben. Von ttef unten, wo er sie geschnitten hat, bringt er blattragende Zweige auf den Kopf getürmt, zer­sägt er die dickeren, schichtet Reisig, Waffer und Wasser auf die Feldstücke, die erbarmungslose Sonne auSdörrt. Die Reben beschneiden, mit dem grünen Gift bespritzen, das dem Ungeziefer wehrt, damit des Herren Ernte-reich sei. Das Werkzeug instand, die brüchige Casa unversehrt halten, das wenige Obst ernten, die Tomaten binden und wieder Holz und wieder Grünfutter und wieder Waffer und wieder Dung, und keine Tabakspfeife und kein Stumpen dazwischen. Oft aber kommt der Herr, und dann ist dies und das und jenes nicht recht und das Leben fast nie eine Freude. Wissen sie von der Schönheit, in der sie le­ben? Sehen sie je den See, der tief unten azurn lacht? Am Sonntag kommt der Sohn, der in der Stadt in der Handwerkslehre ist, und bringt der Mutter die kargen Frankenstücke die er verdient, sitzt bei den Eltern und raucht eine Zigarette. Aber das währt nicht lange. Auch für ihn ist Ar­beit aufgehoben, auch der Sonntag so fromm man ist, so regelmäßig man den beschwerlichen Weg zur Messe auch macht bleibt nicht ohne Arbeit. Denn das Vieh will sein Recht und wieviel ist liegen geblieben von aller Wochentagsarbeit^ Dazwischen aber darf die Kuh einmal aus dem Verlies und treu behütet die engen Wege, zwischen Beet und Rebstock trotteln, die bewachsenen Rän­der abfressen, sich der Sonne fteuen. Ja, auch das. Schwein watschelt ans Tageslicht, beklatscht an den fetten Seiten, geleitet durch besonoers guten Bissen, mit dem man es in die gewünschte Rich­tung lockt. Und dann, ja dann gibt es wohl auch einen Tropfen Wein, der so verschwenderisch hier wächst. Und dann ist es Sonntag gewesen. Wie aber wird man Mehl und Brot und Kaffee und gar ein Stückchen Fleisch bezahlen? Wo Sämereien kaufen und ein neues Hemd? Abends, kurz vor der Sttlle der Nacht, dringt der Ton der Sorgen noch an des Reporters Ohr...