Sosialdemokrat
ZENTRALORGAN
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DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER, SIEGFRIED TAUB , CHEFREDAKTEUR: WILHELM NIESSNER, VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG ,
15. Jahrgang
Rom . Der italienische Minister. rat hat die Vorschläge des Genfer Fünferausschusses über die Lösung des italienisch- abeffinischen Konflikts ab.
gelehnt.
Einzelpreis 70 Heller
( einschließlich 5 Heller Porto
Nr. 222
Henlein und das Dritte Reich
Der loyale Henlein klagt auf Ehrenbeleidigung Der Kläger wird zum Der Beschluß des Ministerrats hat folgen Angeklagten Sensationelle Beweisanträge: SA - Raufbolde über die Grenze
den Wortlaut:
Der Ministerrat hat von dem in dem Bericht des Fünferausschusses enthaltenen Vorschlägen Kenntnis genommen; er hat sie zum Gegenstand einer aufmerksamen Prüfung gemacht. Bei aller Achtung des von dem Fünferansschuß unternommenen Versuches ist der Ministerrat zu dem Entschluß gekommen, diese Vorschläge als nnannehmbar zu betrachten, da fie feine ansreichende Mindest grundlage für etwaige Abmachungen bieten, mit denen endlich und in wirksamer Weise den lebenswichtigen Rechten und Intereffen Italiens Rechnung getragen würde."
Der Ministerrat wurde für nächsten Dienstag zu einer neuen Sizung einberufen, bei der die Entwicklung der politischen Lage weiterber folgt werden soll.
Fünferausschuß wartet die amtliche Nachricht ab
Eine Spezialwaffe der Sudetendeutschen Partei war bisher die massenhafte Einbringung von Presseklagen gegen alle Zeitungen, die sich ein Wort des Zweifels gegen die Loyalitätsbeteuerungen der Herren Henlein , Sandner& Comp. erlaubten. Aber der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Eine am Samstag vor dem Prager Preffegericht durchgeführte Verhandlung brachte böse Ueberraschungen für die Aufläger. Der wegen Ehrenbeleidigung, begangen durch die Preffe, von Henlein geklagte Chefredakteur der„ Prager Presse", Laurin, drehte diesmal den Spieß um. Sein Anwalt Dr. Bouček stellte sensatio= nelle Beweisanträge über die Auslandsbeziehungen der SdP und die Ausland z- reisen des Herrn Henlein. Dadurch erscheinen die von uns in der letzten Wahlkampagne veröffentlichten Meldungen dokumentarisch bestätigt, daß in einzelnen Grenzorten PrügelKolonnen von SA- Banditen gegen unfere sozialdemokratischen Arbeiter losgehetzt worden sind. Nicht minder interessant ist jener Teil der Beweisanträge, der auf Tag und Stunde genau die auf reichsdeutschem Boden stattgefundenen Zusammenkünfte zwischen Henlein und Krebs in der Oeffentlichkeit des Gerichtssaales aufdeckte. Charakteristisch für den Rollentausch bei der Verhandlung ist auch die Tatsache, daß einer der Anwälte Henleins, Abgeordneter Dr. Neuwirth, selbst zu den Beschuldigten gehört. In den Beweisanträgen Dr. Boučeks wird ihm zum Vorwurf gemacht, daß er sich auf dem Umwege über Desterreich als politischer Geldvermittler betätigt hat.
Die Verhandlung fand vor einem äußerst zahlreichen Auditorium von in- und ausländischen Journalisten statt. Der erste Eindruck der Beweisanträge Dr. Boučeks war für die flagende Partei niederschmetternd. Ihre Anwälte zeigten offensichtlich ein großes Intereffe daran, daß eine möglichst I ange Frist für die schriftliche Vorlage und Prüfung der Beweis. anträge eingeräumt werde, denn Herr Henlein wird anscheinend einen neuen Urlaub am Genfer See benötigen, um sich von den peinlichen Ueberraschungen dieses ersten Prozeßtages zu erholen. Mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Preßgefehes, welches jebe Einflußnahme auf ein schwebendes Verfahren verbietet, müffen wir uns vorläufig eines politischen Kommentars enthalten.
SdP- Loyalität unter der Lupe
Der Verlauf der Verhandlung
Unter allgemeiner Spannung ergriff dann der Verteidiger des geklagten Chefredakteurs das Wort zur eingehenden Begründung seiner wahrhaft
Genf. Die Abendsitzung des Fünferausschusses des Böllerbundrates, der mit der Lösung des abesjinisch- italienischen Konfliftes betraut ist, dauerte bloß 30 Minuten. Es wurde beschlossen, daß das römische Kommuniqué nicht als amtliche Antwort der italienischen Regierung auf die Vorschläge des Ausschusses angesehen werden könne. Der Ausschuß wird demnach abwarten, bis Botschafter Prag. Ein Presseprozeß, der das stärkste Inter- Sudetendeutschen Partei", Herr Baron Aloisi die endgültige Ent- effe der Oeffentlichkeit auf sich zieht, fand Samstag Dr. Neuwirt, Platz, von dem des weiteren noch scheidung der italienischen Regierung dem vor dem Pressesenat Mitu Ia seine Eröffnung. die Rede war. Ausschusse direkt bekanntgeben wird, und wird Der Gerichtssaal war von Pressevertretern überdann dem Nate Bericht erstatten. Hinsichtlich der füllt und der Verlauf der Verhandlung bewies, daß Antwort der abessinischen Regierung ist man der dieses Juteresse wohl begründet war. Herr Konrad Ansicht, daß sie im Wesen positiv ist und daß der senlein hat in seiner Eigenschaft als Vorabessinischen Regierung bloß an unwesentlichen sitzender der SF den verantwortlichen und ChefAenderungen betreffend die Art der Ernennung redakteur der Prager Presse" Arne der eventuellen Regierungsberater in Addis Abeba Laurin wegen eines am 13. Jänner 1935 in der gelegen ist. Der Völkerbundra t, der am Rubrik ,, Die politische Woche" erschienenen Artikels Montag nachmittags zusammentreten soll, geklagt, durch den Herr Henlein sich und seine SHF wird den Bericht des Fünferausschusses behan in ihrer tiefen Loyalität gegen unseren demokratideln, der, falls die amtliche Antwort der italienischen Staat als schiver verletzt erachtet. schen Regierung rechtzeitig einlangt, am Montag bormittags ausgearbeitet werden soll. Mussolini erwartet
neue Vorschläge?
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Der erivähnte Artikel knüpfte an eine Acuße rung des Premierministers an, nach welcher alle Versuche, die Demokratie bei den bevorstehenden Wahlen unter äußerlicher Benutzung demokratischer Methoden zu untergraben, energisch bereitelt werden
sensationellen Beweisanträge Einleitend bemerkte Dr. Bouček, er, persönlich würde natürlich gegen solche Beschuldigungen mit einer Klage antworten, aber:
Noch interessanter ist der Wortlaut des folgens den Dokumentes, das wir ohne Kommentar, gleichfalls im Wortlaut wiedergeben:
Planen, 5. März 1934 Streng geheim!!!!, persönlich!!!
An die Sturmbannführer der Standarte 134. Betr.: Schreiben der Standarte 134, Tgb. 2863/ 33- Ic und 636/ 34-1c.
Von den gemeldeten SAM. find an die Stan darte 134 nochmals die zuverlässigsten SAM. zu melden.
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Termin 8. 3. 1934, unbedingt einhalten!! Grund: Mit Schreiben 2863/33 wurde mitgeteilt, daß die SHF. in der CER . die g ca tarnte NSDAP darstellt und nun in den nächsten Tagen endlich Partei" wird. Wie auch bei uns find Versammlungen unentbehrlich. Die Versammlungen werden aber durch die SPD der CSR . dauernd gestört und gesprengt. Ein Saalschuß ist unbedingt nötig. Barteigenossen der SHF. können den Saalschut nicht vornehmen, da sonst eine nochmale Auflö= fung zu befürchten ist. So ist mit dem Führer Konrad Hanlein beschlossen worden, den Saalschuk aus den Reihen der SA. und SS. zu stel len. Die Angehörigen gehen in Zivilkleidung mit Reisepaß über die Grenze. Versehen mit Pistole und Parteibuch der ver= botenen EPD.( Reisepaß und Parteibuch lauten auf den gleichen Namen). Die genauen Anweisungen erteilt der Führer der Brigade 36( Plauen). Es muß erreicht werden, daß durch getarnte errorakte der gefährlichste Gegner, die SPD . in der CSR ., evt. a ufgelöst wird.
Die SA . Führer wissen nun Bescheid und haben nur die allerbesten SAM. zu melden.
Der Führer der Standarte 134, Standartenführer."
Unleserliche Unterschrift.
,, Wenn ich in der Haut des Herrn Henlein stäke, würde ich mich nur ärgern wie einer, dem man eine unangenehme Wahrheit ins Gesicht sagt. Ich bin verpflichtet, hier festzustellen, welche ethische Motive und welches öffentliches Interesse den Ge- leere Worte handle, beantragte Dr. Bouček die Reflagten geleitet haben."
Zum Beweis dafür, daß es sich hier nicht um quirierung der Gerichts- bzw. Gendarmerieaften Seine Beweisführung über die tatsächlichen Be über mehrere gewalttätige Versammlungsstörungen
ziehungen der SF zu staatsfeindlichen Faktoren im Grenzgebiet bei Braunau und Eger, wobei einerbegann Dr. Bouček mit der Verlesung von
würden. Die Klage des Herrn Henlein wendet sich nun vor allem gegen einen Passus des betreffenden Rom. Von maßgebenden Stellen wurde Artikels, in dem es heißt: ,, ier müssen dem römischen Berichterstatter des Reuterbüros wir neben anderen Gruppen an der Standpunkt Italiens folgendermaßen dargeHenlein und seine Bewegung den fen." legt: Italien hat sein Wort gesprochen. Nun liegt Die Behauptung, daß Henlein und seine Bewegung es an den Großmächten oder am Völkerbund, nicht auf dem Boden der verfassungsmäßigen Demoneue Vorschläge zu unterbreiten, welche den fratie stehen, wurde in dem Artikel mehrfach wiederitalienischen Aspirationen mehr entsprechen würden. Das ist möglich und holt und weiters hieß es dort, daß Henlein,„ die 19. Dezember 1933, lautet in wörtlichem Nachdrud
Apenninische Halbinsel
Klaviatur des Hatentreuzes meisterhaft beherrscht" und daß seine SHF ein Ersatz der aufgelösten Hakenkreuzparteien sein solle.
Die Klage des Herrn Henlein beschwert sich insbesondere darüber, daß der Verdacht erwedt werde, daß die SH mit sta a tsfeindlichen Fattoren in Verbindung stehe, besonders von der Zeit an, als nach dem Artikel Dokumente vorlägen, welche deren Beziehungen zu der berüchtigten nazistischen ,, österreichischen Legion" nachweisen.
im Verteidigungszustand Rom. In Italien werden die engli⚫ fchen Schiffsbewegungen im Mit telmeer als Vorbereitungen für einen engli⚫ Herr Henlein, der nach der Anklage sich durch schen Angriff auf 3talien erklärt und daher werden Arbeiten für die Vertei folche Unterſtellungen" aufs tiefste verletzt fühlt, digung der apenninischen Halb= insel vorgenommen. In allen italienischen Hä. fen werden bereits seit einigen Tagen Ketten ein gelagert, durch die die Häfen gegen Unterseeboote abgesperrt werden sollen.
Bei Kriegsausbruch werden die Hafenftädte Neapel, Palermo, Messina, und Bari als Kriegszone erklärt werden.
flagte
Chefredakteur 2 aurin, der persönlich zur Verhandlung erschienen war, Iehnte jeden er gleich ab und sein Anwalt Dr. Bon. če k bot den Wahrheitsbeweis für sämtliche inkriminierten Aeußerungen an.
Neben dem Anwalt Henleins, dem Advokaten Dr. Hans Koh I, nahm, gleichsam als Reprãsentant der. SHF, der Abgeordnete. der
zwei Geheimbefehlen der SAStandarte 134 in Plauen an die unterstellten Sturmbannführer Der erste Brief, datiert
seits die Beteiligung von Raufbolden aus dem Drits ten Reich festgestellt und anderseits Gummifnüttel und Stahlruten reichsdeutschen Fabrikates beschlagnahmt wurden.
Als weiteres Glied in der Beweistette für die Loyalität der SHF stellte Dr. Bouček unter Beweis, vom daß Konrad
Henlein in enger Verbindung mit dem ehemaligen nazistischen Abg. Krebs, derzeit Regierungsrat im Reichsinnenministerium, gestanden habe.
In dem Beweisantrag wird unter genauer BeitPlanen, den 19. XII. 1933. angabe festgestellt, daß Henlein, bzw. seine intimsten Persönlich!!!! Mitarbeiter mit Krebs und anderen Nazis
An die Sturmbannführer der Standarte 134 zur Beachtung und entsprechenden Bekanntgabe.
Bom Reichspropagandaministerium wird mitgeteilt, daß die ,, Sudetendeutsche Heimatfront( SHF. in der CSR . in aller Kürze sich als ,, Partei" eintragen läßt. Die„ SF." bildet die get arnte NSDAP, welche bekanntlich in der CEN. verboten ist.
Der Stabschef verbietet hiemit alle Propagandareden usw. um das„ Sudetendeutschtum", da mit die Arbeit der SHF. nicht gestört wird.
Der Führer der Standarte 134 Standartenführer."
Unleserliche Unterschrift..
in Bad Elster, bzw. Mark Neukirchen, Zusammen. fünfte
hatte. Insbesondere fand am 28. Dezember 1932 eine Sibung mit führenden Funktionären der NSDAP
statt.
Dr. Bouček stizzierte in seinen weiteren Aus führungen die nazistische Propagandaarbeit, in die sich neben dem Reich sinnenministerium ( in welchem der Regierungsrat" Krebs fitt), das Propagandaministerium des Herrn Goebbels und das Reichsaußenministe= rium teilen. Die Bearbeitung der österreichischen und tschechoslowakischen Gebiete war eng miteinander verknüpft. Schon im Jahre 1929 habe u. a. ein ges wisser Dr. Walter Heinisch, ein enger Mitarbeiter Görings, als Leiter von verschiedenen „ Schulungskursen", eine Rolle gespielt und eben die