Nr. 223 Dienstag, 24. September 1935 Seite 5 Ein Kanal durch die Halbinsel Florida Auf der Halbinsel Florida in den Vereinigten Staaten hat der Bau eines Kanals begonnen, der eine Verbindung zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Golf von Mexiko herstellen soll. Durch den Kanal, dessen Baukosten auf 146 Millionen Dollar geschätzt sind, wird die Fahrzeit von den Häfen am Golf zum Atlantischen Ozean und umgekehrt um zweieinhalb Tage verkürzt. Unsere Uebersichtskarte zeigt den Verlauf der neuen Was- serstraße, die bei Jacksonville beginnt und in Port Inglis endet. Todeskampf mit einem Tobenden im Flng- zeug. Der in den Vereinigten Staaten sehr bekannte Baseballspieler K o e n e ck e hatte in der Nacht zum Montag in Detroit ein Sonderflugzeug nach Toronto gemietet. Koenecke war anscheinend stark betrunken, denn kurz vor der Landung fing er in dem Flugzeug wie ein Irrsinniger an zu toben und griff den Flugzeugführer sowie einen von ihm eingeladenen Fallschirmabspringer an. Beide versuchten in der kleinen Kabine, den rasenden Koenecke zu überwältigen, bis der Flugzeugführer ihn in der Notwehr mit einem Feuerlöscher niederstreckte. Dem Flugzeugführer gelang es noch rechtzeitig, die Maschine abzufangen und eine Notlandung vorzunehmen, wobei das Flugzeug allerdings stark beschädigt wurde. Bei der Landung stellte sich heraus, daß Koenecke tot war. Der Fallschirmabspringer hatte zahlreiche Biß- und Kratzwunden davongetragen. Gegen den Flugzeugführer und den Fallschirmäbspringer wurde formell ein Verfahren wegen Totschlages cingeleitet. Jeder sein eigeuer Vlussolini. In der mexikanischen Ortschaft Lajoya ist es zwischen G r o ß-, grundbesitzern wegen des Besitzes verschiedener Ländereien zu schtveren Zusammen st ößen gekommen. 16 Männer wurden dabei getötet und mehrere vMetzt. Der tägliche„Wild-Ost". Chinesische Räuber haben einen Anschlag auf die Eisenbahn Mulden—.Kiren ausgeführt. Sie rissen im Südabschnitt der Strecke die Gleise auf, so daß der Zug aus den Schienen sprang und sich überschlug. Fünfundzwanzig Personenwur- dengetötet oder verwundet. Sieben Reisende wurden von den Räubern entführt. Der Beweis. In Oviedo erklärte der Verteidiger eines wegen unbefugten Waffenbesitzes vor Gericht stehenden Mannes, daß der Revolver alt und ungefährlich sei. Zum Beweis bat er den Richter, auf ihn zu zielen und die Waffe abzufeuern. Der Richter tat es. Glücklicherweise hatte er schlecht gezielt: di« Kugel sauste am Kopf des Verteidigers vorbei. Dieser legte daraufhin begreiflicherweise die Verteidigung nieder. Unter den Fahnen des demokratischen Sozialismus gegen den Fascismus! Die Reichenberger Kreiskonferenz zur Frage der Einheitsfront Sonntag, den 22. ds., tagte in Reichenberg unter dem Vorsitz des Genossen W e i g l die Kreiskonferenz unserer Partei. Nach einem großangelegten Referate des Abgeordneten Genoffen Taub über die zur Zeit aktuellen Fragen in Politik und Wirtschaft nahm die Konferenz einstimmig eine Resolution an, die den Standpunkt der Partei zur Frage der Einheitsfront klar umreißt. Diese Resolution hat folgenden Wortlaut: Seit mehr als zwei Jahren hat sich die Lage ' der mitteleuropäischen Arbeiterklasse entscheidend geändert. Der Sieg des Fascismus in Deutschland : und Oesterreich hat die Macht der bürgerlichen Klassen nicht nur in den fascistischen Staaten, sondern auch in den demokratischen Ländern wesentlich gestärkt. Gleichzeitig vollzog sich damit eine außenpolitische Kräfteverschiebung, deren Ergebnis die durch den Fascismus gesteigerte Gefahr von Eroberungskriegen ist. Die Sozialdemokratie verkennt nicht den Ernst der außenpolitischen Gefahren. Sie ist der Ueberzeugung, daß Sowjet-Rußland in den außenpolitischen Auseinandersetzungen eine außerordentlich wichtige und vielleicht entscheidende Rolle zu spielen hat. Die Sozialdemokratie war daher immer positiv zu Sowjet-Rußland eingestellt; an dieser Haltung hat sich durch die Ereigniffe der letzten Zeit nicht nur nichts geändert, sondern diese Auf- faffung hat dadurch eine außerordentliche Festigung erfahren. In Anbetracht der entscheidenden innen- und außenpolitischen Kräfteverlagerungen und der außer, gewöhnlichen politischen Gefahren ist die Sehnsucht der klaflenbewuhten Arbeiter nach Wiederherstellung der Einheit der Arbeiterbewegung gewachsen.- In dieser Zeit ist es aber unerläßlich, daran zu erinnern, daß diese Einheit vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten in unverantwortlicher Weise durch die Gründung von Sektionen der Dritten Internationale zertrümmert und der ganzen politischen Entwicklung in Mit teleuropa dadurch eine andere Richtung zuungunsten der Arbeiterklaffe gegeben wurde. Obwohl die Einheit der Arbeiterbewegung, aufgebaut nicht nur auf momentanen taktischen Erwägungen, sondern auf dauernder grundsätzlicher Uebereinstimmung, die Lage der mitteleuropäischen und der tschechoslowakischen Arbeiter wesentlich verbeffern könnte, ist durch die Verhandlungen und das Ergebnis des 7. Weltkongresses der kommunistischen Internationale kein Fortschritt in der grundsätzlichen Annäherung der beiden Parteien vollzogen worden. Es ist vom Standpunkte der geschichtlichen Verantwortung gerade in diesem Augenblicke notwendig, festzustellen, daß nach den Ausführungen Dimitroffs und mehrerer Debattenredner das Ziel der konnnu« Mstischen Einheitsfront unverrückbar nicht die wirkliche Einheit'der Arbeiterbewegung,' sondern di« Zerstörung der sozialdemokratischen Parteien Mittelund Westeuropas ist. Die von den Kommunisten geforderte Einheitsfront verfolgt als letztes politisches Ziel die Aufrichtung der Sowjetdiktatur in Europa , ohne Rücksicht darauf, ob dafür die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen in Mittel- und Westeuropa gegeben sind. Die Dritte Internationale hat nach wie vor das Bestreben, die Arbeiter durch gefährlich« politische Experimente zu schwächen, deren praktisches Ergebnis nur die Stärkung der fascistischen Kräfte in den demokratischen Ländern sein kann. Der 7. Weltkongreß hat den kommunistischen Parteien neuerlich die Weisung erteilt, bei allen einheitlichen Aktionen auf die selbständige Arbeit der kommunistischen Partei zur Zersetzung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung hinzuwirken und die Massen unter kommunistischer Führung zu organisieren und zu mobilisieren/ Darum lehnt die Dritte Inter nationale die Durchführung von Sonderaktionen von unten bei Umgehung der Parteileitungen nicht ab. Ebensowenig verzichtet die kommunistische Internationale auf die Kritik der sozialdemokratischen Parteien, obwohl dieser Verzicht die erste und unerläßliche Voraussetzung auf dem Wege zur wirklichen Einheit der Arbeiter ist. Nach wie vor soll di« Tätigkeit der kommuni stischen Parteien bei allen Einheitsaktionen auf die Gewinnung der sozialdemokratischen Arbeiter für das Programm und die Losungen des Kommunismus gerichtet sein. Grundsätzlich hat der VII. Weltkongreß die kommunistischen Parteien davor gewarnt, eine Versöhnung mit der sozialdemokratischen Ideologie und Praxis herbeizuführen. Obwohl durch die Teilnahme sozialdemokratischer Parteien an der Staatsmacht in den demokratischen Ländern die politische Gleichberechtigung und die sozialpolitischen Errungenschaften der Arbeiter erhalten wurden und die fascistischen Gefahren wirksam zurückgedrängt werden, erklärt der VII. Weltkongreß, daß die Vereinigung der beiden Parteien nur bei vollständigem Verzicht der Sozialdemokratie auf die Beteiligung an der Staatsmacht und mit dem Ziel der Aufrichtung der Sowjetdiktatur möglich sei. Zu diesen politischen Zielen der neuen kommu nistischen Einheitsfronttaktik, die nur eine andere Art der bisherigen Einheitsfrontmanäver darstellt, kommen die neuerlichen Versuche, die freien Gewerkschaften für die kommunistische Partei zu erobern, zu diesem Zwecke die Frattionsarbeit in ihnen neu aufleben zu lassen und dadurch im Endergebnis die heticsttssaat Sittenprozeß um das„Hippodrom" endet mit Freispruch der Angeklagten— Zeugenschaft der angeblich mißbrauchten Ptinderjährigen — unglaubwürdig Prag . Die Sittlichkeitsaffäre um das»Hippodrom" auf dem Belvedere hat seinerzeit großes Aufsehen erregt. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen mehrere Männer verschiedensten Berufes die Arcklage wegen Schändung minderjähriger Mädchen, die sich nach ihrer Aussage in diesem Unternehmen gegen Entlohnung von abnormal veranlagten Männern in einer Weise mißbrauchen ließen, die den Tatbestand des Schändungsparagra- phen erfüllt. Neben den von der Staatsanwaltschaft. verjÄMa. mstmtteLa^ Beteiligteriwuttze auch das Ehepaar, dem oas Hippodrom gehört, wegen Mit»' täterschaft ünter Änkläg'e gestellt."'Wir haben über diesen Fall bei seiner ersten gerichtlichen Verhandlung vor dem Strafsenat Pernt nach dem Inhalt der Anklage berichtet, nach deren Verlesung die Oeffentlichkeit ausgeschlossen wurde, so daß der Verlauf des Prozesses nicht berichtet werden konnte. Wir können daher nicht sagen, wie die Verhandlung verlief und was bei der Vernehmung zutage kam. • Fest steht nach der Anklage soviel, daß die Sache dadurch vor Gericht kam, daß dit Inhaberin des Hippodroms mit einem der zahlreichen Schulmädchen, die dieses Unternehmen zu besuchen pflegten,"in Streit geriet wegen eines Betrages von 60 KC, die sich dieses Kind angeblich angeeignet hatte. Diese Dreizehnjährige erklärte auf der Polizei mit großer Ruhe, sie habe dieses Geld»verdient" und als man sie weiter befragte, sagte sie Dinge aus. die zur Erstattung der Strafanzeige gegen die Angeklagten führten. Zwei Kameradinnen, im Alter vonzwölfbi s vierzehn Jahren schlossen sich dieser Aussage an und erzählten noch weiteres, was der Anklage eine absolut zuverlässige Grundlage zu bieten schien. Die seinerzeit vertagte Verhandlung wurde Montag vor dem gleichen Strafsenat zu Ende geführt und endete mit dem Frei- Mißfarbiger Zahnbelag läßt sich rasch und gründlich beseitigen, wenn man etwas Chlorödont-Zahnpaste aut die trok- kene Zahnbürste drückt und damit die Zähne nach allen Seiten, auch auf den Kauflächen, bürstet. So kommt der natürliche Elfenbeinglanz der Zähne wieder zum Vorschein und ein herrliches Gefühl der Frische und Sauberkeit bleibt ■'m Munde zurück. Tube KL4— Stellung der freien Gewerkschaften als wirtschaftliches Bollwerk der Arbeiter zu untergraben. Die Kreiskonferenz Reichenberg übersieht nicht die Tatsache, daß auch in unserem Staate die fakci- stischcn Gefahren noch nicht restlos überwunden sind. Sie erachtet es gegenüber dem neuerlichen kommu nistischen Einheitsfrontmanöver für unerläßlich, die Zusammenarbeit mit den tschechischen Genossen zu intensivieren und darüber hinaus die Gemeinsamkeit parlamentarischer und außerparlamentarischer Aktionen mit den tschechischen Genossen und Nationalsozialisten herbeizuführen. In Anbetracht der praktischen Ergebnisse des VN. Weltkongresses der Dritten Internationale, der grundsätzlich keinen Schritt auf dem Wege zur wirklichen Einheit der Arbeiterbewegung bedeutet, lehnt die Kreistonferenz die nicht aufrichtig gemeinten kommunistischen Emheitsfrontängebote im Interesse der Arbeiter unseres Staates gb. Sie richtet an alle Parteimitglieder und Vertrauensmänner des Kreisgebietes den Appell, sich nicht zu einem neuerlichen, mit anderen Worten aber gleichen Zielen arrangierten Einheitsfrontmanöver Ser Kommunisten mißbrauchen zu lassen, sondern alles daran zu setzen, um die antifascistischen Kräfte innerhalb der Arbeiterschaft des Kreisgebietes unter den Fahnen des demokratischen Sozialismus zu sammeln. svruch sämtlicher Angeklagter mangels hinreichender Schuldbeweise. Da der Verlauf der geheimen Verhandlung, wie erwähnt, nicht verfolgt werden konnte, sind wir auf die öffentlich verkündete Urteilsbegründung angewiesen, in der'es heißt. daß keinem der drei minderjährigen Mädchen hinreichende Glaubwürdigkeit zuzuerkennen sei. Eine von ihnen sei eine notorische Lügnerin Und auch die beiden anderen seien nach eingeholten Auskünften der Schulleitungen keineswegs vertrauenswürdig. Eine von ihnen hatte einen-Dreier aus Sitten", wie in der Urteilsbegründung ausdrücklich betont wirb. Es mag dahingestellt sein., ob diese formale Klassifikation des»Sittlichen Betragens" in solchen Fällen ausschlaggebend ist. Sicher aber ist. daß. Kinderaussagen rin verhängnisvolles Kapitel in der Kriminalgeschichte darstellen und in dielen Fällen jju tragischen Fehlurteilen geführt habem die oft erst spät '— und meist zu spät für den Betroffenen— korti-' giert werden konnten/'Wir Dissen auch, daß solch« 'schwerwiegende, falsche-Äusfagem von Kindern im Pubertätsalter durchaus nicht immer auf eine, durch schlechte Sittennoten.bewiesene" Verderbtheit des betreffenden Kindes zurüc^zuführen' sind, sondern meist Ausgeburten der im Entwicklungsalter besonders mächtig arbeitenden Phantasie darstellcn. Was den vorliegenden Fall betrifft, darf nicht unerwähnt bleiben, daß zwei der beteiligten Männer als unzurechnungsfähig aus der Strafverfolgung ausgeschieden wurden. Die übrigen wurden freigesprochen—- mangels Beweisen. rb. Ein Negerroman! Joe Conway: Schwärs und Rot 240 Seiten. In Leinen geb. KC 14.—, broschiert KL 12.—. Zu beziehen durch die Zentralstelle für das Bildungswesen, Prag XII., Slezska 13. Internationale der Antisemiten " D^r Historiker B. Nikolajewsk y, Sachverständiger in dem Berner Prozeß, der nach wochenlanger Beweisaufnahme die angeblichen Protokolle der„Weisen von Zion" als eine Fälschung und ein Plagiat gerichtlich feststellte, enthüllt in der neuen Nummer der„Zeitschrift für.Sozialismus"(Berlagsanstalt Gra- phia, Karlsbad ) das Bestehen einer Internationale der Antisemiten, die in Verbindung mit dem deutschen Propagandaministerium in allen Ländern eine getarnte Tätigkeit ausübt. Das wesentliche ideologische Merkmal des gegenwärtigen Antisemitismus ist die Rolle, die darin die sogenannten Protokolle der„Weisen von Zion" spielen. Dieses unsinnige Dokument ist das verbreitest« Buch unter den Anhängern des kämpferischen Antisemitismus geworden. Es ist nicht nur in alle lebenden europäischen Sprachen übersetzt, sondern auch in die wichtigsten Sprachen der Völker Astens, und Afrikas . Die Protokolle werden aber nicht nur übersetzt, sie werden auöb gelesen. In Paris sind im Laufe des Jahre 1984 vier verschiedene Ausgaben des Protokolls erschienen. Der ungeheueren Verbreitung der Protokolle entspricht der Umfang ihres ideologischen Einflusses. Die ganze„Theorie" des gegenwärtigen Antisemitismus ist auf den Protokollen aufgebaut. Der Antisemitismus verschmilzt immer enger mit der unverhüllten Reaktion. Die„Protokolle" haben die organische Verschmelzung des Antisemitismus mit dem„Antidemokratismus" theoretisch begründet. Indem sie die Demokratie als das Mittel darstellten, unit deffen Hilfe die geheime Organisation der Weltjudenschaft die dem Judentum feindlichen Staatskörper zersetzt, haben sie die Uebertragung des glühenden Hasses, der bis dahin bei den Antisemiten nur gegen die Juden gerichtet war, nun auch auf die Demokratie ideclogbsch begründet. Der Antisemitismus steht daher völlig im Lager des Fascismus. Das ideologische Verschmelzen des Antisemitismus mit dem äußersten Flügel des Fascismus mußte natürlich auch eine Wirkung auf das organisatorische Schicksal des Antisemitismus haben. Der Antisemitismus hat an der Wiege des deutschen Fascismus gestanden. Wichtig ist aber die Funktion, die die Führer des Drit ten Reiches dem Antisemitismus übertragen haben. Obwohl der Fascismus seinem Wesen nach ausschließlich national ist und dem Internationalismus feindlich gegenübersteht, strebt er nach einer ideologischen Ausbreitung.' Die antisemitische Internationale, so stellt Nikolajewski fest, besteht gegenwärtig schon und bildet einen Faktor, der bei den politischen Erwägungen in Rechnung gezogen werden muß. In Deutschland , wo die antisemitische Betvegung streng zentralisiert und dem Propagandaministerium untergeordnet ist, ist die antisemitische Gruppe in Erfurt mit der Aufrecht/ erhaltung der internationalen antisemitischen Ver- I bindungen betraut worden. An der Spitze dieser Gruppe steht O b e r st F l e i s ch h a u e r, der im Berner Prozeß als Sachverständiger der Verteidigung aufgetreten ist. Sämtliche internationalen Verbindungen sind in der Zentralstelle in Erfurt vereinigt. Sie verfügt über bedeutende Mittel. Es ist ihr daher, sehr bald gelungen, fast die gesamte antisemitische Presse der Welt unter ihren Einfluß zu bringen. Deutschland druckt jetzt mit Vorliebe antisemitische Literatur in allen möglichen Sprachen und gibt sie zur Verbreitung im Auslande zu weit günstigeren Bedingungen ab als der reguläre Buchhandel. In den letzten zwei Jahren fanden bereits zwei internationale«zNtisemitische Kongresse statt. Beide in Deutschland . Die Teilnehmerlisten wurden geheimgchalten. Es waren Vertreter aus fast allen Ländern, auch aus Japan , Indien usw. erschienen. Es ist bezeichnend, daß die antisemitische Internationale den Kolonialländern große Aufmerksamkeit schenkt. Da dort fast keine oder nur wenige Juden leben, so richtet sich die Häuptspitze der antisemitischen Agitation dort nicht gegen die Juden, sondern gegen die Demokratie und gegen die demokratischen Länder Europas . Auf dem Kongreß ist ein internationales Büro gegründet worden. Hier befindet sich die Leitung der internationalen antisemitischen Propaganda. Es wird ein Informations-Bulletin in drei Sprachen (deutsch , französisch, englisch ) herausgegeben, das nur an vertrauenswürdige Personen und Organisationen versandt wird. I Ferner befaßt man sich zur Zeit mit der Herausgabe einer antisemitischen E n z h p l o p ä- d i e, die alles enthalten soll, was„die Nichtjuden über die Juden und Freimaurer wissen und» denken". Dieses Werk, das in Erfurt unter Leitung des obenerwähnten Herrn Fleischhauer erscheint, ist auf sieben bis acht Bände berechnet, von denen, vier bereits erschienen sind, und dürfte in bezug auf Format und Umfang nicht hinter den großen, deutschen Enzyklopädien zurückstehen. Die Herausgabe dieses Werkes wird besonders streng geheimgehalten: zum Versand ins Ausland ist eine besonder« Genehmigung erforderlich. Jeder, der das Buch erhält, muß sich verpflichten, es„kei«' nem Juden, Freimaurer oder Marxisten" zu zeigen. Außer dieser offenen, internationalen Vereinigung gibt eS noch eine zweite, bedeutend engere und streng geheime internationale, antisemitische Vereinigung unter dem Namen„P a n- ArischeBrüderschaft". Sie ist nach dem Vorbild der Freimaurer -Logen organisiert, mit geheimnisvollen Weihen, Riten usw. Es wird erzählt, daß der Ritus dieser„Brüderschaften" eine Mischung von Freimaurerbräuchen und dent Ritual der altgermanischen Ritterorden darstellt. Aufgabe dieser Brüderschaft ist die Bereinigung' der vom Standpunkte des deutschen National-' sozialismus zuverlässigsten, führenden Clemente der internationalen,, antisemitischen Bewegung, um diese, mit. Hilfe des Apparats zu beherrschen und sie den Interessen des deutschen Nationalsozialismus dienstbar, zu machen.
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15 (24.9.1935) 223
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