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Donnerstag, 28. September 1835
Sette 3
ff mietendentsdier Xeiispiegei
Der angelehnte Ständestaat
Punkt Punkt
Der^ Prozeß gegen den verantwortlichen Re­dakteur derP rager Presse", Arne L ä u- r i n, ist den Henleinleuten arg in die Knochen ge- fahren. Man kann es verstehen, daß da? von Laurin angebotene Beweismaterial über die Bewindung zwischen der SHF und den reichsdeut­schen Nazi den Herren qrgen Schrecken eingejagt hat. Es scheint, daß sie vor Schreck so sehr den Kopf verloren haben, daß sie nun mit ihren ge­stammelten Bemühungen, sich aus dem Dreck her­auszuwursteln, nur noch tiefer hineingeraten. Ganz besonders die Entgegnung der»S u d e- tendeutschen Pressebriefe" erinnert auffallend an die bekannte Verteidigung:»Erstens hab ich mir keinen Topf auSgeborgt, zweitens har er das Loch, schon gehabt und drittens hab ich ihn ganz zurückgegeben." So erfährt man etwa aus den aufschlußreichen»Tatsachenfeststellungen" der Pressebriefe über deren Herausgeber Hermann Honig, dessen Tätigkeit in Oesterreich   noch -Gegenstand des Prozesses bilden soll: »... In Wirklichkeit wurde der Chef der Wiener   Redaktionsvertretung des Scherl- Verlages, der Hermann Hönig als Sekre­tär angehörte, wegen einer der österreichischen  Regierung unerwünschten Berichter­stattung ausgewiesen und mit ihm gleich­zeitig Hermann Hönig."
' Henlelnpresse den Wiener Neuesten' Nachrichten eingesetzten Re­gierungskommissär Dr. Olschka konnte Dr. Neu- wirth die Einstellung des Strafverfahrens gegen seinen Freund und einstigen Berufsgenossen und dessen Enthaftung erreichen. Seit wann sind denn tschechoslowa­kische Rechtsanwälte befugt, die rechts­freundliche Vertretung von Klienten im Aus« l a n d zu übernehmen? Es müßt« sich schon um eine Reihe außerordentlich zufälliger Fügungen handeln, wenn die richtige Lesart nicht eher die wäre, daß Dr. Ncuwirth vielmehr in seiner Eigen­schaft als Parteigenoffe des in den Wiener  Nazipntsch verwickelten Freundes, für diesen interveniert Hütte. Schließlich ereifern sich die Pressebriefe Hen­leins mit einer Wut, die sich nur durch Angst er­klären läßt, über die als Beweismaterial vorge­legten»mysteriösen" SA-Befehle: Wer deutsche Ordnung und Organisations­technik kennt, kann nur über die Zumutung lachen, ein derartiges Schriftstück für echt zu halten Hätte Dr. Boukek die Dokumente unvoreingenom ­
licht werden.) In der Diskussion kam von allen Seiten zum Ausdruck, daß die Einheitsfront oder ein eventuell organisatorischer Zusammenschluß der Wunsch aller Teile des Verbandes ist. Alle Redner beton­ten, daß dieser Wunsch nicht nur bei den Funk­tionären, sondern auch bei der Mitgliedschaft be­steht, daß aber erst die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden müssen: Wir sind keine Gegner der Einheitsfront und der Einheitsorganisation wir hatten sie ja früher. Ohne unsere Schuld besteht sie heute nicht mehr. Wir können aber durch voreilige Handlungen den durch dir Spaltung übrig­gebliebenen sozialdemokratisch orientierten Teil des Atus nicht neuerdings rinor Gefahr aus­setzen. ES wäre verhängnisvoll für die Inter­essen des gesamten Proletariats, wenn durch unüberlegt« Handlungen und Beschlüsse Taten gesetzt würden, die diese Gefahr heraufbeichwö- ren können. Wir dürfe» bei der Beschlußfas­sung dieser Frage nie außer acht lassen, daß wir auch hier den Weg nur gemeinsam mit unseremtschechischenBrnderver. b a n d e, der DTJ, gehen können. Die notwendigen Beschlüsse, die, wie oben erwähnt, noch veröffentlicht werden, wurden ein­st i m m i g gefaßt. Neben diesen wichtigen Punkten, die in der Hauptsache die Tagung beherrschten und einer Klärung zugeführt würden, wurde noch über die Olympiade in Antwerpen   im Jahre 1937 ein Bericht erstattet und die notwendigen Beschlüsse gefaßt. Die Delegierten gingen auseinander in der Ueberzeugung, daß sie gute Arbeit geleistet haben, und mit dem festen Willen, den Atus in jener disziplinierten Form zu erhalten, die er besitzt, und dem Gelöbnis: Alle Kraft nun für das Bundes­fest, das unter der Devise:»Der Atus an die Front" veranstaltet wird.
SdP gegen das Christentum Nachdem der Herr Prälat Hilgenreiner von- der Führung der christlichsozialen Partei ver­drängt wurde und seinen Laden im Rektorat der deutschen   Universität aufgemacht hat, kommen die Christlichsozialen endlich darauf, daß die national­sozialistische Bewegung und dse geisttg mit diesen gleichgeschaltete Sudetendeutsche Partei   eine Geg­nerin des Katholizismus ist. DieDeutsche Presse" macht in ihrem Leitartikel vom Mittwoch aufmerksam auf ein Organ,»Die junge'Front", welche in Friedek-erscheint und das sich durch sei­nen ganzen Inhalt als Henleinblatt deklariert. Im Septemberheft dieser Zeitschrift ist nun ein Artikel von Jng. Karl Koberg über das The­maEntchristlichung Europas  " erschienen, indem eS u. a. heißt: In Deutschland   aber entschwindet das Kir­chenvoll den christlichen Kirchen, deren System von Glaubenssätzen sich als ohnmächtig erweist, daS religiöse Geschehen im Dritten Reich   in sich auf­zunehmen, zu deuten und zu gestalten. Die ma­gische Macht über die Herzen hat heute Deutsch­ land   nicht das Christentum, sondern die große Einfall des Glaubens an den Führer zur schöpfe­rischen Einhett boN Blut uüd Boden im Geiste des Volkstums. Der WesenSkern des Staatlichen ge­winnt alS geglaubter Urgrund des Lebens gött­liche Würde, das Unerforschliche wird als Kraft des VollStumS verehrt, dem Führer als Sendbo­ten Gottes geglaubt und gefolgt." Deshalb ist es auch nicht zuviel gesagt, wenn der Züricher evangelische Pfarrer Klaus Jsenhard sich zu der Einsicht bekennt, daß auch in Deutsch­ land   die christliche Sache verloren ist." »Uns Grenzlanddeutschen tut es not, diese Erkenntnis als Voraussetzung lbon uns gesperrt) für unseren Vollszusammenhang ins Auge zu fassen." Insbesondere der letzt« Satz dieses Zitats zeigt deutlich, daß nun mst der antichristlichen Agitation auch in der Tschechoslowakischen Repu­blik eingesetzt werden soll. Die deutschen Christ­lichsozialen können jetzt wenigstens sehen, was für eine vortreffliche Politik sie im letzten Jahre ge­trieben haben und welche Früchts ihnen die würde­lose Anbiederung an Henlein   trägt.
men geprüft, hätte er sich sagen müssen,, daß«S ganz unmöglich ist, daß im Jahre 1934 eine SA- Standarte noch nicht über eigenes Dienstpapier verfügt und lediglich auf einem Fetzen Papier   den Kopf Ihrer amtlichen Schriftstücke mit Schreib­maschinenschrift Herstellen lassen muß." Wenn's nicht wörtlich so in tzenSudeten­deutschen Pressebriefen" stünde, wurde man's kaum glauben. Hat nicht Herr H e n l e i n s e l.b st in Leipa verkündet, er könne sich über d a S Dritte Reich nicht äu ß e r n, da man ihw eine Reise dorthin unmöglich mache und er des­halb keine Ahnung davon hätte, wie es dort aussehe und was dort vorgehe? Und nun ist er mit einemmal nicht nur über die deutsche   Organisationstechnik, ja sogar über die formellen Bestimmungen üver dieAnsfrrtigungvonSA-Befe tz- len so genau informiert, daß seine Pressevrirfe in der Lage sind, Sachverständigenurteile über deren Echtheit abzugeben! Woher kommt den Herren, die noch vor kur­zem mit rührender Naivität fragten:M utter, was ist das, ein Nazi?", plötzsich solche detaillierte Information über das interne Dienst­reglement der SA? Sollten etwa hier durch ein« Reihe zufälliger Fügungen" gerade dieZu- sammenhänge aufgedeckt worden s«in, die man doch ableugnen wollte?
1: Bundesfcst 1938 in Komotau  . 2: Einigungsverhandlungen der Ar­beitsgemeinschaft mit den Ar­beiter-Radfahrern. 3: Organisation.' 4: Einheitsfrontangebot der kommu­ nistischen   Sportorganisation. Das B u n d,e 8 f e st findet am 4 5. und 6. Juli in Komotau   statt. Die Hauptfestlei- tüng wurde gewählt, das Programm, das vorge­legt wurde, genehmigt. Ein Garantiefonds wird eingehoben. Nach einem einleitenden Referat durch Ge- nossen H. Müller und einer anschließenden langen Diskussion wurde ein von der Kanzlei des Atus vorgelegter Entwurf der Arbeitsge­meinschaft Atus und Aruk zum ein­gehenden Studium und Ergänzung überwiesen. Weiter wird eine erweiterte Vorstandssitzung des Aruk am 28. und 29. September dazu Stellung nehmen. Beim dritten Punkt der Tagesordnung, zu dem Genosse U l l m a n n referierte, wurden eine Anzahl Anträge finanzieller und organisatorischer Art vorgelegt und nach einer langen Diskussion auch angenommen. Das Einheitsangebot der Kommunisten Nach einem Referat des Genossen Mül­ler und nach einer geistig sehr hochstehenden, äußerst sachlich dukchgeführten Diskussion wurde «ine Antwort an den ehemaligen 4. Kreis be-
die Front! Die Fräse der Einheitsfront
Zufällige Fügungen rund um Henlein  Unfreiwillige Geständnisse der
ntUS Reichskonferenz in Komotau  Am 21. und 22. September tagte in Komo-> schlossen.(Die Antwort soll gesondert veröffent- iau eine Reichskonferenz des Atus, die sich aus dem Bundesvorstand, den Kreis- und Bezirks- obmännem, der erwefterten Bundeskontrolle und den technischen Hauptleitern des Bundes zusam ­mensetzte. Vier Hauptpunkte wurden dort behandelt und dazu die entsprechenden Beschlüsse gefaßt. Puntt Punkt
Jeder Mensch weiß, daß der Berliner   Scherl- Verlag selbstverständlich wie alle reichsdeütschen Verlage ein dem Naziregime gleichge­schaltetes Unternehmen ist und daß nach der reichsdeütschen Gesetzgebung in Verlagen nur verläßlich nationalsozialistisch« Elemente beschäftigt werden dürfen. Aus dem Bericht derSudetendeutschen Pressebriefe" kann man also nichts andere- schließen, als daß deren Herausgeber im Drit­ten Reich als verläßlicher Nationalsozialist akkreditiert ist, selbst wenn man nicht wüßte, daß dieder öster­ reichischen   Regierung unerwünschte Berichterstat­tung" selbstverständlich eine Berichterstattung i m nationalsozialistischen Sinne war. DieAufklärung" des Falles Dr. Neu- Wirth hingegen, die in den Pressebriefen ge­geben wird, ist noch aufklärungsbedürftiger als der Fall, den sie avfklären möchte. Es wird dort zu« gestanden, daß Dr. Neuwirth im August 1934 in Wien   war, .... aber nicht um 300.000. Schilling zu schmuggeln, sondern in rechtsfreundlicher Unterstützung eines einstigen RedakttonS- kollegen und Freundes, der durch eine Reihe zufälliger Fügungen nach den Juli- Ereignissen in ein Straf versah een verwickelt worden war. In eingehenden Verhand. lungen mit dem Bundeskanzleramt, der Polizei- direktion und dem von der Wiener   Regierung bei Schuschnigg  
:Mussolini  , wenn Du nach Abessinien marschierst, muß ich mich an den andern Stiefel anlehnen..
An unsere Leser und Kolporteure!
Da anläßlich des Staatsfelertages, am Samstag, dem 28. September, in den Druckereien nicht gearbeitet wird, entfällt die Sonntagapsgabe unseres Blattes.
Die Verwaltung.
DerPräser Mittag letzten Endes DerPrager Mittag", der einst lang ist es her als antifascistisches Kampfblatt gegrün­det wurde und seither die Devise des Frei- heitskampfes gegen die materielleren De­visen des Herrn Strafella vom österreichischen Fremdenverkehrsbüro vertauscht hat, befaßt sich in seiner gestrigen Ausgabe mit dem italienisch­abessinischen Konflikt, zu dem ihm folgendes ein­fällt: Englands militärische Maßnahmen im Mit­ telmeer  ... lassen keinen Zweifel darüber auftom« men, daß England gewillt und bereit ist, auf eigene Faust, auch ohne Genf  , ohne Frankreich  präventive Sanktionen" über Italien   zu ver­hängen, wenn es von seinem Marsch auf Abessi­nien nicht absieht... Läßt sich Italien   einschüch­tern, so wird das fascistische Regime hinweggefegt und Italien   geht ander Anarchie zugrunde. Und auch das bedeutet einen Weltkrieg. Es gibt nur eines, was die Ka­tastrophe vielleicht vermeiden könnte: man muß Italien   nicht nur einen ehrenhaften, sondern einen glorreichen Rückzug er­möglichen, der in Italien   selbst als Vor­marsch gedeutet werden könnte...Letzten E n d e s ist das was sich vorbereitet durchaus nicht ein Kampf gegen den Fascismus, sondern eine W e ltkat astrophe, welche zur Er­haltung der englischenVorherr- schäft in Afrika   ausgelöst wird..." Allerletzten Endes aber ist das was sich ein einst antifascistisches Blatt hier leistet, weit ent­fernt davon, ein ehrenvoller oder gar glorreicher Rückzug zu sein, die jämmerlichste Ka­pitulation einer Gesinnung vor der Sub­vention, die nirgends in der Welt anders gedeutet werden kann, als das was sie eben ist. Daß ein Blatt, das nebst anderem- auch den Kredit anti- fascistischer Gesinnung sucht, den Mut ausbringt, die Anarchie als einzige Folge des Sturzes eines Fascismus hinzustellen, kann nicht mehr Gegenstand der Diskussion sein. Nur der Feststellung, daß der Prager Mittag"endgültig aufgehört hat ein Blatt zu sein, das mit dem antifas.cistischen Kampf, zu dem es gegründet wurde, das Gering st e zu tun hat. Der>,Prager Mittag" gibt dieser Stellungnahme eines Umgefallenen den TitelDer Weg ins Verderbe n". Mit Recht."
Kommunistische Märchen DieRote Fahne  " kann es wohl mit dem berühmten Werke der arabischen   Literatur»Mär­chen aus tausend und einer Nacht" aufnehmen. So erzählt sie von demVerbrüderungstag", d. h. der kommunistischen   Demonstration, die in Teplitz-Schönau   stattgefunden hat und an der sich auch Sozialdemokraten beteiligt haben sollen, als Beweis für diese Behauptung folgendes: Neben den kommunistischen   Parlamenta­riern und den führenden Teplitzer Genossen sah man den alten sozialdemokratischen Kämpfer Roggenbauer aus Aussig  , den Genossen Neumann aus Aussig  , Pollak aus Bo­ denbach  » Palme aus Haida, den gewesenen sozialdemokratischen Parteisekretär von Asch, Genossen Lorenz und andere sozialdemokra­tische Genossen. Wie es mit der Wahrheitsliebe derRoten Fahne" bestellt ist, geht daraus hervor, daß Rog­genbauer seinerzeit aus der Mitgliederliste der sozialdemokratischen Partei gestrichen wurde', weil er eineinhalb Jahre mit seinen Beiträgen im Rückstände war, daß Neumann und Pollak aus der Partei ausgeschlossen worden sind, ebenso wie bekanntlich der ehemalige Parteisekretär Lorenz. Man kann sich also vorstellen, wer dieanderen sozialdemokratischen Genossen" sind. Wilson-Plakette für Masaryk Läny. Die heurige Jahresversammlung der amerikanischen   Wilsonstiftung, die am 7. Mai stattfand, hatte beschlossen, den Präsidenten T. G. Masaryk   mtt der Plakette dieser Korporation aus­zuzeichnen. Der Gesandte der Vereinigten Staaten   in Prag  , I. Butler-Wright, stattete am Mittwoch in Läny einen Besuch ab, um in Vertretung des Vorsitzenden der genannten Korporation dem Präsidenten der Republik diese Plakette zu über­reichen. Der Präsident empfing den amerikani­ schen   Gesandten in seinem Arbeitszimmer um t^16 Uhr. Die-Audienz dauerte über eine halbe Stunde und nach einem kurzen offiziellen Akt, bei' welchem die Plakette überreicht wurde» trug sie den Charakter eines ungezwungenen freundschaft­lichen Beisammenseins,