Nr. 228 Dkenstag, 1. Oktober 1938 Sette 3 fudetendeutscfier Zeitspie&et Ein zweiter Volkssportprozeß Vier Funktionäre der ehemaligen DNSAP   vor Gericht Brünn  . Montag begann vor dem Senat des Brünner Kreisstrafgerichtes ein Prozeß ähnlich dem seinerzeitigen Vollssportprozeß, wenn auch in viel kleinerem Maße. Auch das Interesse der Oeffentlichkeit ist weitaus geringer als es beim ersten Vollssportprozeß der Fall war. Angeklagt sind fünf ehemalige Funktionäre der aufgelösten Deutschen   nationalsozialistischen Arbeiterpartei wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Anschlägen gegen die Republik   nach dem Para­graph 2 Les Schutzgesetzes, und zwar der 47jäh- rige ehemalige Oberadjunkt der Staatsbahnen i R ehemaliger Kreisleiter der DNSAP   in Brünn  , Erwin Gröger, der 60 Jahre alte Obersekretär der mährisch-schlesischen wechselsei­tigen Versicherungsanstaü in Brünn   Johann Richter, der 41jährige Beamte und ehemalige Stadtrat Oskar Judex, der 25jährige Privat­beamte Karl Kruge. Der ebenfalls angeklagte 37 jährige ehemalige Sekretär der DNSAP  Richard Wicker flüchtete seinerzeit nach Deutschland  . Den Vorsitz führte OLergerichtsrat Dr. Hagel, die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. M e d e k, Verteidiger sind Dr. Karl Schwabe, der Gemeinderat der Henleinpartei in Brünn   Dr. B r a n c z i k und Dr. K r e i s e l- Bodcnbach. Die Anklage führt aus: Da bei den führenden Funktionären der DNSAP  , nach deren Einstellung am 4. Oktober 1833 von der Polizei eine Reihe von Hausdurch­suchungen vorgenommen worden seien, wobei schriftliches Material vorgefunden wurde, wurde aus diesem Material die ungesetzliche Tätigkeit der Partei ersichtlich. Von den programmatischen Grundsätzen und Deklarationen hat die Partei nie abgelassen. Da sie jedoch ihr Ziel nicht dekla­rieren konnte, wenn sie in der Tschechoslowakischen Republik weiter bestehen wollte, habe sie ihre Tätigkeit zu maskieren versucht. Der Beweis da­für, daß die Tätigkeit der Partei in Wirklichkeit auf Anschläge gegen die Republik   hinziele, liegt der Anklageschrift zufolge in den verschiedenen öffentlichen Reden der Parteifunktionäre und Mitglieder. Beschlagnahmt wurden verschiedene Gedichte und Lieder und eine Landkarte, in der das von Deutschen   be­siedelte Gebiet der Republik   als ein Teil des Dritten Reiches   eingezeichnet ist. Zur Erreichung ihrer Ziele sei die Partei auch mit ihrer Schwesterorganisation in Deutschland  und Oesterreich in Verbindung gewesen: Die An­klageschrift zitiert ein Rundschreiben der Kreis­leitung der DNSAP  , Kreis Brünn  , vom 13. Mai 1931, in dem gesagt wird, daß nachdem.im Reiche die Bewegung zum Gestalter des Schick­sals geworden ist, die sudetendeutschen   National­sozialisten auf ihrem Heimatboden die gleichen Aufgaben haben". Bei den Angeklagten wurden Redeentwürfe, Zeitungen, Broschüren und ande­res Material beschlagnahmt. Schließlich führte die Anklageschrift als ein gewichtiges Moment die Aussage des inzwischen ebenfalls nach Deutsch­ land   geflohenen Walter Vogel aus Joslowitz  vor dem Kreisgericht für Strafsachen in Znaim  an, in der Vogel cmführte, daß in Berlin   ein VereinSudetendeutsche Vereinigung" bestehe, bei welchem er nach seiner Mitgliedschaft in der DNSAP   befragt worden sei. Dieser Verein be­sitzt genaue Kartotheken und Verzeichnisse der führenden Mitglieder der DNSAP  . Darin sieht die Anklage einen Beweis für den engen Zusam­menhang der beiden Parteiorganisationen, der soweit ging, daß Mitglieder der Partei in der Tschechoslowaki­schen Republik gleichzeitig als Mitglieder der Partei in Deutschland   betrachtet wurden. Als erster Angeklagter wurde Gröger ein- hernommen. Er erklärte sich nicht schuldig. Er schilderte, wie er im Jahre 1926 zur DNSAP  kam, wo er bald, weilder Kreissekretär Wicker zu jugendlich und zu stürmisch war" Kreisvor­stand wurde. Im Jahre 1933. habe ihn der Sekretär Wicker aufgefordert, zu einer Sitzung zu kommen, in welcher über die Selbstauslösung der Partei entschieden werden sollte. Er habe aber keine Zeit gehabt und am nächsten Tage habe ihm der Sekretär mitgeteilt, daß sich die Partei auf­gelöst habe,(l) Der Angeklagte erzählte dann, wie man darauf geachtet habe, daß sich die Mit­glieder alle so benahmen, daß sie nicht als ver­dächtig gelten können und daß jeder, der sich ver­dächtig machte, ausgeschlossen wurde. Andere Führung alte Richtung? Der Parteitag der deutschen Christlich* sozialen Die christlichsozialen Vertrauensmänner befrachten das letzte Wochenende bei ihrem dies­jährigen Parteitag in Prag  . Aus dem offi­ziellen Bericht, den sie darüber veröffentlichen, geht vor allem hervor, daß sie das Nichtzustande­kommenfreundschaftlicher Zusammenarbeit der deutschen nationalen Parteien im neuen Parla­ment" bedauern,selbständig" undunabhän­gig" bleiben und sich nichteinem Totalitäts­anspruch opfern" wcllen; mit anderen Worten: die Christlichsozialen ziehen vorläufig einen Strich unter das umfana-, aber keineswegs ruhmreiche Kapitel ihres Kokettierens mit der Henlein  -Partei ohne daß natürlich irgendwer anzugeben wüßte, wann dieses Kapitel abschließt oder seine Fortsetzung finden wird. Das bemerkenswerteste Ergebnis dieses Parteitages ist der Abgang des bisherigen Par­teiobmannes Hilgenreiner, dessen Begei­sterung für die Bollsgemcinschast die deutschen Christlichsozialen zeitweise gariz in das Schlepp­tau Henleins gebracht hat. Angesichts der ver- schärfsten Katholikenverfolgung, in Deutschland  war dieser Kurs innen- und außenpolitisch un­haltbar geworden. Die Wahl des früheren Se­nators und schlesischen Großgrundbesitzers Stol­ berg   zum Nachfolger Hilgenreiners zeigt noch keinen Kurswechsel an, sondern stellt offenbar Budapester Eindrücke Bon Wenzel Jaksch (Schluß.) Der Antisemitismus ist in den breiten unga­rischen Volksschichten kapm zu Hause, obwohl die Herrenschicht schon vor Hitler   mit dem Rassen­fimmel begonnen hatte. Man schimpft hin und wieder über die Juden, kauft aber gerne bei ihnen. In den schwäbischen Dörfern soll es schon anders sein. Auch das deutsche  Sonntagsblatt" macht gelegentlich in Antisemitismus, obwohl die Deutschungarn von dem Durchdringen des ver­rückten Rassenstandpunktes in der Politik und nm' öffentlichen Leben am meisten zu befürchten haben. .Im übrigen ist die Judenfrage nicht so scharf ge­stellt, solange ein industrieller Ausbau noch neue Arbeitsmöglichkeiten herbeischafst. Die ungarische Textilindustrie hat sich nach dem Kriege in Raab (Ghör) ein Entwicklungszentrum geschaffen. Die Unternehmer sind meist Juden. DaS Landprole­tariat der Umgebung strömt gerne in die Fabri­ken, weil es bei der neuen Ausbeutungsform wenigstens einen Barlohn in der Tasche Heimtra­gen kann. Ein katholischer Geistlicher sagte zum Genossen Malasics, der der Abgeordnete des Bezirkes Raab ist:Das muß man den Juden lassen, sie bringen Geld unter die Leute. In unserem Dorf tragen die Mädchen jeden, Monat tausend Pengö heim." Wenn der neue Reiz der Geldwirtschaft dahin ist und die Fabriken wieder stille stehen, wird auch der christlichsoziale Anti­semitismus einen besseren Nährboden finden/ «» In der Agrardebatte des ungarischen Partei­tages stand ein Kleinbauer auf, der zuvor den ganzen Verhandlungen schweigend beigewohnt hatte. Was er ausführte, klang in Ton und Sprache wie ein Heldenepos, der beim. Hirtenfeuer erzählt wird.' Der Genosse schilderte das Verhält­nis zwischen Landbevölkerung und Bürokratie. Er hat für landläufige Begriffe Unerhörtes gewagt und ist mit einer Deputation armer Dorfproleten bis zum Vizegespan vorgcdrungen. Der hohe Herr empfing sie durch einen Türspalt seines Arbeitszimmers. Die Abordnung verlangte unter Hinweis darauf, daß reiche Bauern Saatgut vor­gestreckt erhielten, daß der nach einer Mißernte hungernden Dorfarmut entweder Brot kreditiert oder Arbeit gegeben werde. Darauf meinte der Vizegespan:W ennihrnächstesmaldie roten Agitatoren mit Steinen aus dem Dorfe jagt, dann bekommt ihr Arbeit." Aber unser Kleinbauer als der Sprecher der Abordnung bekannte sich dann vor dem Vizegespan l als Sozialist und fragte kühn, ob man einer so edlen Gesinnung wegen zum Hungertod verurteilt werde. Der Vizegespan wurde ungeduldig und gab Zeichen, daß die Audienz beendet sei. Doch die Deputation verlangte immer wieder Brot und Arbeit, Gerech­tigkeit auch für die Dorfarmut. Was bei der Borsprache herauskam, erzählte der Redner gar nicht und der Parteitag schien darauf nicht ein­mal neugierig zu sein. ES ist einfach selbstver­ständlich, daß arme Teufel bei einem Vizegespan nichts ausrichten. Nur daß sie den Mut hatten, vor ihm als aufrechte Menschen zu stehen und sich zu ihrer Gesinnung zu bekennen, das war das Unerhörte an diesem Bericht. Als mir die Worte dieses Kleinbauern übersetzt wurden, dachte ich daran, wie selbstverständlich bei uns Vorsprachen geworden sind: bei Bezirkshanptleuten und Lan­despräsidenten und bei Ministern. Es bestehen gewaltige Unterschiede zwilchen einem Feudalstaat und einer demokratischen Republik  ! * Eine Episode verdient noch ausgezeichnet zu werden, die zu den schönsten Eindrücken von der Landeskonferenz der deutschungarischen Genossen gehörte. Dort wurde eine Botschaft der deutsch­sprechenden Arbeiter Altofens verlesen, die ein Die Grundsätze der Partei will Gröge» nicht gekannt haben, da sie seinerzeit schon überholt gewesen seien. Ebenso habe er von dem im Sekretariat aufge­fundenen Broschüren nichts gewußt. Wicker sei wegen seiner Schulden nach Deutschland   geflohen und Vogel, weil er seinen Eltern 1000 XL unterschlagen habe. Der Angeklagte betonte immer wieder von nichts gewußt zu haben, so daß der Vorsitzende meinte:Ich will Sie nicht beleidigen, aber dann waren Sie ein Strohmann und kein Obmann." Als der Staatsanwalt dann auf die Aehnlichkeit zwischen der reichsdeutschen und der hiesigen nationalsozialistischen Partei hinwies. meinte der Angeklagte:Es handelt sich vielleicht um eine ideenmäßige Verwandtschaft". Der Staatsanwalt verlangte die Protakollierung dieser Bemerkung. Ueber die anderen Angeklagten befragt, gab Grö­ger an, daß die meisten eigentlich nur Berater ge­wesen seien, ohne daß sie eigentlich etwas Wesent­liches zu tun gehabt hätten. Der Vorsitzende: lind wer hat dann eigentlich Politik gemacht bei Ihnen?" Angeklagter:Nur der Sekretär, ich als Obmann habe ja gar keinen Kontakt mit den Gruppen gehabt." Nus Betragen des Staats­anwaltes gab der Angeklagte eine genaue Dar­stellung des Programms der Deutschen   national­sozialistischen Partei. Der Staatsanwalt meinte: Nur über Ihr Programm wissen Sie nichts". Am morgiaen Tage werden die übrigen Ange­klagten verhört werden. Der Prozeß dürfte die ganze Woche dauern. eine Kompromißlösung dar. In das Parteiprä­sidium wurden weiter Abgeordneter Z a j i i e I und der Brüxer Gerichtsrat Dr. Ritter ge­wählt, sämtlich Pesonen, die bisher keineswegs eine feste politische Orientierung gezeigt haben. Es bleibt daher auch nach diesem Parteitage in höchstem Grade unsicher, ob sich die deutschen Christlichsozialen nochmals zu einer selbständigen Politik aufraffen werden. ' Nach dem vorliegenden Bericht zu schließen, scheinen auch die jüngeren Kräfte der Partei ganz darauf verzichtet zu haben, eine Lanze für den demokratisch-sitzialen Kurs zu brechen, den sie vyr dem Einbruch der nationalistischen Welle in das sudetendeutsche Lager befürworteten. Landbund gegen Bund der deutschen Landjugend Wik haben seinerzeit die Nachricht gebracht, daß der Führer des Bundes der deutschen Land­jugend Toni Müller» sowie der ehemalige Spitzenkandidat des Bundes der Landwirte im Budweiser Wahlkreis Dr. Robert H e tz der SdP beigetreten sind. Es scheint nun, daß diese Land­jugendführer den Versuch machen, den gesamten Bund der deutschen Landjugend in das Lager der SdP Lderzuführen. Während sie nach außenhin den unpolitffchen Charakter des Bundes betonen, beeinflussen sie in Wirklichkeit ihre Mitglieder im Sinne der SdP. So wird in der letzten Nummer der Zeiffchrift des Bundes der deutschen Land­jugend auseinandergesetzt, daß der deutsche   Bauer einziges flammendes Solidaritätsbekenntnis mit der vom Fascismus geknechteten Arbeiterschaft war: ... Tausende und Zehntausend« unserer Brüder im Reich sind teils eingekerkert, teils hin­gemordet worden. Hinter Kerkergittern und dem Stacheldrahtverhau der Konzentrationslager leben Massen deuffcher Arbeiter und warten auf ihre Befreiung. Der Lebensstandard gesenkt, das Recht zum fteien Atmen genommen hat ein solches Leben einen Wert für Leute, die gewohnt waren, ein fteieS, gesundes, menschenwürdiges Dasein zu führen? Nein und dreimal nein! Die Her­ren da drüben reden von einer deut­ schen   Volksgemeinschaft.   Wir brauchen keine Volksgemeinschaft mitKrupp, mit Thyssen, mit den po­litischen Unterdrückern und wirt­schaftlichen Ausbeutern des deut­ schen   Volkes. Wir wollen eine Brüder­gemeinschaft mit allen Arbeitenden, mit allen Unterdrückten der Welt, vor allem aber mit den ungarisch sprechenden Arbeitern hier im Lande, mit unseren Schicksals» und Kampfgenossen." Diese Boffchaft weiterzugeben, fand ich mich gerne bereit, denn sie ehrt die sozialistischen   Vor­posten im heutigen Ungarn  , die, schwer mit eige­nen Sorgen ringend, von der bescheidensten Tri­büne aus noch für jene Brüder Zeugnis ablegen, die härteres Los zu tragen haben. Mögen an diesen Worten die Henleinproleten die Größe ihrer Schande ermessen, daß sie, vor den Kerkergittern des Dritten Reiches   stehend, die Sache ihrer ge­marterten Kampfgenossen aus besseren Tagen schmählich verraten haben. Ein fleiner Gesang­verein aus B u d a ö r S stimmte nach dieser Lan­deskonferenz ein Lied an, daS heute in Oesterreich  wie in Deuffchland höchstens hinter Kerkergittern gesungen werden kann: Auf Sozialisten, schließt die Reihen... Der Erde   Glück... Der Sonne Pracht... Dem ganzen Volke sei's gegeben... Es wär ein schönes Erlebnis. in der Tschechoslowakischen Republik keine eigene Partei braucht. Die henleinfreundliche Leitung des Bundes geht auch direkt gegen jene Funktio­näre des Bundes, die dem Landbund treu geblie­ben sind, vor. So wurde dieser Tage der wcst- böhmische. Kreisjugendführer Springer, der der Ortsgruppe Hradzen des Bundes der Landjugend angehört, von der Reichsleitung des Bundes aus­geschlossen. Springer hat allerdings diesen Aus­schluß nicht zur Kenntnis genommen und man kann nun abwarten, wie diese Angelegenheit erle ­digt werden wird. Roter Aufmarsch In Nies Kreistreffen der Republikanischen Wehr Auch in Südwestböhmen treten die sozial­demokratischen Altivkaders zu neuer Offensive an. Am Samstag und Sonntag fand in der alten Bergstadt Mies ein Kreistreffen der Republi­kanischen Wehr statt. Ihre Organisation ist in diesem industriearmen Gebiet erst im Ausbau be­griffen und doch waren gegen 200 uniformierte Wehrmänner beisammen, darunter eine Abteilung von Prager   Genossen. Samstag abend fand im großen Adlersaal eine Ordnerversammlung statt, in der die Genossen Jaksch und Schön- f e l d e r-Prag mit kurzen Ansprachen die Auf­gaben dieses wichtigen Zweiges der Arbeiter­bewegung behandelten. Sonntag vormittags wurde nach einem äußerst eindrucksvollen Aufmarsch eine gemein­same Kundgebung der Republikanischen Wehr mit den Partei- und Kleinbauerngenossen des Bezirkes auf dem Marktplatz abgehalten, an der sich gegen 1000 Personen beteiligten. Tie Kampfansage unserer Redner gegen den Henlein« fascismus wurde mit großem Beifall ausge­nommen. Nachmittag wurden noch die ab­schließenden sportlichen Wettkämpfe ausgetragen. Die ganze Veranstaltung war von bestem Kampfgeist getragen. Um die Verpflegung der auswärtigen Gäste haben sich die sozialdemokra­tischen Frauen von Mies bescnderS verdient gemacht. Flaues Jugendfürsorge-Gesetz vom Fiirsorgemlnlster angekündlgt Prag  . Am Sonntag fand im Prager Rat­haus ein Kongreß der Funktionäre der tschechi­schen Bezirks-Jugendfürsorgestellen statt, der von der Landeszentrale der Jugendfürsorge veranstal­tet wurde. Bei der Tagung hielt u. a. auch Für­sorgeminister Genosse Jng. N e L a S eine Rede, wobei er erklärte, daß wir in der gegenwärtigen schweren Zeit die Fürsorge für die Jugend unter die ernstesten Aufgaben der sozialen Verwaltung deS Staates einreihen müssen. Wir müssen sie unseren beiden größten'Sorgen, dev Arbeitslosen­fürsorge und der Arbeitsbeschaffung, an die Seite stellen. Im weiteren wies der Minister darauf hin, daß die bisherige rechtliche Grundlage der Jugendfürsorge unzureichend und deshalb ein neues Jugendfürsorge-Gesetz notwendig sei, das die gesamte bisherige öffent­liche und freiwillige Tätigkeit im ganzen Staate vereinheitlichen und regeln würde. Und wieder: österreichische Schandjustiz Wien  . Das Schwurgericht in Wiener-Neu­ stadt   verurteilte im Juli dieses Jahres eine Gruppe von revolutionären Sozialisten wegen illegaler Tätigkeit und Teilnahme an Beratun­gen der sozialdemokratischen Brünner Emigration. Die Angeklagten legten beim Obersten Ge­richt Berufung ein. Das Gericht hat die Be­schwerde abgelehnt und di« Strafen der Verur­teilten durchwegs auf das Doppelte er­höht. So erhielten der erste Angeklagte T s ch ü r z t fünf statt dreieinhalb Jahre, seine zwei Mitschuldigen Muhr und Steck! vier statt zwei Jahre schweren Kerkers usw. Ein Ueberläufer  Der ehemalige Wiener   Stadtrat Julius Linder, der in den Zeiten des sozialdemokra­tisches Regimes auf dem Wiener Rathaus   ein« bedeutende Rolle spielte, ist in den Regierung»- Gewerbebund eingetreten und erklärte, daß er sich vom Marxismus lossage und das heutige System vofl anerkenne. Helmwehr wirdLandwehr* Wien.(Tsch. P.-B.) Die Reorganisation der österreichischen Militärformationen, die bereits seit einigen Monaten durchgeführt wird, ist in dem Maße fortgeschritten, daß bereits um den 15. Ok­tober dieses Jahres an eine Umgestaltung ihrer Spihenorganisation, des sogenanntenSchutz­bundes", in die Landwehr erfolgen wird. Via Wiener   Nazi rühren sich wieder Wien  . In der Nacht auf Montag verstreuten Nationalsozialisten in den Straßen des 8. Bezirks tausende von Hakenkreuzen und bemalten zahl­reiche Häuser mit nationalsozialistischen Abzeichen und verschiedenen Aufschriften. Die Polizei führte bei vielen bekannten Nationalsozialisten Haussu­chungen durch, beschlagnahmte viel gedrucktes Pro­pagandamaterial und verhaftete eine Reche von Personen.