Nr. 231

Freitag 4. Oktober 1935

Sette 3

Bauern und Arbeiter Bechynä über die Koalitionspolitik

In derPritomnost" veröffentlicht der Stellvertreter des Ministerpräsidenten Genosse Rudolf Bechynii einen Artikel über das System der tschechoslowakischen Regierungs- und Koali­tionspolitik, in welchem er zunächst betont, daß eine Zusammenarbeit der Par­teien der Bauern und Arbeiter u n e r l ä ß l i ch e V o r a u s s e tz u n g für die Aufrechterhaltung derDe- m o k r a t i e sei. Er verweist zunächst auf P o- l e n, wo der Sejm eine Mehrheit von bäuerlichen und Arbeiter-Abgeordneten hatte, welche nicht imstande waren eine dauernde und feste Regie­rungsreform zu bilden. Bechyne erwähnt hiebei die Unterredung mit einem polnischen sozialisti­ schen Abgeordneten, worin dieser ihm gesagt habe, daß nicht die Opposttionsvolitik der polnischen sonder« die Koälitionspontik der tschechoslowaki­schen Sozialdemokratie die richtige gewesen sei. Ebenso war es in O e st e r r e i ch, wo die So­zialdemokratie nickt den Weg zu den Bauern und die Bauern nickt den zu den Arbeitern gefunden haben. In Polen und in Oesterreich haben es dann sowohl die Arbeiter als auch die Bauern verspielt ebenso wie in Bulgarien und Deutschland . Bechynö fährt dann wörtlich »weiter fort:. Wir sind zu der Ueberzeugung gekommen, daß überall wo die Massen der Arbeiter und Bauern in gegenseitigem leidenschaftlichem Kampfe sich befanden, beide Seiten es verloren haben. Und aus dieser Erkenntnis ist unsere Politik erflossen. Bei uns wäre ein demokratisches Regime ohne Teilnahme beider Faktoren einfach unmöglich. Aber der Staat muß doch irgend eine Regierung h ab en! Wer sagt mir, was für eine Regie­rung das wäre, wenn darin die einen oder die anderen fehlten? Auf welch schiefe Ebene würden wir da gelangen? Wir sind in einer ganz beson­deren Situation, daran darf man nicht vergessen. Darüber will ich kein Wort verlieren. Ich sage nur, daß die Zusammenarbeit von Sozialisten und Agrariern nicht nur eine demokratische, son­dern auch eine Staatsnotwendigkeit war. Und daß es diese Notwendigkeit bisher ist. Diese Zu­sammenarbeit hat bei uns die Entwicklung des Fascisnms in einer Zeit aufgehalten, da der Fascismus Trumpf gewesen ist und da sich die fascistischen Ideen aus beiden deutschen Staaten auf unS zugewälzt haben. Ja, wir hätten in den letzten zwei Jahren einen anderen Weg ge­hen können. Warum nicht? Wir hätten im Schlepptau unserer Freunde in Deutschland oder in Oesterreich gehen können. Ja, wir hätten, durch einen" heftigen Klassenkampf die bürgerliche und agrarische Politik dieses Landes zwingen können aus ihrer Krise keinen anderen Ausweg zu sehen, als zu der oder jener Form des Absolutismus zu greifen, zu dem Zwecke der Erhaltung der Rentabilität ihrer Wirtschaft. Wir hätten sie zwingen können aber damit hätten wir" sie auch gezwungen die staatliche Existenz selbst durch ein Experiment fascistischer Art zu bedrohen. Wir haben uns anders entschieden und uns ge­einigt. Im Interesse der Arbeiter, der Demokra­tie und der Republik . Bechyne gesteht in seinen weiteren Ausfüh­rungen dann ohne weiters zu, daß manches hätte besser geschehen können als es geschah. Er sagt:. Ich behaupte nicht, daß wir durch diese Zu­sammenarbeit die wirtschaftlichen und sozialen Probleme unseres Landes ideal gelöst haben. Wir sind noch inmitten der Arbeit. Ich igge auch nicht, daß wir bei der Lösung einzelner Fragen immer das Richtige getroffen haben. Ich wage zu be­kennen, daß wir uns einige Hehler haben zu­schulden kommen lasten, die zu korrigieren not-

Italien am Vorabend des Krieges (AP.) Das Kriegsfieber in Italien steigt. Ein Blick in die Blätter lehrt, wie die Stimmung systematisch geschürt wird. Die Presse verbreitet Optimismus und Siegesgewißheit in einer Weise, die ganz im Gegensatz zu der Schreibnwise der ausländischen Zeitungen steht. Könnte imin den italienischen Blättern Glauben schenken, dann müßte das Ausland zu dem ostafrikanischen Krieg seine volle Zustimmung erteilen. Dieser Anschein wird wenigstens erweckt, Bon englischen Blättern wird bezeichnenderweise das fascistische Mosley - Organ»Black Shirt"(Schwarzhemd) zitiert, besten Stellungnahme ja nicht verwunderlich ist und eine Zeitlang auch von Rothermeres»Daily Mail" geteilt wurde, bis diese in die Regierungs­linie einschwcnkte. Spaltenlang und mit bunten Bildern berichten die italienischen Blätter von den Grausamkeiten des abessinischen Regimes. Die Rundfunkpropaganda ist auf den gleichen Tenor gestimmt. In allen Städten sind grüne, gelbe und rote Maueranschläge angebracht, die die Maßnahmen für eine Mobilisierung anlündigen. Der Moment der Mobilmachung wurde durch drei Ka» nonenschüsse bekannt gemacht. Eine Minute später läuten Sturmglocken, in den einzelnen Stadttei­len der Großstädte erfolgt Trommelwirbel, in den Hafenstädten ertönen außerdem die Schiffssirenen. Dann hat sich jeder Milizmann in voller Uniform in den Kasernen cinzufinden. Auch die Mitglieder

wendig sein wird. Aber ich halte dafür, daß die politische Richtung, welche wir betreten haben, die richtige ist und daß wir keine andere Wahl ge­habt haben, wenn wir unserem Land inmitten des Weltenbebens verhältnismäßige Ruhe, erreich­bare Sicherheit und Garantte guter Entwicklung gegeben haben. Bechyne legt dann dar, daß eine e i n- heitlicke Politik mit den Kom­muni st en nicht möglich sei. Was bieten uns die Künder der Einheits- front an? Nichts mehr als eine glänzende De­monstration auf der Gast«, einen glänzenden politischen Streik in den Bettieben. Ich frage sie: Und wer wird inzwischen in diesem Lande regieren? Sage mir niemand, daß inzwischen die Bourgeoisie re-

Italien verhöhnt den Völkerbund In dem Kommunique« der ttalienischen Re ­gierung, da» bei Beginn der Feindseligkeiten aue- gegeben wurde, heißt es: »Unter dem Druck des kriegerischen Angriffsgeistes(l) in Abessinien, der von den Führern und den Völkerhordencherstäctl wird, die schon seit längerer Zeit mit Bestimmt ­heit den Krieg gegen Italien verlangen und ihn jüngst vorbereitet haben, bildet die allgemeine Mobilmachung in Abessinien eine direkte und un ­mittelbare Bedrohung für die Truppen in unseren beiden Kolonien. Diese Drohung wird erhöht durch die Tatsache, daß die Bildung einer neutra ­len Zone, nach angeblichen Behauptungen aus Addis Abeba , in Wirklichkeit nur eine strategische Maßnahme darstellt, die daraus hinausläust, die abessinischen Truppen besserzuAngriffs- zwecken vorzubereiten(!). Die fort ­dauernde und blutige Angriffslust, die Italien seit 40 Jahren ertragen mußte, nimmt immer größere Ausmaße und eine weitere Tragweite an und offenbart die schweren und unmittelbar bevor ­stehenden Gefahren, auf die unverzüglich zu rea ­gieren die elementarsten Grundsätze der Sicherheit erheischen. Die oberste Heeresleitung. Eritrea hat daher Befehl erhalten, sich dementsprechend(!) zu ver ­halten. Die italienischen Truppen sind daher im Begriff, einige vorgerückte Stellun ­gen jenseits unserer bisherigen Linie einzu ­nehmen. Zur zehnten Mobilmachungsverlautbarung wird an zuständiger italienischer Stelle erklärt, daß das darin erlvähnte Vorrücken von Truppen und die Grenzüberschreitungen nichts bedeu ­teten. Die italienischen Truppen seien lediglich in dem sogenannten Niemandsland vormar ­schiert. Auf die Frage, ob nunmehr die Feind ­seligkeiten in Abessinien ausgebrochen seien, wurde erwidert, daß die Feindseligkeiten in Ostafrika praktisch durch die Mobilmachung in Abessinien ihren Anfang genommen hätten. Von kriegeri ­schen Zwischenfällen will man in Rom nichts wis ­sen, von Todesopfern sei auch nichts bekannt. Ebenso wird der Bombenabwurf über Adua in Abrede gestellt. Ole Sanktionen London. Hier wird allgemein zugegeben, daß es zu einer Aufhebung des Embargos aus die Waffenausfuhr nach Abessinien kommen müsse, bevor man daran gehe, auf die kämpfen ­den Parteien einen Druck zwecks Abkürzung der Kampfhandlungen auszuüben. Mit Genugtuung wurde in London die Tatsache ausgenommen, daß

gieren könne. Ach, waS ist das für ein« Primi­tivität des Geistes! Wo habt Ihr Reunmaüveisen die Bürgschaft, daß daS Bürgertum warten wird, bis das gesamte Proletariat in einer Partei, in einer genossenschaftlichen und gewerkschaftlichen Organisation sein wird und bis es den Agra­riern die Kleinlandwirte und den städtischen Par­teien die kleinen mittelständischen Existenzen ent­reißen wird? Deswegen tritt Bechynk für die Einheits­front der Demokratie ein. Die Aufgabe dieser Demokratie ist heute vor allem die Lösung der gewerblichen Fragen. In unserem Lande gibt es keine Agrarkrise mehr, sondern es sind bloß einigt Fragen der landwirtschaftlichen Politik zu lösen, aber auf der Tagesordnung sind die Probleme der industriellen Erzeugung und die Probleme der städtischen Bevölkerung.Der Sozialismus, so schließt Bechynk seinen Artikel,hat sich in der Lösung der landwirtschaftlichen Fragen bewährt. Wird sich der Agrarismus in der Lösung der in- dusttiellen und handelspolitischen Fragen bewäh­ren? Das ist die Frage ."

Mussolini in seiner gesttigen Kundgebung über die zu erwartenden Wirtschaftssanktionen gegen Italien in ruhigem Tone gesprochen habe. Außer der Einhaltung des Embargos für KriegSbrdürfniffe erachtet man hier bloß fol­gende zwei Sanktionen als praktisch durchführ­bar: 1. Das Verbot von Kredit­operationen mit dem italienischen Staat, den italienischen Gemeinden und öffent- lichen Verbinden, sowie mit italienischen Staatsangehörigen 2. das Verbot des Ankaufes italienischer Produkte. Es wird betont, daß die Staaten, die Mit­glieder des Völkerbundes sind, 60 Prozent der italienischen Ausfuhr beziehen. Man glaubt des­halb, daß obige Maßnahmen genügen wer­den, eine Verlängerung der Feindseligkeiten un­möglich zu machen, und daß gleichzeitig die Ge­fahr von Zwischenfällen vermindert sein wird, weil obige Vorkehrungen nur italienische Staats­angehörige betreffen. Eden In Paris Paris. Der britische Völkerbundminister Anthony Ede» hat sich Donnerstag atends auf seiner Reis« nach Genf in Paris aufgehalten, wo er mtt Laval eine Unterredung hatte. Die Un­terredung soll hauptsächlich die augenblicklich« Entwicklung des ttalienisch-atesfinftchen Konflik. tes sowie den Fragebogen betroffen haben, wel chen Dtandpuntt Frankreich nicht nur bei der Geltendmachung von Sanktionen, sondern auch vor diesen einnehmen wird. Diese Angelegenheit wird den Gegenstand des Freitag zusammentre­ tenden französischen Ministerrates bilden, dessen Entscheidung mit großem Interesse erwartet wird. Amerika unbedingt neutral Erklärung Roosevelts San Diego .(Kalifornien.) Lor Antritt sei­ner Reise zu den Flottenmanövern im Stillen Ozean hielt Präsident Roos eveltim Hoch­schulstadion vor 60.000 Zuhörern eine Ansprache, wobei er ausführte: Ich wiederhole, daß die Bereinigten Staa­ten fest entschlossen sind, im Falle, irgendeines Krieges streng neutral zu bleiben. Ich befürchte, daß einige Nationen die Torheit aus dem Jahre IS 14 wiederholen wollen. Was im­mer auch auf den Kontinenten jenseits des Mee­res geschehen möge, die Bereinigten Staaten müssen hievon unberührt und frei bleiben. Als Präsident der Bereinigten Staaten erkläre ick neuerlich, daß das amerikanische Volk und seine Regierung die Absicht haben, mit der gan­zen Welt im FriedenSzustand zu verbleiben."

Die Unruhe des Volkes wird durch die Zu ­

ber weiblichen Fascios und die Kinder der Balilla- I wagen vorbereitet. Täglich sind Geschütztransporte Organisation und der Avanguardisten haben zu| zu beobachten. erscheinen. Sind sie zu weit von ihrem HeimatS-,.... ort entfernt, so haben sie sich an dem Orte, wo. sammenziehung der englischen Flotte im Mittel­ste sich augenblicklich befinden, zur Verfügung zu| meer noch gesteigert. Besonders hat die Ankunft stellen. Sind sie im Ausland, so haben sie an die' der großen englischen Dreadnoughts und Schlacht­entsprechenden Stellen zu telegraphieren. Für jede Versäumnis ist schwerste Sttafe angedroht. Zur Zeit werden die Matrosen der Reserve einberufen, und zwar bis zu 35 Jahren. In den Hafenstädten herrscht ein reges Leben und Trei ­ben. Unaufhörlich fahren Kriegsschiffe mit unbe- kanntem Ziel ab. Wo die Häfen von Kriegsschiffen entblößt sind, tritt der Küstenschutz an ihre Stelle. Das Rote Kreuz ist bereits im ganzen Lande mobilisiert. Die Bevölkerung ist in äußerster Nervosität. Alles ist gewissermaßen»auf dem Sprung". Be ­zeichnend dafür ist, daß bei einem Feuerwerk in einer Hafenstadt Norditaliens,' als die ersten Ex ­plosionen der Feuerwerkskürper hörbar wurden, in wenigen Minuten die Straßen schwarz von Menschen waren, weil alle die Mobilisation er ­warteten. Die lange Dauer des Schwebezustan ­des steigerte die Nervosität. Die fortgesetzten Scharfschießübungen der Küstenbatterien wecken in der Bevölkerung die Vorstellung, daß sie sich be ­reits mitten im Kriegszustand befinde. Ueber den Städten kreisen unaufhörlich Militärflugzeuge.> gestrunkenheit macht sich eine Katzenjammerstim- Die Kasernen sind sämtlich überfüllt, so daß be ­reits Notquartiere beschafft werden müssen. Be ­sonders zahlreich sind auch die Spezialwaffengat ­tungen vertreten. Auf den großen Eisenbahnkno-, stischen Kreise mischt, auch diese bereits an der tenpunlten sind seit längerer Zett alle Güter-. Peripherie berührend.

kreuzcr Sorge bereitet, da allgemein bekannt ist, | daß sie den italienischen Einheiten um ein Viel­faches überlegen sind. Die englischen Maßnah­ men in Gibraltar, Malta , Alexandria, Port Said, Cypern usw., die Möglichkeit einer Sperrung des Suezkanals, die Aussicht einer Abschneidung der italienischen Truppen in Afrika, die sich dann förmlich in einer Falle befinden würden, haben geradezu defaitistische Stimmungen, sogar im Offizierkorps, ausgelöst und die Niederlage von Adua geradezu als Schreckgespenst wieder auf­tauchen lassen. Das stolze Wort»Noi tireremo diretto"(Wir werden erst recht marschieren) ist schon verklungen. Statt dessen ist die Losung »Bataillone kann man nicht aufs Wasser schicken" im Umlauf. Man fühlt die Unterlegenheit zur See, man weiß, daß die beiden großen Kampf­schiffe von 35.000 Tonnen, die erst im Bau sind, noch auf lange Zeit nicht in Betracht kommen, man ! kennt die Exponiertheit der langen italienischen ! Küste. Die Unzufriedenheit greift über die oppo- i sitionellen Kräfte weit hinaus. Anstelle der Sie- ' mung bemerkbar, die sich natürlich nicht in der Presse zeigt, sich aber als schriller Mißton in die voreilige Siegestrunkenheit der eigentlichen fasci-

Zur Abhärtung und Kräftigung des Körpers

Die bulgarische Verschwärung Boris sollte ermordet werden Sofia.(Tsch. P.-B.) In Ausführung der von der Negierung angekündigten Maßnahmen schritt die Polizei zur Verhaftung von 40 Zivil­personen, die der Teilnahme und Mitwisserschaft an hem geplanten Putsch beschuldigt werden. Die meisten von ihnen gehören der Zveno-Gruppe und dem linken Flügel der Bauernpartei an. Ferner wurden etwa 15 Offiziere verhaftet, die ihre Be­teiligung an dem Putschversuch bereits eingestan­den haben. Alle Verhafteten wurden den Ge- cichtsbehörden überantwortet. Aus den Schrift­stücken, die bei den Haussuchungen beschlagnahmt wurden, geht hervor, daß die Verschwörer An­schläge gegen das Leben des Kö­nigs, der Königin, der Mitglieder der Re­gierung sowie von etwa 40 Offizieren beabsich­tigten. Die Namen dieser Offiziere waren auf einer Liste ausgezeichnet, die bei den in die Ver­schwörung verwickelten Offizieren beschlagnahmt wurde.

Wiederaufnahme der Verhand­lungen Im Brünner Nazi-Prozeß Nach eineinhalbtägiger Unterbrechung wur­den Donnerstag früh die Verhandlungen im Pro­zeß gegen die vier ehemaligen NSDAP-Funktio- näre wieder ausgenommen. Bekanntlich hatten die Verteidiger mehrere Beweisanträge gestellt und ungefähr 50 Zeugen zur Einvernahme beantragt. Das Gericht hat die Mehrzahl der Anträge als gegenstandslos abgelehnt und hat insgesamt nur sieben Zeugen zugelassen. ES sind dies der StaatS- amtSoberdirektpr i. R. Janik, die Regicrungsräte Sukal unp Pavelek und Frau Rosa Kluge, ferner die Zeugen Rattei, Lanzendörfer und Dostal. Die Donnerstag-Verhandlung, bei der auch mehrere Angehörige der SdP als Zuhörer an­wesend waren, war durch Verlesungen ausgefüllt. Man hört da u. a. Blüten sudetendeutschen Nazi- Schrifttums, wie»das zweite Reich war uns viel zu klein" oder»Wir sckwören auf Horst Wessel" oder»Die Beherrschung der Straße ist die erste Anwartschaft auf die Beherrschung des Staates". Zu Beginn der Nachmittagsverhandlungen spielte sich eine charakteristische Szene ab. Der Vorsitzende fragte den Angeklagten Kruge, wo er jetzt organisiert sei. Dieser behauptete, sich der­zeit nirgends politisch zu betätigen, was vom Vor­sitzenden bezweifelt wurde, worauf der Verteidiger Branczik dem Angeklagten zurief:»Wenn Sie bei der SdP organisiert sind, dann sagen Sie eS nur ruhig." Die Verhandlung wird Freitag fortge­setzt werden.

Der Kalender für daS Landvolk, von Adolf Schmidt redigiert, ist soeben im Verlage des ZentralverbandeS der deutschen Kleinbauern und Häusler, erschienen. Der Kalender für das Jahr 1936 ist wie seine Vorgänger ein wichtiges poli­tisches Handbuch für schaffende Menschen, ein vor­zügliches Nachschlagewerk für den Kleinlandwirt und ein Buch zur Unterhaltung und dc: Bereiche­rung des Wissens, an dem jeder, der dieses Buch in die Hand bekommt, große Freude haben wird. G. H. T r a p p zeigt uns durch zwei Linolschnitte »Sonnenaufgang" und»Sommernacht", daß er der Höhe künstlerischen Schaffens zustrebt und belebt auch die in dem Kalender enthaltenen Er­zählungen mit seinen Illustrationen. Unterhal­tende Beiträge finden wir von Ibanez , dem sroßen spanischen SchriststeUer, Ludwig Thoma, Josef H o f b a ue r, Oskar Maria Graf, dem Bauerndichter Adam Scharrer, dem Böhmer- wäldler Josef B l a u u. a. Auch dem Humor sind einige Setten des Buches gewidmet. Daneben aber hat auch noch eine Reihe ernster Abhandlungen Platz gefunden, so eine über Abessinien, über das Leben in der Tiefsee, über die Tuberkulose und schließlich eine, alle wichtigen politischen und wirt­schaftlichen Ereignisse umfassende Jahresrückschau, die aus der Feder Adolf Schmidts kommt. Der Kalender wird mit einigen für die Landwirte interessanten und aufllärenden Artikeln, über Bo­denbewirtschaftung, Viehzucht und zweckmäßige Hauswirtschaft und den für aUe Kleinlandwirte wichtigen Tabellen über Posttarife und Stempel­gebühren in seinem Hauptteil abgeschlossen. Der Kalender, der bei keinem Kleinbauern fehlen sollte, kann beim Verbände der Kleinbauern und Häus­ler, Prag VIE, Stroßmayrova 1390 und bei allen sozialdemokratischen Buchhandlungen bezo­gen werden.