Jbr. 232

Samstag, 5. Oktober 1838

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Skuptschina-Neuwahlen nicht aktuell Belgrad . In hiesigen politischen Kreisen hat die im Agramer TagblattNovosti" veröffent­lichte Kundgebung des Justizministers Dr. M i s- k u l i n große Aufmerksamkeit hervorgerufen. Der Minister führte aus, daß in der heutigen Situa­tion die Skupschtina schwerlich in Kürze aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben werden können. Man dürfe nicht vergessen, daß die Ausschreibung von Neuwahlen vor allem mit der Verwirklichung aller politischer Aufgaben zusammenhänge, deren Lösung die Regierung als Voraussetzung für die Durchführung von Neuwahlen beschlossen habe. In politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß die jetzige Skupschtina Wohl arbeitsfähig ist, es wird aber gleichzeitig bemerkt, daß das Haus auch nicht zum 9. Oktober, dem Todestage des Königs Alexanders', einberufen werden wird. In Kreisen der Opposition rechnete man nicht mst baldigen Neuwahlen, und einer der her­vorragenden Anhänger Dr. MaLeks, Dr. Vjeko- slav Kukovec, erklärte eben dieser Tage, daß die Ausschreibung von Neuwahlen etwa im Feber nächsten Jahres erwartet werde.

Selbst Holland muB auf rüsten Amsterdam . Die holländische Regierung sieht sich durch die Verschärfung der internationalen politischen Lage veranlaßt, das Tempo der Mo­dernisierung des Landheeres wesentlich zu be­schleunigen. Insbesondere sollen die Luststreit­kräfte durch Anschaffung neuer Flugzeuge ver- stärkt werden. Weiter soll eine größere Anzahl von Luftabwehrgeschützen in Auftrag gegeben werden. Auch Wirtz beabsichtigt, die Vorräte der Munitionsdepots, die jahrelang aus Ersparnis­rücksichten sehr niedrig gehalten wurden, auf der ganzen Linie stark zu vergrößern.

Gin Gang durch Gibraltar (AP.).' Die militärischen Vorkehrungen bei Gibraltar , dem zuschließbaren Tor auf der West­seite des Mittelmeeres, haben die Aufmerksamkeit der Welt' auf dies Felsennest gelenkt, dessen male­rische Reize zwar Mittelmeerreisenden bekannt sind, über das jedoch die breitere Oestentlichkeit wenig weiß. Wer durch die enge Mainstreet mit ihren maurischen, indischen und sonstigen exotischen Läden geht, in denen man wegen der in Gibraltar herr­schenden Zollfreiheit so billig einkaufen kann, wie kaum sonst irgendwo, wer die astikanische Blumen­pracht des Alameda-Garten bewundert oder vom Europa-Point über die Meerenge hinweg zu den marokkanischen Bergen herüberlugt, wer einen Spa­ziergang durch die in die Felsen gehauenen Wege über der Stadt macht und einen Blick auf die histo­rischen Plätze und die alten Basteien warf, der ahnt nichts von den modernen Verteidigungsanlagen. Schon vor 230 Jahren, als im Verlaufe der spanischen Erbfolgekrieges die Engländer Gibraltar in Besitz nahmen, wußten sie die militärische Be­deutung dieses Platzes zu schätzen. Selbst in nor­malen Zeiten liegen hier mehrere tausend Soldaten und eine Anzahl Kriegsschiffe. Jetzt aber hat sich Gibraltar in ein Heerlager verwandelt. In Gibraltar ' herrscht Wohlstand. Die britischen Garnisonen bringen Geld ins. Land. Die spanffche Bevölkerung, seit Jahrzehnten vermischt, spricht dem­entsprechend eine Mischung au» englisch und dem andalusischen Dialekt. Täglich aber kommen Hun­derte aus den benachbarten spanischen Dörfern, um in Gibraltar als Hafenarbeiter ihr Geld zu verdie­nen. Abends verlassen sie die Festung, um durch die neutrale Zone nach La Linea zurückzukehren. Dies spanische Städtchen wird umgekehrt von den englischen Soldaten gerne aufgesucht, wenn sie tan­zen gehen wollen. Ueberflüssig zu erwähnen, daß zwischen Gibraltar und La Linea angesichts der Zollsteiheit von Gibraltar und der Preisunter­schiede ein lebhafter Schmuggelverkehr besteht. Aus Marokko kommen die Eingeborenen her, um Hüh­ner zu verkaufen. Kurz, es herrscht ein reges Le­ben und Treiben. Jetzt ist die Idylle steilich zu Ende. Ein Kommando kann genügen, um den Weg vom Mittelmeer in'den Atlantischen Ozean zu sper­ren.

Der DettlerKönis Budapest . Die Budapester Polizei hat einige Beamte beauftragt gehabt, die Organisation deS Bettlertunis auszuforschen. Die Beamten hatten sich selbst als Bettler verkleidet und einige Wochen zwi­schen Bettlern gelebt, bis man sie in dieZunft" aufnahm. Es stellt sich heraus, daß sie die Bettler in Budapest hervorragend organisiert sind. An der Spitze steht ein gewisser Maray, der eine fast unumschränkte Macht auSübt, und dessen Befehle und Weisungen aufs Wort befolgt werden. Jeder, der sich gegen den ungeschriebenen Bettler-Ehren­kodex vergeht, wird vom Bettlerkönig auS Budapest verwiesen, und es für ihn dann ganz unmöglich in der ungarischen Hauptstadt zu bleiben. Denn jeder ^Arbeitsplatz" ist genau so eingeteilt, und er könnte ohne die Hilfe der Bettlerzunft nicht einmal ein bescheidenes Leben stiften. Umgekehrt helfen die- Bettler einander in vorbildlicher Weise. Denn einer einmal in Not gerät, so wstd für ihn auskömmlich gesorgt, und die Budapester Hauswirte vermieten Bettlern mit Vorliebe ihre Wohnungen, weil sie genau wissen, daß Maray rückständige Mieten zahlt. Ob er sein Geschäft so betreibt, wie Mr. Peachum auS derDreigroschenoper ", verschweigt her Polizeibericht leider.

SCHÄUM AUCH IN KALTEM WASSER

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KALT

Jetzt wieder die Wollsachen aus dem Schrank fiehmen!

Ein Gluck, daß wir Frauen es dieses Jahr leichter haben,, sie gut zu halten. Alles aus Wolle waschen vir ohne Bedenken kalt im Neuen LUX. Das gibt den Sachen Weichheit, erhöht ihre Schönheit.

Zwei Menschenleben um eine Zigarette Gin bluttger Jahrmarkt

Prag . Am 25. April d. I. fand in M e l n i k der alljährlich« große Jahrmarkt statt, zu dem sich, wie stets, nebst anderen Marktfahrern, zahlreiche Pferdehändler und Fleischer einfanden. Als der Markt geschloffen war, fand sich eine dreizehnköpfige Gesellschaft solcher Geschäftsleute in der Wohnung des Händlers Friedrich Z u z ä n e k zusammen, um den Geschäftstag mit einem gemütlichen Beisam­mensein zu beschließen. Dieses gemütliche Beisammensein endete auf furchtbare Weise. Es blieben zwei Tote au' dem Schauplatz dieser kollegialen Unterhaltung. Freitag fand dieses Drama sein Nachspiel vor dem Prager Schwurgericht. Der Verhandlung präsidierre GR. Dr. Svambera, die Anklage vertrat Staatsanwalt Dr. Svoboda. Der 27jährige Fleischer Jaroslav G o l d« s m i d, elfmal vorbestraft(meist wegen Gewalt- tättgkeitSdelikten), stand vor den Geschworenen un­ter Anklage deszweifachenVerbrechens des Mordes. Da eine große Anzahl von Zeu­gen aufgeboten worden war, nahm die Verhand­lung einen langwierigen Verlauf und dauerte bis in di« Abendstunden. Was diesen Prozeß besonders charakterisiert, ist die Tatsache, daß aus nichtigstem Aula- zwei Menschenleben vernichtet wurden. Diesem Angeklagten sitzt das Messer so locker, daß eine verweigerteZigarette hinreichte, denMordimpuls bei ihm auszulösen. Dieser Prozeß spielt keineswegs in denTie­fen der Gesellschaft". Die. Leute, die sich an dem blutig beendeten Beisammensein beteiligten, trugen schwer gespickte Brieftaschen bei sich. Auch Goldsmid hatte 1200 KL in seiner Brieftasche. Um so krasser wirkt die Nichtigkeit des Anlasses, die die Bluttat auslöste, um so grauenhafter die tierische Brutalität, die hier in Erscheinung Witt. .Die Gesellschaft saß in der Wohnung ZuzänekS beisammen, trank Bier und Tee mit Rum, aber in so mäßiger Weise, daß Trunkenheit nicht in Frage kommt. Dem Angeklagten Jaroftav Goldsprid verlangte eS plötzlich nach einer Zigarette, aber keiner der Anwesenden gab ihm eine. Da der Angeklagte bemerkt hatte, daß sich sein.Kollege Filinger kurz vorher für fünf Kronen Ziga­retten holen ließ, war er schwer- aufgebracht und versetzte einem gewissen Wenzel S t r u p l, der dem Filinger die Zigaretten besorgt hatte, ohne jeden Grund eine wuchtigeOhrfeige. Hier legte sich ein gewisser Josef Langmajer ins Mittel:Jarda, warum schlägst du ihn?!' Nun lebte der Angeklagte mit Josef Lang­majer und dessen gleichfalls anwesenden Bruder Franz Langmajer nicht im besten Einverneh­men und die harmlose Bemerkung deS Ersteren genügte, um ihn in ein wildes Tier zu verwandeln. Er riß sein Taschenmesser heraus und stürzte sich auf Josef Langmajer, dem er zwei schwere 5 t ich Verletzungen in Brust und Rücken beibrachte. Der Verwundete brach zusammen und starb kurz nachher an innerer Verblutung. Dann wendete sich der Rasende gegen F r a nz Langmajer, der mit einem schnell aufgerafften BlechkWel die Sttche zu parieren suchte. DaS starke Eisenblech deS Kübels wurde von den wütenden Messerstichen in der Breite von vier Zentimetern glatt durchstoßen

seinem blindwütigen Angriff eine Beule auf dem Kopf davongetragen hatte. Er wurde natürlich, un­geachtet seiner Simulattonen aus dem Spital weg verhaftet. Als corpus delicti lag dem Gericht u. a. das mörd eris che Taschenmesser vor, ein gefährliches Werkzeug mit zwölf Zenti­meter langer, starker Klinge und scharf geschliffener Schneide. Bezeichnend für das Milieu, in dem dieser Fall spielt, ist, daß einer der Zeugen wegen eines Gewalttätigkeitsdeliktes in Un­tersuchungshaft sitzt und dem Gericht im SträflingS- kostüm vorgeführt wurde. Gegen einen anderen läuft ein Verfahren wegen Anstiftung zur falschen Zeugenaussage zugunsten des Angeklagten Gold- Smid. Am allerbezeichnendsten aber ist wohl die Taffache, daß ein Chauffeur, der die Verwundeten ins Spital fahren sollte, zunächst ablehnte mit der Begründung, daß er mit dem Gastgeber Z u z ä« n e k nichts zu tun haben wolle, weil das zu riskant sei. Zuzanek ist nämlich dreizehn­mal vorbestraft. Der Schwurgerichtshof legte den Geschworenen nebst der Hauptfrage auf Mord noch die E v e n- tualfrageäuf Totschlag vor, indem er e^ ihrer Beurteilung überließ, ob eS sich um be­absichtigte oder nicht beabsichttgte Tötung handle. Die Geschworenen bejahte« die Schuldfrage auf Mord mit elf Stimmen. Es folgte die gemeinsame Beratung des Ge­richtshofes und der Geschworenenbank über das Strafausmaß, wie sie.bei Delikten, auf die nach dem Sttafgesetz die Todessttafe steht, vorgeschrieben ist. DaS Urteil lautete auf 20 Jahre schwere« und verschärften KerkerS. Der Verurteilte blieb ruhig und lächelte. Sein Verteidiger meldete die Nichtigkeitsbeschwerde an, desgleichen auch der Staatsanwalt Dr. Svoboda, und zwar wegen Richtverhängung der Todesstrafe. rb.

WeißeZähne machen jedes Antlitz ansprechend und schön. Zur Erlangung schöner, weißer Zähne putze man früh una abends die Zähne mit der herr­lich erfrischend schmeckenden Chlorodont-Zahn­paste. Schon nach kurzem Gebrauch erhalten die Zähne einen wundervollen Elfenbeinglanz. Tube 4*-.

Dreieinhalb Milliarden Kronen Warenschulden des Auslandes

Die sich aus dem Warenexport ergebenden tschechoslowakischen Forderungen an das Ausland haben im Laufe dieses Jahres eine wettere Erhö­hung erfahren. Nach den Angaben der National­bank hatte die Tschechoslowakei am 30. Juni 1935 zu fordern:

Insgesamt betragen die tschechoslowakischen Auslandsforderungen 3408 Millionen XL. Bon den 2323 Millionen, die auf die Clearing- staaten entfallen, muß ein erheblicher Teil als auf längere Zeit eingefroren betrachtet werden.

Bom freien Ausland!

80. Nuni 31. M« 1935.' Millionen

England mit Kolonien,

Indien und

180

165

Palästina...«

. 1

a«

21

24

Länder des Goldblocks

(Frankreich ,

Holland , Schweiz )

a

286

300

Skandinavische Länder,

46

62,5

28

42

Polen

a

a

193

207

87

54

Spanien ,,,,»

a

80

28

Bereinigte Staaten,«

a

78

90

China ......

W a

a

43

31

Clearingstaate

n:

Deutschland,,,,

605

608

Oesterreich,,,,

a

386

370

Rumänien

a

382

480

Jugoslawien ,,,,

262

240

Italien

8

101

90

füllet.>

a

155

135

Griechenland ,,,.

a

73

70

Bulgarien,,,,

a

30

43

Argentinien ,,,,

a

a

35

40

Brasilien.,,.,

42

54

Mittelamerikanische Länder,

a

9

6

Steigende Sparkasseneinlasen Am 31. Juli 1935 betrugen die Einlagen bei sämtlichen tschechoslowakischen Sparkassen 21.068,286.691 Kronen. Am 1. Jänner war der Stand 20.613,694.093 Kronen. Mit dem Ein­lagestand von über 21 Milliarden kommen die tschechoslowakischen Sparkassen ihrem höchsten Einlagenstand vom Jahre 1933 mit fast 22 Mil­liarden wieder sehr nahe.

. Os^iam-

ein Beweis für die furchtbare Wucht, mit der die Stiche geführt wären. Trotz seiner Abwehrversuche trug auch Franz Langmajer einen Stich in die Brust davon. Er starb fünf Tage später an Herz­schwäche. Sein von Natur schwacher Organismus konnte die Folgen der Verletzung nicht überwinden. Der Angeklagte machte sich seine Verteidigung bequem. Er behauptete, von nichts mehr zu wrs- en, da er damals vollkommen betrun­ken gewesen sei. Diese Verantwortung kann frei­lich nicht ernst genommen werben. Durch Zeugen ist 'estgestellt, daß er sich nach der Tat über den zu- ammengesunkenen und langsam verblutenden Jo­es Langmajer neigte und ihm zurief:Sieh st >u,Pepi, das hast du d a v o n!" Später versuchte er sich, freilich als vollkommen betrunken auszugeben und ließ sich außerdem noch alsdrit­ten Verletzten" im Spital behandeln, weil er bei

dann OS RAM-01-l.ampen geben, je nach Type, bis 20% mehr Licht für ein Watt

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