Nr. 233 Sonntag,'S. Oktober 1935 Sette 8 Absenz der spanischen Sozialisten Madrid . Der spanische sozialistisch« Par» lamentsklnt beschloß, sich an den Parlament-» sitzmrgen nicht zu beteiligen, solange in Spanien nicht die Brrfaffungsgarantien wiedrrhergestrllt werden. Dunkle Geschäfte zwischen Rom und Berlin Berlin.(A.P.) Durch Mittelsleute fuhrt Italien mit deutschen Stellen Verhandlungen über weitere Kriegslieferungen, und zwar insbesondere Fabrikate der Ersatzindustrien. Man spricht vor allem von Leder-Ersatz-Produkten(Pferdegeschirre, Riemenzeug usty,). Aber auch hier kommt es zu Differenzen über die Zahlungsmodalitäten, da Deutschland Devisen verlangt, während Ita lien in Register- und Sperrmark zahlen wollte. In der Schweiz sollen von italienischen Aufkäufern für diesen Zweck bereits große Mengen von verschiedenen Sorten dieser Mark reserviert worden sein. Der letzte Kurssturz dieser Mark soll darauf zurückzuführen sein, daß di« Aufkäufer sie jetzt wieder abstoßen müssen, da man in Deutschland auf die Bezahlung in Sperrmart nicht eingehen will. Griechenland rechnet nicht mit Neutralität Athen . Zum italienischen Vorgehen in Abesiinien schreibt das Regierungsblatt„Preia", Griechenland sei als Mitglied des Völkerbundes zur Teilnahme an Sanktionen verpflichtet. Bei einem Konflikt im Mittelmeer werde Griechen land unabwendbar zumMittel- punkt des Kriegstheaters; die Bewahrung der Neutralität Griechenlands sei kaum denkbar. Die griechischen Reeder haben den Kapitänen ihrer Schiffe die Weisung erteilt, Ladungen, die aus Italien kommen oder für dieses bestimmt sind, n i ch t an Bord zu nehmen. Die griechischen Handelsschiffe im Fernen Osten haben den Auftrag erhalten, die Rückfahrt nicht durch den Suezkanal, sondern um das Kap der Guten Hoffnung anzutreten. Mussolinis Beispiel lockt ,.. Tokio.(AP.) Die bekannte japanische Zeitung„Nishi-Mshi" fordert, daß Japan die wirtschaftliche Erschließung Niederländisch-Jndiens und der Südsee-Jnseln energischer betreibe, und zwar nicht nur im Interesse der japanischen Wirtschaft, sondern auch des nationalen Verteidigungs- Systems. Für Japan sei es im Interesse seiner Sicherheit unerläßlich, nach Süden vorzurücken und die amerikanischen RüstungchNaßnahmen in gleicher Weise zu beantworten. In Niederländisch- Jndien findet Japan Oel, Baumwolle, Wolle, Kautschuk und Eisenerze. Die Frage eines ausreichenden Schutzes der japanischen Fischerei im südlichen Pazifik müsse endlich gelöst werden. Die Fischereifahrzeuge seien im Ernstfall Mittel der nationalen Verteidigung im Pazifik , in dem Amerika nicht die Hegemonie haben dürfe. Die Naturschätze auf Borneo und Holländisch-Neu- Fischotterjagd ««ter dem B«rr««dov Nachdenkliche» zur Zivilisation Sollte es ihm— dem Fischotter, dem es höchstwahrscheinlich auf der wilden, verwegenen Jagd nach einem besonders fetten Barsch in der Moldau bis dorthin verschlagen hatte, wo die Auto-Serpentine von Barandow über verzackten Basalt und kühne Bögen von Eisen und Zement sich ins Prager Hollywood emporgeschwindelt und wo hinter den blanken Scheiben der Limousinen für Sekunden linear lackierte Augenbraunen, giftgrüne Vamp-Augen und«Lippen sichtbar werden, als hätte Gottvater sie aus puren roten Rüben erschaffen,—r— also sollte es ihm, dem Ottertier, etwa gelingen, an den Jägerstammtisch in der heimatlichen Siedlung, irgendwo weit,hinter den„Stromschnellen", zurückzukehren, so kann er etwas erzählen. Das hat so leicht noch kein Fischotter der heute lebenden Generation erlebt. Aber so ist es eb?n, wenn ein argloses Lebewesen m>t dem kollidiert, was man so gemeinhin die Kultur nennt!. Der Fischotter von Barandow und der Negus von Addis Abeba find für den, der über genügend Phantasie verfügt, doch gewissermaßen Schicksalsgefährten... Was den Fischotter betraf, so verzehrte er frohgemut und noch ein wenig erhitzt von der langen Jagd hinter dem Beutetier her seinen Barsch genau da, wo über ihm der gut genährte, wenn auch sorgenvoll dreinschauende Besitzer einer Badeanstalt, sich unablässig Hinterm Ohr krauend, gerade den Bilanz- und Schlußstrich unter dem Kassenbuch, Sommersaison 1935, zog und danach den. Arbeitern den Befehl gab, die Schwimmeaiflans hochzuziehen,— es käme ja doch keiner mehr, jetzt, Ende September. Das nun eben war des Fischotters Verhängnis, daß zivilisierte Wesen im allgemeinen nur ins Wasser gehen, wenn man ungefähr Eier in ihm sieden kann. Woher soll das ein braver Otter, der es da anders hält— und er hat ja auch das, Fell dazu — auch wissen?! Das war also sein erster Anprall gegen die kulturellen und zwilisatorischen Guinea könnten von den Holländern selbst nicht auSgebeutet werden. Daher seien diplomatische Verhandlungen mit Holland notwendig. Voraussetzung aber sei eine mächtige japanische Kriegsmarine. In kurzem werde die Admiralität eine Broschüre mit dem Titel„Achtet auf Niederlän- disch-Jndien im Interesse der nationalen Verteidigung" herausbringen. Das japanische Volk müsse sich über die Bedeutung dieser Frage so schnell wie möglich klar werden. Mexikos psrlsment gegen Italien Mexiko City. Im Zusammenhang mit den Meldungen über das Vorgehen italienischer Militärabteilungen in Abessinien nahm die mexikanische Kammer einstimmig eine Resolution an, in der das Proletariat der ganzen Welt aufgefordert wird, sich der verbrecherischen Aktion des Kapitalismus entgegenzustellen, deren verderbliche Folgen neue Kriege sein würden. Belange! Und sofort rächte sich diese Sünde an ihm. Nämlich: halb unter, halb neben dem Caisson—- solange er nämlich dort bleibt— läßt sich gut schmausen und profitabel verdaue». Wie aber, wenn eine unsichtbare Macht dies Ding plötzlich ohne begreiflichen Anlaß mit unheimlichem Quitschen total verrosteter Schrauben in die Höhe zieht. Auf jeden Fall erblickte plötzlich einer der Arbeiter dicht über dem Wasser, genau an der Stelle, wo bisher der Caisson schwamm, einen imponierend quadratischen Kopf, dicker, sstls ihn der Kater Bismarck vom Gastwirt Behounek in Radotin hat. Und ein blau-bräunlich schimmernder Fischschwanz zappelte vergeblich vor gesträubten Schnurrbarthaaren gegen das Schicksal an, ganz verschlungen zu werden. Was da vielleicht ein weitläufig Verwandter, Cousin oder so etwas des Flußgottes, ein wenig auf Besuch aus fernem Land herübergekommen? Beim heiligen. Nepomuk, der dieses dunkle und der Geschichte heilige, wenn auch nicht immer apothekerreine Wasser vieldutzendfach über schönen alten Brückenbogen behütet und segnet, obschon es ihm seinerzeit ein allzu vorzeitiges Ende dank der bekannten, von Schweden , Preußen und anderen wilden Volksstämmen gefürchteten Hitzköpfigkeit der Prager Bevölkerung bereitete und schon flog eine dicke rostige Eisenschraube, dem ein bereits angegrautes halbes Brecheisen folgte, in die Richtung, wo der Kopf des Fremdlings sichtbar geworden. Aber der tauchte, yur ein paar wehmütige und resignierende Wasserblasen zur Oberfläche entsendend, gelassen unter. Zwiefach gerät angesichts solcher Sachlage hier der Kulturhistoriker mitten ins wilde Gestrüpp der.Philosophie und vergleichenden Geschichtsbetrachtung! Erstens einmal—: Fremdartigkeit war immer der instinktsgemätze Uranfang aller Feindseligkett. Weil das doch wohl ein Kopf war, Per so gar keinem von denen glich, die sich sonst— im Unterbewußtsein des gewalttätigen Schrauben- und Eisenwerfers— zur sommerlichen Zeit in diesem Wässerlein tummeln. Köpfe mit Glatzen und solche mit Bubischnitt, mit Vollbärten und mit Bartbinden, mit plombierten Zähnen und mtt hörneren Brillen— nein, ein Die Stellung Spaniens Madrid.(AP.) Im Schoße der neuen spa nischen Regierung herrscht in außenpolitischen Fragen keineswegs Einheitlichkeit. Gil RobleS ist unbedingt italienfreundlich, antifranzösisch und seit der englisch -italienischen Spannung auch antienglisch. Außenminister Lerroux dagegen ist seiner Tradition entsprechend nicht italophil und auch nicht hitlerfreundlich. Er galt von jeher als profranzösisch und ist demgemäß heute auch an der Seite Englands. Der neue Marineminister Rabola Molinar, ein Katalane, und Mitglied der katalanischen Liga(Campo-Gruppe), ist anti- ttalienisch und frankophil. Diese Einstellung beruht bei den Katalanen nicht nur auf Tradition, sondern auch auf wirtschaftlichen Momenten. Denn Katalonien hat in Italien einen gefährlichen Konkurrenten auf dem Weltmarkt, da es dieselben Artikel wie Italien , Südfrüchte und Reis, ausführt. so ganz und gar fremder, ungewöhnlicher- sonst nie gesehener Kopf— klatsch, bums, und der Mordstahl flog schon irgendwo hin. Hasse,, was du nicht kennst! Wie viele-Kriege mögen eigentlich seit den Tagen der Ilias nur auf dieser psychologischen Grundlage zustandegekommen sein?! Zweitens aber: der zappelnde Fischschwanz, deutlich genug vor dem Maul des unheimlichen Fremden sichtbar gewesen,— hatte er nicht die ganze verbrecherische Gesinnung deS Eindringlings allzu beweiskräftig bereits entlarvt? Ohne Patz, ohne gültige Papiere war er sicherlich bis hierher vorgedrungen. Nicht im geringsten hatten ihn weder die Zollmaut noch die Gendarmeriestation von Klein-Kuchle alteriert. Wie kann ein fremdes Subjekt einen Barsch fressen, der ihm nicht gehört?! Wenn er aber schon einen gefressen hat und er also des Lhnchtodes schuldig ist, was mag sein eigenes Fell wert sein? Gibt es nicht Staatsprämien auf erlegte Ottern? Im Gehirn jenes Zivilisierten verbanden sich auf jeden Fall blitzesschnell Instinkt und Berechnung gegen die Barbarei. So flog di« Schraube, dann das Brecheisen... Freilich zunächst noch ohne greifbaren Erfolg. Denn nach einigen zwanzig Sekunden und eben so vielen Metern geradezu gespenstischen Nicht-mehr-daseins— siehe da— schwamm unser Otter munter, jetzt schon so ziemlich in der Mitte der Moldau, den Fluß abwärts. Halloh und horidoh! Die Arbeiter und auch ihr gut genährter, aber sorgenbeschwerter Chef springen in den nächsten plumpen Kahn am Ufer und legen los. Der Fährmann — mag er schon Charon heißen — läßt die Schatten, die, na pivo gehend, bereits den Acheron zu überschreiten sich anschicken, einfach Schatten sein und begibt sich zum Gros der Schlachtflotte mitten auf dem Gewässer. Noch drei, vier Fischerschaluppen kommen hinzu. Ein sehniger Alt-Herr vom Ruderverein ReptunuS bugsiert sich elegant auf schwankem, leichtem Gefährt wie ein Torpedobootzerstörer vor die Linie der Großkampfschiffe. DaS Otter-Tier schwimmt wacker— trotz Dreadnoughts und Torpeders. Hei— jetzt holt der alte bessere Herr von NeptunuS mit dem langen Ruder nach ihm aus. Hat ihn schon? Aber nein— nur war der Fremd« Baltlkum-Pontus-Kanal? Bukarest.(AP) Der frühere Präsident der Handelskammer von Galatz hat ein großzügiges und aufsehenerregendes Projekt ausgearbeitet, das die Errichtung eines riesigen Kanals zur Verbindung von Danzig mit den Donauhäfen Ga latz und B r a i l a vorsieht. Dieser Wasserweg würde um 900 Kilometer kürzer sein als der Weg von Stettin nach Sulina . Durch die Errichtung dieses Kanals würden die skandinavischen Länder mit dem Südosten Europas enger verbunden werden. Heute beträgt die Distanz vom Norden Europas bis nach Konstantinopel 3000 Kilometer, wobei über Gibraltar und durch das Mittelmeer ein enormer Umweg gemacht werden muß. Zur Realisierung des Planes müßte der P r u t v schiffbar gemacht werden, und zwar von der Stell«, an der er durch einen Kanal mit dem Dnejesto verbunden wird, bis zur Mündung in die Donau . Um den Wafferstand des Pruth zu erhöhen, müßte der S e r e t h in den Pruth geleitet werden. Nach dem Projekt würden folgende an dem zu bauenden Kanal gelegene Städte Hafenstädte werden: Thorn, Plock , Warschau , Iwangorod , Horodenka, Cernauti und Jassy . Zur Durchführung würden ungeheure Kapitalien benötigt werden. Da jedock> dieser Kanal, der die O st s e e mit dem S chwar, z e n M e e r verbinden würde, internationalen Charakter haben und sowohl den skandinavischen und baltischen Ländern als auch Deutschland und der USSR große Vorteile bringen würde, könnte die Realisierung durch eine internationale technische und finanzielle Zusammenarbeit erfolgen. Auch Polen würde dadurch«inen Zugang zum Schwarzen Meer erlangen. Für Rumänien würden sich ungeahnte Perspektiven eröffnen, da es das Verbindungsland zwischen dem Norden und Süden werden würde. Sekretär des sozialistischen MetallarbGterverban- des von Fascisten gefesselt, an ein Auw angehängt und durch die Straßen der piemontesischen Hauptstadt zu Tode geschleift wurde, wie im Feber 1928 der politische Gefangene G. Sozzi im Kerker von Perugia Jodinjektionen in den Aster bekam bis seine Eingeweide den Dienst versagten und eines qualvollen Todes swrb; nur weil er sich weigerte, seine Genossen anzugeben. Bilder mit Galgen sind unerfreulich. Maa sieht so etwas nicht gerne. Aber die Bilder von den Gehängten in Addis Abeba dürfen nicht vergessen lassen, daß der erste, der nach Wiedereinführung der Todesstrafe in Oesterreich an den Galgen kam, ein armseliger Landstreicher war. der aus Rache die Scheune eines hartherzigen Bauern angezündet hatte. Und auf Oesterreich hat, wenn wir uns nicht täuschen, Italien weit größeren Einfluß als auf Abessinien. Wenn in Europa öffentlich gehängt, geköpft und gefoltert würde, wenn Ausländer da^ bei unbehelligt photographieren dürsten, dann ließe sich sicherlich ein sehr eindrucksvolles Memorial über Barbarei im zwanzig st en Jahrhundert zusammcnstellen, nur wenige europäische Staaten würden vor einem Zivilisationsgerichtshof, den Mussolini gerne errichten möchte, bestehen, und die Jllustrazione Jtaliana würde sich hüten, daraus Auszüge zu veröffentlichen. rw. ling aus der barbarischen Sippe der Marder, Iltisse und Hermeline wieder ein wenig untergetaucht: sozusagen unter den Beinen des trainierten Sportsmannes durch! Ganz wohlgemut schnappt er zehn Meter auf der anderen Seite des ihn bedräuenden Zerstörers ein wenig von jener Luft, die auch sein Leben ausmacht. Da aber rauscht auch schon das Geschwader der schwerfälligeren Panzer heran. Charon , der Fährmann selbst, hält den Enterhaken in nerviger Faust. Ein Schlag—- ein Stoß dreißig Meter jetzt Weiter oberhalb tut wahrhaftig der Otter so, als Wollte er sich gerade wieder einen neuen Braten auf Kosten seines Gastlandes, dieses Mal einen ranken und schlanken Hecht, zulegen. Die Zivilisation gibt den Kampf gegen die Barbarei nicht auf. Wieder ist das Ottertier eingekreist von allen Seiten. Die Gesichter der Angreifer sind mittlerweile rot vor Jagdfieber und seemännischen Strapazen geworden. Das zwar prämiierte, aber noch nicht erlegt« Fell glänzte weit hinaus. Nur drei Sekunden. Dann ist der Feind wieder verschwunden. Zwei Kreuzer rammen sich schwer und die Kommodores beschuldigen sich gegenseitig des Vertragsbruches und der völkerrechtswidrigen Kriegsführung. Der Enterhaken Charons treibt hoffnungslos dem in der Herbstsonne glänzenden Hradschin zu. Ein Ruder ist am Basaltriff zerschellt. Der Otter schwimmt. Viermal war der Otter umzingelt und nach allen strategischen Regeln Hannibals, Wallensteins, Napoleons und GneisenauS verloren. Viermals hustete er seinen Verfolgern etwas von unten— was an den leicht und froh herauf-. steigenden Blasen auch für den Nichtfachmann nicht zu verkennen war. So endete denn schließlich der Kampf zwischen der Zivilisation gegen das Unzivilisierte mit z einem riesigen Mißerfolg der Zivilisation. Weil jede der beteiligten„Mächte"— so sagt man wohl in solchem Falle— daS Fell gerade nur für sich ergattern wollte, kriegte es keiner. Es gab keinen einheitlichen KriegSplan. Es gab nur einen sehr schwächlichen, sehr improvisierten Völkerbund... Und so entkam eben das Ottertier. Wenn es nun jetzt nach Abessinien schwämme und dem NeguS berichtete—? F. E. Roth. Italiener gegen die italienische Politik Ein erheblicher Teil der italienischen Nation— man schätzt etwa 9.5 Millionen— lebt im Ausland. Schon Jahrzehnte vor der Machtergreifung des Fascismus war das politische Leben unter den, meist proletarischen, italienischen Auswanderern äußerst rege. Mussolini selbst trat erstmals im Kreise italienischer Arbeiter in der Schweiz ins polittsche Leben. Diese, dem Einfluß des Regimes nur mittelbar(soweit sie Verwandte oder materielle Interessen zu schützen haben) unterworfenen Auslandsitaliener zeigen durchwegs kein Verständnis für die koloniale Abenteuerpolitik des Fascismus. Von New Dork bis Buenos Aires , von Brüs sel bis Tunis regt sich, seit der afrikanische Feldzug vorbereitet wird, lebhafte Opposition in den zahlreichen Organisationen der Auslandsitaliener. Die gemeinsame Gegnerschaft und die Erkenntnis, daß die Zeit des Handelns gereist ist, haben neuerdings alle proletarischen Organisationen zusammengeführt, von der Liga für Menschenrechte bis zu den Anarchisten. Ein gemeinsamer^ nti- kriegskongretz wird am 12. und 13. Oktober zusammentreten und im Namen jener, die in der Heimat zum Schweigen verurteilt sind, deren Sinn nach Arbeit und Brot, nicht nach der «Zivilisierung" Abessiniens steht, sprechen. Dieser gemeinsame Protest ist der Ausdruck allgemeiner Ablehnung der kolonial-imperialistischen Polttik Roms, des Krieges als letzten Mittels, um eine ausweglos gewordene politische wirtschaftliche Situation des herrschenden Regimes zu überbrücken. Darüber hinaus bleiben natürlich die programmatischen und grundsätzlichen Sonderheiten der beteiligten Organisation nen gewahrt. Daher ist auch die Beteiligung der Angrchisten, die im Lande nicht über Stützpunkte verfügen, und der Liga für Menschenrechte in erst r Linie von demonstrativer Bedeutung. Engeres Zusammenwirken hat sich hingegen schon vor der Initiative zu diesem Kongreß zwischen den drei sozialistischen Gruppen ergeben. Selbst die seit Jahren sektierisch abgeschlossenen maxi- malistischen Sozialisten(Balabanoff-Gruppe) haben ihren Widerstand gegen die Aktionseinheit und damit den bisher festgehaltenen Monopolanspruch auf die Unfehlbarkeit in der Interpretation des Marxismus aufgegeben und sich dem Vorbereitungskomitee des Kongresses angeschlossen. Noch ist diese Aktionseinheit der Sozialisten nur eine Allianz der drei hiswrischen Gruppen.er italienischen Arbeiterbewegung. In Italien aber reist währenddem schon, aus Erkenntnis und der Analyse der in dreizehn Jahren fascistischer Herrschaft sich ergebenden Situation, die sozialistische Einheit des Handelns von morgen. * Abessinische und andere Greuel Schwarzer Greuel ist die große Mode im Lande der schwarzen Hemden. DaS in Genf präsentierte Memorandum enthält weniger politische Argumente als abessinische Greuelberichte, um so darzutun, daß der zivilisatorische Einfluß Italiens unerläßlich sei. Die Jllustratione Jtaliana bringt, offenbar auf höhere Anweisung, einen Auszug der daS Memorandum begleitenden Bilder; Photos von Hinrichtungen, von verstümmelten Dieben und gefesselten Verbrechern. Man ist in Rom neuerdings für die Modernisierung des Strafvollzugs in— Addis Abeba äußerst eingenommen. Es läßt sich dabei nicht leugnen, daß diese Bilder europäischem Empfinden nicht durchwegs entsprechen. In Europa werden Hinrichtungen seit einiger Zeit nicht mehr öffentlich, sondern hinter Mauern vollzogen, was die Unannehmlichkeit des Gehängtwerdens aflerdings für den Betroffenen nicht mildert. Der Unterschied zwischen Abessinien unb Europa ist daher Photographisch schwer darstellbare Man hat beispielsweise seinerzeit in Köln nicht ausgenommen, wie fünf Arbeiter um ihrer politischen Gesinnung willen hintereinander geköpft wurden, wobei, wie amtlich verlautbart, bei einem eine»weitere Schneidebewegung" notwendig war; anscheinend weil der Henker sich auf seinen Dienst mit reichlich viel Alkohol vorbereitet hatte. Niemand hat es ferner photographiert, wie in stürmischen Tezembertagen 1922 in Turin der
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15 (6.10.1935) 233
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