Nr. 235

Mittwoch, 8. Oktober 1935

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Die schwangere 17jährige Geliebte ertränkt, um eine reiche Brant heimzuführen? Tr»sS-ie am Borroeihrrachtstag Dreitägiger Dchwurgerichtsproretz

^Würdelosigkeit sondergleichen", und. fährt fort:»Wir sind überzeugt, daß auch die führenden Männer unseres Staates unserer Ansicht sind und die nötigen Maßnahmen treffen, um das Ansehen und dieEhre des katholischen Staa­tes auch gegenüber untergeordneten Organen zu wahren... es handelt sich hier nicht um den Fall Marie Jeritza, sondern eshandeltsich umdas katholische Oesterrei ch." Am 14. stellt dieReichspost" fest, daß die im Umlauf befindlichenGerüchte" über eine vertragliche Verpflichtung der Oper falsch seien. Trotz diesem Machtwort aber be­ginnt nunmehr die Gegenoffensive, zuerst ganz schüchtern. Am 18. mit der Meldung, Mister Sheehan, der Gatte, habe in Unt« rach, dem Scmmersitz der Jeritza , 5000 Schilling für verschie­dene Institutionen Darunter auch das Heimat­schutzkorps und das Pfarramt) gewidmet und sei zum Danke dafür zum Ehrenbürger die­ser natürlich streng katholischen Gemeinde ernannt wor-den. Am 18. wird bekannt, daß die erste Ehe mit Herrn Popper gar nicht katholisch, sondern evangelisch vollzogen worden war. Am 17. greift in auffallender Weise die (amtliche)W iener Zeitung" ein, nennt die Affärereichlich ü b e r f l ü s s i g", da man.bei einigem Nachfragen" gleich anfangs hätte erfahren können, wie es mit dieser Ehe stehe; undmaßgebend für die Beurteilung ist doch nur die Sängerin, und da dürfte man nicht veryeffen... mancherlei Sei« st u n g e n für Oesterreich und sein Ansehen...volle Häuser bei be­sonders erhöhten Preisen usw. usw.", und überhaupt,was man in Salz­ burg toleriert, kann doch nicht i n W i e n verdammenswert sein" eine An­spielung auf Max Reinhardt , der trotz seiner be­denklichen Scheidungsaffäre auch von offiziell katholischen Kreisen gerne als Anziehungskraft verwertet wird. Das ist offenkundig die Sprache der Staatstheaterverwaltung und es hat nunmehr den Anschein, als ob mit dem FeldrufHie Reli­gion I Hie Fremdenverkehr!" ein Kampf zwi­schen den Organen des autoritären, christlichen Staates entbrennen sollte. Denn auch die Kleri­kalen geben sich noch keineswegs geschlagen. Am 17. noch erklärt das klerikale» dem Bun­deskanzler nahestehendeW e l t b l a t t", durch die Feststellung, daß die erste Ehe protestantisch war, seien die Erörterungen nurzum Teil" gegenstandslos geworden. DasVolk der Schauspieler und Künstler", das bereits vor 100 Jahren Aufnahme in die bürger­liche Gesellschaft gefunden- hcche,müßt, nun, endlich auch darangehen, sich in seinem Privatleben vollkommen den Auffaffun- gen und sittlichen Ansichten der guten bürgerlichen Gesell­schaft anzupassen". Auch dieReichs­post" bleibt unerbittlich, und als am 19. eine Erklärung der Rechtsanwälte veröffentlicht wird, di« geschiedenen Gatten hät­ten loyaler Weise alle schwebenden Fragen, auch die vermögensrechtliche Auseinandersetzung über die Auflösung der Haushalte" bereinigt, findet dieReichspost" einzig die Mitteilung über die Auflösung der Haushalte be» merkenswert. Frau Jeritza wird also in Kürze nach Amerika davonfahren und somite r- Lbrigt sich ein weiteres Ein­gehen auf die Begleitumstände dieser uner­quicklichen Angelegenheit". Also auf deutsch : man braucht sie nicht mehr hinauSzuwerfen, da sie von selbst geht. Und mm, drei Tage später, ge­schieht das große Wunder. Am 22. September verlautbart dieselbe Reichspost":Kammersängerin Marie Jeritza wird, in inniger Verbundenheit mit Oesterreich und Wien , folgenden wohltätigen Zwecken Spenden zuwenden..." und nun folgt eine ganz respektable Liste, begin­nend mit dem Herma v. Schuschnigg- Fonds, der BaterländischenFront, der Heimwehr und der Dollfuß­kapelle und endend mit dem Katholischen Jünglingsverein Josefstadt (das ist der mit der großen Trommel!) und dem Erzherzog Rainer- Deteranenverein. Summa summarum sind es 20.000 Schilling. Tags darauf wird offiziell mitgeteilt, daß Frau Jeritza am 1. Oktober in bet Staatsoper als Tosca auftreten werde und so geschieht es auch; und damit nicht genug, es wird ihr noch zuvor mit besonderer Feierlich­keit das Offizierskreuz erster Klasse des Oesterreichischen Verdienstordens iiberreilbt! Keine Rede mehr vonUnsittlichkeit", vomVerbrechen der Bigamie", vonGefähr­dung des Ansehens und der Ehre des katholischen Staates", im Gegenteil:innigste Verbunden­heit" mit Oesterreich, insbesondere mit der regie­renden klerofascistischen Sippschaft. Mit einem Scheck der Mister Sheehan hat sich die Jeritza den ganzenautori­tären, christlichen Staat auf ständischer Grund­lage" gekauft. Er hat nicht einmal viel gekostet; im ganzen zwanzigtausend Schilling, nur viermal so viel wie die kleine Gemeinde Unterach . Jetzt weiß man wenigstens, tvas der ganze Krempel wert i st. Justus K e n n t r.

Prag . Das hiesige Schwurgericht steht seit Montag im Zeichen eines großen Prozesses. In drei­tägiger Verhandlung hat sich der 25jährige Maschinenschlosser Jaroslav Iezek aus K o z i t i n bei Pribram wegen Ermordung seiner 17jährigen schwangeren Geliebten zu verantworten. Den Vor­sitz der Verhandlung führt OGR. H r u s k a, als Ankläger fungiert Staatsanwalt Dr. T r z i c k Es sind insgesamt 30 Zeugen geladen; die Verhand­lung dürfte einen äußerst dramatischen Verlauf nehmen. Dir Anklagt führt aus: Am 81. März d. I. wurde aus dem Teich Drojdäk die Leiche einerjungen Frau gezogen, deren Identität einstweilen nicht festzu­stellen war. Das Gesicht war bereits vollkommen unkenntlich, doch waren an der Nase und in der Augengegend blutige Verletzungen zu erkennen. Der Körper war rot verfärbt und auf­gedunsen. Um den Hals der Leiche war mehrfach «ine Schnur geschlungen, daran eine Windung über das Kinn lief und den Unterkiefer nach links zog. Die Enden dieser Schnur waren in einer Weise zer­fasert, die darauf hinwies, daß sie durch Reibung an einem schweren, kantigen Gegenstand durchge­scheuert wurde. Das Gesamtresultat der Leichen­beschau und nachfolgenden Obduktion war, daß die mit einem schweren Stein beschwerte Leiche mehrere Monate im Wasser gelegen hatte, bis der den Stein festhaltende Strick von den Steinkanten durch­gescheuert war und der von Verwesungsgasen auf­getriebene Körper an die Oberfläche aufstieg. In der Leich« wurde die 17jährige Marie D u ch o st festgestellt, die seit dem 23. Dezember 1934 abgängig war. Ob es sich um Mord oder Selbstmord handle,- war- einstweilen nicht festzustellen. Festgestellt wurde-dagegen, daß Marie Tuchost sich im Zustand vorgerückter Schwangerschaft befand. Die Erhebungen der Gendarmerie ergaben, daß Marie Duchost am 23. Dezember um die zweite Nachmittagsstunde von daheim weggegangen war. Die Armbanduhr der Leiche war zweiMinuten vor halb sieben stehen geblieben. Um diese Zeit hatte also düs unglückliche Mädchen den Tod gefunden. Allgemein wurde in der ganzen Umgegend der Geliebte der Dochost, der heute angeklagte Jaroflav JeZek des Mordes bezichtigt, um so mehr, als festgestellt wurde, daß er am kritischen Tag um 18 Uhr mit ihr zusammen gesehen worden war. Je- zek wurde ins Verhör genommen, leugnete jedoch auf das bestimmteste jede Schuld ab. Man führte ihn zu der Leiche. Er zeigte sich erschüttert, blieb aber bei seinen Unschuldsbeteuerungen. Nach längerem, gütigem Zureden brach er plötzlich in Tränen ans und legte ein Geständnis ab. . Er schilderte den Hergang in der. Art, daß Anna Duchost ihn am 23. Dezember um die- sechste Abend­stunde abgeholt habe. Er entledigte sich feiner Holz­pantoffeln und zog Halbschuhe an. Gleichzeitig holt« er aus der Speisekammer eine starke Zuckerschnur. Unterwegs habe das Mädchen gesagt, sie werde Selbstmord begehen, worauf er ihr vorschlug, sich gemeinsam mit ihm zu ertränken. Unter diesen Reden, seien sie zu dem Teiche gekommen. Er wollte sich mit ihr zusammenbinden, um gemeinsam mit ihr in den Teich zu springen. Sie habe aber den Mut verloren. Nun warf er sie auf den Boden, schlang ihr di« Schnur um den Hals, schlug sie mit einem Stein ins Gesicht und zog die Schlinge zu. Als sie kein Lebenszeichen mehr zeigte, habe er an die Schnur einen schweren Stein gebunden und den Körper im Teich versenkt. Ihm selbst sei dann der Mut zum Selbstmord vergangen. Widerrufenes Geständnis schwere Indizien. Als Je z e k dem Bezirksgericht eingeliefert und dort einem neuerlichen Verhör unterzogen wurde, widerrief er sein freiwillig abgelegtes Geständ­nis. Auf einmal erzählte er, daß die Duchost sich selbst die Schnur genommen und erklärt habe, sie werde sich eüvas antun. Auf Fragen nach Einzel­heiten verweigerte er die Aussage und wiederholte nur immer wieder, er wiffe, daß es schlecht um ihn stehe. Auf die Frage, wer an dem Tod der Duchost schuld sei, antwortete er:I ch b i n s ch u Id." Bei einem weiteren Verhör erklärte er sich ruhig als gänzlich unschuldig. Seine Geliebte habe, von ihm Geld verlangt, um sich die Frucht abtreiben zu lassen. Er habe ab gelehnt. Wieder bei einem anderen Verhör erklärte er, im Gegenteil er habe der Duchost z u g e r e d e t, sich das Kind nehmen, zu lassen und sei mit der Ptibramer Ge­burtsassistentin S a d i l in Verbindung getreten. Bei all diesen widersprechenden Aussagen blieb er nur in einem Punkte konsequent: Er habe mit demTod derDuchostnichts zutun gehabt. Nun ist allerdings eine ganze Reihe von Be­lastungszeugen geladen, deren Aussagen die An­nahme der Anklage stützt, daß Jaroflav Jejek sich seiner schwangeren Geliebten durch Mord entledigte,«m eine reichere Braut heimführen»« können, deren Eltern sich rrbötig gemacht hätten, ihm eine« Poften bei der Poli­zei(!) oder bei dm Prager elektrische« Unter­nehmungen z» verschaffen. Auf diese Dinge wird im Zuge des Gerichts­verfahrens zurückzukommen sein. Hier sei nur noch das Indiz angeführt, aus das sich die Anklage be­ruft: Der Teich DroZdäk wird seit dem Jahre 1895 niemalsabgelassen, weil sein Abfluß die Bergwerke in Bbezove Hory mit Wasser versieht, so daß keine Gefahr bestand, daß ein« ver­senkte Leiche in absehbarer Zeit aufgefunden wer­den könne. Nach Verlesung der 20 Seiten umfassenden Anklage folgte die Einvemahme des Angeklagtm. Jaroflav JeZek erklärte sich wieder für absolut

unschuldig und nahm keinen Anstand, die Tote in schonungslosester Art anzuschwärzen. Rach seiner jetzigen Darstellung habe sie S e I b st m o r d verübt. Als ihm der Vorsitzende vorhielt, daß nach dem Gutachten der Sachverständigen Selbstmord ausgeschlossen sei, besonders mit Rücksicht auf die über den Unterkiefer verlausend« Schling«, und ihn fragte, wer an dem Tod der Duchost sonst ein Interesse haben konnte, antwortete Jejek nach einigem Ueberlegen:Dann-glaube ich. daßsiees selb st so angelegthat, damit ich vor Gericht komme(k)" Diese Antwort kennzeichnet den Angeklagten zur Genüge, der übrigens auch sonst keinen besonders guten Eindruck macht. Er ist ein schmächtiges, mittelgroßes Bürschchen von unangenehmer Bered­samkeit. Er benahm sich äußerst zuversichtlich, die zahllosen Widersprüche in seinen bisherigen Aus­sagen vermochte er nicht aufzuklären. Das Zeugenverhör Zuerst schilderte Gendarmerieleutnant S r e j e r. dem der Angeklagte sein ursprüngliches Geständnis abgelegt, in klarster und überzeugendster Weise, wie sich dieser spontan zu dem Mord bekannte und den Hergang unter Demonstrierung allerangewendetenGriffeund Hiebe schilderte. Dieses später widerrufen« Ge­ständnis deckt sich, was die, Tötung selbst betrifft, in allen Punkten mit dem objektiven Befund. Dienstag, am zweiten Verhandlungs­tag. wurde durch mehrere Zeugen festgestellt, daß in der sechsten Abendstunde des kritischen Tages die Anna Duchost ihren Geliebten abholen kam. Er gibt das zu, behauptet aber, er habe sie nur ein Stück begleitet, worauf sie ihn verlassen habe. Jaroflav JeZek tauchte dann nach sieben Uhr abends im Dorfwirtshaus aus. Er machte nach den Aussagen einer weiteren Gruppe von Zeugen den Eindruck eines abgehetzten Menschen und war st a r k> v e r schwi tz t. Der Zeuge Ptäkek sagt aus. er habe ihn nebst einigen anderen Kameraden am Tage nach dem Verschwinden der Marie Duchost unter Tränen zugerufen:»Jungens, sagt nieman­dem, daß ich mit ihr gestern abends draußen war-" Als die erstaunten Kameraden meinten, s i e w e rd e schon zurückkommen, rief der Angeklagte aus: 1 O nein! Sir kehrt nie mrhr zurück!" Dieses unbegreifliche Verhalten gewann schwere Be­deutung. als dreiMonate später die Leich«

Abschaffung der Lebensmittelkarten in der Sowjetunion 1935 wird in der Geschichte des Sowjetstaa­tes als ein Jahr dcks wirtschaftlichen Fortschritts bezeichnet werden. Am Anfang d. I. hat die So­wjetregierung die Brotkarte abgeschafft, die im Herbst 1928 eingeführt wurde. Sechs volle Jahre dauerte es, bis in der früherenKornkammer" Europas das wichtigste Nahrungsmittel der rus­sischen Bevölkerung das Brot nicht nach Rationen,.wie in der Kriegszeit, sondern frei, nach beliebigen Mengen verabfolgt wird. Und nun ord­net die von Stalin und Molotow unterzeichnete Verfügung an, daß sämtliche Lebensmittel und vor allem Fleisch, Butter, Fisch und Zucker, ab 1. Oktober 1935 in den staatlichen und Koope­rativläden frei zum Verkauf gelangen sollen. Dadurch hat die Sowjetregierung, eine der wich­tigsten Aufgaben des zweiten Fünfjahrplanes das Kartensystem abzuschaffen und eine bessere und reichlichere Versorgung mit Lebensmitteln herbeizuführen, schon jetzt, nach der ersten Hälfte der zweiten Fünfjahrplanperiode, teilweise erfüllt. Manche Wirtschaftspolitiker erblicken merk­würdigerweise in der Abschaffung der Lebensmit­telkarte den Abbau eines großen Teiles der Plan­wirtschaft in der Sowjetunion . Diese Auffassung scheint irrig zu sein. Die Einführung der Ratio­nierung der Lebensmittel war nicht als Bestand­teil der Planwirtschaft gedacht, sondern als eine N o t m a tz n a h m e, die durch den Mangel an Lebensmitteln hervorgerufen wurde. Ebenso un­richtig ist die Behauptung, daß durch den freien Lebensmittelverkauf dem Privathandel ein wesentlich erweiterter Spielraum eingeräumt wurde. Der Anteil des Privathandels am gesam­ten Umsatz des Landes ist gering. Der Vertei­lungsapparat bleibt nach wie vor zum überwie­gendsten Teil in den Händen des S t a a t e s. Es ist daher völlig unrichtig zu behaupten, daß durch die Abschaffung der Lebensmittelkarten große Teile der Planwirtschaft abgebaut wurden. Durch den neuen Beschluß des Rates der Volkskommissare wird ab 1.Oktober ein staatlicher Einheitspreis für sämtliche Lebensmittel einge­führt. Er ist zwar bedeutend niedriger als der be­stehendeKommerzpreis", aber auch wesentlich höher als derKartenpreis". Die Sowjetregie­rung hat um die Härte der Preissteigerung aus­zugleichen, beschlossen, die Preise für Brot, Mehl, Reis und Graupen ab 1. Oktober neuerdings herabzusetzen. Es ist aber trotzdem anzunehmen, daß zunächst eine Verteuerung der Lebensmittel­kosten stattfinden wird. Die Sowjetpresse hebt allerdings folgende zwei Argumente hervor: 1. Für einen bestimmten Teil der Lebensmittel und vor allem für Fleisch und Butter hat der Sowjetkonsument ohnehin in der letzten Zeft den

MilMarbijer^ahnbftlaa i läßt sich rasch und gründlich beseitigen, wenn man etwas Chlorodont-Zahnpaste auf die trok- kene Zahnbürste drückt und damit die Zfihne nach allen Seiten, auch auf den Käuflichen, bürstet. So kommt der natürliche Elfenbeinglanz der Zähne wieder zum Vorschein und ein herr­liches Gefühl der Frische und Sauberkeit bleibt ftn Munde zurück. Tube Kc 4'.'

aus dem Teich gezogen wurde. Schwer ins Gewicht fällt auch die Aussage einer Frau Jindrich, der sich die Duchost mit ihrer Schwangerschaft anvertraute und bat. sie zu einer Hebamme zu führen, um das Kind zu beseitigen. Das arme Mädchen sei ganz ver­zweifelt gewesen und habe ihr aesagt daß Jeiftk kategorisch verlangt habe, das Kind zu beseitig««, sanft werde er sie aus der Welt- schäften. Diese Aussage erregte starkes Aufsehen undß veranlaßte den Angeklagten zu heftiger. Protesten. Diese und mehrere andere belastende Indizien ähn­licher Art in Verbindung mit dem ursprünglichen Geständnis des Angeklagten, wiegen freilich nicht leicht. Er bemühte sich indessen, auf jedes belastende Vorbringen eine Antwort zu ftnden. Als ihm der Vorsitzende z. B. sein Geständnis vorhielt, erwiderte er, er habe sich bloßaus Depression" schul­dig bekannt/ al» er an die entstellte Leiche seiner Geliebten geführt wurde. Marie Sejnoha, die Jeiiek zu heiraten beabsich­tigte, sagte im Sinne der Anklage aus. u. a. auch, daß sie bereit war, für-die Alimente für das zu er­wartende Kind der Duchost aufzukommen. Zwei Elternpaare sagen ans Als Zeugen erschienen weiter die Eltern des toten Mädchens und die des AngeAagten vor den Geschworenen. Ein starker Kontrast! Die Eltern der Toten ein Bergarbeiterehepaar. noch nicht vierzig Jahre, aber vorzeitig gealterte und abge­rackerte Leute. Sie haben da? Verhältnis ihrer Tochter mit dem Angeklagten nicht aern gesehen und der Vater hat. als er davon erfuhr, dem damals 16jährigen Mädel ein« Tracht Prügel verabreicht. Leider halfen alle Verbote und Vorstellungen nichts. Die Mutter der Toten brach vor dem Gericht in fassungsloses Schluchzen aus. Und auch di« Begegnung der Mutter des Angeklagten mit ihrem a"f der Anflagebank fitzenden Sohn wurde zu einer erschütternden Szene. Begreiflich, daß die Eltern des Ange­klagten ihren Sohn nicht belasteten, ebensowenig wie dessen gleichfalls als Zeugen geladene Brüder. Der dritte und letzte Prozeßtag wird von den Plädoyers, dem Resümee und der Urteilsfällung ausgefüllt sein. Das Urtefl wird in den Mendstun- den erwartet- rb.

hohenKommerzpreis" gezahlt. Durch die neue Herabsetzung des Kommerzpreises wird das Bud-^ get der Arbeiterschaft nicht belastet, sondern eher zum Teil entlastet.(Anm. das mag zum Teil stimmen, weil in den sogenanntengeschlossenen Läden" das rationierte Fleisch oder Fett sehr un­regelmäßig verteilt wurde. Red.). 2. Die Her­absetzung desKommerzpreiseS" wird eine Sen­kung der Preise auf dem Bauernmarkt herbei­führen. Diese Argumentation scheint uns nur zum Teil richtig zu sein, weil sie die niedrig bezahlten Teile der Arbeiterschaft, die die hohen Kommerz­preise nicht zahlen konnten, außer Acht läßt. Für die Frage der Preissenkung und dadurch verbun­denen Hebung des Lebensstandards ist ein anderer Faktor von entscheidender Bedeutung: die S t e i» gerüng der landwirtschaftlichen Produktion. Wird die russische Landwirt­schaft mehr Getreide, mehr Fleisch, mehr Zucker usw. liefern, so werden naturgemäß auch die Preise sinken müssen, um so mehr als die Preisregelung zum überwiegendsten Teil, wie ge­sagt, in den Händen des Staates und nicht des Privathandels, liegt. So weit die Verhältnisse heute sind, scheinen alle Bedingungen für den Aufschwung der Landwirtschaft tatsächlich gegeben zu sein, wie die Nachrichten über die große Ernte und über die Steigerung der Viehzucht es zeigen.

»Plan der Arbeit" in Frankreich Auf dem Gewerkschaftskongreß der G: G. T. sagte Leon Jouhauxin in seinem Referat über den Plan der Arbeit u. a. der Plan bestehe aus zwei Teilen: Einerseits unmittelbare Maßnah­men gegen die Krise, anderseits Vorschläge zum Umbau der Wirtschastsordnung, beide Teile seien eng verbunden. Die unmittelbaren Maßnahmen enthalten eine Stellungnahme gegen die Abbau­politik und für die Erhaltung der Massenkauf- krast, ein großes Arbeitsbeschaffungsprogramm unter stabiler Währungspolitik; der zweite Teil lege das Hauptgewicht auf die Nationalisierung des Kredites und gewifferJndustriezweige.Heute gibt es, sagte Jouhaux, unter allen Regierungen keine einzige, die nicht direkt oder indirekt nach der Richtung einer organisierten, einer planmä­ßigen Wirtschaft orientiert wäre. Nun hat man bisher organisiert die Verteidigung von Sonder­interessen und nicht die Befriedigung der Allge- meinintereffen. Es sei nicht möglich, die gesamte französische Wirtschaft zu nationalisieren, deshalb müssen die Schlüsselindustrien(Rohstoffgewin- ung, Schwerindustrie, Verkehr) genügen, in Ver­bindung mit der Kreditwirtschaft. DicS ermög­liche bereits ein geschlossenes System mit höchst­möglichen Garantien und Resultaten.

VolKswlrtsdiaM und Sozlalpollflh