1ENTRALORGANDER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEIIN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIKERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRÜH. Redaktion und Verwaltung präg xn„ fochova 62. Telefon 53077.HERAUSGEBER; SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR: WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG.EhaifynuTOlWtor(«intchnefilich 5 H«ll»r Port»}15. JahrgangMittwoch, 16. Oktober 1935Nr. 241Vie Internationaleund die Einheit der ArbeiterklasseDie Resolution der Brüsseler TagungIn Verbindung mit einer gemeinsamenKonferenz mit dem Vorstand des InternationalenGewerkschafts-Bundes hat am 11. und 12. Oktober in Brüssel eine Sitzung der Exekutive derSozialistischen Arbeiter-Internationale stattgefunden. Den Vorsitz führte L. de B r o u ck e r e,vertreten waren die meisten der der Internationale angehörenden Länder, darunter die sozialdemokratischen Parteien der Tschechoslowakeidurch die Genossen S o u kup, Stivin undSchäfer.Die Exekutive prüfte zuerst die Fragen,welche den Gegenstand der gemeinsamen Beratungen mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund bilden sollten. Aus der Debatte ging hervor, daß alle Anwesenden darin eiyig waren, zuverlangen, daß der Völkerbund so rasch als möglich geeignete Sanktionen ergreife, um in Afrikaden Frieden herzustellen.Die beiden anderen Punkte der Tagesordnung,„Aktion gegen den Krieg" und TelegramniProtektoratüber die Randgebiete?Abessinischer Hafen für Italienunannehmbar91 o m. In den zuständigen italienischen Kreisen ist man der Ansicht» daß ein Vorschlag, derdie Konflikte zwischen Inner-Abessinienund den Randprovinzen berücksichtigt,die unter italienische Oberhoheit gestellt würden,eine annehmbare Diskussionsgrundlage bildenkönnen. Es besteht jedoch die Befürchtung, daßEngland an dem Vorschläge Edens, der Abessinien den Zutritt zum Meere verschaffen will, festhalten werde. In diesem Falle wären die Aus-Addis Abeba. Die Mobilisierung der abessinischen Armeen ist beendet. Große Truppenkontingente haben die ihnen vorgeschriebenen Stellungen bezogen und werden in die schonbestehenden Frontformationen einge-gliedert. Sämtliche Vorbereitungen fürden abessinischen Gegenangriff,bzw. Angriff sind getroffen. Der abessinische Angriff wird wahrscheinlich zuBeginn der nächsten Wocheerfolgen.Der abessinische Kaiser soll die Absicht-haben,binnen kurzem sich persönlich an die Spitze derArmee im Gebiet von Ogaden zu stellen. DieseArmee soll jetzt-schon.gegen 160.000 MannZählen. In der Umgebung von Addis Abeba lieber Kommunistischen Internationale wurden gemeinsam behandelt.Nach einer längeren Diskussion wurde folgende Resolution angenommen:„In der gemeinsamen Konferenz vom 12. Oktober hat die Exekutive der Sozialistischen Arbeiter-Internationale in voller Uebereinstimmung mit demInternationalen Gewerkschaftsbund eine Reihe vonMaßnahmen beschlossen, die dahin zielen, mit Erfolg gegen den Angriff des italienischen FaseiSmnSin Abessinien und gegen die Kriegsgefahr in Europazu kämpfen.Tas Sekretariat der S.A.J. wird beauftragt,über die Ergebnisse der gemeinsamen Konferenz mitdem J.G.B. die Kommunistische Internationale zuunterrichten-Was die Einladung der Kommnnistischen Internationale z» einer Zusammenkunft mit vier vonihr bestimmten Delegierten betrifft, haben die sozialistischen Parteien Großbritanniens, der Niederlande, Schwedens, Dänemarks und der Tschcchoflo-sichten auf eine Einigung erheblich in die Fernegerückt.London verhandeltnur via GenfLondon, s Neu ter.) An britischen amtlichen Stellen ist über irgendwelche Friedensvov-schläge weder seitens Mussolinis noch seitens Lavals etwas bekannt. Soweit in London bekanntist, wurde kein derartiger Vorschlag gemacht,noch ein solcher gefordert. Die Unterredung Lavals mit dem britischen Botschafter, die am Montag in Paris stattfand, galt nur verschiedenenFragen der gegenwärtigen Lage. Man betont,daß jeder Friedensvorschlag dem Völkerbund unterbreitet werden müsse.gen etwa 50.000 Mann in Zeltlagern als zweiteReserve.Die italienische Armee geht an der Ogaden-Front in einer Breite von 50 Kilometern vor undhat außer zahlreichen Flugzeugen 250 Tanks inder Vorhut. Ein Teil dieser Armee im Gebietevon Ual-llal soll die Aufgabe erhalten haben, sichnach Norden in der Richtung gegenBriti sch-Somali vorzuschieben, um dort dir Karawan-nen ans den britischen Kolonien, die an Abessinien Waffen und Munition liefern sollten, abzufangen.An der Ogaden-Front sind italienischeFlugzeuge zwischen den Städten Adola undButo ununterbrochen in Tätigkeit. Ein italienischer Bericht besagt, daß die Italiener diese Dörfer nicht bombardieren, sondern sie nur mit Flugzetteln,, in welchen die italienische Zivilisationgerühmt wird, bewerfen. Dem gegenüber erklä-wakischen Republik sich dahin entschieden, daß sienicht die Annahme dieser Einladung billige« können und daß einesteils wegen der Zusammensetzungder Vertretung der Kommunistischen Internationaleund andererseits, weil sie jede gemeinsame Aktionmit der kommunistischen Partei ihres Landes undjede gemeinsame Aktion der beiden Internationalenablehnen.Da die Exekutive der S.A.J. Rücksicht nehmenmaß auf die Meinung dieser großen Parteien derArbeiterklasse, kann sie die Einladung der Kommunistischen Internationale nicht annehmen.Aber die Exekutive der S.A.J. will alle ihreKräfte einsetzen, damit alle wirksamen Aktionen gegen den Krieg und gegen die Hetzer deS fascistischenKrieges konzentriert werden. Deswegen hält sie esfür selbstverständlich, daß der Präsident und seinSekretär das Recht haben, in Ausübung ihrer Funktionen informative Zusammenkünfte, welche sie fürnützlich erachten, mit den Personen und Repräsentanten der Organisationen der internationalen Arbeiterklasse und anderer Organisationen, welche eineAktion gegen den Krieg führen, zu haben. Da aberdie Entscheidung der Exekutive der S.A.J. vom17. November 1834 Geltung hat, welche Entscheidung allen angeschlossenen Parteien die Freiheitgibt, selbst zu entscheiden, ob sie eine gemeinsameAktion mit der kommunistischen Partei ihres Landes unternehmen»der nicht, ist es offenbar, daß,für-die obengenannten Parteien nicht die Verpflichtung besteht, gemeinsame Aktionen mit der kom-mnnistischen Partei ihrer Länder zu unternehmen."ren die englischen Kriegsberichterstatter, daß dieGesamtverluste an dieser Front 10.000 Personenbetragen. Die Italiener sollen 350 Bombenaus Flugzeugen abgeworfen haben. Eineranderen Meldung zufolge sollen auch Giftgase angewendet worden sein.Vsmpker gestoppt*Dschibuti.(Stefan!.) Der italienischeTorpedobootzerstörer„T u r b i l l o" hielt i nden französischen Gewässerneinen Dampfer mit einer Maschinengewehrladungfür die abessinische Armee an.Fluszeus über der EisenbahnAddis Abeba. Ein italienisches Beobach-tugsflugzeug überflog die Eisenbahnlinie nachAddis Abeba bei der Station Errer, ohne Bomben abzuwerfen. Zwei weitere Flieger warfenBomben über Ambaalaja, das südlich von Makalefast 200 Kilometer tief in abessinischem Gebieteliegt, ab, ohne Schaden anzurichten.Paris. Die Abendblätter melden aus Dschibuti, daß abessinische Abteilungen nördlich vonFranzösisch-Somaliland in Italienisch Eritreaeingedrungen sind. Eine Abteilung italienischerTruppen, die mehrere tausend Mann zählt und diebereits vom Berg Muffa Ali auf abessinischesGebiet vorgedrungen war, sei dadurch in derWüste von der übrigen Armee abgeschnitten.Die abessinischen Abteilungen sollen denFluß M a r e b überschritten haben und nunmehrin der Richtung gegen Berentona ziehen.Sie werden von eritreischen Flüchtlingen geführt.Nach Harrar und Diredaua sollen zahlreicheabessinische Soldaten gebracht worden sein, diegrößtenteils gasvergiftet waren.Die Italiener melden, daß in G o d j a mein gegen den dortigen Gouverneur gerichteterAufstand ausgebrochen sei. Ueberläufer behaupten,daß die Aufständischen in Godjam die HilfeItaliens erwarten, um sich an Ras Hailu rächenzu können.Godscham liegt südlich des bekannten Tanasees.Auch Aksum besetztRom. Amtlich wird gemeldet, daß die italienischen- Truppen Dienstag früh Aksum besetzthaben.Der Kriegsberichterstatter des„Echo deParis" meldet, der Kaiser von Abessinien habegeweint,"als er von der Uebergabe der heiligen Stadt Aksum in Kenntnis gesetzt wurde. Erließ, sodann den kirchlichen Hauptvorstand Abunazu sich rufen und befahl ihm, d e n„h e i-li e n Kr ie g" z u erklären und eine möglichst große Armee zu konzentrieren, um sichwiederum der Stadt zu bemächtigen. Abuna solldiesbezügliche Aufrufe im ganzen Lande versandthaben.Späte Einkehr,halbe Einkehr...Die Schwenkungder Christlichsozialen vomSelbstmord zur PolitikDer christlichsoziale Parteitag hat das überreife Führerproblem dieser Partei aufgerollt. Ober, es gelöst hat, als er den Altadeligen StolbergI an Stelle Hilgenreiners zum Partei-Obmann| wählte, bleibt abzuwarten. Immerhin scheint derPersonenwechsel der Anfang eines Richtungswechsels zu sein, der für die Christlichsozialen freilicheine Lebensfrage geworden ist. Denn ihre bisherige Politik war die des bewußten Selbstmordes^Dckß unter der neuen Führung versucht wird,einen neuen Kurs zu steuern, ging schon auseinem Artikel der„Deutschen Presse"vom Sonntag hervor, in dem das katholische Blattzum erstenmal sehr entschieden gegen das hitle-rische Neuheidentum Stellung nimmt. Deutlicherwird die beabsichtigte Schwenkung aus einerRede, die der Abgeordnete Dr. Mayr-Har-t i n g Sonntag auf dem Kreisparteitag derChristlichsozialen in Karlsbad gehalten hat.Mayr-Harting geht von der Niederlage am18. Mai aus, die er ohne Vorbehalte zugibt undauf eine Reihe von Fehlern und Mängeln derchristlichsozialen Politik zurückführt. Er sprichtvon einem Mangels an Organisation, erhebt gegendie Kirche den Vorwurf, die Partei nicht genügend unterstützt zu haben, und nennt endlich dieSkrupellosigkeit der Agitation Henleins, dazuauch die neuen Formen dieser Propaganda alsUrsachen der christuchsozialen Niederlage.Dann wandte sich Mayr-Harting der Politik seiner Partei zu und sagte über die wichtigsteund durch die Praxis vielfach bereits verneinteFrage einer politischen Selbständigkeit der Christlichsozialen u. a. folgendes:Was soll werden? Wir wollen unabhängigund selbständig bleiben, das hat bereits derReichsparteitag gesagt. Ich möchte sagen: wirmüssen selbständig bleiben aus kulturellen, sozialen und nationalen Gründen. Mitdem Sturz des Zentrumsturmes in Deutschlandhat auch das Leiden.des Katholizismus in Deutschland begonnen. Die Christlichsoziale Volkspartei istauch das Gegengewicht gegen die so-zialeReaktion- Der christliche Sozialismus ist aber auch ein Gegengewicht gegeneinen marxistischen Linksblock.Unentbehrlich sind wir auch als nationale Partei.Denn ruhige Ueberlegung bringt zur Ueberzeu-gung, daß eine sudeiendeutsche Einheitsparteiunserem Volke kein Heil bringen könnte. Daß eineParteimehrheit bisher keine bemerkenswerten Erfolge erringen konnte, bedeutet noch nicht, daß eineEinheitspartei mehr Erfolge erringen würde.Das ist mindestens eine halbe Erkenntnis.Der alte Fluch christlichsozialer Politik, daß siedoch immer wieder mit dem Antimarxis-m u s kokettiert, daß ihr die Bildung eines anti-marxistjschen Rechtsblocks ebensosehr am Herzenliegt- wie auf der andern Seite eine gewisse Selbständigkeit gegenüber der Reaktion, die auch ihreGefolgschaft und— wie jetzt in Deutschland—die Gewissensfreiheit der Katholiken wie der Mar-xisten.bedroht, djxse alte Halbheit findet sich allerdings auch in Mahr-Hartings Formulierung.Das Gegengewicht gegen den maristischen Linksblock haben die katholischen Parteien in der Tschechoslowakei sicher oft gebildet, indem sie sich, amdeutlichsten 1826-29, bedingungslos der Rechtenverschrieben, aber diese Politik hat den Volks-massen und sie hat den katholischen Parteien nurSchaden gebracht. Sie hat ihnen die Handlungsfreiheit beschränkt und heute liegt es klar zutage,daß die katholischen Parteien in einem schwerenSelbstbehauptungskampf stehen, in dem sie nichtwie früher jederzeit frei für links oder für rechtsoptieren können. Wollen die Christlichsozialen sichdes Totalitätsanspruchs der Henleinpartei erwehren, dann bleibt ihnen nur übrig, das zu tun,was die bewußt katholischen und katholisch-aktiven Kräfte Deutschlands bereits getan haben rauf die einst vorteilhafte„Zentrumsstellung", diePolitik der zwei Eisen im Feller, zu verzichtenIund sich eindeutig auf die Seite dervomKapitalismusundFascismusunterdrückten und ausgebeute.tenMassen zu stellen, die weltanschauliche Entscheidung aber, die zwischen der Linken und demLetzte VermittlungsaktionMussolini soll neue Vorschläge machen LavalsParis. Die wichtigen Unterredungen, welche Ministerpräsident Laval Montag abendsmit dem päpstlichen Nuntius und mit dem italienische» sowie dem englischen Botschafter hatte,betrafen einerseits die Geltendmachung der Sanktionen, andererseits dieneurnFriedens-bemühnngen Lavals.Dieser soll in den britischen Botschafter gedrungen haben, daß die britische Regierung dieanti-italienischen Sanktionen zumindest im Anfang in schwacher Weise durchführe, während ervon dem italienischen Botschafter verlangte, daß Mussolini Vorschläge zur Einstellung der Feindseligkeiten mache, welche England und Frankreich ernstlich in Erwägung ziehen könnten.„L'Oeuvre" bemerkt, daß in der Umgebung Lavals nicht verhehlt wird, daß das Scheiterndieser letzten friedlichen Bemühungen Lavals zur Folge hätte, daß Frankreich sich für eine unverzügliche und sehr strenge Durchführung der Sanktionen einsetzen würde. Die nächsten Tagewerden demnach entscheidend sein.Abessinien kündigt Offensive anVie Mobilmachung der Armee beendet