Nr. 241 Mittwoch, 16. Oktober 1935 Seite 5 Das Reichs-Mordlager Dachau I. SS am Werk Ein großer Autobus mit vergitterten Fenstern, dorne und hinten je zwei bis an die Zähne bewaffnete Ts-Leut«, hält vor dem Eingangstor zum Konzentrationslager. Kreischend öffnen sich die schweren eisernen Flügel, der Wagen fährt an der SS- Wache vorbei langsam vor die Kommandantur. Der Posten schließt das Tor. „Rrrausss!" brüllt der Transportführer und heraus klettern 28 bleiche Gestalten, ausgemergelte Proletariertypen, schlecht verhehlt« Angst und Verzweiflung in den verfallenen Gesichtern. Die meisten haben blau geschlagene Augen, einem läuft fortwährend Blut aus dem Mund, der ganz verschwollen und zerschlagen ist; er hat einen doppelten Kieferbruch. Zwei ältere Arbeiter in blauen Leinwandhosen, wie sie Schlosser und Maschinisten tragen, können sich kaum auf den Beinen halten; sie haben die letzte Nacht auf der Stabswache im.Braunen Hause" veÄracht, wo sie vier Stunden lang ununterbrochen geprügelt wurden. Unter Flüchen, Drohungen und Rippenstößen wird.angetreten". „Stillgestanden!" kommandiert der SS-Schar» sichrer, der den Transport bringt, dann geht er in die Kommandantur und meldet die Ankunft von 28 Neuzugängen aus der Ettstraße(Polizeidirektion München). Nach Uebergabe der Papiere kommt er wieder heraus und wartet. Der-,jour"-habende Kompagnieführer SS - Obertruppführer D a m b a ch erscheint auf der Bildfläche; ein eitler, lächerlich eingebildeter Tropf, brutal und feig zugleich, mit einem pathologischen Geltungsbedürfnis, das an Größenwahn grenzt. Verächtlich mustert er die.Neuen", stellt sich dann zu dem Transportführer und läßt sich erzählen, was es beim.Polizeisturm" Neues gibt. Tambach, der Lagerverwalter SS -Obertruppführer Lutz und der Kammerverwalter SS-Obertruppführer S ch w ä g- le r bilden das sogenannte„Memminger Kleeblatt"; alle drei sind gelehrige Schüler des Lagerkommandanten SS-Gruppenführer Eicke, der einige Monate später, am 30. Juni 1934, mit dem Zigarrenstummel im Maul die Massenerschießungen in Dachau leitete. Einer der beiden Arbeiter in blauen Hosen— sie stehen beide am rechten Flügel— fängt plötzlich an zu wanken. Krampfhaft hält er sich an seinem Nebenmann fest, er wird wachsgelb im Gesicht und kämpft verzweifelt gegen einen Schwächeanfull. Dambach, der die Bewegung bemerkt hat, kriegt einen roten Kopf. ,Stillgestanden I" schreit er herüber und stürzt sich wie ein tollgewordenes Tier auf den Taumelnden^Mit,.?in?Nf.OMhafen.schlägt er ihn zu Boden, ein- Tritt mit dem schweren SS.-Stiefes in die Leistengegend läßt ihn furchtbar aufschreien. .Hund verreckter!" brüllt Dambach,»schtehste Nit auf!" und schlägt und tritt mit seinen Stiefeln auf den Wehrlosen ein, der schon beim dritten Schlag kein Lebenszeichen mehr von sich gibt. Entsetzt wollen die andern zurückweichen, aber sie steigern dadurch nur die Wut des Rasenden. ..Stillgestanden l Ihr Schweinehunde, ihr drek- kigen l" brüllt er mit überschnappender Stimme und schon hageln Kinnhaken, Fußtritte und Faustschläge auf die Unglücklichen nieder^ Die..Gleichschaltung" hat begonnen.... Nach etwa einer Viertelstunde kommt aus der Kommandantur ein fast weißhaariger, gedrungener Zivilist mit einem glatten Bulldoggenqesicht: Oberinspektor Mutzbauer von der politischen Polizei in München , der politische Leiter des Konzentrationslagers Dachau . Er trägt'einen gelblich-weißen Staubmantel und kommt sich wahrscheinlich sehr vornehm darin vor. Unter der Tür bleibt er stehen und liest in den Akten der Neuen. Dambach und der Transportführer nehmen Haltung an und grüßen mit erhobenem, rechtem Arm„Heil Hitler!". Der Herr politische Leiter nickt gnädig mit dem Kopf, guckt eine Weile in den blauen Himmel, putzt seine Brille und geht dann würdevoll die Treppe herunter zu den Neuen; Dambach und der Transportführer einen Schritt hinter ihm. Vor dem wie tot daliegenden Arbeiter bleibt der Polizeioberinspektor stehen, bückt sich und schaut ihm ins Gesicht. .Wie boaßt denn der?" fragt er. Niemqnd weiß es. Dann stößt er den Leblosen leicht mit dem Fuß an und meint gemütlich:„Hehl Sie! Wie ham mir's denn? Ham'S bald auSg'schlafn?" Kein« Bewegung verrät, daß noch Leben in der Gestalt ist. .Jo, jo, di« starke Dachauer Luft hat scho manchen umq'schmisi'n!" Die beiden SS-Helden lachen pflichtschuldigst über den Witz des Herrn Vertreters der politischen Polizei. Eben will Mutzbauer weitergehen. als eine neue Persönlichkeit erscheint: SS- Obersturmbannführer Lippert, zweiter Kommandant des Konzentrationslagers Dachau , Kommandant der Wachtruppe. Er gibt sich gern als früherer Kovallerieoffizier und geht daher immer elegant gebügelt. geschniegelt und parfümiert; er ist aber bloß eitz früherer Wachtmeister aus Regensburg , der einige Zeit erfolglos bei der Lapo(Landespolizei) gedient bat. Der Wachtposten vor der Kommandantur präsentiert sein Gewehr, Mutzbauer hebt den rechten Arm, Dambach und der Transportführer stehen stramm:„Heil Hitler !" .WaS ist denn hier los?" fragt er, auf den am Boden Liegenden zeigend. „Der kann's Dachauer Klima net vertrag'n" antwortet Mutzbauer und dann flüstern beide eine Meile miteinander.„Lassen Sie den Mann ins DS-Revier tragen!" ordnet Lippert an;„Jawohl" und Dambach geht ab. Mutzbauer verliest die Liste der Neuen; jeder muß mit„Hier!" antworten. ...Warum such Sie hier?" fragt Mutzbauer einen etwas bester Gekleideten. „Ich weiß es nicht, Herr Doktor" antwortet der Gefangene, der den Frager im gelblich-weißen Staubmantel für den Arzt hält. Mutzbauer und Lippert schauen einander bedeutungsvoll an und lesen eine Weile in den Uebergabspapieren. Lippert dreht sich um, Dambach kommt gerade aus dem SS -Revier zurück; hinter ihm zwei SS -Sanitäter mit einer Tragbahre. „Obertruppführer" ruft Lippert,„der Kerl da weiß nicht, warum er hier ist, bringen Sie's ihm eben mal bei! Verstanden?"—„Zu Befehl, Herr Obersturmbannführer I" Die Sanitäter heben den am Boden Liegenden auf die Bahre; man hört ein leises Röcheln. Der rechte Unterarm ist ihm gebrochen und hängt unnatürlich verdreht von der Tragbahre herunter Zwischen Weste und Hose ist ein Stück blutiges Hemd zu sehen, auf der Stelle, wo er lag, ist eine Blutlache. Dambach nimmt sich sein neues Opfer vor. „So, Sie wissen nicht, warum Sie da sind? Ha?" fragt er, hinterhältig grinsend. .Herr Wachtmeister", stottert der Gefangene vor Angst,„mich ham's— ich bin— mir ham's nij gesagt, Herr Wachtmeister." Ein Faustschlag ins Gesicht ist Dambachs Antwort. Der Gefangene taumelt nach rückwärts.„ Stillgestanden I" brüllt Dambach, ein Kinnhaken mit der Rechten folgt; der Gefangene fällt auf seinen Nebenmann. Aus Nase und Mund läuft ihm das Blut; auch Dambachs Hand ist blutig. „Na, Pürschle, ist dir'S schon eing'falle, warum du in Dachau bischt? Ha?" Der. Gefangene spürt daS Blut im Mund, vielleicht hat er auch eingeschlagene Zähne oder einen Kieferbruch, er bringt nur unartikulierte Laute hervor und starrt angstvoll zitternd in Dambachs Gesicht. „Der Kerl", erklärt Mutzbauer entrüstet,„hat den Reichsminister und Stabschef Röhm in der gemeinsten Weise beleidigt. Früher, hat er öffentlich im WirtShauS gesagt, bat man einen guten Kopf haben müssen, jetzt tut's auch ein guter A...!" „Sofort in den Arrest mit dem Schwein!" brüllt Lippert und tritt drohend dicht vor den Gefangenen, der bittend die Hände hebt. In diesem Augenblick jedoch kommt von der Wache ein Laufposten, klappt vor Lippert die Haken zusammen und will eine Mel- dung^ erstatten. Lippert tritt wst ihnt-etwas zur Seite. Mutzbauer, der gerade mit- dem Berlefen fortfahren will, wird. mit den Worten„Besuch kommt" von Lippert unterbrochen und Dambach erhält den Befehl:.Ab mit den Kerls ins Lager!" „Zu Befehl, Herr Obersturmbannführer!"— „Achtung!" kommandiert Dambach,„Abteilung rechts um! Im Gleichschritt— marsch!" Die Neuen marschieren ab. Die SS -Sanitäter verschwinden mit der Tragbahre ins Revier, der Laufpoften scharrt die Blutlache mit Kies zu und die' zwölf Herren, die gleich darauf in Begleitung de? Lagerkommandanten SS- Gruppenführer Ticke ankommen, sehen nur einen mit weißem Kies tadellos bestreuten Platz, ein Schlageter-Denkmal, ein Blumenbeet und vor allem die riesige Hakenkreuzfahne am Fahnenmast vor der Kommandantur. Der Posten präsentiert stramm das Gewehr SS-Obersturmbannführer Lippert und Polizeiober- inspcktor Mutzbauer steben in vorgeschriebener Haltung mit erhobenem rechten Arm und grüßen„Heil Hitler !".. WL GW» WeißeZähhe^niQrodontf „Heil Hitler !" danken die Gäste, man stellt sich vor, reicht einander die Hände und geht in die Kantine. SS als Erzieher „Im Konzentrationslager Dachau soll der irregeführte deutsche Arbeiter wieder zu einem nützlichen Mitglied der deutschen Volksgemeinschaft erzogen werden. Wer aber den jüdisch-marxistischen Jrrleh> ren nicht entsagen kann und die Absicht hat, auch weiterhin staats- und volksfeindliche Hetzerei zu treiben, hat im Konzentrationslager Dachau Gelegenheit, für seine Ueberzeugung zu sterben." Dieser Satz steht in der Einleitung zur Lagerordnung des berüchtigten Mordlagers Dachau , jener Lagerordnung, die kurz vor dem Eintreffen der englischen Frontkämpferdelegation(deren Führer sich bekanntlich über Dachau so lobend ausgesprochen hat) plötzlich eingezogen wurde, nachdem sie seit 1933 in allen 80 Korporalschaften des Lagers ausgehängt war. Zwei Jahre lang hat di« Dachauer SS aut Grund dieser Lagerordnung wehrlosen Gefangenen die Schädel eingeschlagen, hat ihnen die Rippen und Nieren eingetreten, sie zu zuckenden, blutigen Fleischklumpen geprügelt und sie schließlich im Dunkelarrest verhungern lasten, um sie„wieder zu einem nützlichen Glied, der deutschen Volksgemeinschaft zu er-, ziehen". „25 Hiebe auf das Gesäß und 14 Tage strenger Arrest",„sechs Wochen strenger Arrest und je 25 Hiebe auf das Gesäß am ersten und letzten Tage der Strafe" waren die durchschnittlichen Strafen für „Drücken von der Arbeit",„Belügen eines Vorgesetzten",„Nichteinhaltung der Lagerördnung" usw Wer sich krank meldete, vom SS -Arzt aber als arbeitsfähig erklärt wurde, hatte sich„von der Arbeit gedrückt" und wurde dementsprechend bestraft. Wer nach dem Kommando„Stillgestanden" noch einen Finger rührte und auf di« Frage des SS-Kom- pagnieführers, ob er den Befehl ausgeführt habe mit„Jowohl" antwortete, hatte seinen Vorgesetzten belogen und bekam Prügel und Arrest.„Sauhund, dreckiger!",„Sausud, stinkiger!",„Drecksau!" waren die gebräuchlichsten Redewendungen, mit denen der SS-Mann die Gefangenen titulierte, inn „den irregeführten deutschen Arbeiter wieder zu einem nützlichen Mitglied der deutschen Volksgemeinschaft zu erziehen". „Wer einen SS-Mann angreift, wird erschossen!" Am 2. Juli 1934, zwei Tage nach der deut schen Bartholomäusnacht(drei Nächte und zwei Tage dauerte in Dachau das Morden), hatten zirka tau- seuv Gefangene des Konzentrationslagers Dachau . Gelegenheit, einen solchen'Fall praktisch kennen zu lernen.'" Um 10 Uhr vormittags ging, bei herrlichstem Sonnenschein, ein Gefangener der 8. Kompagnie zum diensthabenden Kompagnieführer SS-Scharführer Spatzenegger ans Tor(etwa 50 Schritte von den Baracken entfernt) und bettelte ihn nm eine Zigarette an. Der Gefangene war ein geistig minderwertiger Mensch, ein Halbidiot, und allen SS - Leuten und Gefangenen als solcher bekannt. Der Kompagnieführer wies ibn ab und drehte sich zur Seite. Der Gefangene bettelte weiter und, um die Aufmerksamkeit des KompagnieführerS wieder auf sich zu lenken, berührte er besten linken Arm. Der SS-Scharführer Spaheneg- ger aus Traun st ein inBayern erklärte sich hierauf als tätlich angegriffen, zog die Pistol « und schoß den armen, harmlosen Halbjdioten über den Haufen! „Wer einen SS-Mann angreift, wird erschossen!" Das Zuckerjahr 1934-35 Inländischer Zuckerverbrauch«eiter rückgängig— Zuckerexport steigt Das am 30. September abgeschlossene Zuk- kerjahr 1934/35 hat der tschechoslowakischen Zuk- kerindustrie eine höhere Produktion und auch eine Steigerung derAusfuhr gebracht. Der Zuckerverbrauch im Inland zeigt dagegen eine weitere Abnahme, obwohl bisher schon die Tschechoslowa kei im Zuckerverbrauch je Kopf der Bevölkerung beträchtlich hinter anderen Staaten zurückbleibt. Die Produktion im Rohzuckerwert entwik- kelte sich in den letzten fünf Jahren wie folgt: 1930/31... 1,141.807 Tonnen 1931/32... 802.000 Tonnen 1932/33... 627.569 Tonnen 1933/34... 515.766 Tonnen 1934/35.,, 636.170 Tonnen Diese Daten der reinen Zückererzeugunz zeigen, daß nach dem Rückgang der Produktion in den letzten Jahren im Zuckerjahre 1934/35«ine Erhöhung zu verzeichnen ist, die gegenüber§em Vorjahre mehr als 23 Prozent beträgt. Die Zuk- kerproduktion ist damit auch höher als die des Jahres 1932/33. Das letzte Jahr brachte auch eine gute Rübenernte. Es wurden 3,775.287 Tonnen Zuckerrüben geerntet, während das voraufgegangene Jahr nur 2,810.745 Tonnen erbracht hatte. Der Ertrag pro Hektar stieg in der gleichen Zeit von 20.2 Tonnen auf 26.1 Tonnen. Bon der Rohzuckererzeugung wurden von den inländischen Raffinerien 33.138 Tonnen Zucker abgenommen, das sind 4142 Tonnen mehr als im Vorjahre. Zu dieser Mehrabnahme sind die Zuckerraffinerien offensichtlich dstrch die Entwicklung der internationalen politischen Situation gekommen, die den Zuckerfabrikanten steigende Ausfuhrgeschäfte bei steigenden Gewinnchancen erhoffen läßt. Diese Annahme wird unterstrichen durch die Entwicklung des inländischen Zuckerverbrauchs. Er betrug: 1930/31... 396/659 Tonnen 1931/32-.,, 389.112 Tonnen 1932/33... 399.000 Tonnen, 1933/34... 371.176 Tonnen 1934/35... 365.322 Tonnen Die Abnahme des Zuckerkonsums im letzten Zuk- krrjahr betrug 5695 Tonnen oder etwa 1.5 Prozent, in Wirklichkeit ist aber der Rückgang deS inländischen Verbrauches von Speisezucker noch höher, da im vergangenen Jahre die Menge des zu Futterzwecken denaturierten Zuckers ganz bedeutend zugenommen hat. Sie ist von 6954 Tonnen auf 22.583 Tonnen gestiegen. Eine andere Entwicklung hat der Zuckerabsatz ins Ausland genommen. Die Ausfuhr konnte von 166.125 Tonnen im Jahxe 1933/34 auf! 221.961 Tonnen gesteigert werden. Das ist eine Zunahme des Exports um nahezu 56.000 Ton-1 neu oder um fast 34 Pxozent,.An dex Exportftri«/- gerung haben die slowakischen und die mährisch--/ schlesischen Zuckerfabriken im Verhältnis einest viel größeren Anteil als die'böhmischen. Die®g»-. portsteigernng,entfällt, vor glsrm''qMZestrtzpäischck? Abnahmeländer und insbesondere haben Hitz Schweiz, J t a l, i e,n und, E n g l a n'd ihrtzn? Zuckerimport ganz erheblich gesteigert. Von dem/ Mehrexport nach der Schtneiz.dürfte./ebenfalls, eine größere Menge nach Italien gehM^sö daß/,■ auch hier wieder offensichtlich' wird,' doch/ die/ Kriegsvorbereikungen Mussolinis schon seit lan -/ ger Zeit getroffen worden sind.</ ///V;' ///./ Obwohl der Zuckerexport im ganzen diese bedeutende Erhöhung ausweist, hat die-tschecho«: slowakische Zuckerindustrie das Exportkontingent, das ihr bei der internationalen ZuckerverMridi-/ gung zugebilligt worden ist, nicht voll mMenutzt^ Vom volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse-.MsA gehend, wäre es viel erwünschter, wenn es. gelänge den inländischen Zuckerverbrauch Ivesentlstb zu erhöhen. Das wäre sofort möglich,/wenn/bis so ungeheuerlich überteuerten Zuckrrpreise herab-s gesetzt würden. Wir verlangen gar nicht, daß im Inland der gleiche Preis zugrundegelegt werden soll wie beim Export.'. Aber eine Ermäßigung um 20 dis 25 Prozent wäre für die Zuckerindustrie tragbar. Der scheinbare Gewinnverlust, den sie befürchtet, würde durch die dann eintretende Verbrau'chsstei-- gerung wettgemacht. Aber wichtiger ist doch, daß die Masse der ärmeren Bevölkerung endlich ihren Zuckerbedarf in großem Umfang stillen könnte und daß dadurch auch die Zuckerproduktion nicht' mehr die weitgehende Drosselung nötig hätte, die sie heute noch niederhält. £mcht&&aal\■ Ein feiger Straßenräuber Er raubte armen Schulkindern ihre Fahrräder Prag . Der 22jährige Karl Raprstek, der. sich Dienstag vor dem Schwurgericht wegen deS Verbrechens des Raubes, des Diebstahls, des Betruges und der Uebertretung nach dem Vaga-> bnndengesetz zu verantworten hatte, ist ein recht widerlicher Geselle. Mit weinerlicher Stimme ver-. suchte er sich vor den Geschworenen als Opfer der Arbeitslosigkeit’ auszygeben. Die Wahrheit sieht freilich etwas anders aus. Der jugendliche Tunichtgut hatte einen Posten. Er war zwar nicht glänzend bezahlt, aber immerhin wäre mancher arbeitslose Familienvater froh, wenn er seiner hungernden Familie am Lohntag so viel heimhrkngen könnte,- als dieser Bursche verdiente. Er lief also aus feinem Posten und trieb sich seither in der Gegend zwischen Althütten, Unhoscht und Rakonih umher. Schließlich, verlegte er-sich auf ein ebenso verbrecherisches iwftziges„Geschäft"—itüs hi»'Be r a u- bung wehrloser Kinder! Er begann damit, daß er dem. 14jährigen- Schuljungen'Josef C e r m a k aus N e u- S t r. a-. schih dessen Rad herauslockte. Er spiegelte dem Jungen^ der auf seinem Fahrrad aus der Schule kam, vor, er hab«Deine dringliche Besorgung zu er-■ ledigen und bat den kleinen Cccmäk, er solle ihm „auf eine halbe Stunde" fein Rad borgen. Der Junge ließ sich übertölpeln und gab sein Rad her. Raprstek fuhr davon und verkaufte es noch am glei-.- chen Tag für 150 XL und einige Kilo Fleisch. Eine Woche später lief ihm die zwölfjährige Schülerin Zdenka R y§ a v a in den Weg, als sie beim Dorf Tut am y ihr Rad bergauf schob. Diesmal griff Raprstek bereits zu gewalttätigen Mitteln. Er machte sich an das Kind'heran und erbot sich, ihr das Rad schieben zu helfen. Kaum hatte er die Lenkstange in der Hand, begann er das Kind anzubrüllen und mit den Füßen zu stampfen, so daß die erschreckte Kleine entsetzt flüchtete. Raprstek fuhr auf dem erbeuteten Rad davon und bezahlte mit ihm eine Schuld„ die er bei einem Geschäftsmann in D r u z e c hatte, wobei ex noch 50 XL herausbekam. Die bisherigen Erfolge steigerten seine Dreistigkeit. Am 9. April legte er sich an einer Straßenkreuzung auf die Lauer. Zwei 14jährige Schüler,, Wenzel M a l y und Josef O p q t.r n h, kamen angeradelt. Der Angeklagte ließ sie herankommen uno fiel mit den Worten:.„Wer von euch hat.mich jetzt beschimpft?" über sie her.- Er packte den kleinen Maly am Kragen, versetzte ihm«inen Fausthieb, riß ihn von seinem Rod, schwang sich selbst auf und verschwand. Diesmal hätte er sich im vorhinein einen Käufer gesichert, dem er ein gefahrenes Rad zu beschaffen versprach. Er erfüllte den Auftrag denn auch aufs prompteste. Die zwei nächsten Opfer waren die zwölfjäh«' eigen Schüler Franz Kakaba und Wenzel H oltz.. Sie gerieten dem Angeklagten auf einer manschen», leeren Waldstrahe in den Weg. Raprstek rief ihnen- auf etwa 20 Schritte Entfernung gebieterisch zu: „Halt!" Dann überschüttete er sie mit Beschimpfungen, weil sie„sein Auto mit Steinen'beworfen hätten". Hierauf gab er dem kleinen Holtz eine Ohrfeige und bemächtigte sich seine- Rades. Während die Kinder vor Angst und Ratlosigkeit weinend zurückblieben, fuhr er geradewegs nach Kladnq uno.. verkauft« das gestohlene Rad einem gewissen Hajek für 200 KJ. Die am Rad befestigte Aktentasche mit Schulbüchern und dem Frühstuck des armen Jungen („Brot im We r t von 1 XL", wie die Anklage konstatiert) warf er unterwegs weg. Zu leugnen gab eS nicht? und so lautete der Wahrspruch der Geschworenen für säwtliche Schuldfragen einstimmig bejahend. Der Schwurgerichtshof(Vors. GR. Dr. Tisek), verurteilte Karl Raprstek zu drei-Jahren' s ch w e r e n K e r k e r S..‘ rb.
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15 (16.10.1935) 241
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