Nr. 245

Tonntaa, 20. Oktober 1935

Seite 3

^udetendeutsAev«Zcitf spiegel

Polnische Repressalie Zwei Konsuln das Exequatur entzogen

Prag . Amtlich wird gemeldet: Ter pol­nische Gesandte gab am Samstag dem Außen- Ministerium bekannt, daß der Präsident der Pol­nischen Republik mit dem 18. Oktober d. I. den tschechoslowakische« Konsuln Dr. Meixner in Krakau und Dr. DoleZalin Posen das Exe­quatur entzogen hat. Da keiner dieser Konsuln jemals durch sei» Verhalten Anlaß zu irgend einer polnischen Be­schwerde gegeben hat, ist in dieser Maßnahme einfach eine Repressalie für die Entziehung des Exequatur für den polnischen Konsul Klotz in Mährisch-Ostrau zu erblicken. Unsere beiden Kon­suln erhielten von ihrer vorgesetzten Behörde die Weisung, das Amt ihren Vertretern zu übergeben und ihren Wirkungsort zu verkästen. Warschau . Das Hauptorgan der sozialisti­ schen ParteiR o b o t n i k" konstatiert, daß die Zurückziehung des Exequatur an den polni­schen Konsul in Mährisch-Ostrau , Klotz, ein wei­teres Glied in dem Prozesse der Verschärfung der polnisch-tschechoslowakischen Beziehungen bildet, und schreibt die Schuld an dieser Zuspitzung den Umtrieben der polnischen Re­gierungspresse zu, welchebis zur Be­wußtlosigkeit gegen die Tschechoslowakische Re­publik hetze". Das Blatt erklärt, daß es die höchste Zeit wäre, dieser Hetze ein Ende zu machen und den Konflikt mit der Tschechoslowakei zu liqui­dieren. DerRobotnik" äußert die lleberzeugung, daß die Tschechoslowakei der Verständigung mit Polen kein Hindernis in den Weg legen wird.

Dolchstoß in den Rücken

Henlein -Leute als Streikbrecher

kämpfender Arbeiter

Bei der Firma SchöllerinBrünn ist wegen der Einführung der Z weistuhl- ar b e i t auf schweren Stühlen ein Streik aus­gebrochen. Die Arbeiter dieser Firma wehren sich ganz mit Recht gegen das Zweistuhlsystem auf schweren Stühlen und bei schwerer Ware, weil schon die Arbeit auf einem Stuhl die vollste An­strengung aller körperlichen und geistigen Kräfte erfordert. Die Arbeit auf zwei Stühlen würde binnen kurzer Zeit dazu führen, daß die Arbeiter­schaft geradezu einen Raubbau an ihrer Gesundheit begehen würde, wenn sie dem Verlangen der Firma nachkäme. Mit Recht sind also diese Arbei­ter vor wenigen Wochen in einen Streik getreten und ihr Verlangen, daß es bei dem alten Zustand bleibt, ist sicher nicht zuviel. Die Firma versucht nun durch Anwerbung von Streikbrechern die Arbeiterschaft niederzuringen. Außerdem hat dte Firma auch eine große Zahl von Ketten, die in diesem Betriebe bereits auf den Stühlen waren, nach Nordböhmen zu den FirmenTextilana und Fritsch in Haindorf gesandt, damit dort di» Arbeit fertiggestellt wird. ES ist klar, daß da- Fertigstellen dieser Ketten nichts anderes bedeutet alS die Leist««» von Gtreikbrucharbeit«nd deshalb hat di« Anion der Textilarbeiter sofort, alS sie von diesem Umstand erfuhr, die notwendigen Schritte zur Verhinderung dieser Streikbruch, arbeit eingeleitet. Auf eine Intervention hin wurde erreicht, daß vorläufig eine zweite Sendung solcher Ketten nicht in Arbeit genommen wurde und über die

bereits in Betrieb befindlichen Ketten sollte in einer Betriebsversammlung beschlossen werden. Zu dieser Betriebsversammlung waren alle Arbeiter und Organisationen eingeladen und auch die Vertreter der Henleingewerkschaft in Gablonz wurden von dem Stattfinden dieser Versamm­lung verständigt. Anstatt sich an dieser Versamm­lung zu beteiligen» haben eS die Henleins vor­gezogen, im Betriebe gegen den Besuch dieser Ver­sammlung zu agitieren. Den ganzen Nachmittag vor Stattfinden der Versammlung sind offen­sichtlich über Weisung dieser Organisation An­hänger der Henleinfront im Betriebe herum­gegangen und haben die Arbeiter von dem Be­such der Versammlung abgeredet. Tatsächlich ist es auch gelungen, daß kein einziger von den Hen- leinanhängern im Betriebe an der Versammlung teilgenommen hat, so daß bindende Beschlüsse nicht gefaßt werden konnten. Diese Vorfälle bei der Fa.Textilana" in Hänichen sind eine Schande für die ganze deutsche Textilarbeiterschaft und diese Schande haben die Anhänger Henleins verursacht. Die Handlungsweise dieser deutschen Hen- leinkamerade« bei der Fa.Textilana" in Hänichen bedeutet nicht mehr und nicht weniger als einen verbrecherischen Dolchstoß in den Rücken der kämpfenden Arbeiter. Die deutsche Textilarbeiterschaft war früher immer stolz darauf, daß sie bei jeder Gelegenheit Solidari­tät mit den kämpfenden Klastengenoffen be­wiesen hat und erst die Volksgemeinschaft Hen­ lein - mußte kommen, um die Leistung von Streikbrucharbeit als»ine nationale Tat zu vollziehe«.

Die Arbeitslosigkeit im deutschen Gebiet Von 1000 Einwohnern Im deutschen Gebiet 77.9, im tschechischen Gebiet 28.6 arbeitslos In seinem VerbandSorgan schreibt der Deutsche Hauptverband der Industrie: In der Republik waren Ende September von 1000 Ein­wohnern 88.8, von 1000 Einwohnern in den deutschen Gebieten 77.9 und von 1000 Einwoh­nern in den tschechischen Gebieten 28.6 arbeitslos; dabei wurden als deutsche Gebiete nur jene ge­zählt, deren Einwohnerschaft nach der letzten Volkszählung zu mehr als 80 Prozent aus Deutschen besteht. Daß die deutschen Gebiete von der Arbeitslosigkeit erheblich schwerer betroffen find als die tschechischen, beweist die folgende Zu­sammenstellung der Bezirke mit der größten und mit der geringsten Arbeitslosigkeit im Sep­tember:

Bezirk« mit gribter HlrbeitSlefigkeU

auf Ivos Berufst.

Bezirke mit«rinftiter Arbeitslosigkeit

auf 1000 Berufst.

Kaaden

»08.1

Jiiin

5.4

Komotau

218.7

Mühlhausen

6.7

M-»Schönberg

215.0

Kralowitz

10.5

Jägerndorf

219.1

Datschitz

14.9

Kartsbad

240.3

Kralup a. M.

15.1

Eibogen

242.8

ChotSbor

15.4

Rumburg

262.6

Melnik

15.7

Freudenthal

264.4

Reustadtl i. M.

16.5

Römerstadt

267.9

Beneschau

16.7

Friedland

269.2

Jilovt

18.3

Preßnitz

277.1

Pilgram

20.3

Neudek

286.0

Ledetsch a. S.

20.9

Sternberg

809.0

Tabor

21.2

GraSlitz

862.9

Blatna

21.8

In den Bezirke« mit der größten Arbeits­losigkeit ist nicht ein tschechischer, in den Bezirken mit der geringsten Arbeitslosigkeit nicht ein deutscher Bezirk enthalten.

Die Hauptschuldigen an den VermahlungsschlKanen Wir haben unlängst darauf hingewiesen, wie durch die Schikanen der neuen Getreidevermah­lungsbestimmungen die arme Landbevölkerung schwer geschädigt wird. Die Müller dürfen nicht mehr in die Ortschaften hinausfahren, um dort Mehl gegen Getreide bei ihr einzutauschen, so ist nun jeder Getreidebesitzer gezwungen, sein Mahl­getreide selber oft stundenweit in die Mühle zu bringen. Kann er dies nicht, so muß er sich ein eigenes Fuhrwerk aufnehmen, was in den mei­sten Fällen vorkommt und mit bedeutenden Ko­sten verbunden ist. Dadurch werden nun die klei­nen Leute wiederum auf Gnade und Ungnade den fuhrwerk-besitzenden Großbauern, ausgelie­fert, wenn sie nicht etwa selber mit dem Hand­wagen den weiten Weg zurücklegen wollen. Wie wir nun hören, soll keineswegs die Getreidemonopolgesellschaft an dieser Verordnung Schuld tragen, sondern ausschließlich der Aus­schuß für Müllereiangelegenheiten beim Han­delsministerium(Sbor pro zälejitosti mlynäisft tzhroby),. Er hat bei der Regierung diese Verord ­

nung durchgesetzt, wobei lediglich die Konkurrenz­interessen jener Müller ausschlaggebend waren, die solche Getreidezufuhren in die Dörfer nicht vornahmen oder vornehmen konnten. Meistens find es auch nicht leistungsfähige Mühlenbetriebe. Die ärmere Landbevölkerung soll nun gezwungen werden, justament bei diesen Mühlen ihre Mahl­produkte einzukaufen, d. h. sie soll auf gute Qua­litätsprodukte verzichten. Es ist wohl unglaub­lich, daß sich die Regierung im Interesse dieser -Schichten zu dieser Verordnung entschlossen hat, und es kann unseres Erachtens nach nur darauf zurückzuführen sein, daß sie irrige Informatio­nen über den wahren Sachverhalt erhalten hat. Die Urheber dieser Bestimmungen dürften im Handelsministerium zu suchen sein, wo der Ver­treter der tschechischen Gewerbetreibenden als Minister sitzt und einigen rückständigen Mühlen­besitzern Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit verschafft hat. Wir wiederholen, daß dieser Zu­stand unerträgliche Wirkungen hat, besonders in der heutigen Zeit. Planwirtschaftliche Ein­griffe sollen Ordnung und wirtschaftliche Erleich­terungen bringen und nicht das Gegenteil, wie in diesem Falle, wo wir eS mit Protektionswirt­schaft und nicht mit Planwirtschaft zu tun haben. Deshalb müssen diese Bestimmungen im Interesse der armen ländlichen Schichten beseitigt werden.

Heute Senatswahlen in Frankreich Paris . Für die heutigen Ergänzungswahlen in den französischen Senat besteht weit geringe­res Interesse als z. B. für die Wahlen in die De­putiertenkammer. Einerseits weil es sich um eine geringe Zahl der zu wählenden Senatoren han­delt(107), andererseits wegen des indirek­ten Charakters des Wahl. Die Gesamtzahl der Wähler beträgt 35.000. Trotzdem aber ist die Wahlkampagne lebhaft, insbesondere in den Pa­ riser Vorstädten, und in jenen Orten, wo die 5'ai-Wahlen in die Bezirksvertretungen größere Verschiebungen nach links gebracht haben. Die Wahlvorhersagen der LinkSblätter, die sich auf die Ergebnisse der Bezirkswahlen stützen, er­warten eine weitere Stärkung der Linksparteien, in Paris der gemeinsamen Kandidatenliste der Volksfront und in den Provinzbezirken vornehm­lich der Radikalen. Die Rechtspresse fordert zurMobilisierung aller vaterländischen Wähler" auf und gibt die Weisung aus, daß in den engeren Wahlen für den am wenigsten links stehenden Kandidaten gestimmt werde, und zwar unter der Bedingung, daß sich dieser verpflichtet, im Senat nicht für die Auflösung der Rechtsligen und-Organisationen zu stimmen. In Frankreich werden die Senatoren für neun Jahre gewählt. Keineswegs jedoch auf einmal, sondern in drei Abschnitten, und zwar immer nach drei Jahren in ungefähr 80 französi­schen Bezirken nach der alphabetischen Reihenfolge. Heuer finden die Wahlen in der letzten Gruppe, und zwar in den Bezirken O bis D statt. Die Senatswählen sind indirekt. Die Gesamtzahl der Kandidaten beträgt 500, zur Wahlurne werden 35.000 Wähler schreiten..

Die Gesamtpartei gedenkt Josef Seligers Gestern nachmittags um 8 Uhr versammel­ten sich auf dem Waldfriedhof in Teplitz-Schönau die Funktionäre und Vertrauensmänner der Ge­samtpartei, um am Grabe ihres unvergeßlichen Führers und Vorkämpfers einen Kranz mit roten Nelken niederzulegen. Sowohl aus dem Teplitzer Kreisgebiete als auch aus den benachbarten Kreis« und Bezirksorganisationen waren Abge­sandte erschienen, denen sich die Delegierten der Freien Gewerkschaften und unserer Kulturorgani- sationen anschlossen. Das Doppelquartett des Bezirksverbandes des Arbeitergesangvereines in Teplitz sang unter Leitung des Chormeisters O. Weichert den ChorNachruf", worauf Ge­nosse Seidel für den Parteivorstand die Lebensarbeit Josef SeligerS würdigte und auf das große politische Vermächtnis verwies, das er unS hinterlassen hat. Genosse Seidel verwies auch auf die schicksalsschweren Stunden des Karlsbader Parteitages uttd das leidenschaftliche Ringen Seligers um die Einheit des Proletariats. Er schloß mit folgenden Worten: Wir ehren seine Arbeit, wenn wir erhalten, was er liebte, wenn wir so arbeiten, baß tvahr bleibt das Wort: Das Banner kann stehen, wenn der Mann auch fällt! Mit dem ChorliedeTord Folescm" von Uth­ man wurde die einfache, doch eindrucksvolle Ge­denkfeier abgeschlossen.

Aus HenleinsVolksgemeinschaft** DieRundschau" des VolksgemeinschaftlerS Henlein veröffentlicht in ihrer letzten Ausgabe eine langatmige Betrachtung überS t r e i- tigkeitenausdemArbeits-, Dien st­und Lehrverhältnis". Diese Betrach­tung ist auf eine Anregung derZentralstelle für Arbeitnehmer in der SdP" zurückzuführen und enthält Ratschläge über die Wahrung der Arbei­terinteressen gegenüber dem Unternehmer. Es wird insbesondere auf die Arbeitsgerichte hingewiesen. Man hört doch von den Henleinrednern immer wieder, die Volksgemeinschaft habe auch die Beendigung des Klassenkamp­fes zum Ziele. Wenn man wissen will, wie sich denn die Henleinleute die Regelung des Ver­hältnisses zwischen Unternehmern und Arbeitern vorstellen, vernimmt man die Kunde, daß die Unternehmer in der Volksgemeinschaft zur Er- .füllung ihrep Verpflichtungen gegenüber den arbeitenden Volksgenossen erzogen werden müssen. Nicht mehr in Kampf st ellung, sondern auf dem Wege von Vereinbarun­gen sollen alle Fragen zwischen dem Kameraden Unternehmer und dem Kameraden Arbeiter gelöst werden. Nun bekennt sich auch dieRundschau" zur Institution der Arbeitsgerichte und be­kundet dadurch, daß sie von den volksgemein­schaftlichen Erziehungsmaßnahmen verdammt wenig hält. Hat sich die Erkenntnis über den Charakter der Unternehmer auch der sudeten­deutschen, versteht sich! auch schon in den Redaktionsstuben Henleins verbrettet? Die Arbeiter haben sich jedenfalls schon immer lieber auf die Arbeitsgerichte als auf das freund­liche Zureden an die.Kameraden" Unternehmer verlassen!

Strelkabstimmuns unter den englischen Bergarbeitern London . Die Konferenz der Bergarbeiter­gewerkschaft nahm eine Empfehlung deS Voll­zugsausschusses an, wonach unter den Bergarbei­tern in sämtlichen Revieren eine Abstimmung über die Frage veranstaltet werden wird, ob die For­derung der Lohnerhöhung erzwungen werden soll. Als Tage der Abstimmung werden der 11. bis 13. November genannt.

Unruhen in Britlsch*Guayana Streik der farbigen Arbeiter Loudon.Daily Herald" berichtet von den Streikunruhen der farbigen Arbeiter in den Zuk- kerplantagen von Britisch-Guayana(Süd-Ame­ rika ), wo die Lage am Donnerstag krittsch ge­worden sei, als etwa tausend Neger und Ostinder am Damerara-Flutz die Arbeit niederlegten. Mehrere Aufseher und Beamte wurden von den Streikenden mißhandelt. Einem Plantagendirek­tor wurden die Kleider vom Leibe gerissen und die Farbigen zwangen ihn Arbeitskleider anzu­ziehen und mit eigener Hand Zuckerrohr zu schneiden.

Die Studienreise der Sowjetpublizisten durch die Tschechoftowakei hat Smnstag mit der Besichtigung von Mähr.-Ostrau und der Witko- witzer Werke ihren Abschluß gefunden. Samstag nachmittags reisten die Gäste in ihr« Heimat ab. Zur Verabschiedung hatten sich auf dem Bahn­hof Mähr.-Ostrau Vertreter der Behörden sowie Journalisten und ein zahlreiches Publikum ein- 1 gefunden«

Besprechungen zwischen SAi und Komintern Paris .(Tfch. P.-B.) Der V-rsih«lde der Sozialistischen Arbeiterinternattonale de Brouckere und Generalsekretär Adler wei­len soeben in Paris , wo sie Freitag und Samstag Besprechungen mit den Vertretern der 3. Inter­nationale C a ch i n und T h o r e z über die all­gemeine Lage und hauptsächlich über eine An­gleichung der Tättgkeit der internattonalen Ar­beiterklassegegen den Einfall deS italienischen FascismuS in Abessinien" pflogen.

Duell die USR-Gewerkschaften gegen die kommunistische Zersetzungsarbeit New Kork, Auf der in Atlantic-City im Staate New Dersey stattfindenden JahreStagung der USA -Gewerkschaften stehen nach der Wieder­wahl Greens zum Präsidenten der Gewerk­schaften folgende drei Hauptanträge zur Debatte: 1. Den Vollzugsausschuß anzuweisen, einen Verfassungszusatz zu entwerfen, der Roosevelts New Deal "-Maßnahmen für verfassungsmäßig erklärt, 2. dra st ische Maßnahmen ge­gen die kommuni st ische Tätig­keit innerhalb der Gewerk sch as­ten zu ergreifen, und 8. angesichts der kommenden Präsidenten­wahl eine unabhängige politische Arbeiterpartei zu gründen.

Auf sehr labiler Grundlase... Die Pariser Presse zum neuen Kabinett Schuschnigg Paris. Die Pariser Linkspresse verweist neuerlich auf die sehr labile Grund­lage, auf die sich di« gegenwärtig« Regierung in Oesterreich stützt. Aber auch die konservative Presse ist der Ansicht, daß die Verhältnisse in Oesterreich unsicher sind und daß die Regierungs­stabilität weit geringer ist, als man denkt. DasJournal" sagt, daß die letzten Ereignisse in Oesterreich eine Warnung für Europa seien. Bundeskanzler Schuschnigg und Starhemberg hätten diesmal rechtzeitig einen Putsch unter Leitung des Majors Fey verhindert und für eine bestimmte Zeit die Oberhand ge­wonnen. Das Blatt ist jedoch der Ansicht, daß in Oesterreich die persönlichen Eifersüchteleien und die Eifersüchteleien der militärischen Organisatio­nen und ganzer Gegenden sowie die Gegensätze in den politischen Ansichten andauern werden. Es fehle nicht an Elementen zu Intrigen und Berlin könnte sie im Augenblick der Verwirrung geschickt ausnützen. Wiener Helmwehr tut nicht mit Wien . 19. Oktober. Freitag abends fand eine große Huldigungsfeier der vaterländischen Verbände vor dem Bundeskanzleramt statt. Die 10.000 Heimwehrleute, die vormittags aus Nie­ derösterreich und dem Burgenland nach Wien ge­kommen waren, defilierten mit Stahlhelm und geschultertem Gewehr vor dem Bundeskanzler­amt. Die Wiener Heimwehr , deren'Führer Major Fey ist; nahm qn dem Aufmarsch in geschloffenen Formationen nicht teil. Einzelne Wiener Hei- matschühler ohne Waffen hatten sich in den Fackelzug eingereiht.