Sette 4

Sonntag, 27. Oktober 1935

Nr. 251

17 Jahre tschechoslowakische Schule Ergebnisse, und Forderungen

In Zeiten der Wirtschaftskrise kann auch die bestgemeinte Schulpolitik keine großen Erfolge erzielen und dennoch muß der Kamps um eine ziel» bewußte Schulpolitik ernsthaft geführt werden. Der 17, Geburtstag der Republik sei Anlaß zu einer Untersuchung über die bisherigen Fortschritte in unserem Schulwesen. Die Wurzeln der tschechoslowakischen Schul» refonn reichen bis in die Vorkriegszeit. Mit der Gründung der Republik erstarkte die Schulreform­bewegung. Entsprechend der Staatsverfassung beruht unsere Schulreform auf dem Prinzip der Demo­kratie^ Die Folge dieser Einstellung ist,- sich unsere Schulreform nur langsam auswirkt. Und so finden wir denn, daß die verschiedenen Neuerungen auf dem Gebiete des Schulwesens.und des Lehrer­rechtes nicht radikal dürchgeführt wurden, sondern nach und nach Wirklichkeit erlangten. Bemerkenswert aber ist folgende Tatsache..Fast alle Neuerungen auf dem Gebiete des Schulwesens, die als Fortschritt bezeichnet, werden können, wurden von Regierungen dürchgeführt, in denen sozialistische Mini­ster säßen. Der Einfluß des Klerus auf die Schule wurde zurückgedrängt. Der Zwang zum Besuche des Reli­gionsunterrichtes und. der religiösen Hebungen würbe durch den Schulminister Haberman beseitigt. Wit Beginn vom 1. November 1918 wurde die ge­haltliche und rechtliche Gleichstellung der Lehrer mit den. Staatsbeamten geschaffen, welche der Lehrer­schaft im alten Oesterreich von den Vätern unserer heutigen nationalen Erneuerer durch Jahrzehnte vorenthalten wurde. Haberman hob auch im Jahre 1919 die religiöse Beschränkung bei Besetzung von Lehr- und Leiterstellen auf. Es'wurde das automa­tische Definitibum eingeführt. Bei der Stellen­besetzung entscheidet bis zum 85. Dienstjahre aus­schließlich tzas Dienstalter,. In keinem anderen Staate hat die Lehrerschaft eist solches ÄnstellüNgsrecht. Im nationalsozialistischen Deutschland und' im-christlichen Oesterreich wird' der Lehrer eingestellt, der den Herr- schendest zu Gesicht steht und entlassen, wer irgend einem Ortsgewaitigen nicht paßt. Im Jahre 19K8 wurde die Dienftpragmatik der staatlichen Lehrer auf die Volks- und Bürgerschul­lehrer ausgedehnt und Disziplinär- und Oualifika- tionsfommissionen geschaffen- Bis zur Schaffung die­ser Einrichtungen herrschte freies Ermessen. Das Kleine Schulgesetz brachte eine Bereicherung der Lehrpläne durch Einführung der Bürgerkunde und der Knabenhqndarbeiten. Leider unterließ man es, die Lehrerschaft' rechtzeitig in die Methodik dieser Unterrichtsgegenstände einzuführen. Für-vir VolkS- Und Bürgerschulen wurden die Schülerzahlen" auf 60, für einklassige Schulen auf 50 herabgesetzt. Alle diese Reformen von 1918 bis 1926 änderten mehr den Rahmen unserer Schule oder waren bedeutende Verbesserungen des LehrrechteS. Auf 1926 folgten dann mehrere Jahre schulpolitischen Stillstandes. Mit dem Jahre 1929 setzten unter dem Schulmini­ster Dr, Derer die Schulrefarmbestrebungen wieder ein. DieSmpl. mit dem ausschließlichen Ziel der inneren Umgestaltung der Schule nach den ge­sellschaftlichen Notwendigkeiten. . Als. der rekormbedürftiessie. Schuliypus gut seit Jährest die Mittelschule. Mit Rücksicht guf die. psychologische Tatsache, daß vor der Pubertät'nur geringe Unterschiede in der Veranlagung' der Kinder zu beobachten sind, wurde für die Mittelschule ein einheitlicher Unterbau geschaffen, der für 1>ie beiden ersten Klaffen gleich ist und in.den beiden weiteren Klassen das Latein der'Gymnasialtypen durch eine lehende Sprache des RealthpuS ersetzt ist. Aber auch der Uebertritt der Bürgerschule in die Untermittel­schule wurde wesentlich erleichtert. Anschließend daran erfuhren die Lehrpläne für Mittelschulen eine Neugestaltung. Das Ziel dieser UnterrichtS-Reform

ist/die Jugend zur Arbeitsfähigkeit zu erziehen, sie mit den Denkwegen vertraut zu machen und durch Verstandes- und Gefühlsbildung das sittliche Wollen zu beeinflußen. ' Die Volks- und Bürgerschulen erhielten eben­falls neue Lehrpläne. In ihnen kommt der Grundsatz zum Ausdruck, daß in der Schule die ganze Persön­lichkeit des Kindes ausgebildet werden muß. Die grundlegenden Ideen im Unterrichtlichen ist der Ge­danke der Arbeit, im Erzieherischen die Gemeinschaft. Ohne Ueberhebung kann gesagt werden, daß diese Lehrpläne zu den besten Leistungen unserer Reform­arbeit gehören und auch außerhalb unseres Staates die gebührende Anerkennung fanden. Die Fachschulen erhielten ebenfalls neue Lehr­pläne. Der Anstoß hiezu kam aus dem praktischen Leben sselbst, mit dem ja diese Schulen in ständiger Verbindung stehen. .. Von größter Wichtigkeit, in unserem Schul­system ist die Reihenfolge: Volks-, Bürger-, Fort- bildungsschule. Von der Reform der Volks- und Bürgerschule wurde bereits berichtet. Es ist selbst­verständlich, daß auch die Fortbildungsschule eine Untgestaltung erfahren mußte. Um diese Schulart leistungsfähig zu machen, wurden die Schüler zu­nächst bezirksweise zusammengefaßt, dann wurden die einzelnen Schulen versachlicht und daraus fol­gend der Lehrplan einer einschneidenden Umände­rung unterzogen. Versucht wurde weiter, die Lehrerbildung zu verbessern, Allgemein ist die Auffassung, daß die Lehrerbildungsanstalten den Anforderungen unserer Zeit nicht mehr entsprechen. Die Lehrerschaft fördert ihre Ausbildung an der Hochschule. Entsprechend dieser Forderung wurden Pädagogische Akademien geschaffen. Doch kann ihr heutiger Zustand nicht als befriedigende Lösung des Problems der Neuregelung der Lehrerbildung betrachtet werden. Pädagogik, Jugendpsychologie und Jugendkunde sind umfang­reiche wissenschaftliche Gebiete geworden. Zu ihrer Bearbeitung gehören wissenschaftliche Methoden und die können nur an einer Hochschule vermittelt wer­den. Dem stehen erhebliche Schwierigkeiten entgegen, auf ihre Durchführung kann aber unmöglich ver­zichtet werden. Zum Schluffe sei noch die Schaffung der Elternvereinigungen genannt. Ihre Berechtigung wurde bei der Errichtung sehr umstritten. Durch die Tat haben sie aber bewiesen, daß durch ihre Arbeit in tausenden Fällen die Not der Jugend gemildert wurde. Damit ist in großen Zügen die Entwicklung der Schule in den vergangenen 17 Jahren um­schrieben worden. MS Ganzes genommen, stellt sie ein beträchtliches Mtivum dar. DaS soll aber nicht heißen, daß wir dabei stehen bleiben müssen. Nur im eng begrenzten Rahmen haben, wir unsere Schule betrachtet. Von der Einheitsschule, die eine grund­legende organisatorische Idee der Demokratie dar­stellt, ist die tschechoslowakische Schule noch weit ent­fernt. Damit ist gleich eine Aufgabe genannt, die unsere Schulpolitik zu lösen hat. . Eine weitere sehr dringliche Forderung ist die Neuregelung der allgemeinen Schulpflicht. Für- forgeminister N e C a 8 hat erst vor wenigen Wo­chen im sozialpolitischen Ausschuß des Parlamentes der Jugendnöt in beredten Worten Ausdruck ver­liehen und auf das ständig nachrückende Heer ver­wiesen, das aus unseren Schulen zu den Arbeits­losen stößt. Schon einigemale wurde die Forderung nach der 9jährigen Schulpflicht erhoben. Diese For­derung ist aber heute längst überholt, nicht die vjährige, sondern die 10jährige Schulpflicht muß heute eingesührt werden, wenn die. Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen wirkungsvoll bekämpft wer ­

den soll. Gleichzeitig damit soll auch die Fortbildugs- schulpflicht bis zum 18. Lebensjahre ausgesprochen werden. Das ist keine sozialdemokratische Forderung, sie entstammt dem demokratischen Schulprogramm des kämpfenden Bürgertums aus dem vorigen Jahrhundert. Sie ist aber heute zeitgemäßer denn je. Es könnte natürlich eine lange Reihe von For­derungen aufgestellt werdens beginnend mit der Un­entgeltlichkeit des Unterrichtes, der Lehr- und Lern­mittel, der Einführung der Schulspeisung und Wirt­schaftsbeihilfen, der unentgeltlichen gesundheitlichen Fürsorge usw. Das hieße aber Schulpolitik im luft­leeren Raume machen. Die Schulpolitik ist ein Stück der allgemeinen Politik, die von den Machtverhält- niffen bestimmt wird. In der gegenwärtigen Zeit müssen die schulpolitischen Forderungen immer in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung gesehen werden. Die Neuregelung der Schulpflicht und die Verstaat­lichung aller Schul- und Erziehungseinrichtungen find die augenblicklich zentralen schulpolitischen For­derungen. Beide Forderungen entspringen den unbe­dingten Notwendigkeiten, die eine der materiellen, die andere der geistigen Not unserer Zeit. Die wichtigste Forderung aber ist, die Jugend vor der Ideologie der Gewalt zu bewahren. Das ist ein schwerer Kämpf, aber er muß ausgefochten wer-, den, denn von ihm hängt das Schicksal der Demo­kratie ab. Hier muß ein Krieg gegen zahlreiche, den verantwortlichen Stellen scheinbar unbekannte Mit­erzieher geführt werden, die planmäßig und sehr erfolgreich den Grundsätzen unserer Schule entgegen wirken. Den Schulbehörden ist hier eine große und wahrhaft nationale Aufgabe gestellt. Josef Hudl

An unsere Leser und Kolporteure! Da anläßlich des Staatsfeier­tages am Montag, dem 28. Oktober, in den Druckereien nicht gearbeitet wird, entfallt die Diens« tagansgabe vom 29.Okto­ber unseres Blattes. Die Verwaltung.

Für Beilegung des Konfliktes mit Polen . Die Rektoren der tschechischen Hochschulen haben an alle polnischen Hochschulen ein Schreiben ge­richtet, in denen sie auf den unerfreulichen Stand der tschechoslowakisch-polnischen Beziehungen hin- weisen und sie einladen, aus ihrer Mitte eine Mis­sion in die Tschechoslowakei zu entsenden, der von tschechoslowakischer Seite alles zur Wissenschaft-- lichen Prüfung der Fakten, um welche es in dein Konflikt der beiden Nationen geht, notwendig,- Material zur Verfügung gestellt werden wird. .Kommission werde an Ort und Stelle sowie aus dem Dokumentenmaterial ersehen, wie die Ange­legenheit steht, und werde ihr Urteil fällen kön­nen.Begehen wir die Fehler," heißt es in dem Schreiben,werden sich sicherlich Wege zur Kor­rektur finden, begehen wir keine Fehler, dann werden Sie den Weg finden, damit diese Ueberzeugung zur Kenntnis Ihrer Nation ge­langt."

Rettet zwölf Menschen vor dem Todesurteil! Die Anklage Im Berliner Rlchardstraße-Prozeß" durch Prager Gegenprozeß erschüttert

Bor dem Schwurgericht in Berlin-Moabit läuft seit Anfang September ein Prozeß gegen 25 Arbeiter. Dieser sogenannte Richardstraße- Prozeß soll, wie aus demVölkischen Beobachter" und anderen Presseerklärungen, hervorgeht, zu­gleich den Prozeß gegen den Vorsitzenden der KPD Thälmann vorbereiten. Da aus dem bisherigen Verlauf der Berli­ ner Verhandlungen ersichtlich ist, d a ß 10 o d e r 12 Todesurteile aus rein po­litischen Gründen gefällt wer­den sollen, veranlaßte der vorbereitende Ausschuß derUnion"für Recht und'Freiheit" ein Kollegium von Prager Rechtsanwältern, über die im Jahre 1931 erfolgte Erschießung des Gastwirts B ö w e aus der Richardstraße 35, Berlin -Neuköln , die den 25 Angeklagten zur Last gelegt wird, eigene Erhebungen anzustellen. Die Protokollierung und Unterzeichnung der Zeugen­aussagen erfolgte in Anwesenheit von 35 Per­sönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter der Herren Univ.-Prof . Dr. Hromädka, Univ.- Prof. Dr. N e j e d l h, Univ.-Prof. Dr. Oskar Fischer , Ober-Regisseur D o st ä l, einiger Mit. glieder der Prager deutschen Kulturorganisatio­nen und zweier reichsdeutscher Juristen am 25. Oktober im Palais Metro. Das Verhör, daß durch 10 Prager Juristen unter Leitung von Dr. Rud. R a b l durchgeführt wurde, ergab eine re st lose Wider- legung der Berliner Anklage. Die Protokolle sind mit Gutachten dem Berliner Gericht übersandt worden. Bei den Verhandlungen vor der Prager Kom­mission stellte sich heraus, daß nur zwei der Ange­klagten, Schulz und ZimmermannGe­

ständnisse" abgelegt und zwei weitere Angeklagte gewisse Dinge zugegeben haben, während die übri­gen Angeklagten es kategorisch a b l eh ne», irgend etwas mit der Tat zu tun zu haben. Die An­klage stützt sich lediglich auf die Aussagen-,, vo» Schulz und Z i m m e r m a n n, die durch einige Angaben der Angeklagten Jagella und Tanger er­gänzt werden. Sowohl Schulz wie Zimmermatt» sind s ch w e r e kriminelle Element« und vielfach vorbestraft. Ihre Aussagen und Ge­ständnisse müssen daher als sehr unglaubwürdig an­gesehen werden Aus Aussagen deS Tatzeugen R u e ck e l s er­gibt sich, daß von Schulz und Zimmermann-n- nächst abgesehen, unter den zehn anderen Ange­klagten höchstens einer gewesen sein kann, der wirklich Täter ist. Schon im ersten Prozeß im Jahre 1932 wurde festgestellt, daß die insgesamt Schüsse nur aus vier Waffen abgefeueo wurden. Nach Rückels waren diese Schützen er selbst, dann einer, der sich im Gefängnis das Leben ge­nommen haben soll, und ein dritter, den RückeA kennt, aber nicht angeben will, weil er Vicht astge­klagt ist. Nur den vierten Schützen will Rueckeff nicht gekannt haben. Die Behauptung der Angeklagten Zimmermsvst und Schulz, daß die Tat in einer Sitzung der W- terbezirksleitung der KPD Neukölln beschlossen^ wor­den sei, charakterisiert sich als eine Erfindung".: ist vielmehr der Schluß naheliegend, daß Schulz die Tatals eilt e P r o v o k a t i o n gegendie KPD organisiert hat und er der eigentliche Initia­tor und Organisator der Tat ist. Zimmermann hoi wahrscheinlich von ihr gewußt und bei der Duke­führung geholfen, ohne direkt beteiligt gewesen sein

Die Bäuerin vom Bershof Wer weiß, von wo dir vielen Steine her­gekommen? Die Steine, die seit Generationen gleich Wällen um die armseligen Felder und Wie­sen,geschichtet werden?.. Im Grenzland hinten weih es kein Mensch und die Wissenschaft mit ihren Büchern dringt nicht ein in den unmenschlich ausgefüllten Alltag der Grenzbauern. Die schichten wie die Ahnen immer weiter, immer höher.- Schaffen unbewußt ein Gelände, das an den blutigen Karst gemahnt, wo von Steinriegel zu Steinriegel die grausigen Nah- käinpfe tobten.*»'- Margarete Sfadler wollte nicht auf den Berghof heiraten. Nicht wegen der harten Arbeit, die sie. dort erwartete, denn auch Vaters Grund und Boden war nicht, besser, sondern wegen Pes Mannes, der- als grober Klotz im ganzen Kirch­sprengel und weit darüber hinaus verschrien war.' .-Jedoch die Herzen, der Bäuernblchen. und Bauernmädchen haben dis hestte dort hinten nichts zu, sagen. Da heiyttendie Vernunft ddr Väter, das HektakauSmäß der Höfe, der Brautwagen und die Sparhücher.,., 4 Auch Margarete Stadler ist. dieser Vernunft zum Opfer gefallen. Einigemal hatte sie versucht, den Väter umzustimmen, doch das war vergebens. - Sa schritt sitz einmal' an einem klaren März­morgen'mit Thomas Städler den, Kirchenberg hinan und wurde dort oben sein Weib.

War die Arbeit auf Vaters Hofe hart, am eigenen Hofe wars noch schlimmer. Thomas lohn­fuhrwerkte Langholz jahraus, jahrein mit einem kräftigen Ochsengespann vom Grenzwald in die Bezirksstadt. Seine Leistung war, gemessen an der seiner Bäuerin Margarete, minimal. Die stand im Frühjahr hinter dem Pflug .-Schwere Stiefel an, schritt sie wie ein Bauer über die frische Erde. Wenn die Pflugschar manchmal etwas zu tief griff, ging ein schmerzender Ruck durch den Körper der Bäuerin; das Eisen war an einen gewaltigen Stein gerannt, den Thomas und schon dessen Vater und Großvater genau kannten und von dem sie wußten, wo und wie tief er liegt. Ja, die wußten im sechzehn Hektar großen Flur­besitz jeden Stein. Steine groß wie die Heu­wagen. Wären sie geringer gewesen, so hätte man sie längst auf der Markung mit aufgeschichtet... 7. Margarete Stadler stand in der Ernte beim Mähen, beim Drusch wie ein Mann. Und Mar­garete Stadler hat trotz aller Liebeleere ihres Lehens doch drei Kinder geboren... 'Dann hat in der Familie des Berghofbauern der Krach begonnen. Biele behaupteten, es wäre gleich nach dem Hochzeitstage losgegangen. Sie sägten, Thomas Stadler hätte sich nutz etwas Zu­rückhaltung auferlsgt wegen der Nachbarn. Aber durch das stets verschlossene alte Hoftör seien doch schon lange und oft gar bitterböse Worte ge­kommen. Mit den Jahren ist der Zwist der Ehepart­ner immer mehr hinaus ist die Oeffentlichkeit ge- ' wandert. .. Im dämmernden Frühmorgen hat Viar-

garete Stadler schon geweint. Und im prallen Sonnenlicht» wenn Margarete, nur mit einem grobgewirkten Hemd und einem noch gröberen einzigen Rock bekleidet, mit dem schwerhörigen Schwiegervater scharwerkte, wenn sie vom Männe Ohrfeigen erhalten, daß das helle Tages­licht wie Sprühfeuer vor ihren Augen tanzte. Warum? Der Thomas war geizig, unersätt­lich. WoUte aus seinen Steinfeldern mehr heraus­holen, als die Natur geben konnte. Was diese verweigerte, büßte seine Margarete. Wenn sich hinten in der Steinheimat die Nachbarn die Sache nicht mehr ansehen können, jene so hart vom Leben angefaßten Menschen, denen Sentimentalität fremd ist, dann muß es auf dem Berghof der Margarete Stadler hochher­gegangen sein... Vom Grenzwald herab pfiff ein garstiger Wind. Die Höfe und Häuser am Walde schienen in sich selbst zu horchen, sich vor dem grauen Tag zu verkriechen. Den steinigen Weg herab klapper­ten Schulkinder mit ihren Holzpantoffeln^ Sie lärmten sorglos. Da schrie vom Berghof herüber die Bäuerin, schrie, daß die Kinder entsetzt wieder nach Hause eilten. Erst sind es zwei Männer, dann vier, dann sechs gewesen, dann folgten Weiber und Kinder, und dann rammelten die sechs Nachbarn das morsche Hostor des BerghofeS ein» und rissen Thomas Stadler von einer Wahnsinnstat zurück. Die Bäuerin Margarete Stadler bringt kein Wort hervor. Armselig ungepflegtes Gesträhn fällt wirr um ihr Angesicht. Ihre Augen sind voll Angst und Entsetzen, starren auf die schwere Hacke, die.die Sechse Thomas Stadler abgenommen.

Und der Zufall will, daß den Einödweg herauf ein Gendarm kommt. Die Kinder zupfe" an Vaters Rock, an Mutters Kittelzeug. In hei­ligem Rechtsempfinden machen sie aufmerksw" auf den Mann mit Gewehr und Säbel. ta Da kriegen sieEine" über die Wange ge­schlagen.»»Kusch, ihr Fratzen I" und das Rechts­empfinden im Kinderherzen ist erstickt,...- Margarete Stadler ertrug diese Ehe nick' mehr lange. Ihr großer kräfttger Körper versieg Uebrig blieb ein Knochengerüst, das mehr utt" mehr in sich zusammensank. Sie war kaum vierzig Jahre, als sie sang- und klanglos von diese" schweren Erde mtt ihren vielen Steinest und dei" bösen Thomas ging. Ihr Grabhügel war gar' bald verwahrlost- ihr Name auf dem Holzkreuz verwaschen, da^ Kreuz abgefault und zur Seite gefallen. Auf den Berghof kam eine Neue. Die. jff der Margarete Stadler ihre Arbeit überhaui" nicht gekannt. Brauchte sie nicht-zu kennen. Die hat ihre Weiblichkeit tropfenweise litt" nur gegen Konzession an Thomas Stadtler gege­ben. Was Margarete Stadler mit Schweiß. Arbeit nicht gewann, hat sich die Neue mit heB Bewußtsein ihrer Ebenbürtigkeit a^P Fräst vo" dem groben Thomas mit Leichtigkeit, errungen.} Margarete Stadler war die Erste nicht, so gekommen und so gelebt und so gegange"- Margarete Stadler war die Letzte nicht. Nur& Namen der Schwestern im steinbeschwerte" Grenzland mit steinbeschwerten Herzen wechsel"- Jojes Egerer»