«r. 252 Mittwoch, 30. Dftoter 1935 Seite 3 fudetendeu tedaer Zeifepie^el «Befreit! General   de Bono:Wo die italienische Fahne weht, gibt es keine Sklaven mehr!" Das Drama von Ober-Adersbach Die verzweifelt kämpfenden Arbeiter noch Immer Im Betrieb I Seit nunmehr 14 Tagen hält sich der Ber- zweiflungskampf der arbeitslosen Textilproleten der Ober-AderSbacher Flachsgarnspinnerei noch immer auf einem fast beispiellosen Höhepuntt. Wir haben bereits berichtet, daß schon am 14. Ok­tober die Frist des bewilligten dreimonatigen Be- IriebsstilllandeS abgelaufen war, daß aber trotz­dem der Betrieb, der Arbeitsplatz für 287 Ar­beiter und Arbeiterinnen bedeutet, nicht wieder ausgenommen wurde. DanmlS, also vor 14 Tagen, war die gesamte Belegschaft im Betriebe erschienen und führte ihren verzweifelten Entschluß durch, im Betriebe, auch über Rächt, zu verharren, bis die zuständigen Stellen über die Frage der Wiederaufnahme des Betriebes entschieden hätten. Aber auch noch zu Anfang der jetzt laufenden Woche ist die Situation ungeklärt. Die Arbeiter harren im Kampfe aus. Nur die Frauen haben mittlerweile den Betrieb verlassen, die Arbeiter dagegen führen den beispiellosen Kampf in der von ihnen begonnenen Art weiter und bleiben im Betriebe. Nach den gesetzlichen Bestimmungen must bis zum 2. November falls bis dahin nicht eine andere Lösung gefunden sein sollte die Entscheidung des Ministeriums erfolgen. Auf jeden Fall ist die Firmasach- Prag  . Der Rektor der deutschen Univer­sität, Senator Dr. Hilgenreiner, hatte für Samstag abends die Vertreter der hiesigen deutschen Tagespresie zu einer Aussprache über aktuelle Fragen der deutschen Universität und des Hochschullebens überhaupt, eingeladen. Er gab zunächst einen lleberblick über die Situation der deutschen Universität und von dem bekannten Jnsignienstreit ausgehend, erklärte er, eS müsse die durch die Gesetze gegebene Rechts­lage scharf unterschieden werden von der historischen Frage, ob die tschechische Karlsuniversität die all einig e. R e.ch t s.u a.djj rin der alten Karlsuniversität sei. Darüber würden einmal die Historiker ihr Urteil fällen. Auster Frage stehe aber, dast das UniversitätSgesetz als Gesetz habe geachtet werden müssen. Es sei auch seinerzeit alles vorgekehrt worden, um die aus diesem Gesetz resultierende Uebergabe der Insig­nien in entsprechender Art zu vollziehen und eS sei zu bedauern, dast die Sache zur Unzeit in einer Weise aufgegriffen wurde, die nur.radi­kalen Elementen zugute kam. In den nächsten Tagen wird eine Kommission zusammentreten, die die Uebergabe der(übrigens ziemlich spärlichen) wertvollen Erinnerungsstücke an die Karlsuniversität vollziehen wird. Nach Erledigung dieser Frage stehe nichts mehr im Wege, dast die beiden Prager   Universitäten zu einer normalen und freund­schaftlichen Zusammenarbeit gelangen(Heute liegt EiS zwischen ihnen" sagte Dr. Hilgenreiner). Der Rektor betonte mehrfach nachdrücklichst das aufrichtige Bestreben der deutschen Uni­versität, den Frieden herzu­stellen. Nachdem er noch die Frage der Ersatz- i n s i g n i e n berührt hatte, deren Herstellung vom Schulministerium der Kunstakademie über­tragen wurde, ging Rektor Hilgenreiner auf das brennende BavproVlem fällig geworden und wird eine Geldstrafe zu zahlen haben. Ausserdem aber haben die Ar­beiter und Arbeiterinnen Anspruch auf die Bezahlung von drei Wochenlöh­nen. Bemerkenswert ist, dast reichsdeutsche Kapitalisten der Böhmischen Escomptebank (der Besitzerin der Ober-AderSbacher Fabrik) sieben Millionen KL schulden und dast die Abtragung auch nur eines Teiles dieser Riesenschuld genügen würde, um den Betrieb wieder in Gang zu setzen. Da aber die reichs­deutschen Kapitalisten anscheinend keinen Pfennig zu zahlen bereit sind, erweist sich an diesem Falle wieder einmal mit aller Schrecklichkeit der Schwindel von der deutschen Volksgemein­schaft. Dagegen haben die zuständigen tsche­choslowakischen amtlichen Faktoren ihre Bereitwilligkeit, an der Aufrechterhaltung des Betriebes mitzuarbeiten, deutlich genug an den Tag gelegt, indem sie während der dreimonat­lichen Stillstandsperiode das Ausfuhrkon­tingent für die Ober-Adersbacher Flach« gavnspinnerei von 180.000 auf 400.000 KL monatlich erhöhten. Die gesamte Arbeiterschaft verfolgt mit mnigster Anreilnahme und gröhter Spannung den heroischen und verzweifelten Klaffenkampf der.Ober-Adersbacher Arbeiter. Hierauf berichtete Gen.-Direktor Schäfer für die Studentenheimgesellschaft und als Ver­walter des neuen Rzach-Dörfel- Studentenheimes über dieses modernste Studentenheim, ergänzt durch die Darlegungen des RekwratsrateS Dr. P r o h a s k a, der daS Problem und die heutigen Schwierigkeiten der studentischen Wohnungsfürsorge entwickelte. Die Zweimillionenspende des Präsi­denten Masaryk   ermöglichte seinerzeit einen Aus­bau. Heute beherbergen die drei Studentenheime 873 Studenten. Die Wohnungsmieten schwanken im alten Gebäude in der L ü tz o w st r a st e zwischen 40 und 90 KL monatlich, im neuen Rzach-Dürfelheim, das aufs modernste eingerich­tet und auSgestattet ist, von ISO bis 170 KL. Die Not im Randgebiet wirkt sich auch hier aus. Die deutschen Städte, Selbstverwaltungskörper und private Gönner stellen ihre Zuwendungen ein oder reduzieren sie empfindlich. Das letzte Jahr schlost mit einem Defizit von 55.267 KL und die Verwaltung ist vor schwere Aufgaben gestellt. Hierauf gab Prof. Dr. Tschermak» Seysenegg einen ausführlichen Ueberblick über die Arbeit derStudentenfürsorge", die er seit 1921 leitet. Da die gesamte W o h- nungsagenda an die Studentenheim­gesellschaft übergegangen ist, befastt sich die Stu­dentenfürsorge ausschlietzlich mit' der existenziel­len Erhaltung und Unterstützung mittelloser Stu­denten. Prof. Tschermak stellte fest, dast diese als gebundenerDelegiertenverein" konstituierte Wirtschaftskörperschaft(paritätisch zusammengesetzt aus 10 Professoren und 10 Stu­denten, die von den einzelnen studentischen Grup­pen delegiert sind wobei die sozialisti­ schen   Studenten zwei Vertreter stellen) klag­los zusammenarbeitet. Prof. Tschermak schilderte im einzelnen die Schwierigkeiten des Ausbaues rmd der Führung der einzelnen Aktionen(Studen­tenküche. Erwerbs- und Wohnungsvermittlung, wirtschaftliche Einrichtungen usw.), Besonders interessant war das KapitelAbsolventen­fürsorge". Prof. Tschermak wies auf die erschreckend zunehmende Zahl erwerbsloser Akademiker hin, die nach der Absolvierung nichts anderes anzufangen wissen, als eine neue Fakultät zu be­ziehen.(Bei Prof. Tschermak selbst studieren mehrere diplomierte Ingenieure, Doktoren der Rechte und der Philosophie.) Eine statisti­sche Erfassung der Absolventen tue dringend not, etwa durch Anlegung einer Kartho- tek der Absolventen, verbunden mit deren Ver­pflichtung, sich regelmässig zu melden, um sie wei­terhin im Auge zu behalten und eventuell beraten zu können. ES ist tatsächlich eine groteske Tat­sache. dass in der Zeit ärgster Stellennot fünf Po st en für Juri st en zu besetzen waren, ohne dass sich Bewerber fanden! Auf die F i n a n z f r a g« der Studen- ienfürsorge eingehend, wies Prof. Tschermak auf deren grosse Schwierigkeiten hin, die ebenfalls in der allgemeinen Not der deutschen Gebiete begrün­det sind. Die Haupteinnahmsquelle sind neben dem Verkauf des Kalenders, Sammlungen und Appelle Jan die private Wohltätigkeit. Die staatliche Subvention dieses Hilfswerkes beträgt etwa die Hälfte dessen, was dem Bevölkerungsschlüssel entspräche. Prof. Tschermak erkannte aber rückhaltlos die Einsicht und den guten Willen vieler tschechischer Persönlichkeiten an, Gerechtigkeit walten zu las­sen. Gleichzeitig wandte er sich gegen die von ge­wissen Stellen demagogisch ausgestreute Unter­stellung, als sollte die gerechte Unterstützung der deutschen Studenttnfürsorge auf Kosten des tsche­chischen Hilfswerkes vor sich gehen. Zum Schluss referierte Prof. Luksch über die Tätigkeit und Situation derHaupt- stelle fürLeibesübunge n". rb. Wtr kämpfen für alle Kinder um Nahrung. Kleidung, Wohnung und Freude. Führe deiner Organisation neue Mitglieder, neue Mitkämpfer zu! ArbeitervereinKinderfreunde". Die Notlage der dcntsdicn Universität Pauperlslerung des akademischen Nachwuchses ein. Die Baufälligkeit einzelner Teile des Karo- linums macht Restaurierungsarbeiten notwendig, die vermullich etwa sechs Monate in Anspruch nehmen werden und besonders den grossen Pro­motionssaal betreffen. Die prekären Raumver­hältnisse der Rektorats- und Dekanatskanzleien und der Hörsäle drängen auf Abhilfe durch Aus­führung des Bauprojektes für das Zentral­gebäude auf den Hollescho» witzer Richterschen Gründen (hinter der A.U. B. A.), in welchem äusser den Kanzleien die juristische, philosophische und natur­wissenschaftliche Fakultät untergebracht werden sollen. Der Baugrund ist grösstenteils bereits er­worben bis auf ein Haus und 800 Quadratmeter städtischen Grundes, der im Wege deS Tausches gegen 1200 Quadratmeter Universitätsgrund in den Besitz der Universität gebracht werden soll. Cs besteht Hoffnung, dass diese letzten Trans­aktionen keine Schwierigkeiten machen werden. Der projektierte Neubau für die Kli­niken in Motol steht noch im Verhand- lungSstadium. Auf die Frage, wie es mit den vakanten Lehrkanzeln stehe, er­klärte der Rektor, dass die Vakanzen im verflosse­nen Jahr grösstenteils beseitigt pmrden. kln Urteil Uber uns In den PlanerWestböhmischen Stimmen" schreibt der Landbündler Alois Fietz, daß praktisch genommen die d e u 1- sche« Sozialdemokraten in der Regierung dem Sudeten­deutschtum mehr Ruhen ver­schafft haben, bzw. dem fortwährend drohenden weiteren Verfall mehr wirksamen Widerstand entgegenset­zen, als alle gegeü die Regierung in Opposition stehenden deut­schen Parteien zusammenge­nommen." Eine werwolle Anerkennung aus dem Munde eines solchen Anti-Sozialdemokraten, wie Herr Alois Fietz einer ist! Lerroux stürzt über Korruptionsaffäre Madrid  . Die stürmische Debatte in den Cortes über dieAffäre Strauß", in die Ver­wandte des Ministers Lerroux   verwickelt sind, hatte die Demission des spanischen   Kabinettes zur Folge.. Das neue Kabinett C a p a p r i e t o hat die gleiche politische Zusammensetzung wir das zu» rückgetretene Kabinett. An Stelle des Ministers L e r r o u x hat Martinez de BelaSro, der frühere Minister für Landwirtschaft, das Portefeuille des Auswärtigen inne. Pastoren-Disziplinierungen rückgängig gemacht Berlin.  (DRV) In»erfolg der Maß­nahmen des Reichsministers zur Wiederherstel­lung des Kirchenfriedens hat der Landeskirchen­ausschuß für die evangelische Kirche der Altpreu- tzischen Union eine grundsätzliche Entscheidung in dem Sinne getroffen, daß Disziplinarverfahren und Disziplinarmatznahmen kirchenpolitischer Art sofort zu überprüfen und zu un­terbrechen sind. Bon der Verhängung von Ordnungsstrafen im Verwaltungswege ist abzu- srhen. Beurlaubungen, die gegen Geistliche und Superintendenten   wegen ihrer Stellungnahme im Kirchenstreit ausgesprochen wurden, sind grundsätzlich aufzuheben. Die Radikalen für schärfere Bekämpfung der Fascisten Paris  . Der Kongress der Radikalen beendete am Sonntag seine viertägige Session mit der An- nahme einer Resolution, in welcher gefordert wird, dass der parlamentarische Klub auf eine energische Bekämpfung der Tätigkeit der rechts­gerichteten Vereinigungen dräitge, welche das republikanische Regime bedrohen, und dass die Unterstützung der Regierung, gegebenenfalls die Beteiligung der Radikalen an derselben, von einer entschiedeneren Behandlung dieser Frage seitens der Regierung abhängig gemacht wird. * Der Ministerrat tagte am Dienstag fast ohne Unterbrechung den ganzen Tag hindurch und hielt auch eine Nachtsitzung ab, um aus 400 vor­gelegten Entwürfen etwa 150 der wichtigsten auszuwählen. Diese werden dann Donnerstag früh als Regierungsdekrete veröffentlicht werden. An diesem Tage laufen nämlich die ausserordent­lichen Vollmachten ab, die dem Kabinett Laval  seinerzeit gewährt wurden. Günstige« Aussichten für die TextilauSfubr. Wie wir erfahren, treffen die österreichischen und deutschen Exporteure Vorbereitungen zur Aus­nützung der Exportschwierigkeiten Italiens  . Es ist wahrscheinlich, dass Italien   in der nächsten Zeit eine Reihe seiner bisherigen Absatzgebiete verlieren wird, deren sich die österreichische und deutsche Ausfuhr bemächtigen wollen. Dieser Tat­sache sollten auch die tschechoslowakischen Expor­teure und Produzenten um so mehr erhöhte Auf­merksamkeit widmen, als es sich um Waren han­delt, welche die Tschechoslowakei   exportieren kann, ebenso um Einfuhrstaaten, mit welchen die Tsche­ choslowakei   in Handelsbeziehungen steht. Cs handelt sich in erster Reihe um Baumwollwaren, die Italien   nach Jugoslawien  , Bulga­ rien  , Rumänien  , Marokko  , Tunis  , Brasilien  , Zentralamerika   und O st« a f rika ausführt. Weiter um Hutstumpen, die China  , Britisch-Jndien und Zentralamerika   vor Italien   bezogen; schliesslich um Decken aus Woll­abfällen, die eine wichtige Position der italieni­schen Ausfuhr nach Britisch  - und Holländisch- Jndien und Ostafrika   bilden. JtaJifiweJl Berlin.  (AP.) Der Branntweinabsatz ist im letzten Vierteljahr um 100.000 Hektoliter auf 1.13 Millionen Hektoliter gestiegen. Auch daS ist ein Symptom I Berlin.  (AP.) Die Regierung bereitet eine Verordnung vor, durch die die Beamtengehälter um 10 Prozent gesenkt werden sollen. Die Hauptsache ist eben, dass die Rüstungen nicht beeinträchtigt werden-