Seit« 2Sonntag, 17. November 1935Nr. 268so lieb hätten und Mussolini nun einmal daSHerzpinkerl Europas sei, man werde aber in an»deren Fällen strenger sein, so kann ein derartfrivole- Bekenntnis zu einerdoppelten Moral nur dem Völkerbundschaden und seine Feinde moralisch stärken, sieaber auch ermutigen. sich Mitschuldige zu suchenund dann loszuschlagen.Dagegen erweist sich an dem Beispiel Abessiniens, wie weit man mit Vertragstreue kommt.Abessinien hat Hilfe nur vom Völkerbund zu erhoffen, an dessen Satzungen eS sich streng gehalten hat. Aber vorläufig hat eS von der Hilfenichts gespürt, um so mehr vom Uebermut desAngreifers, der weiter seine Soldaten und seineMunition durch den Suczkanal schiffen kann, derdie Zufahrtsstraße, die Abessinien mit seinen sozusagen„Bundesgenossen" verbindet, bedrohendarf, der in brutalster Weise Frauen und Kindermordet, unter wurmstichigen Vorwänden vonZivilisation und Aufhebung der Sklaverei seineBündnisse gerade mit den übelsten Praktikern desSklavenhandels schließen darf und der zu alldemseine Schlachten mit gepreßtem und schamlos geopferten Menschenmaterial schlägt: mit Aska«r i s, also schwarzen Truppen, die gegen ihr eigenes Interesse an der Seite der Unterdrückerkämpfen müssen, und mit Deu-tschtirolern,denen die Eroberung Abessinien- stagelgrün auf»läge, wäre sie nicht eine für sie so blutig ernsteTragödie.Eine VlockadederKüstevonEri»t r e a durch maritime Streitkräfte der Völker»bundsmächte, die Bereitstellung der Luftflottender Bundesmächte zum Schutze gegen italienischellebeffälle in Europa(mit denen gedroht wurde),könnte den Krieg in 14 Tagen beenden, Italienzur Unterwerfung zwingen, die Macht und dieRechtsgrundsätze des Bundes triumphieren lassen.Was man jetzt beginnt, sieht mehr nach demWitz des Komikers Ballentin aus, der eineBrille ohne Gläser aufsetzt und demPublikum erklärt:„Besser als garnichts". In unserem Fall aber ist die Gesteohne Inhalt, die Drohung ohne ernsten Willen,s ch l immer als gar nichts, denn siekann zum moralischen Bankrott und zum Zerfalldes Bundes führen.Wenn die Idee des Völkerbundes sich behaupten soll, wenn er ein Instrument des Friedens werden wiU, dann muß er bald jene Machtentfalten, die Abessinien, den unschuldig angegriffenen Staat, retten, die den Angreifer Italienzur Genugtuung zwingen kann. Aber dazu wäreweit mehr nötig als das, was unter dem Titel„Sanktionen" morgen beginnen wird.Rrbeitsmarkt und beruflicher NachwuchsQuerschnitt durch ein brennendes Zeltproblem— Interessante Referatebei der Tagung der Reichsgemeinschaft für deutsche BerufsberatungPrag. Samstag vormittags fand hier dieHerbsttagung der„Reichsvereinigungfür deut sch e Berufsberatung"(RAG) statt, mit der Tagesordnung„A r-beitsmarkt und beruflicher Nach»wuchs". Die RAG, die als Sonderausschuß des„ReichSverbandeS für deutsche Jugendfürsorge"konstituiert ist, hatte zu dieser Tagung die Vertreter der wichtigsten Arbeitgeberverbände und dergewerkschaftlichen Organisationen geladen, die zudem heute so überaus aktuellen Thema eine Reihehöchst interessanter Referate erstatteten.Nach Verlesung mehrer EntschuldigungS»schreiben und Begrüßung der Gäste und Delegierten erteilte der Vorsitzende Obergerichtsrat i. R.Theodor Schufte r-Brünn dem GeschäftsführerDr. Walter Simon-Wrgstädtl, das Wort zum einleitenden Referat überdie Struktur des tschechoslowakischenArbeitsmarktes.Dr. Simon erklärte u. a.. zur Beurteilung derLag« auf dem Arbeitsmarkte sei es notwendig, einetheoretische Bergleichsbasis zu schassen. Diese Ber«gleichsgrundlage bietet die..Gleichgewicht<•si ruation", nämlich der Zustand, in welchem«invollkommener Ausgleich von Angebot und Nachfrageherrscht, io daß also auf hundert Angebote hundertNachfragen entfallen. Dieser angenommene Jdealzu-stond existiert bekanntlich nirgends, ist aber als M a ßzur zahlenmäßigen Erfassung des„Andrang s"von Wert. Die„Ändrangsziffer 120" bedeutet z. B.,daß in einer gewissen Produktionkgruppe auf 100frei« Stellen sich 120 Bewerber melden. Die Aufgliederung des Gesamtarbeitsmarktes inTeilarbeitsmärkt« verschafft genauerenEinblick, wobei auch das zeitliche Moment(„Fristigkeit") zum Ausdruck kommt.Nachdem Dr. Simon die Methoden der Erfassung des Arbeitsmarktbildes erläutert batte, gab eran Hand zahlreicher graphischer Darstellungen eineAnalyse des allgemeinen tschechoslowakischen ArbeitkmarkteS in seiner Entwicklung seit 1927. Die..Andrangskurve" sinktVom Beginn des Jahres 1927 allmählich bis zumSommer 1928.Bon da ab seht eine Stagnationein, die bis in den Gommer 1929 währt. Dann beginnt ein zunächst allmähliches Ansteigen des„Andrangs". das im Frühjahr 1930 in«inen jähenAn st i e g überg«ht. dessen Tempo sich 1931 verüber-gehend verlangsamt, um 1932 wieder unheimlich zusteigen, Im Jahre 1933 verlangsamt sich der Anstieg,um schließlich in Stagnation überzugehen. SeitEnde 1933 zeigtsich etn mäßigerAbfall.An Hand einer Reihe weiterer Diagramme zeigteder Referent den gleichzeitigen Ablauf, verschiedeneranderer wirtschaftspolitischer Entwicklungsreiben(Groß- und Kleinhandelspreise, Arbeitslosenziffern,Einlagenstand. Produktionsentwicklung, Banknoten«umlauf) und bot eine Analyse der wichtigsten Teilarbeitsmärkt«. Zusammenfassend stellte er fest, daß die wahrnehmbaren strukturellen Veränderungen teilweise überdeckt sind durchkonjunkturelle Schwankungen, so daß esvom Standpunkt der Berufsberatung ausvorläufig nicht«Sgltch sei, Rückschlüsse aus dirWeitere Entwicklung zu ziehen,unter besonderem Hinweis auf gewisse Erportindu»strien(namentlich Textil), die unter Weltmarkt»lichen Einflüssen stehen. Dr. Simon schloß'mit derForderung nach gründlicher beruflicher Schulungundvraktischer Weiterbildungder jungen Generation. Zu diesemPunkt nahmen denn auch die folgenden ReferateStellung.Zum Thema des zweiten Hauptreferates,Welches lautete:„Die gegenwärtig« Lage des tschechoslowakische« Arbeitemarkteö"referiert« zunächst, als Sprecher der Arbeitgebergruppe, Herr Dr. Rudolf Fernegg-Reichenberg,Generalsekretär der Arbeitgeberhauptstelle.Seine Ausführungen gingen von der Weltkrise aus, die insgesamt 30 Millionen Menschenau- dem Produktionsprozeß ausgeschaltet hat, wobei Referent die verschiedene Entwicklung in deneinzelnen Ländern betont«. Hinsichtlich der europäischen Staaten erinnerte Dr. Fernegg daran, daßheute jeder dreizehnte E u r o p ä e r arbeitslos ist, er verwies ferner auf den Niedergangde- europäischen Exporte-, der von 83 auf 38Milliarden S ch w e i z e r Franken zurückgegangen ist. Das bedeutet V0 Milliarden Franken Lohnausfall und zwölf Millionen europäischerArbeitsloser.Auf unserenArbeitSmarkt eingehend, verwies der Referent auf die besondere Notlage der deutschen Randgebiete und bemerkte, daßkeine Stärkung des Jnlandsmarktes den Exportausfall und die durch diesen bedingte Arbeitslosigkeit aufwiegen könne. Interessant war die Stellungnahme deS Generalsekretärs Dr. Fernegg zuden Problemen der Rationalisierung und der Ar»beitszeitverkürzung.„Rationalisierung" bedeutevernünftige Betriebsführung" und wenn die Technisierung der Industrie zu.„einigen Ber»schärfungen" geführt habe, so liege das kti»neSwegs(?) im Willen d«r Unternehmer. ZurFrage der Arbeitszeitverkürzung äußerte sich derReferent in dem Sinne, daß auch die deutsche Industrie den Wunsch hege, daß die Fortschritte derTechnik zu einer Erleichterung der Arbeit führensollen, also auch zu einer Arbeitszeitkürzung. Rurdürfe die Arbeitszeitkürzung zu keiner Verteuerung der Regie führen.In der Frage de- Verbote- de- Doppelverdienste- über eine gewisse Einkommenstufehinaus wünschte der Referent keine Schematisierungund zum Problem der Frauenarbeit erklärte er, daß die Industrie die Frauenarbeit nichtum der geringeren Entlohnung willen bevorzuge.(Der Gewerkschaftsvertreter der Porzrllanarbeiterkonnte mit Beispielen für das Gegenteil dienen.)Schließlich setzte sich Dr. Fernegg in Uebereinstim-mung mit allen anderen Referenten für eineSchulungsaktion für di«arbeitendeJugend und für die ernstlich« Inangriffnahmeeiner planmäßigen Jnnenkolonisation ein.Als zweiter Referent zu dem zweiten Hauptthema sprach als Vertreter der ArbeitnehmergruppeGenosse Wilhelm Weigel(Reichenberg),Sekretär der Zentralgewerkschaftskommission.Zur Illustration der Situation in den deutschen Randgebieten führte Genosse Weigel einleitenoeinige statistische Zahlen an.In den 44 Bezirken Böhmens mit mehr al-80 Prozent deutscher Einwohner(Gesamtzahl derEinwohner 2,593.700) waren Ende Jänner228.871 arbrit-lo«, d. i. 8.8 Prozent. Ende September waren der Arbeitslosen 189.785 d. i.7.3 Prozent.In den übrigen 60 Bezirken mit 4,505.676Einwohnern wurden Ende Jänner nur 186.571Arbeitslose gezählt, d. i. 4.1 Prozent, Ende September nur 102.851, d. t. 2.2 ProzentDie Gesamtbilanz der Sudetenländer entsprichtvollkommen diesem zahlenmäßigen Verhältnis. Aufeinen Bezirk mit mehr als 30 Prozent deutscherEinwohner entfallen im Durchschnitt per Ende Jänner 8897, auf einen tschechischen Bezirk 3497 Ar-bertslos«. Für Ende September lauten di« entsprechenden PerhästniSzahlen 4583: 2127...Genosse Weigel analysierte weiter, die k r i s e n-verschärfendenMomente. Zunächstkommt die natürliche Zunahmederer-werb-tätigen Personen in Betracht.Die Gesamtbevölkerung ist gegen 1921 um 8 Prozent gestiegen, die Zahl der erwerbstätigen Personenaber um 11 Prozent und die der erwerbstätigenFrauen um 12 Prozent. Ferner macht sich die A b-stoppung der Auswanderung fühlbar. Schwer in- Gewicht fallen.die Maßnahmen der Kartelle.In der kartellierten Papierindustrie wurden z. B.seit 1989 achtPapier», dretZellu-lose« und eine Papierfabrikstillgelegt, womit 2000 Arbeitsplätze verloren gingen.Für die Unternehmer ist allerdings gesorgt, sieerhalten hei Verkauf ihre- Kontingente- fette Entschädigungen. Auch der politische UmschwunginBewaffneter WiderstandNankingsgegen die LosrelBung Nordchinas?Nanking. Ein hervorragender Führer derKuomintang erklärte dem Havas-Korresponden«ten, die Kuomintang werde nicht zulassen, daßChina zerstückelt werde, sie werde sich im Bedarfsfälle auch mit der Waffe in derHand gegen die LoSreißung der nördlichen Provinzen stellen.Andere chinesische Kreise erklärest, daß dieKonzentrierung der chinesischen Truppen längsder Eisenbahnlinie von Peiping nach Hankau undvon Tientsin nach Pukau, von der japanische Meldungen sprechen, möglicherweise durch den Beschluß der Regierung von Nanking zu erklären sei,sich einer allfälligen japanischen Militäraktion inNordchina zu widersetzen.Deutschland hat viele tausende von Grenz»bewohnttn um die Arbeit jenseits der Grenze gebracht, gar nicht zu reden von den ständig inDeutschland lebenden, die plötzlich ausgewiesen wur»den und den Saisonarbeitern, die früher jenseitsder Grenze ihr Brot fanden.Besonder- schwer find die Auswirkungen fürdie jugendlich«» Arbeiter.Im Organisationsgebiet der Zentralgrwerk-schaft-kommission wurden seit 1929 nicht weniger als660 Betriebe stillgelegt mit 102.624 Arbeit-plätzen-Nimmt man einen Prozentsatz von 20 Jungarbeiternan, so ergibt sich die Zahl von 64.900 arbeitslosenJugendlichen. Auch die Stellensuche imHandwerk steht sehr unerfreulich au-. DieZahl der offenen Lehrstellen beträgt kaum«in Drittel der schulentlassenen Bewerber um solche.Eine einheitlich« Prognose nach ExistenzauSfichtenin einzelnen Berufszweigen läßt sich heute nichtstellen.In einzelnen Gebieten macht sich auf diesem oderjenem Gebiet eine vorübergehende Nachfrage nachArbeitskräften geltend, ohne-aß daraus aber ein«heutige Schlüsse auf die weitere Entwicklung zu ziehen wären. Zum Schluß betonte Genosse Weigelmit großem Nachdruck, daß die Ausbildungeines fachlich aualifizirrten Nachwuchses mit allen Mitteln gefördert werdenmüsse. ES werden und müssen wieder andere Zeitenkommen und unsere Industrie und unser Gewerbewird sich leichter durchsetzen und behaupten, wennsie sich auf qualifizierte Arbeitereinstellen, die Qualitätsware her«zustellen vermögen.Ms vierter Programmpunkt folgten Kurzberichte über die Aussichten deS jugendlichen Nachwuchses von Vertretern der Arbeitgeberorganisa«tiön' und Gewerkschaftsvertretern, wcwei allehauptsächlichen Wirtschaftszweige zum Wortkamen: Metall- und Textilindustrie, Bergbau,GlaS- und Porzellanindustri«, Nahrungsmittelindustrie, Baugewerbe und Handel und Gewerbe.Die Berichte brachten viel werwolles Material,wenn auch wenig erfreuliche Tatsachen. Die AuS«sichten für die Jugend find in allen Wirtschaftszweigen höchst unerfreulich. Alle Referenten aberwiesen auf die Tatsache hin, daß trotzdem überallfür gewisse Spezialisten Aussichten bestehen, daßaber deren Ausbildung durch di« heutig« Situation auf schwere Hindernisse stößt, die zum großenTeil in dem heutigen Arbeitssystem liegen. AlleReferenten betonten übereinstimmend di« Notwen«digkeit, eine griindliche fachmännische SchulungdeS beruflichen Nachwuchses. rb.uN■1sESICHT3Roman von Karl StjrmCopyright by Bugen Prager-Verlag, BratislavaDa drinnen liegt einer, der wartet!Oder—?Der Schweiß rinnt mir in die Augen, brennt niederträchtig und macht mich fast blind. Aua dem’ Mund rinnt mirklebriger Speichel.Welter, weiter—Uhu kommt mit Schick und Rühling. Ohne ein Wort ausagen, werfen sie sich auf die Arbeit, schaufeln, zerren undkeuchen. Uhu reißt sein Hemd herunter. Von der schmutsi-gen Haut rinnt der Schweiß.„Um Gotteswillen, wielange denn noch!"Schotter knirscht. Unsere Lungen pfeifen.In solchen Momenten hat das Leben der Retter gar kei«nen Wert Über uns hängt eine große Kohlenplatte. Siekann jeden Moment kommen. Kommt sie, so sind wir vierplattgedrUekte Fladen. Wir wissen das, sehen aber nichtnach oben. Da, vor uns drinnen ist einer, der unsere Hilfebraucht Davor muß all unsere Angst um unser eignesLeben surilckweichen.— weil wir Kameraden sind!Uhu arbeitet am weitesten vorne. Plötzlich schreit er:„Ein Fuß!"Er zwickt hinein: Wir horchen—„Hie— ie— ie— Ifeee!“Er lebt!Uhu weiß nicht, soll er lachen oder weinen.Wir fassen den Fuß und sieben an. Langsam, zentimeterweise bekommen wir den Körper frei.Ich schließe einen Augenblick lang die Augen.Furchtbar, was der Berg mit uns treibt!Am Ulm lehnt schräg eine Kohlenplatte. Darunter warDrach. Die Platte hat den Schotter aufgehalten und so unseren Kameraden das Leben gerettet—Wir tragen Drach einige Schritte in die Strecke zurückund betten ihn auf Röcke, Sein ganzer Körper zittert. Dierotentzundenen Augen sehen uns ungläubig an. In der rechten Hand hat Drach ein offenes Messer.Ein heftiger Luftstoß löscht unsere Lichter aus. VomAbbau her kommt fürchterliches Poltern, Krachen undSplittern— Drach schreit auf. Wild, wie ein totängstigesTier—Wir machen wieder Licht.Der Abbau ist gefallen—Dort, wo Drach lag, ist jetzt ein wirres Durcheinandervon Kohle, zerfetzten Stempeln und TegL Eine Minute nurund wir hätten ihm nicht mehr helfen können. Vielleichtwären auch wir drunter— als schmale, unkenntlicheFetzen—Schwarzes, unnennbares Gräben schüttelt uns. Wir seheneinander in die Labien Gesichter—Nur eine kleine, winzige Minute— wie viel Elend wäredaraus geworden!«Drache Gesicht ist fleckig. Seine Brust fliegt. Er öffnetfast andächtig seinen Mund.„Ich lebe!"Mit einem Ruck setzt er sich aufrecht, stellt die Kniehoch und vergräbt den Kopf darin. Seine Schultern zucken.Der zerschundene Körper bebt. Ein Schluchzen bricht ausihm heraus. Abgehackt, zerrissen und doch wieder jubelnd.„Ich lebe!!— Lebe!!" schreit er wild.Uhu und ich helfen ihm hoch und führen ihn in dieHauptstrecke. Dort liegt noch immer Hell und schläft, SeinMund ist halb offen. Zwei feine Speichelfäden rinnen Uberdas rußige Kinn. Uhu zieht seinen Rock an. Seine Zähneklappern vor Frost aufeinander. Drach lehnt sich an denUlm zurück, streckt beinahe ängstlich seine Glieder undschüttelt den Kopf.„Ich kann es noch immer nicht begreifen!— Ganze Knochen— atmen können— und so knapp, so elendig knappdabei!"Er hat noch das Messer in der verkrampften Hand. Diehelle Schneide blitzt wie etwas Gehässiges im Licht„Es war furchtbar!— Furchtbar!— Aber bevor ich erstickt wäre, hätte ich mir den Hals oder die Hände durchschnitten!"Auf seiner Stirn glitzern Schweißtropfen. Mit einerscheuen Zärtlichkeit steckt er das Messer ein.Wir sitzen nm ihn herum und schweigen. Eine stilleFreude ist in uns.Wir haben ein Leben erhalten.Drach ist mit seinen dreißig Jahren schon fünfzehn JahreBergmann, und ein Bergmann ist ein anderer Mensch, alsdie, die draußen in der Sonne leben. Nachdem er seine Angstund seinen Schreck in ein paar wilden Sätzen aus sich herausgerissen hat, ist er auch schon wieder der Alte. Drachschneidet ruhig seinen Priem von der Rolle ab und beginntdaran zu kauen. Seine Hände zittern nur mehr ganz wenig.„Wie spät ist's eigentlich schon?" frägt er.„Halb vor neun!"„Erst?— Dann warten wir hier auf Schicht!"Jeder hängt seinen Gedanken nach. Das Flötz hinten istruhiger geworden. In den Abständen piepsen Ratten.Plötzlich springt Uhu auf, preßt seine Hände ins Gesichtund flucht„Verdammt verdammt!—-——•!“Grubenkoller.Wir sehen gar nicht hin, weil es zu oft vorkommtEin Bergmann soll nicht zuviel denken. Am allerwenig*sten über sieh selbst Er kommt dabei zu einem Punkte, andem er vermeint er müsse an seinem Leben erstickenLorett steht vor uns. Wir haben sein Kommen überhörtDer Aufseher sieht verbissen auf seine Uhr, dann auf uns»