Stile 2 Donnerstag, 21. November 1933 Nr. 271 lich mehr als 64.000 also mehralsdop« Pelt so viel l Daraus allein erklärt sich die immer noch so große Regierungsmehrheit, die durchaus im Widerspruch steht zu der Stimmung im Lande. In Wahrheit haben von je 20 Mählern 11 für die Regierung gestimmt, 8 für die Arbeiterpartei und einer für die übrigen Parteien. Die Wähler­schaft zerfällt also in zwei große Lager zur Rech­ten und zur Linken. Die Wahlen haben den politischen Verfalls­prozeh des Liberalismus(der geistig und kul­turell allerdings weiter eine starke Kraft in Eng­land bleibt) wiederum ein gutes Stück weiterge­führt. Die Partei Gladstones und Asquiths, die England bis in den Krieg hinein regiert hat, hat im ganzen Lande nur wenig mehr als eine Mil­lion Stimmen(von 31 Millionen Wählern) auf sich vereinigen können. Der bürgerliche Liberalis­mus ist auch in seinem Geburtsland politisch tot. Die unter den Schuh der Konservativen ge­flüchteten Nationalliberalen haben zwar etwas mehr Mandate, aber noch viel weni­ger Stimmen gerettet als die gesinnungstreuen Liberalen. Die zweite und noch viel verächtlicher« Hilfs­truppe dernationalen" Regierung, bestehend aus den Labour-Deserteuren von 1931 ist in den Wahlen nahezu völlig a u f ge­rieben worden. NurJimmy" Thomas, einstmals ein populärer Arbeiterführer, heute streb- und klebsamer Dominionminister, hat sich von den bekannteren Leuten der Gruppe in das neue Parlament hinüberzuretten verstanden.! Macdonald aber, ihr Führer, und bis vor kurzem noch Premier-Minister, ist wahrhaft ver­nichtend geschlagen worden: Die Bergarbeiter von Seaham  , seinem alten Wahlkreis, haben ihn mit Schimpf und Schande davongejagt und mit einer Mehrheit von über 20.000 Stimmen, die allge­meine Sensation hervorgerufen hat, den Labour- Kandidaten S h i n w e l l gewählt(Shinwell 38.380, Macdonald 17.882 Stimmen). Die Arbeiterpartei bringt durch ihre Wahl­erfolge eine Reih« ausgezeichneter, erfahrener Parlamentarier, die 1931 ihre Sitze verloren hat, ten, wieder ins Unterhaus: Vor allem Herbert Morrison  , Hugh Dalton  , A. V. Alexander  , H. B. Lees-Smith  , I. R. C l y n e S. Zusammen mit den Führern der bis­herigen kleinen Parlamensftaktion, dem greisen LanSbury(bezeichnenderweise einem der ganz wenigen, die ihre Majorität noch über 1929 hin- ouS steigern konntenl), Attlec, Cripps   und Greenwood und vielen neugewählten jungen Abgeordneten werden sie ein gutesTeam" bil­den, das der Regierung viel zu schäften geben dürfte. Die Kommunisten haben den einen Ihrer beiden Kandidaten auS dem Bergarbeiter­bezirk Fyfe in Schottland   ins Parlament ge­bracht. Daß sie diesmal von aussichtslosen Kan­didaturen abgesehen haben, hat der Labour Party  zu einigen Mandaten verhalfen(z. B. dem in Whitechapel). Di« Unabhängige Arbeiterpartei (I. L. P.) hat bewiesen, daß sie trotz ihrer Ab­spaltung von der Labour Party   in Schottland   über einen Stock treuer Wähler verfügt. Sie hat nicht nur ihre drei schottischen Mandate behalten, son­dern auch noch ein viertes dazu erobert. In der englischen Politik dürste das Wahl­ergebnis wohl keine"großen Veränderungen mit sich bringen, wenngleich es zu einer Regierungs­umbildung kommen wird. Insbesondere aber ist die Außenpolitik durch den Wahlausgang nicht berührt. Konsequente Völkerbundsaktion gegen den Friedensbrecher war das Programm nahezu aller Kandidaten auf beiden Seiten. Die ver­stärkte Labour-Opposition wird scharf darauf sehen, daß von dieser politischen Linie nicht abge ­wichen wird. Im übrigen stehen ihr Jahre des parlamentarischen Kampfes um Arbeiterrechte und gegen politisch und sozial reaktionäre Tendenzen bevor. Justizminister Dr. D ö r e r und Unifizierungs­minister Dr. S r a m e k und nach ihnen die Ver­treter der einzelnen Ministerien Berichte über den Stand der Unifizierungsarbeiten ab. Ueber diese Erklärung wird in der nächsten Sitzung eine De­batte abgeführt werden. Erhöhter Bahnschutz Im Teschener Gebiet Brünn  . Die Staatsbahndirektion in Brünn  teilt mit: Montag nachmittags fuhr ein Teil der Eifenbahnwächt-Abteilüng Nr. 1 aus Lündenburg und Nr. 6 aus Brünn   nach Tschechisch-Teschen ab, wo diese beiden Gruppen mit einem Teil der Eisen­bahnwachtabteilung Nr. 3, die Wachtabteilung Nr. 12 bilden werden. Die Mitglieder der Wachtabtei­lungen fuhren in voller Ausrüstung und in Beglei­tung einer ihnen zugeteilten Sonderabteilung von Diensthunden mit ihren Führern. In Mähr.-Ostrau ergänzte die bewaffnete Eisenbahnwachtabteilung Nr. 12 ihre bisherige Ausbildung durch Vorträge von Polizeibeamten und durch Scharfschieß« Übungen. Aufgabe dieser neue» Wachtabteilung ist die Sicherung deS Eisenbahnbesitzes und Erhöhung der Verkehrssicherheit auf der Strecke Oderberg Tschechisch-Teschen Cadca. Die Angehörigen der Wachtabteilung sind durchwegs ausgediente Solda­ten. Die Abteilung u.achte einen sehr guten Eindruck und erregte auf der Fahrt, namentlich in Tschechisch- Teschen, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Die konstituierende Sitzung deS Beirates für die Reinhaltung der Wasser­läufe beim Landwirtschaftsministerium fand im großen Sitzungssaal dieses Ministeriums am 20. d. M. unter Teilnahme von Vertretern des Handelsministeriums, der Ministerien für öffent­liche Arbeiten, für öffentliches Gesundheitswesen und des Innern, der Landesbehörden, der staat­lichen hydrologischen, meteorologischen und Sani­täts-Institute, der landwirtschaftlichen For­schungsinstitute, der Hochschulen und ihrer zustän­digen Institute, Wester der Korporationen und Organisationen der Industrie, der Landwirtschaft und der Selbstverwaltung statt. Das Landwirt­schaftsministerium als oberste Wasserrechtsbehörde ging nach den Erfahrungen mit den ungünstigen Wirkungen der katastrophalen Dürre in den letz­ten Jahren auf den Stand unserer Wasserläufe und hauptsächlich ihrer Reinheit an die Lösung des akuten Problems der Reinheit unserer Was­serläufe heran und schafft zu diesem Zwecke einen Beirat, mit besten Beihilfe die Unterlagen und Behelfe für die Lösung der zahlreichen mit dem Problem der Reinheit unserer Wasserläufe zu­sammenhängenden Fragen gewonnen werden sollen:. Bürgermeisterwahl in Ostra«. Mittwoch nachmittags fand in M.-Ostrau die konstituierende Sitzung der neugewählten Stadtvertretung stast. Zum Bürgermeister wurde mit allen 60 Stimmen Senator Josef Chalupnik stsch. Sozialdemo­krat) gewählt. Es wählten 31 Mitglieder deS sozialistischen   Blocks, 18 Angehörige des bürger­lichen Blocks und elf Angehörige der Wahlgemein­schaft. Zum ersten Stellvertreter wurde mit 33 Stimmen der Industrielle Jan Geisler(Natio­nale Vereinigung), zum zweiten Stellvertreter Dr. FrantiSek- Mrüzek(tsch. Nationalsozialist) mit den 31 Stimmen des sozialistischen   Blocks ge­wählt. Der neugewählte Bürgermeister verlas sodann ein Huldigungstelegramm an den Präsi­denten Masaryk  , besten Absendung unter stürmi­scher Akklamativn beschlossen wurde. Beginn der Budgetdebatte Im Ausschuß Einleitendes Referat des Generalberichterstatters RemeS Mittwoch nachmittags trat der Budgetaus­schuß des Abgeordnetenhauses in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Dr. H o d z a und des Finanzministers Dr. T r a p l zu einer Sitzung zusammen, in der die Debatte über den Staats­voranschlag für 1936 eröffnet wurde. Anwesend waren auch die Budgetreferenten der einzelnen Ministerien. Zunächst erstattete Generalreferent Abgeordneter R e m e 6 einen einleitenden Bericht über den Staatsvoranschlag und das Finanzgesetz. Remes begründet die späte Vorlegung des Bud­gets damit, daß erst die langwierigen Verhandlungen über die Herabsetzung des Zinsfußes, mit der das Budget bereits rechnet, beendet werden mußten. Jedem verantwortlichen Menschen, der die Staats­wirtschaft näher kennt, sei eS klar, daß der Staat eine weitere Erhöhung derAus- gaben nicht vertrage. Schon durch einige Jahre hindurch gehen wir über die Grenzen unserer Möglichkeiten hinaus. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, daß die Budgetschätzungen nicht genau sind. Die Abgänge aus der Wirtschaft der Jahre 1930 bis 1933 betragen im Erfordernis 6111 MU» lionen. Das Jahr 1934 hat infolge einiger gün­stiger Umstünde im ganzen sehr gut abgeschnittrn, d. h. mit einem Defizit von 341 Millionen. Im Jahre 1935 werden wir diese günstigen Umstände schon nicht mehr verzeichnen können, so daß wir das Defizit auf 1300 Müionen schützen müsse«. Die erhöhten Ausgaben wurden zu 90 Prozent durch Schuldenmachen gedeckt. Auf Schuld könne man nur bis zu einer gewissen Grenze wittschaften und diese Grenze hält der Referent schon für überschritten. Die Einnahmen des Budgets find s e h r opti- m i st i s ch eingeschätzt. So wurde z. B. im Vorjahre der Ertrag der Staatsunternehmungen mit 1086 Millionen eingeschätzt: in den ersten neuen Monaten deS heurigen Jahres find aber nur 459 Millionen ein­gegangen, während die budgetmäßige Quote 791 Millionen betragen müßte. Der wirkliche Ertrag der StaatSbettiebe wird also Heuer stark hinter dem Vor­anschlag zurückbleiben und auch im Jabre 1936 dürfte es nicht anders sein. Der Referent hat auch kein großes Zutrauen in die günstige Entwicklung der direkten Steuern und verspricht sich von einer Novel­lierung deS Gesetzes über die direkten Steuern keine besonderen Ergebnisse. Dir Ausgaben von 8033 Millionen leinhalten »och keineswegs die ganze den Steupstkägern aus­gebürdete Last. Wir finden im Finanzgesetz Ermäch­tigungen zu Kreditotzerationea, die einen Betrag von 1180 Millionen repräsentieren, und außerdem find noch di« Zuweisungen an di« Telbstverwal- tungSkörprr zu berücksichtigen, so daß fast eine Be­lastung von 12 Milliarde» Kd für unsere Wirt­schaft berauSkommt. Der Staat als Arbeitgeber zahlt jährlich a« Gehalten und Pensionen seine» Angestellten 8766 Mllionen aus. Der Referent beschwert sich u. a-, daß bei ge­wissen Faktoren der Wille fehlt, die notwendige Reform der Staatsverwaltung wirklich vorwärts zu bringen. Er befaßt sich dann mit dem Problem der S t e u e r r ü ck st ä n d e und dem Plan des Finanz- ministerS zu ihrer Liquidierung. Er erklärt, daß nur eine individuelle Lösung durch Verhandlungen mit den Steuerttägern möglich sein werde. Man werde die Finanzämter der ersten Instanz, die den Steuer­träger kennen, damit beauftragen müssen. Eine zweite, nicht minder wichttae Frage sei eL. wie man verhin­dern könne, daß sich nicht eine neue Pyramide von Steuerrückständen auftürmt. In Besprechung der Ausgaben für den Schuldendienst erklärt Re- mes die Höhe der nichtkonsolidierten Schuld von 7460 Millionen für eine bedenkliche Erscheinung. Bon der Finanzverwaltung verlangt er, daß sie die geeigneten Methoden finde, um eine Atmosphäre des Vertrauens zwischen Finanzverwaltung und Steuerträger zu schaffen. Um dies zu erreichen, müsse sie auch di« p s y cho- logische Seite dieses Problems berücksichtigen. RemeS weist u. a. auf ein Hintertür! im Gesetz über die direkten Steuern hin. daß nämlich bei den Bankdirektoren und Direktoren der Jndustrieunterneh- mungen der eigentliche Gehalt nur mit 100.000 kestgesetzt wird, wozu dann oft das Vielfache die­ses Betrages in Form von ,Entloh n u n g e n für außerordentliche Leistungen" hin- zukommt, die der Einkommensteuer nicht unter­liegen. Er wünscht überdies dem Finanzminister, daß er mit seiner Steuerverwaltung auch derartige Un­annehmlichkeiten im Kontumazverfabren bätte. wie viele Tausende gewöhnlicher Sterblicher. Der Effekt ist dann immer eine Erschütterung des VettrauenS in di« Objektivität der Finanbehörden und damit der Steuermoral. Diese Erscheinungen müsse die Finanzverwaltunq um jeden Preis besei- ttaen. Der einzige Weg sei für die kleinen Steuer­träger die Pauschalierung der Steuergrundlage für zwei bis drei Jabre im gegenseifigen Einvernehmen. Die Finanzverwaltung würde dann Zeit zur quali­tativen Besteuerung der großen Steuerträger ge­winnen. Auch die Steucrverrechnung müßte verein­facht werden. Abschließend ermabnt der Referent dl- einzelnen Ressorts, nichl zu vergessen, daß die bewilligten Mit­tel nur mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten und Opfern der Steuerträger beschafft werden können. Er empfiehlt schließlich, das vorgelefte Budget zur Grundlage d-r Verhandlungen zu nehmen. Das Referat wurde mit Beifall ausgenom­men. Dann ging der Ausschuß in die General­debatte über das Budget ein. Erster Redner war der ftchechische Nationalsozialist Dr. Klapka. » Vie Gasmasken-Affäre vor dem WehrausschuB Der Wehrausschuß des Abgeordnetenhauses verhandelte am Mittwoch in vertraulicher Sitzung die Angelegenheit der Gasmaskenlieferung der neugegründeten Firma Fatra. Wir haben schon seinerzeit über die Angelegenheit berichtet. Da die Verhandlung vertraulich war, muffen wir uns auf die Wiedergabe des offiziellen AusschuhberichteS beschranken." Detnnach wurde diese Angelegenheit sehr ausführlich untersucht. An der Debatte be­teiligten sich fast alle Mitglieder deS Wehraus­schusses. Für die Militärverwaltung gaben Mini­ster M a ch n i k, der Stellvertreter des General­stabes, General H u s a r e k und der Vorsitzende der Rüstungssektion General N e t i k Erläute­rungen. Das Vorgehen der Militärverwaltung wurde als korrett anerkannt und einmütig konsta­tiert, daß weder die Armee noch der Staat ge­schädigt wurden. de Im Senat entspann sich im verfassungs­rechtlichen Ausschuß auf die Initiative des Aus­schußvorsitzenden Dr. Milota hin eine Debatte über das Problem der Unifizierung, zu der Ver­treter aller Ministerien eingeladen waren. Nach dem einleitenden Referat des Vorsitzenden gab V N 51 ER g|Gjl Sil CHT 8 Roman von Karl Stym Copyright by Eugen Prager-Verlag, Bratislava  Vor einer Tür bleiben wir stehen. Fogger Schorach hebt langsam den Kopf. Seine Augen suchen von Fenster zu Fen­ster. Über uns wird eines aufgerissen. Ein Frauenkopf beugt sich heraus. Ich sehe nur zwei große, furchtbar erschrok- kene Augen und einen zum Schrei geöffneten Mund. Das Fenster fliegt zu. Die Scheiben klirren in den Hof her­unter... Josch!! Josch Miihlers Weib steht in der Tür. Ich trete einige Schritte zurück. Vielleicht habe ich Angst. Ich weiß es momentan wirklich nicht. Die Frau spreizt die Hände an die Türbalken. Es hat den Anschein, als wolle sie sich auf uns stürzen. Ihr Gesiebt ist wie ein verwaschenes Tuch. Nur die Augen darin haben Leben. Sie fiebern. So steht sie eine Weile. Fogger Schorach tritt zu ihr. Mühlerin, ich kann nicht dafür! Das Weib zuckt zusammen. Ihre Hände fliegen hoch. Du?!" Noch nie habe ich in Augen soviel Haß und Verzweiflung gesehen. Mühlerin! Foggers Stimme ist weich, fast bittend. Das Weib stößt ihn zur Seite und reißt den Wagen auf. Tot! Ganz tot! Sie sieht über den Toten hinweg, als suche sie irgendwo jemand, der ihr sagen könnte, es sei alles nicht wahr. Die Köpfe der Umstehenden ducken sich. Die suchenden Augen werden trübe, der harte Mund weich und zuckend. Sie weint Ich drehe mich um und gehe. Ich bin mit bestem Willen nicht mehr imstande, die Unglückliche anzusehen. Draußen hinter derRolle lehne ich mich an einen Baum und sehe zurück. Die Sonne flimmert hell über die ver­rußten Dächer. Aus den Kaminen steigt der Rauch kerzen­gerade in die Luft Das ist dieRolle Man mag sie ansehen wie man will, sie zeigt immer das gleiche Gesicht! Graue Höfe, dumpfe Stuben, unterernährte Kinder, in fahlen Gesichtern entzundene Augen. Hier gibt keine Jugend. Geburt und Tod und da­zwischen schablonisiertes Elend. Ein Leben gleicht dem anderen. Fünfzehnhundert Menschen haben nur ein Schick­sal. Der Junge ist vom Schulpack weg Mann und das Mäd­chen Weib. Hier hört ihre Entwicklung auf, nur ihre Körper wachsen fort, in die Arbiet hinein. Das ist unser Gesicht! Lacht es, so ists eine Fratze. Weint es, do ists auch eine Fratze. Lachen und Weinen ist uns gleich nahe, ebenso Beten und Fluchen. Unser Gesicht kann durch nichts schö­ner oder häßlicher gemacht werden! Dort drüben, in einer engen Stube, liegt jetzt ein toter Kamerad. Vor dem Fenster spielen und lachen Kinder. Der Bärentreiber wird einige Häuser weitergehen und dann wie­der zu seiner Pauke summen und den Bären tanzen lassen, als sei nichts geschehen. Nichts?! Ein Bergmann ist erschlaget) worden! Nur einer und es leben noch fünfzehnhundert dort. Fünfzehnhundert können doch nicht wegen eines weinen... Morgen wird in den Zeitungen zu lesen sein: Der Hauer Josef Miihler ist bei der Arbeit unter Tag tödlich verunglückt Er hinterläßt eine Witwe und zwei Kinder." Darunter aber steht vielleicht ein, spaltenlanger Artikel über den Versuch einer Pariser Dame, buntfarbige Zehen­nägel als neueste Mode zu kreieren.., Ich gehe langsam weiter, mit dem Empfinden, fremde Füße in den Gelenken hängen zu haben. Ich bin furchtbar müde. Und doch ist heute Sonntag! Martha Ich habe sie drüben in derRolle gesehen und fühle jetzt noch ihre großen, ängstlichen Augen auf meinen blutige» Händen. Martha lacht so fürs Leben gern. Ihr Lachen ist so schön, so jung und so gut Heute aber Jcönnte ich es nicht er­tragen... Am nächsten Tag sagt Drach: Ich glaube, der Josch ist vorläufig für mich gegangen." Vorläufig? fragt Uhu. Ja! Sieh mal! Drach macht sich schmal, zieht die Achseln hoch, räus* pert sich und spuckt aus. Blut! Drach lächelt dünn. Jetzt gehts bergab! Mit jedesmal Spucken fliegt ein Stückchen Leben mit Je mehr ich spucke, um so früher ists gar. Eigentlich ist das praktisch; ich kann mir so genau meinen Tag bestimmen. Ein Freitag muß es sein, weil dann am Sonntag das Begräbnis ist und ihr alle mitgehen könnt, ohne eine Schicht zu verfeiern! Drach hat ruhig gesprochen. Nur seine Augen zwinker* ten. Das ganze soll natürlich als Witz gelten. Aber irgend etwas in dem Witz tut weh. Ich weiß nicht ist es die Stimme oder die braunrote Spucke vor meinen Füßen. Hell kennt unsere Art, wie wir über Dinge sprechen, die andere ängstlich meiden, noch nicht Er faßt entrüstet Drachs Arm. Mensch, du gehörst doch nicht hier herein! Drach lächelt wieder. Ein brüchig verzerrtes Lächeln- Die Oberlippe zieht er dabei hoch. Darunter leuchten die priemgelben Zähne unnatürlich grell.