Nr. 2SC

Sonntag, 8. Dezember 1935

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Die rund 700.000 deutschen Frauen aber, die für Henlein gestimmt haben, die zahllosen Frauen, die für Henlein arbeiten, mögen es mit sich und ihrer Partei auSmachen, wie diese Ohr­feige beantwortet werden soll.

Verteilung der Sammelgelder vorgehen, ohne ein Namensschild herauszustecken. Wer auS MenschlichtkeitSemPfinden Rot linder« will, verzichtet auf Ehre und Aner­kennung. ES ist wohl daS primitivste Recht aller Ar­beitslosen, da sie durch die verminderten Sam- melergebnisse der Gemeinden bei den Zuwen­dungen fühlbare Einbußen erleiden, während die Schoßkinder von der S.B.H. das Drei« und Vierfache alsVolkshilfe" nebenbei erhalten, daß sie bei allen BerteilungSstellen der S.B.H. vorsprechen und Unterstützungen verlangen."

Die SudetendeutscheVolkshilfe gegen die deutschen Gemeinden gerichtet

Mit großer Aufmachung wird das Hilfswerk des deutschen Bürgertums in die Welt posaunt. Auf wessen Kosten geht aber dieSude­tendeutsche Lolkshilfe"? Jeder Arbeitslose» ohne Rücksicht auf seine Rationalität und politische Zugehörigkeit-wendet sich ausnahmslos an die Gemeinde. Von dieser verlangt er in seiner Not nicht nur Unterstützung, Heilfürsorge und verschiedenes andere, sondern er betrachtet die Gemeinde als verpflichtet, die Für­sorge für die Opfer der Wirtschaftskrise auszu­bauen. Unter den größten Opfern und Schwierig­keiten sind die Gemeinden an dieses schwere Pro­blem herangctreten. Und besonders jene unter so­zialdemokratischer Führung haben für die Ar­beitslosenfürsorge Hervorragendes geleistet, ob­wohl viele Gemeinden infolge der mangelhaften Steuerleistung finanziell vor dem Bankrott stehen. Da kommt auf einmal das deutsche Bür­gertum, daS sich noch nie um den Arbeiter oder den Arbeitslosen gekümmert hat, und will den Wohltätigen spielen. Wie machen sie das? Um ihren Pflichten gegen den Arbeitslosen gerecht zu wer­den, veranstalten die Gemeinden öffentliche Haus­sammlungen. Diese Sammlungen werden nun vom Bürgertum boykottiert und dafür die Samm­lungen derSudetendeutschen Volkshilfe" ge­speist. Durch dieSudetendeutsche Volkshilfe" werden die Sammlungen der Gemeinde geschä­digt; die Verpflichtungen der Gemeinden be­stehen aber weiter. Die Arbeitslosen, alle ohne Unterschied, müssen von den Gemeinden gleich beteilt werden. Da die Einkünfte für diesen Zweck niedriger sind, bekommen die Arbeitslo­sen ohnedies schon weniger. Und dann konunt die Sudetendeutsche Volkshilfe" und gewährt Un­terstützungen aus jenen Mitteln, die rechtmäßig der Gemeinde entzogen wurden. Und wem gibt sie Unter st ützun- gen? Sie gibt sie jenen Leuten, die ihr ge­nehm sind. Die Arbeitslosen werden durch diese

Vorgangsweise geschädigt. Es gibt solche, die leer ausgehen und solche, die drei- und viermal mehr erhalten. Ist das eine gerechte Tat? Oef- fentliche Mittel gehören allen gleichmäßig, dies um so mehr, als die Gelder aus öffentlichen Sammlungen stammen. Wenn es eine wirkliche unparteiische Hilfs­aktion sein soll, warum schließt sich dieVolks­hilfe" nicht den Gemeinden an, die alle Ver­pflichtungen zu tragen haben und gerecht bei der

Ist das Konsequenz? Eine Fräse an die Kommunisten Nächste Woche wird zum erstenmal in der Geschichte des tschechoslowakischen Parlamentes die kommunistische Fraktion ihren bisherigen Standpunkt einer kompromißlosen Oppositions­politik revidieren. Die Kommunisten haben ange- kündigt, daß sie bei der Budgetabstimmung für das Kapitel Außenpolitik und soziale Fürsorge votieren werden. Auch diese halbe Wendung der KP§ zu einer demokratischen Real­politik ist zu begrüßen. Eine ganze Wendung wäre allerdings im Interesse des Gesamteinflusses der Arbeiterklasse noch begrüßenswerter. Man muß aber feststellen, daß die kommunistische Füh­rung auch bei diesem ersten Schritt zu einer Neu­orientierung jede Konsequenz vermissen läßt. Mit der Bewilligung des Aufwandes für die Außen­politik will sie die Zustimmung zu dem Bündnis mit Sowjetrußland zum Ausdruck bringen. Das Votieren für die soziale Fürsorge ist als Aner­kennung der Bemühungen des Fürsorgeministers um die Linderung der Arbeitslosennot zu werten. Warum aber so fragen wir, stimmen die Kommunisten nicht für das Kapitel Gesund- heitsministerium? Hat nicht gerade der Gesundheitsminister in seinem Expose die Sorge nm das leibliche Wohl der Kinder der Arbeitslosen in den Vordergrund gerückt? Hat nicht auch Dr. C z e ch seine Verdienste um den Ausbau unserer Arbeitslosenfürsorge? Will die internationale KPE mit der ersten freundlichen Geste gegen einen tschechischen Arbeiterminister eine Demon­stration gegen den deutschen Arbeiterminister ver­binden? Es wäre interessant, von den Kommunisten zu erfahren, warum ihnen die Gesundheitsfür­sorge für das arbeitende Volk weniger wichtig er­scheint als die Außenpolitik.

kettnot bedroht Volksgesundheit Szene aus einem ostböhmischen Konsum­verein Die Verteilung des Margarinekontingentes für daS Jahr 1936 hätte bereits am 1. November 1933 erfolgen sollen. Nun ist schon Dezember und es rührt sich noch immer nichts. Die ver­spätete Festsetzung des Kontingents kann aber böse Folgen haben. Die Margarinefabriken können nicht liefern, solange die Kontingente nicht festge­setzt sind. Die Weihnachtsfeiertage rücken aber heran, so daß für die schwierigen Kontingentver­handlungen nur mehr wenige Arbeitstage zur Verfügung stehen. DieKonsumgenossenschaft", der wir diese Angaben entnehmen, macht die ver­antwortlichen Faktoren auf die bösen Folgen auf­merksam, die eine Verzögerung in dieser für die

ärmsten Verbrauchermassen so wichtigen Ernäh­rungsfrage bedeuten würde. Für 1936 wird ein Kontingent von minde­stens 7300 Waggons verlangt. DaS ist nicht zu viel. Die Naturbuttererzeugung ist gering, But­ter muh eingeführt werden. Die Butterpreise sind auch so hoch, daß Zehntausende Menschen nicht imstande sein werden, Butter zu konsumie­ren, auch wenn keine Margarine vorhanden wäre. Wie arg die Verhältnisse sind, wollen wir an Hand eines Briefes schildern, den der Leiter eines Kon, sumvereins in Ostböhmen schreibt: Am 16. v. M. kam zu unserem Geschäfts­führer daS Mitglied Bartosch aus Rieder-Altstadt. Es kam die Mutter mit Schwiegertochter und diese führten ein etwa vierjähriges Kind an der Hand. Tie alte Frau bat, daß unser Geschäfts­führer die Verkäuferin in der Verkaufsstelle in N.-Altstadt beauftragen soll, ihr doch daS billige Fett auszufolgen. Die Leute beziehen nur die Brotkarte und können teueres Fett nicht leicht kaufen. Die alte Frau sagte wörtlich, ihr selbst, nachdem sie doch schon alt sei, liege an dem Fett nichts, aber sie möchte doch, daß sie für das Kind etwas Fett bekäme, weil doch dieses das Fett not­wendig braucht. Ein gutes Fett könne sie nicht kaufen und der Geschäftsführer solle doch auf daS Kind Rücksicht nehmen. Jedenfalls befand sich die Frau in einem Irrtum, als sie annahm, daß die Lagerhalterin das Fett nicht gebest will oder nicht rechtzeitig bestellt. Wenn unS ein Photo-j apparat zur Verfügung gestanden hätte, hätten wir die Szene photographieren lassen. Will man vielleicht auch bei uns warten, bis die Leute in Schlangen angestellt sein werden, um ein bißchen billige Margarine zu bekommen? Bank der SdP an de Frauen DaS Blatt des Dr. Walter Brand Dj e Zeit" leistet sich in der Einleitung zum Par­lamentsbericht Samstag das folgende: Als früh im Haus« bekannt geworden war, daß namenS'der SdP Abg. Sandner dem Mini­sterpräsidenten antworten werde, ließ sich der kommunistische Redner von der Rednerliste strei­chen und hatte lediglich die nationalsozialisti­sche Abgeordnete Frau Zeminova Gelegenheit, im Rahmen eines etwas exaltierten Plau­sches die Brüxer Kundgebung des Ministers Spina zu loben und im übrigen den Beweis dafürz n erbringe n, wiegutdieSdP daran tat, nicht Frauen ins Abge­ordnetenhaus zu kandidieren. Die denkenden und arbeitenden Frauen brau­chen sich durch die Keckheit des Brand nicht getrof­fen zu fühlen. Sie stehen geistig und sittlich viel zu hoch, als daß der Schmutz solcher Büberei an sie heranreichte.

DasWahlsericht Kat getagt Annullierung des Mandates des kommuni­ stischen Abgeordneten Stetka Prag. Unter Vorsitz des Senatsvorsitzenden des O.B.G. Emil Hächa trat Samstag das Wahlgericht zusammen. In nicht öffent­licher Sitzung erledigte es zunächst die V e r i- fi k a t i o n e n der Wahlresultate vom 19. März und die Beschwerden gegen die Entscheidungen der Reklamationskommiffionen über die ständi­gen Wählerverzeichnisse. Als zweiter BerhandlungSpunkt sollte die BeschwerdederSdP. gegen dje Verteilung der Senats man- d a t e erledigt werden, doch zog diese Partei ihre Beschwerde vor der Verhandlung zurück, Weil cs ihr angeblich auf ein Senatsmandat mehr oder weniger nicht ankomme. Die SdP. hatte näm­lich Anspruch auf ein 24. Senatsmandat erho­ben. DaS Wahlgericht beschloß schließlich, gleich bei seiner heutigen Sitzung über die Aberken­nung des Mandates des kommuni st i sch en Abg. Stetka zu entscheiden. Ursprünglich war diese Verhandlung für den 18. Dezember angesetzt. Im Bericht des Referenten wird darauf hingewiesen, daß Abg. Stetka durch Ur­teil des Prager StrafkreiSge» r i ch t e s vom 28. Juni d. I. nach dem Schutz­gesetz zu 18 Monaten Kerker verurteilt wurde, welches Urteil durch Entscheidung des O b e r- ft en Gerichtes inBrünn vom 11. Oktober rechtskräftig geworden ist. In diesem Urteil wurde gleichzeitig der B e r l u st der bürgerlichen Eherechte auf dieDauer von fünfJahren aus­gesprochen. Durch Zuschrift vom 14. November wurde dem Wahlgericht und dem Justiz- ministerium von diesem Urteil Mitteilung gemacht und gleichzeitig Abg. Josef Stktka verständigt, der zu dieser Angelegenheit keine weitere Erklärung abgab. Nach kurzer Beratung verkündete Senats­vorsitzender H ä ch a als Vorsitzender deS Wahl­gerichtes den Befund, durch welchen Abg. Jo­sef S t i t k a, gewählt auf die Kandidatenliste Nr. 4, seines Mandates verlusttg erklärt wird. An seine Stelle tritt der Kandidat der gleichen Partei, Rudolf Dölling , Arbeiter aus JohanneStal bei Reichenberg. . In der.B egründung heißt es, daß durch daS rechtskräftige Urteil des ordentlichen Gerichtes der Verlust des Wahlrechtes ausgespro­chen, womit automatisch auch die Wählbarkeit in die gesetzgebenden Körperschaften aufhört. Das Wahlgericht ist nach Paragraph 21 deS Wahl« gerichtSgesetzeS an die rechtskräftigen Urteil« der ordentlichen Strafgericht« gebunden und zu deren Ueberprüftmg nicht berechtigt. Demnach war der Verlust deS Mandates auszusprechen. rb. Generalstreik Im englischen Bergbau? London . Die Lage in der Kohlenindustrie wird als kritisch angesehen. Der Vorsitzende und der Sekretär der Bergarbeiterföderation erklär­ten, daß ihnen nichts anderes übrig bleib«, als auf den 18. Dezember eine gesamtstaatliche Berg­arbeiterkonferenz einzuberufen und ihr die bis­herigen BerhandlungSergebniffe vorzulegcn. Man erwartet, daß die Konferenz den Generalstreik beschließen Wirch.

Blidierverio'gung vor hundert Jahren Am 10. Dezember 1835 verbot auf Antrag deS österreichischen Präsidialgesandten, des Gra­fen Münch-Bellinghausen, der Bundestag in Frankfurt a. M. die literarischen Arbeiten einer Gruppe junger Schriftsteller, welche in der Lite­raturgeschichte seither stets unter der ihr damals beigelegten Bezeichnung auftritt. Der Beschluß des Bundestages behauptete zunächst, unter der BenennungDas junge Deutschland" oderDie junge Literatur" habe sich in neuerer Zeit eine literarische Schule gebildet, deren Be­mühungen unverhohlen dahin gehen,in belletri­stischen, für alle Klassen zugänglichen Schriften die christliche Religion auf die frechste Weise an­zugreifen, die bestehenden sozialen Verhältnisse herabzuwsirdigen und alle Zucht und Sittlichkeit zu zerstören". Und dann stellte er die Strafbe­stimmungen auf, diediesen verderblichen, die Grundpfeiler aller gesetzlichen Ordnung unter­grabenden Bestrebungen" Einhalt gebieten soll­ten: sämtliche deutsche Regierungen wurden ver- pflichtet. gegen die Verfasser, Verleger, Drucker und Verbreiter der jungdeutschen Schriften die Straf« und Polizeigesetze ihrer Länder nach ihrer bollen Strenge anzuwenden und auch sonst ihre Verbreitung zu verhindern: die Buchhändler wur­den verwarnt und aufgefordert, die Maßnahmen der Regierungen zu unterstützen, besonders aber sollte die Regierung der freien Stadt Hamburg dem Verlage der Jungdeutschen, Hoffmann und Campe , diegeeignete Verwarnung zugehen lassen". Der Bundestagsbeschluß kam nicht völlig

überraschend. Ungefähr vier Wochen vorher, am 14. November, war eine preußische Ministerial« Verfügung ähnlichen Inhalts erschienen. Ihr Jni» tator war kein anderer als der österreichische Staatskanzler Metternich, der den preußi­schen König Friedrich Wilhelm III. mittelbar aus die Gemeingefährlichkest der Gutzkow und Laube, Mundt und Wienbarg aufmerksam gemacht hatte. Und Preußen hatte» gehorsam dem gebieterischen Winke, seine Zensoren angewiesen, keiner neuen Schrift dieser Autoren(denen der Bundestag noch Heine voranstellte) die Druckerlaubnis zu erteilen und weder eine Ankündigung noch eine Kritik, noch überhaupt eine Erwähnung ihrer Schriften zuzu­lassen. Es unterliegt heute keinem Zweifel mehr daß die Jungdeutschen dieses Bücherverbot einer Denunziation Wolfgang Menzels zu verdan­ken hatten. Dieser Schlesier, ihr ungefährer Alters- und anfangs auch ihr Gesinnungsgenosse hatte sich in Schwaben zu einem kleinen Litera­turdiktator aufgeschwungen und das Stuttgarter »Literaturblatt" zu seinem nicht unangesehencn Leiborgan gemacht. Heine hat ihn als einen jener Deutschtümler gekennzeichnet, die nach der Juli- revolution von 1830 ihre altdeutschen Röcke unk Redensarten auszogen und ihr Herz für die Revo­lution und die Franzosen , die Juden und den Atheismus entdeckten, wenige Jahre später aber wieder mit Lust in die alten Jdeenkreise, zu denen auch der Rassegedanke gehörte, zurückturnten. Als nun Gutzkow und Wienbarg daran gingen, eine große literarische Zeitschrift zu gründen, befürch­tete Menzel daran eine gefährliche Konkurrenz und schlug, wie Mehring sagt,den Lärm der Narren und Schufte über die gefährdeten Heilig­tümer der Nation". Ein Roman Gutzkows, aller ­

dings eine seiner schwächsten Leistungen, wies ein« verfängliche Szene auf. Das genügte Menzel. Er schalt dieWally die Zweiflerin " in seinemLite­raturblatt" unsittlich und unchristlich und er­niedrigte sich geradezu zum Angeben. Die Folge war das Bücherverbot. Gutzkow seDst wanderte auf zwölf Wochen ins Mannheimer Gefängnis. WaS sich hier vollzog, ist unschwer soziolo­gisch zu deuten: es war nichts anderes als eine der vielen Kampfhandlungen zwischen den abster­benden Kräften des Feudalismus und denen des emporstrebenden Industrialismus. Der Bundes­tag als ausführendes Organ der herrschenden Feudalmächte auf der einen Seite auf der anderen die jungen Schriftsteller, die bewußt im Dienste deswirklichen politischen und gewerbe­fleißigen LebenS", der Bourgeoisie nämlich wirk­ten: diese beiden Fronten standen einander ge­genüber. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die undankbare bürgerliche Literatur­geschichtsschreibung die Jungdeutschen im allge­meinen gern von oben herab behandelt und jedes Lob, daS ihr etwa Heines Genialität oder Gutz­kows vielseitige Begabung abnötigt, sofort durch einen Tadel abzuschwächen sucht. Zwei der Ge­maßregelten, Mundt und Laube, haben übrigens nicht lange nach dem Bundestagsverbot ihren Frieden mit den bestehenden Zuständen gemacht und auf Laube lastet sogar der Verdacht, er habe sich vom preußischen Innenminister alspolizei­licher Schnüffler" an die französische Grenze schicken lassen eine Rolle, in der wir unS nur i schwer den Vertreter deS Elbogener Wahlkreises im Frankfurter Parlament von 1848 und noch schwerer den späteren, sehr verdienten Direktor, des Wiener HofburgtheaterS vorstellen können. ES bleibt die Frage übrig: Wie wirkte sich>

der Bundestagsbeschluß an den Betroffenen aus? Hatten sie, materiell und moralisch, unter seinen Folgen zu leiden? Oder war er wirklich die harm­lose Angelegenheit, als welch« ihn wenig« Wochen später, im Feber 1836, die Augsburger«Allge­meine Zeitung" hinstellen wollte, als sie vor­her schon in einem französischen Organ veröffent­lichte Eingabe Heines an diehohe Bundesver­sammlung" brachte, in der ihr der Dichter, halb ernst, halb ironisch vorwirft,' daß er ohne die Möglichkeit einer Verteidigung angeklagt, gerich­tet und verurteilt worden sei. Nationalistische Historiker wie Treitschke haben das Bücherverbot ebenfalls als bloßen Lufthieb bezeichnet. Da» ist bestimmt unrichtig: DaS Frankfurter Interdikt ging zweiftlloS darauf auS, die jungen Leute mundtot zu machen, indem es die Grundlagen ihrer materiellen Existenz zu vernichten suchte. Aber: was hat die Bücherächtung von 1885 zu bedeuten gegenüber der Bücherverbrennung von 1933, WaS die materielle Schädigung der jung­deutschen Literaten gegenüber der Tatsache, daß der Nationalsozialismus eine ganze Generation deutscher Schriftsteller in Not und Exil sendetl Welcher Unterschied sogar zwischen den preußischen Ministern von damals und heut«! Görings Amts­vorgänger von 1885, der preußische Polizei« und Innenminister Gustav Adolf RochuS von R o« chow, war alles eher als ein Gönner der oppo­sitionellen Skribenten, aber er steckte lieber eine Rase seines königlichen Herrn ein, al» daß er seine Unzufriedenheit mit der Verfügung vom 14. No­vember unterdrückt hätte. Erst eine solche Gegen­überstellung veranschaulicht so recht die jäminer« liche Unfreiheit, in der da» geistig« Deutschland im Dritten Reich zu leben gezwungen ist. 2. Kohler.