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Sonntag, 22. Dezember 1935
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An alle Kolporteure und Abonnenten! Anläßlich der Weihnachtsfeiertage wird unser Blatt früher gedruckt, so daß die Nummer vom Mittwoch, den 25. Dezember, bereits um acht Ahr früh i« allen Orten ist. Die Donnerstagnummer vom 26. Dezember und die Freitagausgabe vom 27. Dezember entfällt, so daß die nächste Ausgabe erst am Samstag, dem 28. Dezember erscheint.
außenpolitisch und wirtschaftlich auf einer aufsteigenden Linie bewegte. Da war kein Anlaß zu Aktivität für einen bequemen alten Mann, der sich seiner politischen Hilflosigkeit bewußt war. Dann aber kam die wirtschaftliche und die politische Krise. Im Frühjahr 1930 brach die letzte parlamentarische Regierungsmehrheit, die Große Koalition Hermann Müllers zusammen. Ein Ereignis solcher Art ist für einen Staat der parlamentarischen Demokratie, besonders einer jungen, immer lebensgefährlich. Hört das Parlament auf, regierungsfähig zu sein, so liegt bei dem anderen Hauptfakwr der Verfassung, dem Präsidenten, die ganze Last der Verantwortlichkeit. Ein republikanischer Politiker vom Format an Hindenburgs Stelle hätte die Demokratie noch retten können. Hindenburg konnte eS nicht, selbst wenn er eS wollte. So ergab sich zwei Jahre später eine geradezu tollhäuslerische Situation. Die unpolitischen Massen, die ursprünglich Hindenburgs Wähler gewesen waren, sanken in ihrer Verzweiflung auf die letzte Stufe des politischen Aberglaubens hinab und erwählten den Propheten des stupidesten Fanatismus zu ihrem Heiland und Retter. Um Hitler nicht Präsident werden zu lassen, mußten die Revuhlikaner sich hinter Hindenburg zurückziehen. Im Schutze dieser monarchistischen Ruine verteidigten sie die Republik . . Daß es so kam, war keineswegs nur ein toller Zufall, es war vielmehr eine Auswirkung des Systems selbst. Die Republikaner verfügten natürlich an sich über unzählige Männer, die für das Amt des Präsidenten bessere Eigenschaften mitbrachten als diese beiden Bewerber, aber über keinen einzigen, der ihnen an Volkstümlichkeit auch nur einigermaßen gleichkam.* Idole für die Massen zu züchten entspricht nicht dem Wesen der Demokratie, am allerwenigsten dem Wesen der deutschen Arbeiterbewegung. Ein Gegen- Hitler, der gebrüllten Unsing mit noch lauter gebrüllteiy-ftnsmn beantwortete und dafür als Halbgott verehrt wird, ist ein Widerspruch in sich. Da war der alte Marschall immer noch besser. Di« Republikaner stießen also zu Hindenburg , und mit ihrer Hilfe siegte Hindenburg über Hit ler — um ein paar Monate später box ihm zu kapitulieren. Nach seinem Tode veranstaltete Hitler eine Plebiszitkomödie; er ließ sich in einem Amt bestätigen, das er faktisch schon an sich gerissen hatte. Damit war bis auf den letzten I- Punkt eingetroffen, was die Gegner der Volkswahl vorausgesagt hatten: aus der„vollkommensten Demokratie" war im dialektischen Umschlag die vollkommenste Despotie der Welt geworden. Seitdem sind Worte wie„Freiheit",„Ge
rechtigkeit",„Menschlichkeit"— Worte, die man in der Tschechoslowakei im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl, mit MasarYk und Benes immer wieder gehört hat— für Deutschland Worte ohne Sinn und Inhalt oder bestenfalls Klänge aus einer längst vergangenen Zeit. So tief kann ein Volk ins Unglück geraten, das nicht imstande ist, sich ein würdiges Oberhaupt zu geben. Um so mehr darf man das tschechische Volk dazu beglückwünschen, daß es die
Demokratie als faktische Auslese der Besten verstanden und dementsprechend gehandelt hat. Für uns aber ist es immerhin Trost und Genugtuung, daß Deutsche , wie die deutschen Sozialdemokraten dieses Landes, dabei mitgeholfen haben. Wir brauchen also das Privileg einer vernünftigen Politik nicht ganz den Tschechen zu überlassen; ein Stückchen davon gehört auch uns. Eines Tages wird auch Deutschland lernen, was die Tschechoslowakei schon kann.
Viel Glück! Herr Köhler hat in Brüx gesagt: Innerhalb eines Jahres wird die Regierung marxistenrein fein. Ich wünsche den Herren von der SdP dazu sehr viel Glück, aber sic werde« wahrscheinlich dach blaß noch ein Tier mehr in dem sudetendeutschm Tiergarten abgeben müssen nach KrebS, Hnmmer, Wolf nnd Geyer. All diese Herren such schon lange als politische Mumien ins Panoptikum gekommen und der Marxismus lebt und wird leben! Zum Schluffe noch ein Wort zur Olympiade in Deutschland : Der deutsche Turnverband organisiert eine große Reise zur Olympiade nach Berlin . Wir sehen in diesen olympischen Spielen lediglich eine gewaltige, mit Millionen gespeiste Propaganda des deutschen Ratio n-a lsözialismuS, eine Demonstration des Faschismus und wir verwahren uns dagegen, daß aus Staatsmitteln auch nur ein Heller für diese Olympiade ausgegeben wird. Tschechoslowakische Staatsgelder find keineswegs dazu da, um die nationalsozialistische Hitler- propaganda zu stärken. Draußen hat man alle Arbeitersportplätze konfisziert, die Arbeitersportler aufgelöst. Aber gestern hat hier ein Herr von„Kraft d u r ch Fr e u d c" gesprochen..Flraft durch Freude" gibt es, wenn es eine Demokratie, eine Selbstbestimmung gibt, nichr aber in einem Lande, in dem Brudermord und Unterdrückung herrscht!(Lebhafter Bci- all auch auf der tschechischen Linken.) *** Prag . Der Senat nahm am Samstag vormittags»ach dem Schlußwort des Referenten Zeman zunächst das Budget für 1936 unverändert an, ebenso die im Ausschußbericht angeführten Resolutionen. Die von oppositioneller Seite ein- grbrachten Resolutionen wurden dem Budgetaus- schuß zugewiesen. Gleichzeitig wurde auch das Expoft des Finanzministers zur Kenntnis genommen. Das Haus erledigte dann zum Teil debattelos, zum Teil mit ein bis zwei kurzen Reden pro Vorlage folgende Gesetzentwürfe finanziellen Charakters: Abzüge von den Diäten der Parlamentarier, Abgaben von Amtshandlungen, Zuschläge zur Einkommen- und Tantiemensteuer, Gerichtsgebühren, Umsatz und Luxussteuer sowie die Zuschläge hiezu. Von der Opposition protestierten ein Kommunist und ein Henleinmann mehr pro forma gegen die etwas sehr eilige Behandlung dieser Vorlagen; im Grunde genoinmen waren auch sie froh, endlich in die Weihnachtsferien gehen zu können. Am Schluß der Sitzung wurde in Gegenwart der Regierung das Gesetz Lher die Ehrung T, G. MasarykS in feierlicher Weise und ebenfalls einmütig angenommen. Die Refarate erstatteten die Senatoren Dr. Milota und Dr. Karas. Der Vorsitzende Dr. Soukup hielt abschließend eine Rede, in der er einen Rückblick auf die Ereignisse des ablaufenden Jahres und vor allem der letzten Wochen gab und die Tage des 14. und 18. Dezember als Manifestationstage der Einheit und Stabilität der Tschechoslowakei feierte.„Wir versprechen dem neuen Staatsoberhaupt", schloß Soukup unter starkem Beifall des Senats seine Rede,„mit ihm die gleichen Wege wie bisher zu gehen, und senden ihm alle aufrichtige und ergebene Grüße."— Dr. Soukup wurde zu dieser Rede vom Ministerpräsidenten und den übrigen Mitgliedern der Regierung beglückwünscht.
Die richtige Antwort auf aufgelegte Unwahrheiten Wir bringen nachstehend, wegen des Raummangels stark gekürzt, die Rede des Genossen Müller im Senat, deren Wirkung wir bereits gestern ausführlich geschildert haben. Die Herren von der SdP. werden im Notfall noch öfters daran erinnert werden, daß man auf parlamentarischem Boden nicht hemmungs- und grundlos andere Gruppen in unqualifizierbarer Weise angreifen kann, sondern der entsprechenden Antwort von derselben parlamentarischen Tribüne aus gewärtig sein mutz, mag es einem dann paffen oder nicht!
Gestern hat hier Herr Tschakert von der MdP erklärt, daß wir„Partei garden" aus Konsumvereinsangestellten, Gemeindeangestellten usw. gegründet haben. In unseren wehrhaften Formationen find aufrechte sozialistische Arbeiter, die auf dem Boden des Staates stehen und bereit sind, nötigenfalls den Staat auch mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Aber meine Herren von der SdP, wie steht eS denn bei Ihre» Ordnern ans, dir Sie ans den Reihen deS nationalsozialistischen deutschen Tnrnverbandrs ergänzen? Dort find die g r d n n. gelt) K n ü p p e l g a r d en, die in FabrikantrnantoS während der Wahl von Ort zu Ort gefahren sind! Dann hat Herr Tschakert gesagt, daß im Lande überall Konsumvereine und Gec- Bauten sind, die mit staatlichen Geldern und mit Staatsunterstützung gebaut worden sind. Das ist die Lüge Nummer 1! Es gibt in der ganzen Republik nicht eine einzige Konsumverkaufsstelle, die mit Staatsunterstützung gebaut worden ist. Wir haben Herrn Tschakert gefragt, w o. denn diese Bauten sind, worauf er sagte:„In Bodenbach, am Graben!"(Zwischenrufe.) Ich teile Ihnen mit, daß das HauS in Bodenbach am Graben von einer B au- genossenschaft der Angestellten gebaut worden ist. Zu dem Haus wurde kein Heller an Staatsgeldern, kein Heller an Staatsgarantie gegeben. Herr Tschakert möge das, was er hier von der Tribüne aus gesagt hat, d r a u ß e n wiederholen, damit wir ihn zwingen können, seine Aussagen vor dem Forum des Gerichtes zu beweisen. Wie die Brotmuster der SdP zustande kamen: Gestern hat Herr Abgeordneter May im Abgeordnetenhaus die alteBrotgeschichte aufgetischt. Dazu ist folgendes zu sagen: Dir Arbei- trrbickerri hat daS Mehl znrückgewirsen und auS eigene» Beständen gutes, erftklaffigeS Brot für die Arbeitslosen gebacken, die damit völlig zufrieden wäre». Die B ä ck e r m e i st e r. die zum größten Teil der Sudetendeutschen Partei ängehören... (die SdP-Senatoren stellen dies entrüstet in Abrede. Genosse R e y z l ruft ihnen zu, daß er die Bäcker fast alle persönlich kennt und daß es wahr ist.) Müller, fortfahrend: Der Klub der SdP-Parlamentarirr hat den Bäckermeistern in Schlucken«» den Auftrag erteilt, für dr» Klub der Abgeordneten auS diesem Mehl Musterbrote g» tacken. Wir wissen nicht, ob zu diesem
l Mehl nicht noch die SSgrspäne der SdP gekommen find! Auf diese Art mit der Rot der Arbeitslose« Schindludrr zu treiben, ist unerhört! (Beifall.) Wer Kat wirklich etwas geleistet? Wir haben gestern gehört, daß auch„zwei Minister mit Schuld beladen sind, daß dieses Elend in den sudetendeutschen Gebieten besteht. Wer will hier anfstehen und behaupten, daß die Minister Czech, Meißner und Neöas für die Arbeitslosen in den sudetendeutschen Gebieten nicht unendlich mehr gemacht haben als die Herren, die bloß eine laute Stimme haben? Niemand von diesen Herren hat sich vor dem 19. Mai um die Arbeitslosen gekümmert. Sie haben höchstens kritistert und geschimpft, aber die Arbeit haben sie den Sozialdemokraten in der Regierung überlassen! Redner spricht nur den Wunsch aus, daß das Programm deS Ministers Neöas nicht durch die Bürokratie in den Bezirks- und Landesämtern erschlagen wird. Wir wünschen, das endlich mit der 40 Stundenwoche Ernst gemacht und die Arbeitsvermittlung in neutrale Hände gelegt wird. Die Arbeitsvermittlung in den deutschen Gebieten ist eine Sache für sich: Durch die Arbeitsvermittlung des deutschen Turnverbandes oder deS Bundes der Deutschen bekommt kein „Marxist" Arbeit! Das sind die Z u t r e i b e r» stellen für die gelben Organisationen. Während der Wahlagitation hat die SdP gesagt: 15 Jahre habt Ihr geredet, jetzt werden wir handeln! Sie handeln jetzt, <Ü>er, wie- und mit wem! Sie handeln w i e Pferdehändler. Sie handeln nicht vielleicht mit. jenen, die für die soziale Befferstellung der Deutschen sind, nein: fie verhandeln mit den größten Chauvinisten, mit den Kreisen um Stkibrnh und Kramäk.(Lärm, Zwischenrufe.) Auch die letzte große politische Entscheidung hat uns wieder gezeigt, wohin die SdP geht. Für alle fortschrittlichen Menschen und für alle aufrechten Deutschen war es völlig klar, daß wir schon im Interesse deS deutschen Volkes das Vermächtnis deS greisen Präsidenten uns zu eigen machen mußten. Die SdP hat am Dienstag abends noch nicht gewußt, was sie tun soll, und hat am Mittwoch leere Stimmzettel abgegeben. 14 Tage lang haben fie von einem historischen Moment gesprochen und von der Schlüsselstellung der SdP. Was ist von dieser Schlüsselstellung übrig geblieben? Ein ganz kleines Schlüsselchen zu einem ganz kleinen Herzchen!(Lärm.)
UN^ER|G|E}S!ilC|H]f
32 Roman von Karl Stym
„Mag schon sein!“ Fogger Schorsch tappst vorüber. Er ist immer auf den Füßen. Jetzt geht er bestimmt wieder in den Tag hinaus, um zu fragen, wielange man uns noch zu quälen gedenkt. Wir Jungen unterhalten uns meist und selbstverständlich über die Weiber. Sie sind das Um und Auf unseres Denkens. Die Alten reifen vom Krieg, obwohl er schon gute fünfzehn Jahre aus ist. Sie wissen noch genau den Tag und die Stunde gewisser Ereignisse. Auch wie der Kaiser bei der Heeres- Inspektion angezogen war und mit welchen Worten er das Truppenkreuz an die Heldenbrüste heftete. Das große Erleben zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Sie sahen fremde Länder, fremde Menschen und furchtbar oft den Tod. Sie reden darüber wie über etwas, das man nicht gerade bereut, erlebt zu haben, aber ein zweitesmal nicht mehr mitmachen möchte. Hagers brummige Antwort auf Foggers scherzhaften Vergleich hat viel Wahrheit in sich. Eine Granate krepiert, reißt ein Loch in die Erde und zerfetzt ein paar Menschen. Das ist fast ehrlich zu nennen. Ist sie einmal krepiert, so steht sie nicht mehr auf, um ein zweites Mal zu krepieren. Unser Gegner geht mit ganz anderen Mitteln vor. Er nimmt uns die Luft, die Sonne und will sechshundert Menschen auf einmal zerfetzen. Wir kriechen hunderte von Metern unterm Berg, frieren und fluchen, um diesen Gegner zur Kapitulation zu zwingen. Ein Kampf im eigentlichen Sinne ist es gar nicht Wir appellieren an die Menschen, die uns mit ein paar Strichen aus dem Leben werfen wollen. Diese paar Striche sind unser Golgatha.
Sie sagen, es müsse sein. Das ist nicht wahr! Sie handeln und spekulieren mit uns und kennen uns gar nicht. Würden sie nur einen einzigen Blick zu uns herein tun, unsere Angst und unsere Kümmerlichkeit sehen, müßten sie weich werden. Würden sie uns dann aber trotzdem noch wei- terquälen, so haben sie noch viel weniger Menschlichkeit in sich als wir, die sie nur halbe Menschen nennen. Wenn ich die bleichen Gesichter der Kameraden sehe, erfaßt mich manchmal eine so bittere Verzweiflung, daß ich am liebsten weinen möchte. Was haben wir denn verschuldet?— In solchen Momenten möchte ich aufspringen, aus der Grube hinaus vor die Menschen hin, die uns im Nacken hok- ken, und ihnen in die glatten Gesichter schreien: „Seht doch, wie armselig wir sind! Ist das euch noch nicht genug?" Die Zeit ist die boshafteste Einrichtung. Will man etwas festhalten, hat sie es plötzlich eilig. Wünscht man aber etwas loszuwerden, so kann einen ihre Trägheit zur Verzweiflung bringen. Zwei Tage. Eine kurze Spanne Zeit am ganzen Leben gemessen, aber unendlich lang in nassen Kleidern, hungernd und frierend. Wir hungern bereits. Wir hatten nur für ein, bis höchstens eineinhalb Tage Essen mitgenommen, im Glauben, wir hätten dann genug gefroren, um herausgeholt zu werden. Gut Ding braucht Weile! Verdammt, wie ich Sprichwörter hasse! Sie haben die ekelhafte Angewohnheit, einem ausgerechnet dann einzufallen, wenn ihre Wahrheit am unerträglichsten wirkt. Zwei Tage den Berg als Himmel, die zittrigen Lichter als Sonne und harte Wagenbretter als Betten. Wer noch das Glück hat, eine Speckschwarte zu besitzen, Jutscht daran und foppt den Magen mit der Illusion des einmal darangehangenen Speckes. Der lange Dießler leidet begreiflicherweise am meisten
darunter. Er stöbert alles nach etwas Eßbarem durch. Findet er etwas, so gehört es ihm. Nicht daß er*s einem glatt wegnimmt, er findet immer einen Weg, um sich’s rechtmäßig zu erwerben. Ungeheuerliches leistet er, als er sich ein kleines Bestehen Speck aus Hells Brotsack verdiente. Er wettete, daß er einen viermetrigen Stempel vom„Zigeunerwechsel“ bis zum Spitzwechsel tragen werde. Er trug ihn auch, und das heißt was! Drei Mann haben Mühe, das gleiche zu leisten. Dazu ist die Strecke so niedrig, daß man nicht einmal aufrecht gehen kann, am allerwenigsten der lange Dießler. Wir staunten ehrlich. Das so erschundene Stückchen Speck würgte er als Ganzes hinunter mit der Absicht, den Magen durch die Verarbeitung desselben länger hinhalten zu können. Fogger Schorsch kommt eben von„draußen“ zurück. Alles an ihm ist traurig. Nur seine Stimme hat noch festen Klang. „Kameraden, wir müssen noch warten!“ Wir sehen zu Boden. Noch warten! Wie lange noch? Nachher erzählt Fogger Paul und mir Näheres. Draußen in der Kaue sind die ganzen Angestellten versammelt und viel Militär. Gahl, sagt Schorsch, ist in den zwei Tagen ein alter Mann geworden. Er hat noch keinen Bescheid von der Zentrale. Aber eines tat er nicht, was wir ihm nie vergessen wollen: er sagte nicht, wir sollen aufgeben. Man wollte Fogger Schorsch verhaften, um uns führerlos zu machen. Ingenieur Krakauer weigerte sich, das geschehen zu lassen und ordnete überdies noch an, die Ventilatoren in Betrieb zu setzen, damit es nicht heiße, man ließe uns ersticken. Auch Schamback sah er. Er stand am Mundloch und fragte höhnisch, ob wir poch leben. „Das darf ich den anderen gar nicht sagen“, schließt Schorsch,„sonst erschlagen sie ihn, wenn sie ihn kriegen!“ Böhling döst vor sich hin. Irgendein Gedanke quält ihn. Uhu klopft ihm kameradschaftlich auf die Schulter. „Auch Hunger, Kamerad?“