Sekte 10Mittwoch, 25. Dezember 1935Rr. 300daderoder Mangel an Schlauheit.ZumI„Der dumme Dub-auf eine Ohrfeige stirbt er."So anerkennenswert manche Werke der epischen oder dramatischen Literatur auch sein mögen,— dem Forscher, der den Spuren des geheimenTtieb- und Empsindungslebens des Menschen zufolgen gedenkt, bieten sie gar nichts oder nur wenigWerw olles, da der Großteil all d'eser literarischenErzeugnisse auf die Interessen des lesenden Publikums abgestimmt erscheint. Das Streben desDichters, in brutaler oder sentimentaler Hinsichtsensationelle Wirkung zu erzielen, beraubt seineSchöpfung ihrer psychologischen Werte. Von diesem Gesichtspunkt aus muß es als begrüßenswertangesehen werden, daß der Bibliothekar der Wiener Polizeidirektion darangegangen ist, eineSammlung von Anschriften und Zeichnungen ausdem Wiener Polizeigefangenenhaus zusamm n-zu stellen: eine Fundgrube kostbarsten Materialsfür den Kriminalpsychologen und eine interessanteLektüre für den Laien, dem sie einen Einblick ermöglicht in die dunklen Tiefen der Seele des kriminellen Menschen.Die meisten der Kerkerinschriften, soferne sienicht Liebe und Erotik behandeln, beziehen sich aufjene strafbare Handlung, auf Grund deren dieInhaftierung erfolgte. Sie verraten leider fastniemals Zeichen aufrichtiger Reue, eher Sarkas-muS und Wut über Verrat, außer acht gelasieneVorsichtBeispiel:-— Ziemlich spät von Sroubek nachHause.gekommen, ging ich den Rest der Nachtim Bette auf und ab, meditierend.„Lorbeeren sind ja schön, aber von Lorbeeren allein ist noch kein Künstler satt, geschweige denn fett geworden. Du hast ja schonso. vieles im Leben erprobt: Mit GroßherzogAlexander H. im Weimarer Schloß zu Nacht gespeist,. im Woolworth-Restaurant in New AorkGeschirr gewaschen, versuch's einmal mit der Versicherung^"Nm halb neun im„Weltall"-Gebäude; umhalst zehn meinen Vertrag in der Tasche, um zwei-Uhr nachmittags zweihundert expreß gedruckteBisftkarten auf Büttenpapier(gegen Dreimonat».wechsel)' in'der Wäsche, konnte ich schön um drei.'Uhr die erste von ihnen, Frau Bonzel(Ncka-' zanka 104, VI. Etage, Lift— Kö 1.— Einwurf) durchs Dienstmädchen überreichen laffenl— Frau Bonzel war nämlich beiSroubek meine Tischnachbarin gewesen, hatmich mit Schmeicheleien fast erdrückt, und mirschließlich das. süße Geheimnis ins Ohr gc-flüstert, daß sich ihre Aelteste, ihre Libuska.demnächst verheiraten würde! Na, also?Mein erster Abschluß! Sie muß ihren zukünftigen Schwiegersohn zwingen, sein Lebenzu Gunsten ihrer Libuska auf— sagen wir:Kf 150.000.— versichern zu lassen.— Die Türeöffnet sich und Frau Bonzel, frisch gewaschen,und. mit denselben.'Dauerwellen auf dem Kopf,wie bei Sroubek, begrüßt mich mit geradezuüberschäumender Herzlichkeit:.„Herr Ho—o—ck! Nein, diese lieber»raschungl Bitte, hier in den Salon— Ma-Die Raß, die Elende."„Giht es in Oesterreich eine Gerechtigkeit?An Dreck gibtS."Aber es finden sich auch Inschriften, die nichtnur keinen Zorn, sondern g^adezu stoischenGleichmut erkennen lasten, wie die eines scheinbar abgefeimten Verbrechers:„Do bin i, do bleib iUnd do wüll. i sterben."Ein Tas Versicherungsagent(Selbsterlebtes von Unus)oder:„Menschen, Menschen san mir alle,Fehler hat ein jeder gnur,-mei Fehler wars, daß mi derwischt haben,a reiner Zufall der Natur."und:„Wer das Stehlen hat erfunden,der hats etnsperrn nicht mitgemacht,den sonst haft er seine Stundenmit was andern zugebracht."In erster Linie richten sich Wut und Zorn desHäftlings natürlich gegen den„Räuber seinerFreiheit": auf die Polizei und ihre Organe. ZumBeispiel:„Die Behörde gehört alle am Mist."„O wie blöd seid ihr, Polizeibeamteund doch wie gemein."„Jeder Wachmann gehört verbrenntund in Aport gehaut.";„Der Kommissär ist ein Trottek,er schreit und brummt als wie ein Trottel,er tut recht spinna,bis daß ihm einmal wirds Hirn auSrinna."Dieser Zorn entspringt häufig der Tatsache,daß der„Sitzende" seine Strafe als zu schweroder überhaupt> als ungerechtfertigt ansieht, wiraus den drei folgenden Inschriften hervorgeht:„Warum ich hier bin,das möcht ich wissen."„Wier ich jetz in die Freiheit kunun, gehr ichgleich'schimmeln, das mich nicht mehr umsonst Ein-sperrn.Eigentlich bin ich Vortragsküyftler. AlsSprecher eine Klasse für sich. Als Rednerohne Konkurrenz; ohne Selbstlob:- ein Sprech-Caruso. Schwimme in Lorbeeren.' Die Bei«fallsstürifte haben mir schon alle Haare auf demKopfe ausgerissen. Die Leute aber halten meineGlatze für eine Alterserscheinung.Nachdem sich einer der erwähnten Orkanenach meiner letzten Programmnummer— anläßlich meines zweiten VortragsabendeS in der„Urania"— gelegt hatte, und ich eben im Begriff stand, mein schweißtriefendes Hemd miteinem trockenen zu vertauschen, stürzt ein Herrmit strahlendem Gesicht, ausgestreckten Armen,mit dazugehörenden Händen, in meine Gar-derober„Mensch! Hock! Ich gratuliert zu IhremBombenerfolg! Sie sind ein Redner! Einfach fabelhaft! So ein Redner fehlt uns!Sie müffen wir haben! Sie verzeihenSie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: IG r ä ul i ch, Max Gräulich, Generaldirektor-erWeltall-Versicherungs-Gesellschaft, Lebens» undUnfalls-Versicherung, mit oder ohne Selbstmord,Glasbruch, Arm- und Beinbruch, Einbruch undEhebruch, Master und Feuer•—auch für selbstgelegtes— Hock, wir bieten Ihnen j e d e n Gehalt(bis Kä dreihundert) und'/" Prozent vomHundert aller getätigten-Abschlüffel In einem jJahr sind Sie ein gemachter Mann— beiIhrer Redner gäbe?! Die Löcher, dieSie den Leuten in den. Bauch reden—für diekommt die Gesellschaft auf? Guter Witz? Was?Also reden Sie nicht, w i d e r s p r e ch e n Sienicht— wir treffen uns nachher im Cafk Sroubek.— alles Ihre Bewunderer! Auf Wiedersehen!"so könnten, wir eine anregende Korrespondenzführenund dann die Tat folgen lasten."Richt uninteressant ist es, zu hören, daß dievon Weibern stammenden Inschriften und Z.'ch-nungen viel- häufiger und in stärkerem Maß»obszön sind, als die der. Männer, ein Umstandwelcher den Sammler der Inschriften zu der.»Schluffe kommen läßt, daß eine Art Elephantiasissexualis des verbrecherischen Weibes internationalvorzuliegen scheint. Leider fehlt den meisten dieser Inschriften die Eignung zur öffentlichen W'e-dergabe. Allenfalls: möchte ich aber nicht verabsäumen,. cin iin der Weiberzelle aufgefund mcsGedicht Wiederzugesten, das in einfacher und daherum so ergreifenderer Art das Schicksal eines ge-scheiwren Mädchens erzählt. Es möge denjenigenzu denken geben, deren Gewissen von den Regungen der Selbstsucht und der Leidenschaft gar häufig übertönt wftd:„Dort steht ein Mädchen, die Wange geschminkt,und wehmutsvoll, cs von ihrer Lippe dringt:Ach hätt ich niemals von Liebe gewußt,den er zerstörte mir das Herz in der Brust,dem ich mich hingab, der' mich belog,den ich so gerne hatte, der mich betrog.Und als sich-stellten die Folgen ein,ließ er im. Elend mich ganz allein.So wurde ich Dirne, die sich verdirbt,. die auf der Straße ihr Geld erwirbt,die langsam dahinsiecht im Laster der Stadt,vom Baume der Großstadt ein fallendes Blatt.Rach einem Jahr später kommt vom'Spitaldasselbe.Mädchen, ihr Antlitz ganz fahl,verseucht und berfrostet schleicht sie einher,däS Laster der Großstadt, es rächt sich gar schwer,sie geht in die Kirche, kniet vor dem War,und betet für ihren Verführer sogar.Dann griff sie zur Waffe, nun hab ich es satt!- Vom Baume der Großstadt ein fallendes Blatt."Demgegenüber scheint einer dex Insassenauch einmal wirkliche Reue empfunden zu haben,die er auf folgende originelle Weise kundgab:,•„Liebe Dora IHast recht gehabt, daß du mir immer gesägt hastgeh arbeiten.". Nicht, minder, originell sind auch die Worteeines freiheitlich gesinnten Epikuräers,schreibt:-.„Das« schönste was eS auf Erden gibtist die goldene: Freiheit, ein StückSchweinernes oder Geselchtes. Ein Wein,Stück Hausbrot und ein schönes' Bett;und nichts arbeiten."Ein überraschend großer Teil der Inschriftennimmt, wie bereits erwähnt, auflLiebe und EcotikBezug, das unterbrochene Triebleben ergeht sich inden seltsamsten Phantasien und Betrachtungen:„Furchtbare Raffe!Mensch hör die Mahnung eines Unglücklichen.Meide die Weiber und bleibe ehrlich,"„Das schönste für uns Männer ist ein Weib,jedoch muß sie gebildet geistig und äußerstSinnlich sein, dann ist eS ein Genuß mir solchemWesen zu leben. Was ist alles andere dagegen, einschönes Weib ohne Gefühl und lauter Berechnungfolgend, ist eine Maschine ohne Dampf, ohneSeele:Drum, wenn ein Mäderl, sei es hauptsächlich'Sinnlich und auch geistig nicht allzusehr zurück,eine schöne tolle Nacht mitmacheu will,sei eS aus Neugierde oder Sehnsucht sich einmal:ordentlich auSzutoben. so bitte mir vertrauensvollzu schreiben aus Untersuchungshäftling....Der Kerker spricht aus einem PolizeigefangenenhausVon Ernst Mache!Vom abessinischenChristentumDas Kaiserreich Abessinien wird als christlicher Staat bezeichnet, besser gesagt: die Staatsreligion des„äthiopischen Kaisertums ist eine Artaltertümlichen christlichen, aber mit verschiedenenfremdartigen. Elementen durchsetzten Gläubens-bekenntnkffes. Wir entnehmen den folgenden Auf satz, der im Verlag der„V o l n ä M y 6 l e n k a"erschienenen interessanten Broschüre„B o j o H a-bes" von A. L. Kaiser, in welcher der sachkundige Verfasser einige bemerkenswerte KapitelWer das umkämpfte Land und seine Kultur beisteuert.Die eigentlichen Abessinier sind Christen schonseit dem vierten Jahrhundert. Als sich aber imfünften Jahrhundert in der östlichen Kirche dersog. Monophysitismus ausbreitete, d. h.die Lehre von der einheitlichen Natur Jesu Christi,wurde auch fast das gesamte, damals christlicheAegypten monophysftisch und von da gelangte dieseLehre auch nach Aethiopien. Der Streit um denMonophysitismus war schleppend und. langwierig.Die Päpste verfluchten diese Lehre mehrmals,denn sie widersprach dem katholischen Dogma vonder doppelten(menschlichen und göttlichen) NaturChristi, die in einer Person zwar vereinigt, aberdoch getrennt enthalten seien. Nach dem Untergangdes Christentums in Aegypten und Borderasien Erhielt sich der Monophysitismus nur in der armenischen, koptischen und abessinischen Kirche.Die Abessinier erkennen trotzdem den römischen Papst an, als ihr Oberhaupt aber betrachtensie den koptischen Patriarchen in Alexandrien, derden Metropoliten für Abessinien bestellt. Diesesverworrene Berhäftnis des abessinischen zum west lichen uW> östlichen Christentum ist noch mehr dadurch kompliziert, daß sich auch der N e g u S alsOberhaupt der Kirche betrachtet. Dazu kommt nochdie Tatsache, daß die Auflicht über die kirchlicheGerichtbarkeit der höchste kirchliche Würdenträgerin der heiligen Stadt A k s u m führt, der„N e-b r i d" genannt wird..Das abessinische Christentum ist ein kuriosesChristentum. So anerkennen z. B. die Abessinieraußer der- Heiligen Schrift auch einige Apoky-p h e n(offiziell Nicht als echt anerkannte Schriften), besonders die sog.„Apostolische Kanone",anerkennen bloß. die- ersten drei Kirchenkonzile,bewahren die Beschneidung bei Knaben und Mädchen und haben in ihre Religion- viel Aberglaubenund örtliche Gebräuche verflochten.Zahlreiche verheiratete Priester, wenig gebildet oder ganz ungebildet, beuten das Volk aus,soweit sie nicht aus dem reichen Kirchenbesitz leben.Das Land ist übersät mit einer Menge kleinerKirchen, die in der Regel unansehnlich, unsauberund unbeholfen bemalt sind. Durch bessere Bildungragen über hey Klerus die Kirchenschüler und-sänger hervor, die sich gewisse Kenntnisse, ange»eignet haben-und öfter an ausländische Schulengehen,, um als a b e s si n i s ch e Intelli-g e n z heimzukehren.Obwohl die abessinische Kirche einigermaßeneinheitlich ist, währt bisher zwischen den abessinischen Mönchen die Glaubensspaltung. Bis heutedauert der. läppische Streit um die Ansicht überdie Gottesnatur Christi und ist die Ursache gegenseitigen Hasses und gegenseitiger Verfluchung.Die Abessinier. sind nicht zufrieden'mit derkirchlichen Unterstellung unter Patriarchen vonAlexandrien und der heutige Kaiser Halft Se-lassft' unternahm,.noch als Regent Ras Tafari,den Versuch, einen einheimischen Patriarchen fürAbessinien durchzusetzen, was ihm aber nicht ge lang. Als guter Diplomat trieb RaS Tafari denStreit nicht bitz zum offenen Bruch und begnügtesich mit dein Abschluß einer Art„Modus vivendi",nach welchem die Abessinier sich auS den von Alexandrien gestellten Kandidaten einen auSwählevkönNen.Abessinien führte seinerzeit auch einen Streitum daS„Heilige Grab" in Jerusalem. Hier stoßen die Abessinier namentlich mit den Kopten zusammen, die sie auS dem Dom verdrängt und sichihr Kloster Dejr es Sultan angecignet haben..Früher hat die römisch-katholische Kirchemehrfach den Versuch gemacht, die Abessinier vomMänophWtismus zu bekehren. Sie hat damitaber niemals Etfolg gehabt und ihre Versuchehatten stets bürgerliche Wirren und grausameGlaubeuSverfolgungen zur Folge. Auch, die Jesuiten richteten in Abessinien nicht viel aus.Der durchschnittliche Abessinier— ob Krieger oder Bauer— ist oberflächlich religiös undrecht abergläubisch. DaS Christentum ist in denKöpfen des Volkes mit primitivem Geisterglauben verschmolzen. Dieser„AnimrsmuS", derfür. aste afrikanischen Völker charakteristisch ist, istso verbreitet' daß er.vielerlei, oft schwer verständliche Gebräuche entstehen ließ. Der Abessinierbeschwört Geister, betet zu ihnen, ruft sie inschljüuneir■ Augenblicken an. Und zwecklos knallter auS seiner Flinte, um sie zu erschrecken und sovon Angriffen auf seine werte Person abzuhalten.Auch, der abessinische Klerus ist vom UnimismuSverseucht. Für die Reinheit des Glaubens geschieht nichts— es gibt nur Lithurgien, die inden Augen des Volkes. magische Zweckehaben.. Die Volksmoral richtet sich nach Gebräuchen, die Religion hat keiften Einfluß auf sie,ganz ebenso, wie sie ja auch in.hochzivilisiertenStaaten fast ohne Einfluß ist... r. 1ruska! Bemte klobouk vot päna!—NehmenSie Platz! Also Sic sind also, wie ich sehe(aufmeine Karte weisend), Geschäftsmann geworden?Da haben Sie recht! Nur als Geschäftsmannkann man verdienen! Künstler sein ist ja schön,aber was bringt die Kunst schon ein? MeinMann sagt immer:„Der Geschäftsmann hat dieDailers und der Künstler hat den Dal«les!" Nehmen Sie's nicht übel, aber meinMann macht imer so'ne Witze! Sehen Siesich bloß meinen Kusäng an, den Sigi— ichhab' ihn Ihnen doch gestern vorgestellt— dasist ein Geschäftsmann! I Vor zehn. Jahren ister nach Prag gekommen, mit ausgefransteHosen!. Mit Hosenträgern hat er gehandelt—heute ist er mit Petsche! auf Du und Du!Ganze Gummipavlatschen soll er in Afrika haben■— so viel Gummi braucht er für seine Guinmi»artikel, uftd nur im Dutzend! Die Kinder schreien,wenn sie nicht seinen Lutscher bekommen! Borzehn Jahren hat er nicht gewußt, wie'n Theaterinwendig aussieht und heute? Eine ganze Prozessions-Loge hat er abonniert im DeutschenTheater! Und wie er dasitzt, müßten Sie sehen:immer im Schmoking, mit Brillanten im Vorhemd, in die Manschetten sogar im Haarbraucht er Brillantiene I Und s o weit, sehenSie,. müssen Sies auch bringen-,-77-7'.beiIhrerRedner gabe? Sie werden*——"„Gnädig st e, verzeihen Sie,ich“„Verzeihen soll ich? Sie müssen meinemMann verzeihen, daß er Sie gestern nicht an-,gehört hat! Aber er hat Sitzung gehabt, in der„Beerdigungsbrüderschafi" I Aber meine Libuskawar begeistert! Sie ist leider nicht zu Hause, sicist beim Doktor, wegen ihre Beine— die ganzenBeine hat sie voll Frostbäulen— was sagenSie dazu? Aber das kommt von die dünnenseidenen Florastrümpfen! Ja, die Mädchen vonheute: auf'm Hut haben sie'n Biber, um denHals'n FuöD, um den Leib Astrachan und, ausgerechnet, die Beine nackt! So was hat's dochzu meinen Zeiten n>t gegeben? Wir habenschöne, weiße, dicke Wollstrümpfe gehabt undicke, warme Barchenthosen— aber heutzutage?W0 sehen Sie heute Barchent? Wer trägtheute Barchent? Mein Mann sagt immer:„Außen Seide, innen Salbe! Er macht,wissen Sie, immer so'ne Witze—•„Gnädige Frau, ich Vers ich e re„Natürlich müssen Sie das, wo Siedoch in der Versicherung sind! Sie werden schonIhr Geschäft machen! Die ganze Welt ist ja versichert; bloß mein Mann hat eine Antipipie dagegen. Er sagt immer:„Wenn mir mein Arztv e r s i ch e r.t, daß ich tot bin, was brauch ichda noch für eine Versicherung?" So'ne Witzemacht er immer! Und dftbei hab' ich ihm erstneulich gesagt:„Sami", hab ich gesagt,„du bist'im Leben kein Geschäftsmann gewesen undw i r st auch keiner werden! Wenn du dich versichern läßt, bloß auf 200.000 K£, und der Agentkommt und du sollst die Prämie bezahlen— ichkenn dich doch— trifft dich vor Aerger der Schlagund deine Familie bekommt die 200.000 KL!Das Glück ist gar nicht auszudenken l"„I ch w ü r d e vie ll e i ch t"„mit ihm reden? Das tun Sie j anicht: Er wirst alle Agenten heraus! Erst vorigeWoche ist einer vom'Phönix dagcwrsen, daschreit ihn mein Mann an:„Phönix? Bin ichein Vogel? Ich will doch nicht a u f e r st e h e n?Wenn nur dreißig Jahr verheiratet ist, ist mafroh, wenn ma tot ist!" Und dabei ist er garnicht so dumm, nein, er sieht bloß so aus! Aberzum heiraten sind die dümmsten Männer diebesten! Froh bin ich bloß, daß meine Libuskaunter dse Haube kommt— er ist Witwer mitdrei Kindern— aber er hat ein schönes Hausin Pankräc— da hat er schon früher mal zehnJahre gewohnt——"„Gnädige Frau, ichmöchte„Ja, ich möchte auch, daß sie einenandern nimmt, aber was wollen Sie? MeineLibuska hat ihren eigenen Kopf!„Mamiöku"sagt sie zu mir,„wenn ich heirat', muß ich dochKinder bekommen? Was das für Umständemacht, hast du mir ja selbst erzählt: das monatelange Warten, dann die Doktorrcchnung, dieAmme, die Kindermädchen— alle vierzehn Tageeine andere— da heirat' ich doch lieber gleichdie fertige Sach'?"— Meine Libuska istja so klug. Sie glauben's gar nicht! Sie gehtaber auch in alle sexuellen Vorträge in derUrania! Da werden die Mädchen gebildet undklug l Meine Libuska"„G n ä d i g st e, i ch w 0 llt e m i chbloß empfehlen—-——"——„Sie wollen sich schon empfehlen?Das ist wirklich schade!. Ich kann Ihnen stundenlang zuhören l MarnSka— wo ist der Hut vomgnädigen-Herrn— JeZis Maria! Dejte sem!Nein, ist das ein Trampel! Meine Frühere, dieAnna, das war eine Perle! Mein Mann sagtimmer"„V e rz ei he n, eine wichtigeB e r a b-r e d u n g— ,i ch m u tz— Küßd i eHand! Habe die Ehre, habe dieEhre I"• ♦■(Bor der Tür, mit tiefem Atemzug):„Ichbin bloß froh, daß i ch ein so g u t e r R e d n e rbin! Einen Tag Versicherungsagent gewesenund nicht wieder!".