Nr. 302 Sonntag, 29. Dezember 1935 Gelte 3 Sudetendeutscher Zeitspiegel Abessinier melden Rückeroberung von Abbi Addi Addis Abeba . Der Korrespondent des Reuterviiros meldet: Nach einem amtlichen abessinischen Bericht haben die Abessinier Abbi Addi, die Hauptstadt des Tembien-Bezirkes, durch einen unerwarteten Angriff» durch den sie die eingeborenen italienischen Gruppen über­raschten, erobert. Obwohl die Abessinier mit G« schütz- und Maschinengrwehrfruer sowie auch mit Fliegerbomben empfangen wurden, haben sie de n Feind auS Abbi Addi mit beträchtlichen Ber- lusten hinausgrjagt. Auf dem Kampfplatz blieb en nach dem Abzug der Feind«, dem abessinischen amtlichen Bericht zufolge, 20 tote italienische Offiziere und Unteroffiziere, sowie zahlreich« ein­geborene Unteroffiziere. Nach einem weiteren Berichte gehen die Italiener im Gebiete Schire 50 Meilen nord­westlich von Abbi Addi zurück und stecken auf ihrem Rückzug alle Kirchen der Eingeborenen in Brand. (Abbi Addi ist ein wichtiger Punkt etwa 40'Kilometer nordwestlich Makalle.) London.(Reuter.) Die Meldungen aus Addis Abeba , daß die Stadt Abbi Addi nach einem Sieg der Abessinier erobert wurde, beziehen sich offensichtlich auf die Schlacht, hie dort Sonntag, den 22. d. M.» stattfand. Italienische Quellen be­haupten, daß es den Abessiniern bei dieser Schlacht zwar gelungen sei, einige italienische Positionen zu besetzen, daß sie jedoch später aus diesen wieder vertrieben wurden. In der Umgebung des Kaisers von Abessinien herrscht jedoch große Freude über den abessinischen Sieg. Der Reuter-Berichterstat­ter erklärt, ohne daß er jedoch eine offizielle Be­stätigung erlangen konnte, daß die Abessi­nier etwa 20 Tanks, 40 bis 50 Maschinen­gewehre erbeutet und rund 200 italienische Soldaten in. bent Kampfe nördlich von Makalle gefangen genommen haben. Die Stadt Makalle seichst wurde noch nicht von den Abesiiniern erobert, doch führen drei abeffinische Armeen allmählich eine Umzinglüngsaktion durch, durch die sie Ma­kalle bedrohen. Die Kämpfe, die sich in der Weih ­nachtswoche abgespielt haben, waren sicherlich di« blutigsten seit Beginn des Krieges und dürf­ten in allernächster Zukunft noch heftiger werden. Die schlimmste Erscheinung bei diesen Kämpfen ist der Umstand, daß Tausende und aber Tausend« von Verwundeten auf dem Kampfplatz ohne ärztliche Hilfe sterben. Nach Meldungen auS erythräischer Quelle unternahmen zahlreiche kleinere Gruppen abeffi» nischer Truppen auf vereinzelte italienische Posten am Nordufer des Takazze-Fluffes Angriffe. Der Reuter-Berichterstatter in Deflie meldet eine erhöhte Erkundungstätigkeit der italienischen Flugzeuge. Einige abessinisch« Dörfer wurden von diesen Flugzeugen m it Maschinengewehren beschossen. Diese italienische Fliegertätigkeit ist wahrschein­lich ein Zeichen dafür, daß die Italiener einen Angriff gegen die Abessinier im Gebiete von Amba Maghi vorbereiten. Arbeitslosen-Welhnachtshllfe unserer Bodenbacher Genossen Mehr als 100.000 verteilt Kein Arbeitsloser von Bodenbach blieb in diesen Tagen unbeschenkt. Die Stadt- gemeinde, an deren Spitze Genoffe Fritz Keßler steht, leistete aus eigenen Mitteln das Möglichste. Außer namhaften Sachspenden in Lebensmitteln.wurden Kinder be­kleidet, wozu die Stadt 50.000 KL aufwen­dete, aber auch für E r w a ch s e n e weitere 15.000 KL für den gleichen Zweck. Daneben hatte die Stadt eine Sammelaktion unter dem Titel Graue Weihnachten" eingeleitet, die fast 40.000 KL erzielte, welche die Arbeitslosen in B a r e m ausbezahlt erhielten. Somit konnten zu den Feiertagen neben der staatlichen LebenS- mtttelaktion den Arbeitslosen Werte zugeführt werden, die den Betrag von 100.000 KL weit übersteigen. Wir haben es nicht notwendig, mit unseren Leistungen, aber auch mit unseren Opfern zu prahlen» wir haben auch nicht die große und kleine Schriflleiterpresie zur Ver­fügung» ebenso nicht die guten Beziehungen zu Fabrikantenkreisen, wir haben aber die Tatkraft zu handeln und für die Enterbten zu arbeiten. Es ist eben nicht so, wie es He n l e i n verhieß: 14 Jahre habt ihr geredet, jetzt werden wir handeln", sondern sie, die SdP mit ihrer Volkshilfe, reden, reden und reden überall und allerorts, wir aber handeln, wie es das Bodenbacher Beispiel nachweist. Ein Akt besonderer Solidarität ist die in Parteikreisen still, ohne im geringsten an die Parteiöffentlichkeit zu appellieren, du^chge- führte P a r t e i h i l f e für die arbeitslosen Par­teigenossen der Groß-Bodenbacher Lokalorgani­sation. In vier Monaten Sammeltätigkeit wur­den 32.000 KL aufgebracht. Bor Weihnachten er- hietten die arbeitslosen Genosien allein 16.000 KL in bar oder Lebensmitteln überreicht. Schlicht und herzlich war die kleine Feier, in der Genosie Richard R e i tz n e r die solidarischen Gefühle ver­dolmetschte, die jeder Genoffe für den arbeitslosen Genoffen hegt. Diese waren überzeugt, daß die Partes, ihre Pflicht in dieser Zeit erfüllt, wie die Partei davon überzeugt ist, daß auch die arbeits­losen Genoffen ihre Parteipflichten restlos erfüll­ten. Genoffe Walter, der fiir die arbeitslosen Genoffen dankte, verwies insbesondere darauf, daß diese Art der Hilfe die wahre ist. Die arbeits­losen Genossen werden noch mehr als bisher zup Partei stehen. Beide Aktionen fanden in der ge­samten Oeffentlichkeit starke Anerkennung. Industrielle für Verbindlichkeit der KollektiwertrMse In den.Mitteilungen des Deutschen Haupt­verbandes der Industrie in der§SR" finden wir einen Bericht über die Arüeitgeberausschußsitzung dieses Verbandes vom 19; Dezember, in welchem auch über die Verbindlichkeit der Textilarbeiter­verträge gesprochen wurde. Es ergab sich, wie es in dem Bericht wörtlich heißt:.daß die Verord­nung in der Textilindustrie im allgemeinen gün­stig wirkt, wenn auch die Durchführung manches zu wünschen übrig läßt. Es wurde beschlossen, allfällige Beratungen anderer Industriezweige zur Herbeiführung einer ähnlichen Vorschrift im engsten Einvernehmen mit der Arbeitgeberhaupt­stelle durchzuführen." In der Frage der Verbindlichkeit der Kollek- tivverträge der Textilarbeiter haben die sudeten­ deutschen Industriellen einmal einen weniger eng­herzigen Standpunkt bewiesen, als sie es sonst zu tun belieben. Hoffentlich werden sie diesen Standpunkt auch in Zukunft und nicht nur in dieser Frage allein vertreten. Schwarz-Sender In Nordböhmen Meldungen mit staatsfeindlicher Tendenz Wie derVeLer " berichtet, ist in der letzten Zeit im Gebiet von Böhm.-Leipa ein Geheim­sender zu hören, welcher in deutscher Sprache un­wahre Behauptungen über die Verhältnisse in der Republik aufstellt und Alarmnachrichten über an­geblich bevorstehende Ereignisse ausschickt. In Böhm.-Leipa und in Haida sollen Hausdurch­suchungen bei verdächtigen Personen vorgenom­men worden sein, die bisher kein Resultat brachten. Hitlerdeutschland eine Gefahr für die Ausländsdeutschen DieDeutsche Landpost", das Organ der Landbündler, schreibt in einer krittschen Er­örterung der neuen Staatsbürgergesetze in Deutschland richtig: Es ist unverständlich, wenn große Kreise der sudetendeutschen Bevölkerung die jüngste reichs­deutsche Scheidung in Reichsbürger und Staats­angehörige gedankenlos zur Kenntnis nehmen oder gar als ersten Schritt zum Ordensstaat be­jubeln. Sie sollten vielmehr beten, daß dieser, dem ursprünglichen nationalen Sozialismus wider­sprechende Grundsatz kein Ausfuhrartikel werde! Seine Einführung in die Nachfolgestaaten ent­zieht Mserem Kampfe um das Recht den Rechts­boden! Für die Harmlosigkeit unserer Bevölke­rung ist nichts bezeichnender als die weitver­breitete Meinung, daß diese Scheidung nur die Arier von den Juden trenne. Reichsbürger kann nur einunbedingt verläßlicher Anhänger des Systems" werden. Wer den Verdacht derUnver- lählichkeit"erregt, kann zum Staatsangehörigen, also zum Bürger 2. Klasse degradiert werden. Sterbende Landeshauptstadt. Der Finanz­landesdirektion in Troppau wurde ein Erlaß zu­gestellt, demzufolge diese Behörde ab 1. Jänner 1936 aufgehoben wird. Die einzelnen Abteilun­gen werden allmählich nach Brünn übersiedelt werden. Unter den ersten befindet sich die Wirt- fchastsabteilung und die Buchhaltung. Auch die AbteilungSvorstände und einige höhere Beamte werden übersetzt werden. 2n Troppau verbleibt nur die Finanzbezirksdirektion als zwette Instanz. Schatzgesetzprozeß der Deattchen Landjugend. Am 26. Dezember 1935 wurden von der in der be­kannten Schutzgesehangelegenheit der Deutschen Landjugend wegen der Verbindung mit auslän­dischen Vereinigungen beim Kreisgericht in Leit- meritz eingelieferten Personen Toni Müller, Sepp Summer, Stud. Herbert Bersch, Ern st Neuhauser gegen Kautionsstellung aus der Untersuchungshaft entlaffen. Am 27. Dezember wurde wegen einer schweren Erkrankung der in glei­cher Sache beim Leitmeritzer Kreisgericht inhaftierte Karl G i e r s ch i k in daS allgemeine Krankenhaus in Leitmeritz überführt und am selben Tage auch gegen Kautionsstellung Heinrich Keßler auS der Untersuchungshaft entlaffen. Wie wir erfahren, wurde die Enüaffung der anderen Inhaftierten ab­gelehnt, da die Voruntersuchung bereits abgeschlossen und schon in den nächsten Tagen mit der Anklage­erhebung zu rechnen sei. Ein großes Manöver des Jesuiten Schuschnigg Wie Le Populaire die Amnestie erklärt Unter dem obigen Titel beschäftigt sich L e Populaire", unser Pariser Bruder­blatt, mit der Schuschnigg 'schen Amnestie, die zwar um der nun befteiten Genossen willen zu begrüßen sei, die aber nur ein großes Manöver des.Jesuiten Schuschnigg" darstelle. Die öster­reichische Regierung habe wieder einmal gelogen und das sei ihr mit Hilfe internationaler Presse- Agenturen gelungen. Denn die Regierung Schuschnigg hasse doch die nun befreiten Februar­kämpfer nicht weniger als die wegen illegaler Tätigkeit Verhafteten und Abgeurteilten und dennoch seien nur jene, zusammen mit etlichen Ra z i S, amnestiert worden, Wenn es nur von Schuschnigg abhinge, wäre kein einziger Sozialist amnestiert worden, nicht einmal im Hinblick auf die K r e d i t e, die man neuer­dings von England zu erhalten hofft.Aber", so schreibtLe Populaire", die österreichische Regie­rung will sich mit Hitlerdeutschland wiederper- söhnen. Das faschistische Italien , der Protektor des österreichischen Faschismus, ist durch sein abessinisches Abenteuer so in Anspruch genommen, daß es seinen Einfluß in Wien nicht geltend machen kann; um so weniger, als es nicht einmal die hundert Millionen Franken bezahlen kann, die es der ö st e r r e i ch i s ch e n Industrie für die im Laufe der letzten Monate erfolgten Lieferungen schufet. Die Wiener Regierung löst sich von Rom los; sie hat ihre neue Orientierung noch nicht befestigt, aber sie trifft jetzt gewisse Vorsichtsmaßregeln und will sich die Dankbarkeit Hitlers sichern." Und so beginnt sie mit der Amnestierung der Nazis. Der Jesuit Schuschnigg befreit die sozialistischen Aufständi­schen des Februar, um die nazistischen Verschwo­renen des Juli beste ien zu können; der Wiener faschistische Kanzler begnadigt ein paar Soziali­sten, um die Mörder seines Vorgängers begnadi­gen zu können. Wir aber, so schließtLe Popu­laire", lassen uns durch dieGenerosität" der österreichischen Regierung nicht düpieren; wir fordern totale und General-Amnestie für alle Sozialisten und Revolutionäre Oesterreichs", Uruguay Sowjetrußland Abbruch der Beziehungen London . Einer Reutermeldung aus Monte­ video zufolge, hat die Regierung von Uruguay beschlossen, die Beziehungen mit Sowjetrußland abzubrechen, weil dieses Land Uruguay zum Mit­telpunkt der kommunistischen Propaganda in Südamerika gemacht habe. Dem sowjetrussischen Gesandten sollen sofort die Pässe überreicht werden. Vie Ungarn seine Minderheiten behandelt Budapest . Die ungarische Regierung hat eine Verordnung erlassen, auf Grund welcher ver­fügt wird, daß in allen Minderheitenschulen Un­ garns die Unterrichtsfächerungarische Volks­kunde" undungarische Sprache" in ungari­scher Sprache unterrichtet werden müssen. Auch bei der Körpererziehung ist die ungarisch« Sprache als Unterrichtssprache anzuwenden. Der Unterricht aller übrigen Gegenstände geschieht in der Sprache der betreffenden Minderheit. Die Verordnung tritt vom nächsten Schuljahr an in Kraft. Rom.(A. P.) Die faschistische Parteileitung in Erythräa wurde abgesetzt, weil sie nicht imstande gewesen sei, die Protestaktionen der italienischen Arbeiter zu verhindern. Die neue Parteileitung soll ein RserneS Regiment einführen. Kttnlggratx Zwischen Jaromkk und Königgrätz fährt der Zug an der jungen Elbe entlang durch die flache Ebene. Rechts der Strecke, weit übersehbar in ihrer schmucklosen Einförmigkeit, verdämmernd im Flimmern des heißen Tages, breitet sich eine Landschaft, in der, weithin verstreut, Denkmäler Klage und kriegerischen Ruhm verkünden: das Schlachtfeld von Königgrätz , die Walstatt, auf der am 3. Juli 1866 die Vormachtstellung Oester­ reichs im Deutschen Bunde den vernichtenden Stotz empfing und Preußen sich die Hegemonie auf den Spitzen seiner Bajonette holte. Verstreut liegen die denkwürdigen Stätten: Horiüoves, Sadowa, der Siviebwald, Chlum, bei dessen Kirchlein daS WirtshausZur Batterie der Toten" an die bis auf den letzten Mann gefallenen Kanoniere des Hauptmanns von der Groeben erinnert, Sttezetitz, Probluz, Nechanitz, Langenhof, die Gehöstgruppc, in deren Nähe dieschöne" Neiterschlacht statt­fand. über die Jähn in seiner Monographie über die Schlacht bei Königgrätz schrieb:.Wahrlich ein Schauspiel, auch eines Königs im vollen Maße wert!" lieber die Schlacht bei Königgrätz und über den deutschen Krieg von 1866 ist viel geschrieben worden. Die Bücher verstauben in den Bibliothe­ken, die Akten in den Archiven. Lassen wir den Staub unberührt. Es ist nützlicher, sich vom Sockel eines der vielen Denkmäler auf dem Schlachtfeld« von Königgrätz aus den Lauf der Geschichte zu betrachten. Als Anlaß für den Krieg Preußens gegen Oesterreich , mit dem Bismarck im Plane seiner .Revolution von oben" ganz kühl gerechnet hatte, kam der Streit um die Beute von 1864 gelegen. Die beiden Mächte, die den Krieg gegen Däne­ mark als Bundesgenossen geführt hatten, führten nun Krieg gegeneinander, und Oesterreich wurde geschlagen. Wir wissen, wie es weiterging: 1879 kommt unter Führung desselben Bismarck das deutsch -österreichische Schutzbündnis zustande; 1883 tritt Italien , mit dem Bismatck 1866 ein Angriffsbündnis gegen Oesterreich eingegangen war, dem nunmehrigen Dreibunde bei; 1914 ziehen Oesterreich und Deutschland »mit reinen Händen" in den Weltftieg; 1915 erflärt auch Italien den beiden»Bundesgenossen" den Krieg; 1918 liegen Oesterreich und Deutschland besiegt am Boden. Dänemark erhält Nordschleswig als einen Teil dessen, worauf es 1864 hatte verzichten müssen, durch Abstimmung zurück. Die preußi­schen, sächsischen und österreichischen Schlachten­denkmäler von 1866 um Jiischin, Königgrätz » Nachod, Trautenau , die Totenmale brüderlichen Blutes verwittern auf dem Boden der Tschechoslo­wakischen Republik, die sich aus den Trümmern Habsburgisch-Oesterreich erhob, zwischen dem Staate, der bei Königgrätz geschlagen wurde, und dem, der ihn besiegte. Ein Witz der Weltgeschichte, der an Ludendorffs AufrufAn die Jidden in Paulen" erinnert, wirkt nachträglich als ahnungs­los verkündete Prophezeiung: beim Einmarsch der Preußen in Prag am 10. Juli 1866 verhießen Maueranschläge des preußischen Oberkommandos denEinwohnern des glorreichen Königreichs Böhmen", daß sie durch denSieg der gerechten Sache ihre nationalen Wünsche gleich den Ungarn verwirllichen" könnten. Sie haben es 1918 getan. und sie hätten sich dabei auch auf Bismarck be­rufen können. Es gibt noch mehr solche Witze nun müssen wir doch den Staub von alten Atten klopfen, oder vielmehr: Hermann Wendel hat es in den Archiven in Berlin , Wien und Belgrad ge­tan und in seiner Schrift»Bismarck und Serbien im Jahre 1866" veröffentlicht, was dabei zum Vorschein kam: am 30. Mai 186.6 depeschierte Bismarck an den Konsulatsverweser Laubereau in Belgrad :Falls der Krieg ausbricht, kann uns die Bildung eines Slawischen Korps(gegen Oesterreich ) nur erwünscht sein"; am 80. Juli 1866:Sagen Sie Türr(einem Unterhändler): Für jetzt Waffenstillstand, er möge Kräfte und Mittel für die Zukunft auffparen"; am 81. August 1866 hieß Bismarck den Verweser Lau­bereau der serbischen Regierungunseren Dank" ausdrücken und»unsere Bereitwilligkeit, die Ge- me infam kett der beidersetttgen Interessen(lies: die Zerschlagung Oesterreichs ) für die Zukunft zu betätigen." 1866 standen auf Bismarcks Schach­brett auch serbische Bauern als Reserve gegen Oesterreich und 1914... Das Ergebnis? Vom Schlachtfelde von Königgrätz aus gesehen gibt es keinErgebnis". Die Kriege der Völker haben nie ein Ergebnis gehabt, das nicht schließlich durch einen neuen Krieg korrigiert wurde, nie ein Ergebnis, das nicht friedlich und rein von Blut zu haben gewe­sen wäre. Sie sind nutzlos und sinnlos gewesen wie die früheren Katzbalgereien der winzigen Rivalen innerhalb eines Landes. Und die Krieg« der Kontinente werden nicht weniger sinnlos blei­ben. Wir, Teilnehmer und Mitleidende des Welt­krieges, Sieger und Besiegte, erfahren es schon. Die Geschichte, in der die Kriege eine scheinbar wichtig« Rolle spielen, führt selbst den Krieg als ad absurdum. Kriege wurden geführt, Kriege miteinander und Kriege gegeneinander. 1864» 1866, 1914 bis 1918, von 1870/71 hier gar nicht zu reden. Und jedesmal glaubten die Völker den Spielern am historischen Schachbrett, und jedesmal zogen die Soldaten singend ins Feld. Jedesmal tremolier- ten die Barden, und nach jedem Kriege setzten sich die Historiker hin und schrieben ein neues Kapitel Weltgeschichte". Wie sagte der aus den Hinter­balten kriegslüsterner Rachegeister ermordete Theodor Lessing ?»Geschichte als Sinngebung deS Sinnlosen..." Es wächst MooS auf den Schlachtdenkmälern, «S wächst GraS auf den Festungswällen von Königgrätz . Gutes, grüneS Gras, in dem in der Mittagssonne junge Mädchen sitzen und die kur­zen Sommerkleidchen über runde Knie zupftn. In den Kasematten fljrrt der friedliche Lärm der Werfftätten, die sich dort eingenistet haben. In einem Festungsgewölbe baut eine Harmonium« fabrik ihre Instrumente. Ein Arbeiter probt ein halbfertiges Werk; di« orgelartigen Akkorde klin­gen wie Versuche zu Thorälen. In den sumpfigen Tümpeln um die Sternzacken der FestungSwäll« tönen die kleinen Leierkastenpfeifen der Unken. Wir sehen uns in den.Rasen und schauen hinaus in die weite, flache, flimmernde Land­schaft, leise umfangen von den sanften Klagelauten der Unken. Gutes, grüneS, kühles Gras! Dann darfst du alle FestungSwäll« der Erde überwachsen...? Ewald H.