Teile 3
Dienstag, 31. Dezember 1935
Nr. 303
hindern, daß sich ein Angreifer gegen, die über ihn verhängten Sanktionen wehrt. Im gegenwärtigen Konflikt ist dieses verzweifelte Wehren des An­greifers gegen die Mächte, welche die Sanktio­nen ihm gegenüber durchführen, aber nicht mög­lich, wenn alle Staaten entschlossen sind, ihre Verpflichtung dem Völkerbund gegenüber zu er­füllen. Eine Kriegsgefahr würde nur dann auf­tauchen, wenn ein Zweifel in die Erfüllung der Pflicht der Unterstützung des Angegriffenen mög­lich wäre. Der unverzeihliche Fehler Lavals aber ist es, diesen Zweifel zu Mussolinis Gunsten ge­schaffen zu haben. Es genügt dies, Laval   ohne Appellmöglichkeit zu verurteilen. Der von Frankreich   zu fürchtende Gegner heißt nicht Mussolini  , wohl aber Hitler. Eine franko-italienische Allianz würde uns, die Möglichkeit eines Krieges mit Deutschland   ins Auge gefaßt, keine Sicher­heit bieten, wohl aber die Allianz mit EnglandundRußland, wie dies die Ge­schichte bewiesen hat. Hitler-Deutschland wartet nur darauf, daß die kollektive Sicherheit sich als unwirksam erweise. Gegen die kollektive Sicher­heit arbeiten bedeutet somit in direkter Weise ge­gen Frankreichs   Sicherheit zu arbeiten. Wir So-
Aus Berlin   wird gemeldet: Das Reichsinnenministekium hat mit 24. Dezember sämtliche Polizeistellen angewiesen,, dischen Handelsreisenden ihre Lizenzen, die in der Zeit zwischen Weihnachten   und Neujahr zur Er» neueriMg einzureichen sind, nicht zu verlängern, da Jm>en als politisch nicht zuverlässig gelten müssen." Die Polizeistellen wurden ferner an­gewiesen, jüdischen Fabrikanten die Erlaubnis zur Einstellung von Handelsreisenden nicht mehl zu erteilen, weil auch hierdie Gefahr der Ber- brestung von Greuelmärchen gegeben" sei. Mit geradezu satanischer Konsequenz führen die Beherrscher des Dritten Reiches   den Vernich­tungskampf gegen die Juden durch. Das Verbot der Beschäftigung jüdischer Handelsreisender ver­nichtet die Existenz mindestens eines Fünftels der Gesamtheit der deutschen   Juden. Die Gesamtzahl der jüdischen Reisenden in Deutschland   wird aus 30.000 bis 40.000 geschätzt. Mit ihren Familien zählen sie mindestens hunderttausend. Hundert­tausend Juden werden vom Neujahrstage an nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen! Das ist nicht Vernichtung desjüdischen Kapitalismus" das ist Vernichtung jüdischerPro- letarier! Systematisch wird der Lebensraum der Ju­den in Deutschland   eingeengt. Juden können längst nicht mehr Aerzte, Advokaten, Notare, Leh­rer, Journalnken, Schriftsteller, Schauspieler sein. Kein jüdisches Kind darf bei einem Handwerk­meister in die Lehre gehen. In keiner Fabrik wird ein Jude als Arbeiter ausgenommen. Planmäßig werden seit Monaten die Juden gezwungen, ihre Geschäfte zu verkaufen. Was bleibt schließlich den Juden noch anderes übrig als der Selbstmord, da man ihnen auch die Auswanderung unmöglich macht? An die Stelle der brotlos gemachten jüdi­schen Handelsreisenden sverdenarische" treten, and damit wird eine der Ursachen des fanatischen Kampfes gegen die Juden aufgedeckt: der Neid um den Arbeitsplatz'. Der Konkurrenzkampf ist ja seit jeher eine der Ursachen des deutschen   Antise­mitismus. Aber da die wirtschaftliche Vernichtung
zialisten haben keinerlei Vertrauen zu Herrn Laval  , erklärt« der Redner, weil er der Mann ist, der unter Zersetzung der kollektiven Sicherhett gegen Frankreichs   Sicherheft gearbeitet hat, well er die Atmosphäre der Kriegsdrohung geschaffen hat und den Krieg in Afrika   ausbrechen ließ, der in Europa   die Friedenskräfte schwächte. Sell sechs Monaten erlebt man eine Wiedererweckung des Völlerbundes. Statt sich aber mit Frankreich   an die Spitze der Bewegung zu stellen, folgte ihr Laval nur widerwillig. Er hat für die großen Weltaffären genau die gleichen Methoden der niederen Kombinationen und Intrigen angewandt, wie für seine kleinen persönlichen Affären. Das Entgegenkommen, wel­ches er Mussolini   in der Außenpolittk zeigte, ist für Frankreich   genau so verhängnisvoll wie jenes, das er unseren Faschisten in der Innenpolitik zeigte. Jene, die noch ein Gefühl für die franzö­ sische   und republllanische Tradition haben, müs­sen daher den ungetreuen Mandatsttäger ab­setzen. So schloß LLon Blum, seine ausgezeichnete Rede, die immer wieder von mächttgem Beifall auf der gesamten Linken unterbrochen worden war und die ihm zum Schluß eine begeisterte Ovatton seiner sozialistischen Kameraden eintrug.
der Juden zugleich die Vernichtung vieler alter Unternehmungen ist, wird bald für weit weniger Handelsangestellte zu tun sein, als jetzt vor das Nichts geschleudert werden, und so wie viele der arischen" Rechtsanwälte, die ihre verdrängten jüdischen Kollegen beerbt haben, keinen größeren, sondern einen viel kleineren Klientenkreis haben als früher, so werden auch diearischen" Han­delsreisenden ihres Triumphes über die Juden nicht allzu froh werden... DerFlüchtlingskommiffar Macdonald hat in einem an den Generalsekretär des Völkec- bundes gerichteten Brief, den wir im Auszüge veröffentlicht haben, sein Amt niedergelegt /mit der Begründung, daß der wachsende Umfang der antisemitischen Maßnahmen in Deutschland   die Lösung der Flüchtlingsfrage durch eine andere Organisation als denVöllerbund unmöglich mache. Macdonald scheint aber das Wesen des deutschen  Anttsemitismus noch immer nicht ganz zu er­kennen, wenn er eine freundschaftliche Mion der Völkerbundstaaten bei der deutschen   Regierung fordert. Diese Aktion würde unwirksam bleiben, die Regierung Hitlers   würde einfach mit jener schlichten Ehrlichkeit, die sie auszeichnet, alle Be­hauptungen über eine Benachteiligung der Juden in Deutschland   als Greuelmärchen bezeichnen und sie wird es noch tun, wenn der letzte Jude in Deutschland   vernichtet sein wird... Mehr und mehr wird es den Juden in Deutschland   unmöglich werden, durch eigene Hilfsaktionen die von der Barbarenfaust Getrof­fenen vor dem Hunger zu schützen. Und die Welt- öffeütlichkeit mag das Dritte Reich wegen der Grausamkeiten gegen Marxisten und Inden   noch so sehr verachten so lange nicht zumin­dest eine durch den Völkerbund organisierte große internationale Hilfsaktion für alle Flüchtlinge sich der Opfer Hitlers   annimmt, wird diese mo­ralische Entrüstung den Verfolgten nichts nützen. Von Tag zu Tag wächst das Heer der Vertriebe­nen, der Mißhandelten, der vor den Hunger ge­stellten wann wird das Heer der Helfer, der Retter sich bilden?
England holt auf Wie Aegyptens Westgrenze gesichert wird Kairo  . Nach Blättermeldnngen hält der Anstrom von großen Menge« Kriegsmaterial für die englischen Truppen in Aegypten   an. In letzter Zeit seien mehrere Schiffsladungen mit Stachel­draht, Wüstenlastwagen, Flugzeugen und Ersatz­teilen eingetroffen. Befestigungsarbeiten größe­ren Stils seien im Gange in der Oase Siwa  , in Fayum und im Wadi Rattun. Generaldepots und Flugzeugstützpunkte befinden sich in Siwa  , Sollum und Mersa Rattan. In der Wüste seien bisher vier Stellungen mit Sta­cheldrahtverhauen und Tank­gräben angelegt worden. Die Blätter schätzen die Zahl der englischen Flugzeuge in der west­lichen Wüste auf 600, die sich auf 30 Flugplätze verteilen. * London  . Die Voranschläge der englischen Admiralität sehen lautSunday Chroniele" eine Vermehrung der Mannschaftsbestände der Ma­rine um 3000 Mann vor; ferner sollen die Ma­ttosen, deren Dienstzeit jetzt oder in absehbarer Zeit abläuft, aufgefordert werden, sich für einen weiteren Zeitraum von mehreren Jahren zu ver­pflichten.
Italiener   verwenden Giftgas Protest des Nexus an den Völkerbund Addis Abbeba. Der Negus hat an den Völ­kerbund eine Protestnote gesandt, in der er die Italiener bezichtigt, das Kriegsrecht auf dem Rückzug der Italiener im Gebiet von Schire und Tembien verletzt zu haben. Die Truppen hät­ten, so heißt es, die abessinischenKirchen verbrannt und die Zivilbevöllerungsystematischen Drang­salierung" ausgesetzt. Am 23. Dezember hätten sie im Gebiet des Takazze zum ersten Male Gift gas angewendet. Abessinien protesttert gegen die unhumanen Mittel der Kriegsführung, die eine Verletzung des Völkerrechtes darstellen. Wie von der Nordftont berichtet wird, sollen die Italiener Giftgasbomben, anschei­nend mit PhoSgen-GaS, abgeworfen haben. Die Verluste der Abessinier scheinen bettächtlich zu sein. Trotzdem hätten sie ihre Stellungen gehalttn.
Heimwehr  -Jugendführer angeschossen Wien  . In der Nacht auf Sonntag wurde im 18. Bezirk von unbekannten Täter» der 26- jährige städtische Lehrer Max W a l ch a r, ein bekannter Führer der Heimwehrjugend, angeschos- sen und ernstlich verletzt. Er wurde in das Kran­kenhaus gebracht» wo er operiert wurde. Der Attentäter ist verschwunden.
Die Ligen-Gesetze angenommen Paris  . Montag abend nahm der Senat durch Handaufheben die drei Gesetzentwürfe über die Ligen, das Waffenttagen und die Pressever- gehen ohne Aenderung in dem von der Kammer angenommenen Wortlaut in zweiter Lesung an. Die Entwürfe werden nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten der Republik wahrscheinlich bereits im heuttgen Amtsblatt kundgemacht wer­den und sofort Gesetzeskraft erlangen.
Schon wieder Kabinetts­wechsel in Spanien  Madrid  . Ministerpräsident Vallada­res hat dem Staatspräsidenten den Rückttitt des Gesamtkabinettes angezeigt. Valladares wurde mit der Bildung eines neuenKabinetts der Mitte" betraut. Im Kabinett bestanden haupt­sächlich Meinungsverschiedenheiten über die Wahlpolitft und-Taktik. Die republllanische« und die Linksparteien hielten mft den Sozialisten Beratungen über die Bildung einer gemeinsamen Links­front bei den kommenden Wahlen ab. Im neuen Kabinett Valladares, das bereits vom Staatspräsidenten bestätigt wurde, bleiben die Posten des Ministerpräsidenten, des Kriegsmini­sters und der öffentlichen Arbeiten mft den glei­chen Persönlichkeiten besetzt. Sämtlich« Minister sind parteipolittsch unabhängig.
Arn 5. April französische Wahlen? Paris  . Ein Blatt Hat bekanntgegeben, daß sich die Regierung mit der Absicht ttage, das Datum der Wahlen für den 6. April festzu­legen. Hiezu erklärt das Pariser   Innenministe­rium, die französische   Regierung habe über das Datum der Wahlen noch keine Beschlüsse gefaßt.
Politik und Käse Warum Uruguay   die Beziehungen zu den Sowjets abbricht MoSka«. Zu dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen seitens der Regierung von Uru­ guay   schreibt die.I s v e st i j a", daß der Be­schluß Uruguays   wahrscheinlich unter dem Druck Brasiliens   und anderer sowjetfeindlicher Kreist erfolgte; so sei man über die besondere Aktivität unterrichtet, die der i t a l i e n i s ch e Gesandte in Uruguay   in dieser Angelegenheit entfaltet habe. Das Blatt sagt weiter, daß der Präsident von Uruguay   sich erst vor kurzem bemüht habe, von den Sowjets eine Bestellung aus einen großen Po st en von uru­guayischem Käse zu erhalten, wobei er zu verstehen gab, daß er im Falle der Nicht» erteilung dieses Auftrages kaum imstande wäre, dst sowjetfeindliche Agitation in Uruguay   zu ver­hindern. Diese Forderung, die offenbar den Charakter einer Erpressung trug, sei natürlich abgelehnt worden.
Vom Rundfunk Cm»tahlMSwert«s aus den Programmen! Mittwoch: Prag  , Sender L: 7.30: Konzert aus Karls­ bad  , 8.80: Konzert für Violine und Orgel, 9.15: Weihnachtslieder, 10.05: Schallplatten: Smetana  , 10.20: Neujahrsmusik, 13.45: Dvorak  »Konzerr, 14.15: Deutsche   landwirtschaftliche Sendung, 16: Bunter Nachmittag, 17.50: Deutsche   Sendung: Dr. Frankl: NeujahrSgruß, Piepmätze singen Volkslieder, 18.50: Deutsche Presse, 19.25: Pro­gramm aus Brünn  , 22.15: Schallplatten, 22.20: Deutsche Presse. Sender S: 14.30: Deutsche   Sen­dung: Orchestermusik. Brünn 11.10: Beethoven  , 17.50: Deutsche   Sendung: Gajdeczka: die Demo- ttatte als Grundlage hellenischer Kultur, 19.30: AuS dem Landestheater: Die verkaufte Braut. Kascha» 17.40: Slowakische Volkslieder.
WlrlsdiaHlldic Vernichtung taOcMlon! arheHsTos! von 100.000 Juden!
UNSER
37 Roman von Karl Stym Copyright by Eugen Prager-Verlag, Bratislava  
Paul reißt mir beinahe die Arme aus. Fritz! Fritz! Schau doch, was das für dumme Kin­der sind!\ Tapfer schluckt er»die aufquellende Weichheit hinunter. Es£ind wirklich tolpatschige, unvernünftige und lausbü­bische Kinder um uns herum und wir selbst nichts Besseres. Die Kranken werden auf Wagen gehoben und bilden die Spitze des vierhundertundfünfzig Mann langen Zuges. Irgend jemand fängt das Bergarbeiterlied zu singen an und alle fal­len ein. Ich glaube, mit ganz der gleichen Begeisterung wür­den wir auch den fadesten Schlager mitplärren. Uns ist nicht so sehr um das Singen zu tun, sondern wir wollen nur unsere Stimme fühlen. Der helle Tag blendet mich. Ich muß die Augen mit den Händen verdecken. Die Lungen blähen sich, als wollten sie die Brust sprengen. Frauen und Kinder lachen und jubeln. Alles rinnt in mich hinein und füllt mich ganz mit fast erstickender Freude. Dort nimmt einer die Hände seines Weibes. Seine Finger suchen an den vollen Armen hoch. Hier hebt einer seinen Jungen zum bärtigen Gesicht auf. Martha kommt auf mich zu. Ihre Augen sind groß und feucht« Eine wohlige Mattig­keit ist in mir, die mich mir selbst fremd macht. Die Frauen, Kinder und Kameraden um mich her sind klein und weit weg. Von ebenso weit kommt Marthas Stimme: Fritz, ich bin so froh! Die Illusion eines weichen Bettes ist in mir stärker als alles andere. Ich möchte schlafen!
Ja, schlafen Aus den nassen Kleidern heraus in ein weiches Bett krie­chen!* Wie muß das schön sein Links und rechts am Mundloch stehen je drei Soldaten und ein Offizier. Sie sehen stramm geradeaus. Ihre blanken Bajonette auf den Gewehren blinken in der Sonne. Alles an ihnen ist hart, nur die Augen sind weich und voll Hoch­achtung. Jetzt sehen sie, für wen sie scharfe Munition gefaßt haben, auf wen sie Tag und Nacht gelauert haben, wie auf Verbre­cher. Sie sehen, was wir für arme Teufel sind, aber auch, daß wir gekämpft haben, wie sie selbst noch nie. Fogger Schorsch steht auf zwei übereinandergestellten Wagen und donnert über uns hinweg, daß die Ohren schmer­zen. Trotzdem verstehe ich kein einziges Wort davon. Mein Kopf ist auf einmal unsinnig schwer und sinkt langsam vorn­über, um nach einigem Hin und Her auf Marthas Schulter zu landen. Ich schrecke auf. Die Umstehenden belehren mich jedoch, daß ich mich deswegen gar nicht zu schämen brauche. Sie schlafen alle im Stehen... « Fritz ,aufstehen! Draußen ist schon Tag und dazu Früh­ling! So weckt mich Hell zwanzig Stunden später. Ich habe zwanzig Stunden ohne Essen und Traum geschlafen. In Schropps guter Stube ist schon das Essen gerichtet. Wir legen uns tüchtig ins Zeug. Der Alte sitzt auf der Ofen­bank und lächelt über unsere Gefräßigkeit, trotzdem sein Gesicht schmerzlich zuckt. Ihn quält wieder die Gicht, das Übel, das jedem, der zwei Jahre Grubenarbeit macht, das Leben verbittert Es macht die ohnehin schwere Arbeit manchmal fast unerträglich. Man hat das impertinente Ge­fühl, ein gezähntes Messer schabe mit teuflischer Beharr­lichkeit zwischen Fleisch und Knochen auf und ab. Zu Zei­
ten ist es so stark, daß man geradezu Angst hat, die Arme zu heben oder zu gehen. Etwas später kommt der alte Raab. Sein rechter Rock­ärmel baumelt leer von der Schulter. Steifbeinig nimmt er neben Schropp Platz. Raab kommt sehr oft zu seinem alten Kameraden. Er gehört fast zum Haus und kommt und geht ohne Gruß. Die beiden Alten sitzen stundenlang am Ofen und starren zum kleinen Fenster gegenüber hinaus, ohne ein Wort, zu sagen. Manchmal spielen sie Karten. Um abge­brannte Zündhölzchen oder Bohnen. Dann mag es vorkom­men, daß sie die Karten weglegen, sich gegenseitig ins ver­schlissene Gesicht schauen und einer sagt: Ferk hätte nur den Stempel etwas weiter hinten stellen sollen, dann wäre das Flötz nicht gekommen! Nachher spielen sie wieder weiter, langsam und bedäch­tig, als ginge es um ein Vermögen. Sie haben immer die glei­chen Gedanken. Auch leben sie gleich,** beide von ihren ver­stümmelten Körpern. Unser Körper ist eben unser einziges Kapital. Ist er noch jung und stark, so arbeitet er für uns. Ist er dann verstüm­melt, so sind wir seine Rentner... Raab hat einige neue Zeitungen mitgebracht. Ich lese die Artikel über uns laut vor. Die eine Zeitung nennt uns Hel­den, die anderen Rebellen, Anarchisten usw. Blödes Gequatsche! Hell faltet die Zeitungen nachdenklich zusammen und schiebt sie in den Ofen. Damit wir wenigstens etwas davon haben! Helden! Rebellen 1 Diese Leute wissen einen großen Schmarrn von uns! Wir sind keines von beiden, nur arme Luder... Die ganze Zeit über schon höre ich aus dem Nebenzimmer ein undeutliches Gemurmel, einer Litanei nicht unähnlich. Ich öffne leise die Tür und habe Mühe, nicht zu zerplatzen. Der Zimmerinhalt ist auch ein zu köstliches Idyll: Sophie sitzt auf ihrem Rohling. Breit und selbstverständlich, als wäre es sein gutes Recht und hört eifrig zu.