Nr. 8
Dienstag, 7. Jännrr 1936
Seite 8
Oasen Im Kriegsdienst Nach ägyptischen Blättermeldungen werden von der britischen   Armee im westlichen Aegypten  an der libyschen   Grenze umfangreiche militärische Vorbereitungen durchgeführt. So werden die Oasen, diese Inseln in der Wüste, befestigt und mit Stacheldraht und Tankgräben um­geben. Auf unserem Bilde sieht man die Oase Siwa  , wo die Engländer ihr Hauptlager und einen Flugzeugstützpunkt anlegen.
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Nachtfahrt nach Algier Von Ott» Friedrich. Die schwankende Laufbrücke zwischen dem stei­nernen Hafenkai und dem Deck des großen schnee­weißen Passagierdampfers»Ville Blanche" ist eine schmale Fortsetzung der Cannebiöre, der Prachtstraße Marseilles  . Die Cannebiöre scheint direkt inS Meer zu fuhren und' durch das Ultet unsichtbar weiterzu­rinnen im Kielwasser der Schiffe, die nach Afrika  , nach Tunis   und nach Algier  , derVille Blanche" fahren. Die Häuser mit ihren Bankfilialen, Reise­bureaus, Luxusgeschäften und zettelbeklebten See­mannsfahrten, die Caffs mit ihren müßig auf die Straße starrenden Gästen, die kleinen Restaurants mit ihrer würzig gelbroten Fischsuppe, dar alles bleibt zurück, zurück bleibt auch der nach Teer, Tank. Fischen und allerhand zweifelhaften Parfums ge­schminkter Mädchen duftende Kai und das alte Hafenviertel mit seinen dunklen, steilen Lafiergaffeu, aus denen Grammopüongequerr, Kindergeschrei, Lockrufe und die Schimpfworte alter Betteln klingen, in denen Spülichtwaffer über das katzbuckltge, von Obstschalen bedeckte Pflaster rinnt und abgewaschene Wäsche wie zerzauste Fahnen auf hochgespannten Seilen Mischen den engen Häuserfluchten flattert, zurück bleibtVieux Fort", der Hafen armseliger Liebesfreuden der kindlichen Matrosenherzen. Zu­rück bleiben auch die Menschen. Scharen von ihnen wälzen sich fürs erste, stoßend, lachend, fluchend vom Land ins Schiff und vom Schiff ans Land. Koffer werden geschleppt. Grüße getauscht, Scherz, Rührung und Geschästsabreden, alles drängt sich in den Mi­nuten der Abfahrt zusammen, bis die Glocke klingt, die Menschen ächzen, die Laufbrücke zurück­fällt auf den Steinboden des Ufers, die Taue empor­gewunden werden und der Koloß pustend und dröh­nend die Wellen hinter sich aufwirbelt. Noch einiges Winken, noch einige grelle Schreie der Verkäufer und dann ist alles nur noch«ine formlose bunte Masse. Die Häuser treten zurück, di« Bucht mit ihren grünen Hängen, ihren weißen berganklettern- den Villen und der stadtbeherrschenden stolzen Wacht- kirche. Notre Dame de la Garde, eben noch pla­stische Umgebung, wird jetzt bildhaftes Panorama. Selbst die Felseninsel Chateau d' Jf liegt längst hin« ter uns, die Küste wird zum schmalen Streif, weiße Moden umkreisen gierend und girrend das Schiff und die Meerwasserwogen blaugrün im Sonnen- glaft. Jetzt ist für zwei Tage das Schiff die Heimat. Nie fühlt man mehr das Berreistsein, das Losge­löstsein vom Alltag, als an Bord solch einer Keinen Schiffsinsel. Jetzt ist das Gepäck richtig in der Kajüte verstaut. Das Essen bringt die Gäste zu­sammen. Leckere Gerichte aus Salaten, Fischen, Ge­flügel, grünen Feigen, Mandeln und blauschwarzen Trauben. Ein süßer hitziger Mokka beschließt das Mahl und dann kommt die Abendpromenade an Deck, die Sinnenruhe im Liegestuhl und der Blick auf eine rote Sonnenwand im Westen, auf ein lila verdun­kelndes Meer und«ine langsam auffchattend« Sternennacht des unendlich durchsichtigen milden Augusthimmels. Ein^»äziergang an Deck ist reich an kleinen Entdeckungen. Man blickt unversehens in den spie­gelnden Glanz weicher Luxuskabinen, man schlen­dert einige Schritte durch den Rauchsalon, in dem alte Hefte derIllustration", derLondon News" und vielfarbige Reiseprospekte gutgestapelt auf den Tischen liegen. Sin alter französischer Herr im dunklen Rock, mit heller Weste, schwarzer Binde und dem obligaten roten Bändchen der Ehrenlegion hebt «in wenig zitternd den Zwicker an der Schnur empor und liest seiner gelaitzweilten Tochter aus den Pro­spekten die verschiedenen Schiffsmenus vor. Wer «in wenig Pressen in der Magengegend verspürt, kann ihm nur mit Mißbehagen zuhören. Dann geht es wieder hinaus, an Taugewinden, allerhand Haken und Ringen vorbei; vorbei auch an einem eisenum- zäunten Schacht, der in die Tiefe zu den schwingen­den Maschinenkolben hinabreicht, in die heiße, höl, lische Tiefe, in der dunkle Heizer halbnakt die Kohle schaufeln. Vorbei weiter an dem hohen Thronbau des Steuermanns, vorbei an den Kajüten des Kapitäns und des Schiffsarzte  -. Schließlich findet das müde- gewordene Auge einend stillen Platz, von dem der Blick berabfällt, wie von der Höhe ins Tal, der Blick fällt aufs Zwischendeck. Eine sonderbare Welt, die sich öffnet: Der Mond ist aufgegangen. Die da unten in der ungeschütztei- Grube deS offenen Zwischendecks haben es sich de» auem gemacht. Aber waS heißt hierbequem" l Dunkelhäutige Arbeiter in blauen Arbeitsblusen haben einen Handsack unter den Kopf gezogen, Frauen mit wimmernden Kindern liegen zwischen ihnen. Da hat einer den Inhalt seines kärglichen Mahls dem Schwanken deS Schiffes zum Opfer ge» bracht, dort fitzt im Burnus ein Araber in leise», Singsang über den Koran   gebeugt, hier streiten zwei Spieler und zwischendurch huschen ausgezehrte Kinder in schmutzigen Lappen und mit Augen, brn». nend und verzehrend wie die eine? Schwindsüchtigen. Eine armselig«, vielfältig verschlungene, in Schmutz und Elend zusammengesprenkelte Schar der Ent­erbten. Die Unterwelt der Haseugassen desVieux Port", Saisonarbeiter, Teppichhändler und Gelegen« heitssucher, arabisches Strandgut der europäischen  Welt,' eine verknüllte, verdreckte, heimwehkranke Masse, die Menschenwar« des Zwischendecks, sozu­sagen das Eingeborenenviertel des Dampfers, ähn­lich geschieden von der europäischen   Oberwelt wie die düsteren, schwülen mittelalterlichen Gassen der KaSbah", deS Araberviertels in Algier  , von der Weißen Stadt", jenerVille Blanche", deren Namen am Bug des Schiffes prangt. Ueber dieser Welt der Armut und der hinter Lumpen mühselig verborgenen Not der ausgezehrten Körper thronen wir, die Hellen Götter, die Herren des Schiffes, Da tafeln wir, da tanzen wir, lachen
und gähnen, genießen den Blick auf die Spiele der Wellen, die jenen, die hohe Schiffswand verbirgt, und atmen den frischen Luftzug der Brise, der nur in den Rauchschwaden des Schornsteins, schwarz und ölig besprengt, zu ihnen dringt. Ist diese Wirklichkeit nicht wie ein Gleichnis, eindeutig und erschütternd, wie nur das Leben selbst es zu zeichnen vermag? Wenn die da unten wüßte», was ich weiß, der ich mich über die Reling lehn«.. Wenn sie wüßten, wie schwr.h die Balken sind, di« unser Oberdeck tragen! Wir sind wenige, sie sind viele. Merdings, wir haben die Waffen, daS Wisse», den Willen und das Geld i ,ib sie sind dumpf, voller Trägheit der Besiegten und verbannt in die Träume der Vergangenheit. Da steht einer unter ihnen auf! Die Halbmüden werden wach, die Schläfer werden beiseite geschoben, Frauen und Kinder drängeln sich nach vorn, ein Kreis rundet sich um ihn. Der Stehende ist jung und elastisch, er trägt«inen Burnus, aus dem ein glan­zender weicher Bart und zwei große Augen, eine ktzhn und hart gebogene Nase und ein willensstarkes, ovales Kinn hervorschauen. Er beginnt zur Menge zu sprechen. Seine Stimme ist hell, aber halblaut, man hört die gutturalen Laute des Arabischen, aber sie sind nicht krächzend oder heiser querrend, wie oft bei den Marktrufern, sondern wie ein Felsgestein, da? nur da zu sein scheint, damit die Lautbäche hell und spielend darüber rieseln. Was der Araber spricht, weiß ich nicht. Aber ich sehe, daß nicht nur der aussteigende Mond, sondern eher noch ein aufsteigendes Gefühl die Gesichter seiner Hörer erhellen. Spricht dort ein Prophet, ein Sin­nengaukler oder ein Volksführer? Was zwingt alle in den Bann dieser Rede, so daß sie Müdigkeit und Elend für Augenblicke vergessen? Ich verstehe die Worte nicht, aber ich verstehe ihr Echo in den Mienen. Wird da nicht eine Sprache gesprochen, die einmal Schicksal werden kann, unser Schicksal, das Schicksal des.Oberdecks Europa  ". Ein junger Franzose steht plötzlich neben mir, elegant im weißen'Abendanzug, die Haare pomadi­siert. Die manikürten Hände drehen an dem Flaum des fleinen Schnurrbärtchens, das er nach Art der Flaneure von Cannes   und Rizzg trägt.Ein bizar­res Bild", ironisiert er die Szene,Was erzählt der Araber seinen Landsleuten?", entgegnete ich.Pah, parfümiert«, orientalische Dummheiten, ein Mär­chenerzähler, mein Herr!"Verstehen Sie denn, was er sagt?"Ich bin Orientalist und fahre jetzt gerade wieder zu Studienzwecken nach drüben. Ich kenne mich in den Leuten aus, auch wenn ich ihnen nur haw zuhöre. Er scheint irgendeine ganz verworrene Geschichte zu erzählen." Ein älterer, grauhaariger, starkgebräunter Herr, an seiner schmalen Uhrkette hängt ein lleines Freimaurerzeichen, ist näher getreten und hat die letzten Worte gehört. In seinen Augen Nimmt ein Lächeln, sozusagen ein Lächeln hinter dem Vorhang weltweiser Höflichkeit. Der elegante junge Mann spürt den kritischen Blick und zieht es vor, zu ver­schwinden. Guttural, fast wie der Araber, wirft der Grauhaarige einige Worte französisch vor sich hin. Der junge Herr mag Orientalist sein, aber er ist kein Orientale. Er ist nicht einmal ein Menschenken­ner."Wie meinen Sie das."Sie find ein Fremder, darf ich Sie ttotzdem fragen, was Sie glauben, daß der Mann da unten seinen Mitfahrern erzählt hat."Sitzver zu antworten! Aber ich fühlte mit Unbehagen eine Art Vision, als ob das Oberdeck zu schwanken beginne und als ob es immer stärker ins Schwanken komme, je länger er spräche." ,Lhre Vision war nicht falsch. Ich kann er bestätigen, denn ich verstand jedes Wort. Ich stamme aus Algier  . Ein halbes Jahr lebe ich in Frankreich  , das andere Halbjahr verbringe ich auf meinen Gütern drüben. Ich kenne sie beide, die Franzosen  und die Araber. Und", endete er ein wenig nachdenk­lich,ich glaube sie beide etwas zu verstehen, so daß ich nicht nur höre, was sie reden, sondern auch wovon sie reden möchten. Dieser Araber beispielsweise hätte mehr reden mögen als er konnte, oder genauer ge- f 0, als er durfte."Sie nennen ihn einen Mär­chenerzähler?"Ja und nein. Er hat seinen
Landsleuten ein Märchen erzählt, aber Sie haben selbst wohl empfunden, wie es auf sie wirkte, wie es sie aufrüttelte, wie sie sich aufrichteten und wie der heiße Atem ihrer Debatte jetzt noch emporsteigt. Der Mann ist wohl ein Märchenerzähler. Aber einer von ganz besonderer Art. Einer der Leute vom ,Roten Stern'." Was ist der ,Roie Stern'?" Ach so, das wissen Sie nicht. Der.Rote Stern' ist ein arabischer Geheimbund, so eine Art Freimaurerorden," er schaute dabei ein wenig selbst­ironisch auf das kleine Zeichen an seiner Uhrkette, daS seine Finger unwillkürlich umklammert hielten. Man findet in diesem Geheimorden alte orthodoxe Moslems und junge nationale Rcvoluttonäre bei­sammen. Eine stille soziale Anllage gegen das fremde Regime eint sie. Sie haben darin nur zu recht- Die Weißen haben ihnen den Alkohol und die Syphilis gebracht, daS ganze Vylk siecht an diesen Gaben da­hin. Jetzt leben sie in armseligen Hütten. Bor Zeiten einmal bauten sie Hallen von feinster ziselierter Ornamentik, Säulen von zarter Stukkatur, Wunder­werke wie die Traumhöfe der Alhambra   und- dar Bvgeiidickichk der Müsches Voß Cordoba. Früher haben sie Romanzen gesungen Und daS Wissen des Helle­nentums für uns gerettet. Jetzt sind sie Händler, Gaukler, Lastenträger, Schutt der Geschichte." Was für ein Märchen hat der Araber seinen Freunden erzählt?" Ein gefährliches Märchen. Ihr Instinkt ließ Sie zu recht erschrecken. Der Beduine sprach von diesem Schiff und von seinem Heimatshafen, von Algier  , von derBille Blanche". Er verglich mit vie­len bunt ausgemalten Bildern das Leben hier am Oberdeck und im Zwischendeck, dann sentte er seine Stimme zu einem heißen Flüstern und malte aus wie es wäre, wenn sie sich alle zusammenrotteten, wenn das Zwischendeck anS Deck sttege, die weißen Götter übermannte, wegholte von den Tafeln deS Glücks und der Freude und sie herabstieße in das Verließ des Zwischendecks. Ein rascher Sieg würde es sein und am Heck würde die Trikolore verschwin­den und der rote Stern aufziehen. Aber fieilich, und dabei hielt der Erzähler, erschreckt stockend, inne, so daß sein Erschrecken sich weiter pflanzte auf die Hörer, Herren der Menschen würden sie sein, aber nicht Herren des Schiffes. Denn, so fragte er, wer wäre nun der Kapitän und wer der Steuermann?" Und so pessimistisch schloß er seine Geschichte?" O nein, so enden keine Märchen, so enden allenfalls Lehrbuchgeschichten. Nein, im Gegenteil,
Nach einem Plane oder aber nach einer Verlegenheitstaktik halten die Kriegsherren Ita­ liens   in Abessinien gewisse Bestimmungen des Völkerrechts ein, während sie andere völlig miß­achten. Sie bombardieren z. B. Spitäler, werfen aber keine Gistbomben. Nämlich bis zum 23. De­zember taten sie es nicht; an diesem Tage aber haben sie die Abessinier an der Tigrefiont mit Gasbomben angegriffen und sie zum Zurück­weichen gezwungen. Eine Meldung besagt, das gemeldete Gas sei Phosgen gewesen. Und in der Tat was brauchen sich die Herren viel um neue, wirffamere Giftgase zu sorgen? Das Phosgen gehört zu den allergiffigsten und ist im Weltkrieg nur deshalb minder wichfig gewor­den, weil es mit Gasmasken verhältnismäßig leicht aufgefangen werden kann eine nicht zu keure Flüssigkeit, Urotropin, verschluckt es rest­los, so daß ihre Anwesenheit im Feinkies des Maskenfilters den Angriff unwirksam macht. D i e Abessinier aber haben keine G a s m a s k e n; ein Atemzug in der Nähe einer geplatzten Bombe genügt, um den Krieger zu töten. Da ist kein Senfgas nötig, das im Welt­krieg deshalb eingeführt wurde, weil es außer auf die Atemwerkzeuge auf die Körperoberfläche wirkt; dort zieht es schwer heilbare Blasen, er­zeugt hartnäckige Brandwunden und Knochenfraß.
er sprach von der Not, die erfinderisch macht, von den Notsegeln, in die sich der Wind Allahs   setzt, ein gnä­diger Wind, der sie zum Hafen treiben wird. Und er schilderte dann den Jubel,' als das Schfff einlief: An Heck und Masten flatterte der Rote Stern. Da leerten sich im Nu die armseligen Viertel der Kasbah. Alles strömte zum Häfen und im Triumph führte man die Schiffsflaggen zum Platz des Residenten, hoch hißte man sie am Fahnenmast der Residenz!" Die Vision einer afrikanischen' Revolution?"' Vielleicht auch das" Aber hier brach das Märchen ab. Freilich mit einer Drohung:Wir schliefen lange. Wer lange schläft, wird mächtig erwachen. Sein ist daS alte Auge des Propheten und di« junge Kraft deS Riesen: Wissend ist er und stark." Ich flocht ein:Also doch ein Agitator?" Wie Sie wollen, mein Herr, er zieht durch die Lande als ein Märchenerzähler, nur beginnen seine Märchen nicht mit den Worten:es was einmal''^ dafür enden sie stets:eS wird einmal sein.» Halb sich zum Gehen wendend, setzte er hinzu: und daS, mein Herr, ist sehr bedrohlich für das Oberdeck. ES gibt nämlich Märchen, aus denen Ge­schichte erwächst. Man muh sie nur gut und oft genug erzählen. Bisweilen versteht sie dann sogar der Fremde, denn die Klagen der hitteren Not. versteht mancher auch ohne Wörterbuch. Ihm genügt die Grammatik des Herzens.
Eine«nationale" Tat. In einem großen jüdischen Musikalien- und Radiogeschäft Wilnas explodierte Samstag abends eine Höllenmaschine. Dabei wurden die Inhaberin und zwei weibliche Angestellte schwer verletzt und die Einrichtung des Ladens zerstört. Man nimmt an, daß der Täter im Lager der nationalen Jugend zu suchen ist. Neue polnische Gehässigkeiten. Im Prozeß gegen die vermutlichen Mörder des polnischen Innenministers Pieracki deutete, wie diePra­ger Presse" meldet, der Staatsanwalt in seinem Plädoyer an, daßfast unter Mithilfe tschecho­slowakischer Behörden Personen die Grenze über­schritten hätten, um zu morden, bzw. nach Ver­übung des Mordes straflos zu entkommen." Di«Prager Presse" weist diese Verdächfigungen auf das entschiedenste zurück und erklärt, der pol­nische Innenminister habe Wohl Ende Juni v. I. den tschechoslowakischen Gesandten aufmerksam gemacht, daß bei der Untersuchung möglicher­weise einige Spuren in die Tschechoflowakei führen werden. Er habe daraufhin sofort die Antwort erhalten, daß die Tschechoslowakei   der polnischen Regierung gern überall, wo es ihr möglich sei, unter Einhaltung der Grundsätze des internationalen Rechtes behilflich sein werde, Konkrete polnische Vorschläge seien nicht er­folgt, Wohl aber, wie jetzt, Verdächtigungen und Angriffe.. Wie im Schauerfilm. Der russische. Staatsange­hörige Iwan Slag, der seit einiger Zeit wegen eines Vergehens in einem Gefängnis sitzt, wird allge­mein nur der«unsichtbare Mann" genannt. Zwar besitzt er nicht, wie der"sagenhafte Siegfried, eine Tarnkappe, er kann sich aber der seltsamen Eigenschaft rühmen, daß er nicht photographiert wer­den kann, daß er also zum mindesten gegenüber der Kameraunsichtbar" ist. Die Polizei hat mit Iwan Slag wirklich ihre liebe Not. Als sie ihn kürzlich zur Festlegung seiner Personalien zu photographieren versuchte, stellte sich heraus, daß die Platte nach der Entwicklung auch nicht den geringfügigsten Teil des Gefangenen wiedergegeben hatte. Nun, das konnte«in Fehler des Photographen fein. So machte man nach­einander sechs Aufnahmen, ohne daß die Platte auch nur die geringste Anstalt machte, Jllvan Slag darzu­stellen. Der Gefangen« erbot sich schließlich, das Ge­heimnis seinerUnsichtbarkeü" zu enthüllen, falls man ihn auf freien Fuß setzen würde. Da die Polizei diese Zusicherung aber bisher nicht geben"wollte, ist das Rätsel noch immer ungelöst. Derunsichtbare Mann" aber sitzt in seiner Zelle und freut sich, daß feine Mitmenschen sich übex seine Eigenart den Kopf zerbrechen. Die Gelehrten können sich noch nicht er­klären, worin die felssame Eigenschaft des Russen besteht.
Kein Lewisit wird gebraucht, das als Hautgift noch das Senfgas übertreffen sollte, uiü> zwar in Amerika   gegen Kriegsende in Massen erzeugt, aber nicht mehr verwendet wurde. Was brauchen die Italiener sich gar den Kopf zu zerbrechen über neue Gifte, die vielleicht seit dem Weltkrieg er­funden worden sind? Das Phosgen ist einfach her­zustellen; man braucht nur Kohlenoxyd und Chlor, zwei ganz billige Gase, zur chemischen Vereinigung zu bringen. Es ist achtmal so giftig als das gefürchtete Chlor. Gegen einen Feind ohne Gasmasken, wenn er in irgend dichteren Kampf­verbänden marschiert ist, muß es durchschlagend wirken. Da ist eS zu glauben, daß die italienische Heeresleitung den Feind zu einer größeren Schlacht zwingen will und daß dieser sich ihr immer wieder entzieht. Auch die angeblichen Er­folge der Abessinier gegen die italienischen Kampfwägen sind unglaubwürdig. Nur im Bunde mit der Natur seines Landes, die den modernen Kampfmitteln die schwersten Hindernisse bereitet, kann das Naturvolk hoffen, den Feind zu zermür­ben; diesen Feind, der jedes Mittel der Kriegs­technik einsetzen wird, wo es Erfolg verspricht, wobei ihm das Völkerrecht das eine Mal für Bor­wände zum Angriff gut genug ist, das andere Mal aber gleich nichts geachtet wird. E. B.
Giftgas an der abessinischen Front