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Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB . VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .

16. Jahrgang

Donnerstag, 9. Jänner 1936

19 min 11

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0292

Nr. 7

Eine neue Verhaftungswelle feste ein. SunEin Kriegsbündnis

Die braune Bestic schlägt um sichte und aber burn decifion, aus den Belieben

Angst vor dem Volke Monster- Prozeß in Wuppertal

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derte Hunderte Menschen wurden Wohnungen gerissen,

aus

geschleppt, auf offener Straße in Ketten gelegt und in die Kerker geworfen. Weitere drei Arbei­ter: Jericho , Scheffels und Giesebach, Seit Wochen läuft in Wuppertal ein Mons| heraus, in dem sie ihre Vertrauensleute auffors fanden in den Mordhöhlen den gräßlichen Tod. sterprozeß gegen 600 Gewerkschafter. Dieser Pros derte, die Namen aller, die im Verdacht stehen Insgesamt wurden etwa 1100 Mens zez wurde durch 1100 Verhaftungen und könnten, sich staatsfeindlich zu betätigen oder fchen verhaftet, ohne Rücksicht auf Alter unmenschliche Mißhandlungen, die zehn Todes- den Staatsfeinden Vorschub zu leisten", der und Geschlecht, ohne Unterschied der Weltans opfer zur Folge hatten, eingeleitet. Die zentrale Gestapo zu melden. Eine ähnliche Anweisung er- schauung und der politischen Zugehörigkeit. deutsche Presse berichtet darüber nichts. Sie ging auch an die Meister in den Betrieben. Sogar 628 Menschen, Parteilose, Sozialdemokras registriert nur hin und wieder die Massenprozesse die Lehrer in den Schulen wurden dazu angehalten, Kommunisten, Christen, Gewerkschafter, Ar­in den Provinzstädten, die gleichsam wie eine Flut ten, die Kinder darüber aufzuklären, daß es heitsfrontmitglieder, Vertrauensmitglieder, stehen durch das Dritte Reich jagen. In Effen fand nationale Pflicht" sei, auch die eigenen Eltern vor Gericht unter der Anklage ,,, am hochberräte fiirzlich ein Prozeß gegen 72 Angeflagte statt, in und Verwandte anzuzeigen, wenn sie den Staats- rischen Unternehmen" teilgenommen zu haben. Hamburg läuft ein Prozeß gegen 270 Angeklagte, feinden Vorschub leisten. Aber all' das half nichts. Die Prozeßführung in Wuppertal gegen 600. Die jeweilige lokale Presse ergeht sich in hemmungsloser Heze gegen Die Gestapo greift ein die Angeklagten, verdreht ihre Aussagen, entstellt oder verschweigt die Ursachen des wachsenden Widerstandes, terrorisiert die mit den Angeflag­ten sympathisierenden Bevölkerungskreise. Wuppertal

Da griffen die zentralen Gestapostellen ein und entsandten die oft bewährte Mordkolonne, das berüchtigte Kommando zur besonderen Ver­wendung", We d e, aus Berlin nach Wuppertal .

Hunderte Menschen wurden wahllos berhaf­

mann.

Zur Aburteilung dieser Sunderten von Ans geklagten sind der 1. Straffenat des Volksgerichts­hofs und das Oberlandesgericht Hamm nach Wup­ pertal übersiedelt. Die Angeklagten werden nach Stadtteilen und Betrieben in größeren Gruppen abgeurteilt. Im ersten Teil des Prozesses wurden tet und mißhandelt, sieben zu Tode gefoltert: Buchthausstrafen bis zu 15 Jahren verhängt. Wuppertalfo heißen nach der 1928 bor muth, Kreitenbaum, Stein, Krä Die öffentlichen Prozeßverhandlungen soll genommenen Eingemeindung die zu einem Häume r, Bidard, Merten, 23 aterten dazu dienen, die Bevölkerung durch die Ver­fermeer verwachsenen Städte Barmen, Eberfeld , fiindung der schweren Urteile und ihre juris Vohwinkel, Cronenberg , Ronsdorf , Behenburg stische" Begründung einzuschüchtern. Aber das Gegenteil von der gewünschten Wirkung ist ein­getreten. Die sich zu den Gerichtsverhandlungen drängenden Menschenmengen Hunderte stan den bereits um 7 Uhr morgens an, also zwei Stunden vor Beginn, viele mußten wegen Ueber füllung umkehren erhielten einen doppelten Anschauungsunterricht. Sie sahen die zynischen Handhabungen des neudeutschen Rechts", die Erbärmlichkeit der neudeutschen Richter und auf der anderen Seite das bestechend ehrliche Verhal ten der Angeklagten, ihr mutiges Eintreten für die von den Nazis zertrampelten und besudelten Menschenrechte.

ist eine bekannte deutsche Textilstadt. Die Spezialartikel der Wuppertaler Textilindustrie sind: Bänder, Spizen, Hutligen, Gummiband­erzeugnisse, Glanzstoffe, Futterstoffe.

Die Wirtschaftskrise traf Wuppertal mit harten Schlägen. 1932 waren ca. 40 Prozent der Wuppertaler Arbeiter eriperbslos. Allein die Zahl der von der Bohlfahrt Unterstüßten erreichte 38.000. Die Zahl der tatsächlich Erwerbslosen in Wuppertal ist gegenwärtig feineswegs geringer als 1932.

Die Wuppertaler Arbeiterschaft blidt auf eine langjährige revolutionäre Vergangenheit zu­rüd. Sie ist stolz auf ihre Stadt, in der Friedrich Engels geboren wurde und eine Zeitlang gewirkt hatte. Bei allen Reichstagswahlen erran gen die sozialdemokratischen Kandidaten die Mehr­heit der Stimmen. Beim Kapp- Butsch erhoben sich die Wuppertaler Arbeiter wie ein Mann und schlugen vernichtend das Freikorps Lichtenschlag. Durch einheitliche Aktionen vertrieben sie die Terrorkolonnen der Nazis aus den Arbeiterviers teln und hielten sie bis zum Machtantritt Hit­ lers im Baum.

Walter Krämer, ein bekannter Funktionär des Deutschen Textilarbeiterverbandes, Mit. glied des Reichsbanners, wurde Ende Feber 1935 verhaftet und nach vichischer Mißhand­lung mit völlig zerfektem Körper ins Kran­fenhaus Kapellchen" eingeliefert. Einige Tage darauf verstarb er unter fürchterlichen Dualen.

Kreifenbaum, langjähriger Betriebsrats­vorsisender bei Schäfer n. Homberg, Mitglieb vorsißender bei Schäfer 1. Homberg, Mitglieb des Deutschen Metallarbeiterverbandes, wurde im Polizeigefängnis, Bachstraße, erwürgt.

Der Holzarbeiter Willy Muth wurde am 17. Jänner 1935 verhaftet. Am 23. Jänner teilte man seinen Verwandten mit, er habe sich erhängt". Sein ganzer Körper war mit Brandwunden bedeckt, die Füße mit glühenden Eisen durchbohrt.

Jeder der Verhafteten wurde gezivungen, fünf Namen zu nennen, da die Gestapo erfahren haben wollte, daß die Gewerkschafter in Fünfers gruppen zusammengefaßt worden wären. Bis zur Verzweiflung getrieben, nannte manch einer wohllos fünf Namen, um nur den Folterungen ein Ende zu bereiten.

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Die Stimmung der Bevölkerung

Die Maffenverhaftungen, die Mißhandlun­gen, die vielen Todesfälle bilden seit Monaten den Gesprächsstoff, in ausnahmslos allen Schich­ten der Bevölkerung. Im Flüsterton, im engsten Kreise von Freunden erzählt man sich von dem Wüten der Gestapobeamten, von den herzzer­reißenden Szenen in den Familien der Betroffe nen. Man spart dabei nicht an eindeutigen und harten Worten gegen das Regime.

das für den Frieden wirkt

Der Abschluß des franko- britischen Militär­bertrages, dem ewigen Labierer Laval augens scheinlich ebensosehr von Eden und der französis schen Linken wie vom französischen Generalstab abgerungen, ist in dem Stampfe um die Eindäm­mung des afrikanischen Konfliktes und die Bändi­gung des faschistischen Brandstifters in Rom nach den Sanktionen die zweite wirksame Ta t. Es steht zu hoffen, daß sie wirksamer sein wird als die erste, zudem sie ja den Weg freimacht für eine dritte, die von Mussolini so gefürchtete Delsanttion.

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Militärische Bündnisse wirken gemeinhin nicht für den Frieden, sondern provozieren im Gegenteil kriegerische Zusammenstöße. Es gibt von dieser Regel eine Ausnahme: wenn nämlich die Allianz- es muß allerdings dann eine offene Allianz sein eine so starte Macht schafft, daß die zum Krieg gesonnene Gegenseite die Hoff­nungslosigkeit ihres Beginnens einsieht, dann wirkt ein militärisches Bündnis zweifellos für die Erhaltung des Friedens. Das ist aber bei der franko- britischen Abmachung in hohem Grade der Fall.

Man erinnert sich bei solchem Anlaß mit Nußen der Situationen von 1905, 1911 und 1914. Gelegentlich der beiden Marokkokrijen von 1905 und 1911 hat Englands unzweideutige Parteinahme für Frankreich die Kriegslust der Berliner alldeutschen Streise sehr start abgefühlt und der deutschen Regierung ein Kompromiß er möglicht. 1914 ist Berlin in den Krieg ein­getreten, weil es sich der Hoffnung bingab, Engs land werde, wenigstens fürs erste neutral bleiben. Man hat Sir Edward Grey immer wieder mit Recht vorgeworfen, daß seine Politik der Zwei­deutigkeit den Krieg heraufbeschworen habe. Hätte London Ende Juli 1914 erklärt, daß es an der Seite Frankreichs stehen werde Deutschland hätte nicht gewagt, die Wiener Politik zu unter stüßen. Hätte London erklärt, daß es neutral bleiben werde dann wäre Rußland zurück­geprellt. Hätte London erklärt, es werde in jedem Strieg auf Seite des Angegriffenen stehen-- feine Macht hätte gewagt, eine Striegserklärung abzu­senden oder die Feindseligkeiten zu eröffnen. Die Geheimpolitik Greys hat allen Mut gemacht und den Krieg entfesselt.

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Britische Schiffe im Mittelmeer as to be an old song

durch französische ersetzt

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Seit Monaten wurde die Gefahr eines Umso hemmungsloser, umso zügellofer Weltkrieges nicht so sehr genährt tobten sich hier die ,, Sieger" aus. Allein in den durch die schroffe Haltung Englands gegenüber ersten zwei Monaten hatte die Wuppertaler Italien als durch die Italiens Arbeiterschaft 18 Tote zu beklagen. Bald waren freundlichkeit der französi es ihrer 40, die Hunderte der zu Krüppeln Ge­ichen Rechten und des Herrn Laval. Weil schlagenen gar nicht zu rechnen. Der Reichsban­Mussolini Grund zu der Hoffnung hatte, er werde nermann aufer wurde vor dem Hause England als isolierten Gegner gegenüberstehen, feiner Eltern erschossen, der Arbeitersportler wagte er alles zu risfieren, auch den Krieg. Weil Dreyer am hellichten Tage auf offener London ( AR.) Die britische Admirali­Französische Flottenmanöver die Haltung Frankreichs ihm Hoffnungen auf Straße niedergestreckt, der 60jährige Redakteur tät teilt mit: Einige Flotteneinheiten, insbeson­militärische Anfangserfolge gegen Malta , der sozialdemokratischen Freien Preffe", dere die Kreuzer Nelson"," Rodney", an der Küste von Korsika gegen Aegypten oder Syrien , gegen Griechenland Ostar Hoffmann, wurde den un- urious" und Cairo", werden gemein- Die Londoner Abendblätter verzeichneten die und Jugoslawien ( als Faustpfänder für das menschlichsten Torturen ausgesetzt. Bei seiner fam mit der 21. Torpedobootzerstörer Flotille Meldung, daß ein französisches Flotten- unangreifbare England) weil sie ihm Hoff­Einlieferung in das Wuppertaler Konzentra- Mitte Jänner die übliche Früjahrsgeschwader am 12. Jänner Nebungen in der mungen auf ein mögliches Zusammenwirken gegen tionslager ,, Kemna" wurde ihm zunächst die kreuzfahrt unternehmen. Dagegen werden Nähe der Küste der Provence eine Allianz London - Berlin ließ, hat er dem Hälfte des Bartes geschoren. Dann mußte er einige Einheiten, die zu der in den Gewässern von und Korsikas durchführen werde, und be- Völkerbund zu troben gewagt. 3,, Kemna- Schnittchen" 3 Salzheringe, in Großbritannien stationierten Flotille gehören merkten hiezu, daß dieses Flottenmanöver ein Nunmehr weiß Mussolini , weiß alle Welt Petroleum oder Stauferfett getaucht, und gegenwärtig in Gibraltar weilen, wie Ergebnis der letzten britisch- französischen Unter- und damit auch das italienische Volk, daß ein schlucken. Der alte Mann trümmte sich vor Hood"," Ramillies"," Orion" und redungen in Paris sei. Krieg Italiens gegen England die Militärmacht Schmerzen, was für die SA- Mannschaft nur Neptun", in die englischen Ge ein Ansporn war, ihn blutig zu schlagen. In wässer zurückkehren. Ein genaues Pro­Die amtlichen britischen Kreise be it rei. Frankreichs auf den Plan ruft. Das bedeutet ten die Richtigkeit einer derartigen Auslegung aber, daß alle Hoffnungen auf friegerische Divers

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gleicher Weise erging es dem Leiter des Rechts- gramm über die Bewegungen der Flotteneinhei und erklären, daß der diesbezügliche Beschluß der tonen auf dem Balkan und in Nordafrika zu rheinischen Gaues des Deutschen Textilarbei- ten wird in den nächsten Tagen veröffentlich franzöfifchen Regierung mit den Beratungen des Effig werden. Denn Tripolis , Mussolinis Aufs

terverbandes, Pöhlmann.

Dieser Terror aber vermochte die Arbeiter­schaft Wuppertals nur für eine kurze Zeit einzu­schüchtern. Die sich immer mehr verschlechternde Lage, die steigende Not erleichterten es den klei­neren revolutionären Birkeln, die ihre Arbeit ununterbrochen weiterführten, breitere Massen um sich zu sammeln. Mitte 1934 bildeten sich in mehreren Betrieben illegale freie Gewerkschaften. die den Kampf für die wirtschaftlichen Forderun gen der Arbeiter aufnahmen. Ihre Barolen fielen auf fruchtbaren Boden, Hunderte Mitglie der der Arbeitsfront, der Vertrauensräte und selbst der NSDAP nahmen an diesem Kampf teil, überzeugt von der Gerechtigkeit der Forderungen, die ihre Führer doch selbst in unzähligen Reden aufgestellt haben.

Durch den wachsenden Widerstand auch in den eigenen Reihen beunruhigt, gab die Kreisleis tung der NSDAP ein geheimes Rundschreiben

werden.

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Rom wartet ab

britischen und des französischen Generalstabes in marschraum gegen Aegypten , wird von Tunis flankiert, Britisch- Syrien von Französisch Aus der Meldung ist nicht ersichtlich, ob die Paris absolut in keinem Zusammenhang stehe. Syrien , ein Angriff auf Jugoslawien und Grie Kreuzfahrt der erstgenannten Schiffe ins Mit- Aus das französische Marineministerium chenland würde die französischen Divisionen in telmeer führt, oder ob die aus dem Mittelmeer erklärt, daß die Standortverschiebung des zweiten die savonischen Alpen rufen und die U e ber abberufenen Schiffseinheiten tatsächlich ohne Er- Geschwaders der Kriegsflotte mit den derzeitigen legenheit zur See ist nicht fat bleiben werden. Eher scheint jedoch das letztere politischen Ereignissen in keinerlei Zusammenhang mehr im leisesten anzuz weifeln, der Fall zu sein. Trotz allen offiziellen Demen­stche. wenn die britische und die französische Flotte zu= tis steht offenbar die schon gestern gemeldete fammenwirken und sich nicht nur auf Gibraltar , sondern auf Biserta und Toulon , vielleicht auf Nebungsfahrt des zweiten franzöfifchen Rom . Die Londoner Nachrichten über die Cattaro , die griechischen Häfen und die Dardas Geschwaders in die afrikanischen Gewäffer damit im Zusammenhang. Die franzöfifchen Schiffe fol. Zurückziehung einiger englischer Kriegsschiffe aus nellen stüßen fönnen. 24 franto- britische Schlacht­dem Mittelmeer laffen, wie von zuständiger ita- fchiffe mit rund 660.000 Tonnen stehen dann len in Uebereinkunft mit dem abgeschloffenen fienischer Seite erklärt wird, vorerst vollkommen gegen vier italienische mit 86.000 Tonnen, zehn Militärpakt die englischen Schiffe ersetzen. Falls im Unklaren, ob es sich lediglich um den Ersay Flugzeugträger gegen einen, den zehn schweren Italien eventuelle Delsanktionen als militärische dieser Einheiten durch andere englische Kriegs- Kreuzern Italiens treten, auch wenn die Briten Maßnahmen auffaßt und feinerseits zum Angriff fchiffe der Heimatflotte handelt oder ob die Maß-| zum Teil anderswo gebunden sind, die zehn übergeht, so würde es im Mittelmeer der Ueber- nahme eine Erleichterung des englischen Drucks im gleichwertigen Frankreichs entgegen, Italiens macht der vereinigten britisch französischen Flotte Mittelmeer bedenten soll. Italien verhalte fich Stärke an leichten Schiffen- Rapidfreuzern und gegenüberstehen. daher vollkommen abwartend. Zerstörern wird ausgeglichen durch sieben