Seite 4 Samstag, 11. Jänner 1936 Nr. S Sturm vom Atlantik Schrecken Uber Instand/ Blume und Türme gefüllt London.(Reuter.) Die britischen Inseln wurden in der Nacht zum Freitag von einem stür­mischen Unwetter betroffen, das mindestens zehn Menschenleben als Opfer forderte. Am Flusse Merzey überraschte der Sturm ein Frachtschiff und trieb es auf eine Sandbank, wobei fünf Matrosen ertranken. Ein sechster Mann konnte sich erst zwei Meilen von der Un­fallstelle entfernt ans Ufer retten. Die Leichen der fünf Ertrunkenen wurden später aus dem Wasser gezogen. Auch die Grafschaft Lancashire wurde schwer betroffen. Der Bürgermeister von Manchester forderte die Bevölkerung durch den Rundfunk auf, die Häuser möglichst nicht zu ver­lassen. Ein Schnellzug stieß mit einer Stunden- geschwindigktit von 50 Meilen gegen einen vom Sturm entwurzelten und auf die Schienen ge­worfenen Baum. Obwohl der Anprall heftig war, kam kein Passagier zu Schaden. Infolge des Sturmes mußte der gesamte Schiffs- und L u f t v e r k e h r e in« g e st e l l t werden. Die Telephon- und Telegra- phen-Verbindungen wurden in einem großen Teile des Landes unterbrochen. Die Geschwin­digkeit des Sturmes überstieg 180 Stun­denkilometer. Außer den bereits gemeldeten fünf Matro­sen, welche bei Braddy ertranken, wurden bis­her, weitere fünf Menschenopfer gemeldet, davon drei aus Lancashire . Viele Menschen wurden durch stürzende Mauertrümmer verletzt. Beson­ders große Schäden wurden in W a l e s angerich­tet, wo die berühmte Hängebrücke, welche die bri­ tische Insel Anglesea über die Meeresstraße von Menais hinweg mit Wales verbindet, beschädigt wurde, so daß der Verkehr über diese Brücke ein­gestellt werden mußte. In einigen Ländesteilen wurden die elektrischen Leitungen zerstört und manche Städte waren infolgedessen in Finsternis Mit Ketten an die Hölle gefesselt...! Hitlers Propagandisten beglückten die Umwelt der braunen Diktatur mit einer Mitteilung, daß die Neigung der Deutschen , nach dem Ausland auszuwandern, stark zurückgegangen sei. Der Direktor der Reichsstelle für das Auswande­rungswesen, Oberregierungsrat Dr. Schmidt, meinte in einem Ueberblick über die Entwicklung der deutschen Auswanderung imArbeitsmann", daß diese Erscheinung nicht nur auf die Einreise­bestimmungen namentlich der Vereinigten Staa­ten zurückzuführen sei, sondern vor allem auch auf die Aufwärtsentwicklung in Deuffchland, die wieder zahlreiche Existenzmöglichkeiten erschlossen habe. Dieleichte Zunahme der Auswanderun- gen" in den Jahren 1933 und 1934 führt der Artikelschreiber einzig und allein auf die Aus­wanderung der Juden zurück.! Besonders begrü- ßensweN sei es, daß die Zahl der Bauern und Arbester, die früher mit das Hauptkontingent der Auswanderer stellten, stark zurückgegangen sei, weil gerade jene erkannt hätten, daß ihre Arbeit in der Heimat besonders notwendig ist. Zahlreiche Existenzmöglichkeiten erschlossen? Ge­rade jetzt wird bekannt, daß die Zahl der Ar­beitslosen im verflossenen Dezember sich um eine halbe Million vermehrte. Die Zahl der Arbeits­losen stieg um 522.354 auf 2,506.806. Dazu müssen gerechnet werden all die Menschen, die aus dem Arbeitsprozeß gedrängt wurden, und die im Arbeitsdienst und in der Landhilfe be­schäftigten jungen Leute, die in einem eigent­lichen Arbeitsverhältnisses nicht tätig sind... Uns will übrigens dünken, daß für den Rückgang der Auswanderung andere als die angeführten Ur fachen maßgebend sind. Manuel Humbert teilt imPariser Tageblatt " mft, daß von den Ber­ liner Sklavenhaltern ein Erlaß herausgegeben wurde, der bestimmt, daß kein junger Mensch Deutschlandmehrver« lassendarf. Jeder Junge bis zum 18. Lebensjahr und jedes Mädchen bis zum Alter von 21 Jahren bleibt ehern an das Land ge- fessell, das ein Land der Verheißung werden sollte, in Wirklichkeit längst eine Hölle der Un­terdrückung geworden ist. Aus eigener Ersah- rung wissen wir, daß junge militärpflichtige Männer einen Auslandspaß selbst für kurze Zeft nicht erhalten. Die Einschließung aller Men­schen, auch der jungen Leute, die sich inmitten der kulturellen Wildnis des heutigen Deutsch, land noch einen Rest freien Denkens bewahrt haben, in dem nationalsozialistischen Kerker, das sind in Wahrheft die Ursachen des Rückganges der Auswanderung. Davon sollten auch Kennt­nis nehmen die hftlerfreundlichen Zeitungen un­seres Landes, die jeden nationalsozialistischen Erguß kritiklos wiedergeben. Bei der Verhaftung erschossen.' Zwei von den drei Banditen, die kürzlich am Hellen Tage ,inen Raubüberfall in dem Geschäft eines staat­lichen Lotterieeinnehmers in Warschau verübten gehüllt. Im Tale des Medvay-Flusses stehen viele Gemeinden völlig unter Wasser. Zwei Tote in Düsseldorf Düsseldorf . Ein schweres Unwetter, das Freitag mittags über Düsseldorf niederging, war von starkem Hagelschlag und einem gewaltigen Sturm begleitet. Soweit man bisher feststellen konnte, sind zwei Tote, 13 Schwer- und zahl­reiche Leichtverletzte zu beklagen. Ein Klrdifnrm abgedreht! Köln . Eine Windhose brauste Freitag nach­mittags über den Ort Hamm an der Sieg hin­weg. Sie richtete schwere Verwüstungen an. Der 45 Meter hohe gotische Turm der alten evan­gelischen Kirche wurde von der Windhose gepackt und in 80 Meter Höhe glatt abge- dreht. Die hochstehende Spitze saust« dann aus das Dach der Kirche, das schwer beschädigt wurde. Von den auf die Straße prasselnden Trümmern wurde glücklicherweise niemand getroffen. Der 25 Meter hohe Feuerwehrturm des Ortes wurde ebenfalls von dem gewaltigen Sturm, der etwa vier. Minuten anhiell, umgekippt. Sämtliche Dächer des Ortes sind beschädigt und eine große Anzahl vollständig abgedeckt. Die Feuerwehr nahm mit der SA die Aufräumungsarbeiten auf. Windstärke 10 Emden. Der über der Nordsee wütende Sturm erreichte Freitag nachts Windstärke 10. In der Nähe von Borkum geriet nachts ein eng­lischer Dampfer in Seenot. Aus Norderney wird gemeldet, daß der holländische MotorfrachterDe Hope" vermißt wird. Das Fahrzeug befand sich auf der Reise von Hamburg nach Norderney . An Bord befanden sich drei Mann Besatzung und die Frau des Kapitäns. Mit dem Verlust des Schiffes muß gerechnet werden. und dabei einige tausend Zloty raubten, sind nach einer umfassenden Polizeistreife, an der 120 Mann beteiligt waren, in einem Schlupfwinkel, im Hinterzimmer eines Verbrechercafes, aufge­spürt worden. Da die Verbrecher bei der Ver­haftung Widerstand leisteten» war die Polizei zum Gebrauch der Schußwaffen gezwungen. Einer der Verhafteten wurde erschossen, der zweite so schwer verwundet, daß er im Krankenhaus starb. In dem Versteck wurden sechs Revolver und 2000 Schuß Munition sowie ein Teil des geraubten Geldes gefunden. Der dritte der Banditen konnte zur gleichen Zeit auf der Straße verhaftet werden. Schicklgruverstadt. Wie die französischen Blätter melden, wird am 18. Jänner, dem Jah­restage des Saarplebiszits, die Stadt Saarlouis , welche diesen Namen nach Ludwig XIV. führt, in Hitler -Stadt umbenannt werden. New Kork.(Reuter.) Der Gouverneur des Staates New Jersey , Hoffmann, erhielt einen mit dem Namen I. I. Faulkner unterfer­tigten Brief, in dem der Schreiber ihn auffordert, Hauptmann zu entlassen. Der Gouverneur beab­sichtigt, diesen Brief in der morgigen Presse zu veröffentlichen. Der unbekannteFaulkner " hinterlegte sei­nerzeit in einer New Dorker Bank einen Betrag von 2980 Dollar in Banknoten, die von Lind- bergh als das Geld bezeichnet wurde, das er den Entführern seines Söhnchens als Lösegeld aus- Die Verlosung der Prämien-KupouS der Weihuachtsaktion der tschechoslowakischen Tabak­regie wurde am 10. Jänner um 5 Uhr nachmit­tags im Ziehungssaal der Direktion der Staats­lotterien in Prag vorgenormAen. Die Ziehungen nahmen drei Mädchen aus dem Auditorium vor, die sich freiwillig gemeldet hatten. Die 18 Haupttreffer fielen auf die Prämien­kupons mit folgenden Nummern: 61.709(1. Preis im Werte von 3000 XL), 809.346 (2. Preis im Werte von 2000 XL), 121.922 (3. Preis im Werte von 2000 XL), 169.474 (4. Preis im Werte von 1000 XL), 229.102 (5. Preis im Werte von 1000 Xi), 219.902 (6. Preis im Werte von 1000 XL), 278.879 (7. Preis im Werte von 500 XL), 140.073 (8. Preis im Werte von 800 XL), 177.210 (9. Preis im Werte von 500 XL), 247.131 (10. Preis im Werte von 500 XL), 16.159 (11. Preis im Werte von 200 XL), 23.463 (12. Preis im Werte von 200 XL), 296.019 (13. Preis im Werte von 200 XL), 115.685 (14. Preis im Werte von 200 XL), 40.987 (15. Preis im Werte von 200 XL). Mordepidemie... In den letzten Tagen sind ganze Seiten der französischen Zeitungen Morden und anderen Verbrechen gewipmet. Bei­spielsweise melden die Blätter heute, daß unweit von Dijon in einem Wirtschaftshofe drei Leichen aufgefunden wurden. Des Mordes verdächtig ist ein Knecht. Unweit von Amiens ermordete ein Enkel seine Großmutter und beraubte sie. In Sovoyen drang ein unbekannter Einbrecher in ein vereinsamtes Gut«in und verletzte mit einem Hammer eine Frau und zwei Kinder tödlich. Die Polizei und die Presse suchen die Identität eines Jungen zu ermitteln» dessen Leichnam vor einigen Tagen aufgefunden wurden Ein anderer Junge wird vermißt. Außerdem forschen die Blätter nach dem Mörder einer reichen Rentnerin aus Nizza . MondesfinsterniS fordert acht Menschen­leben. In Kruschewatz in Altserbien erttanken bei einem Bootsunglück auf der Morawa acht Per­sonen. Bei der Fahrt wurde die Gesellschaft plötz­lich von der Mondesfinsternis überrascht, die ihr jeden Ueberblick unmöglich machte. Das Boot ge­riet in eine Stromschnelle und versank. Nur ein Bauer konnte sich retten und Bericht über di« Schreckensfahrt erstatten. Mörder Alkohol. Im 18. Bezirk in Men spielte sich eine Familientragödie ab, die drei Menschenleben forderte. In seiner Woh­nung wurden durch Leuchtgas vergiftet der 63jährige Pensionist August Steinbauer und seine zwei Söhne im Alter von 24 und 21 Jah­ren gefunden. Durch die amtliche Untersuchung wurde festgestellt, daß die beiden Söhne ihren Bater, der dem Alkohol verfallen und Zeichen einer geistigen Umnachtung zeigte, einer Anstalt für Geisteskranke übergeben wollten. Der Bater hat jedoch davon erfahren und den Ent­schluß gefaßt, seine zwei Söhne und sich aus der Wett zu schaffen. gezahtt hatte. Die Polizei hatte damals vergeblich versucht, diesen Mann stellig zu machen. New Kork Daily News" veröffentlichen ein Schreiben Faulkners, in welchem es heißt, Haupt­mann sei an dem Verbrechen unschuldig, dessent­wegen er zum Tode verurteilt wurde. Der Briefschreiber fügt hinzu, aus persön­lichen, Gründen keine weiteren Informationen geben zu können. Schristkenner glauben, daß der Briefschreiber mit jener Person identisch sei, die sich bei der Vorlage einiger Banknoten aus dem Lösegeld in einer New Dorker Bank auf dem Bankzettel unterzeichnete. Ole Madonna soll den Briganten helfen! Mit der AlpendivisionPusteria " wurde auch das bekannte Gnadenbild der Madonna di Faenza in Neapel nach Ostafrika eingeschifst. Kardinal Ascalesi hat alle Söhne Italiens jen­seits des Meeres unter den Schutz dieses wundertätigen Bildes gestellt. Die fromme Geste paßt besonders gut zu der italienischen Kriegsfiihrung,. die nicht einmal das Rote Kreuz achtelt Ein Hoffnungsschimmer für Hauptmann Der geheimnisvolle Mister Faulkner meldet sich Professor Jize der seinerzeitige Vertreter Abessiniens im Schlich- tungsausschuß des Völkerbundes wurde dieser Tage der Zielpunkt wütender Demonstrationen der faschisttschen Studenten an der Pariser Sor­bonne. Der Krawalle wegen mußte die Rechts­fakultät der Pariser Universität gesperrt werden. Drakonische Strafen gegen Diebe am Volks­gut. Das Swerdlower Gericht verurteilte den Direüorstellvertreter und den Buchhalter des Fell- Händler-Trusts zum Tode, weil sie innerhalb zweier Jahre mehr als eine Million Rubel für Reisen in Sanatorien und für andere Reisen ver­ausgabt haben. Das Swerdlower Gericht spricht eine rauhe Sprache, aber vermutlich die einzige, die ein Korruptionist versteht. Ist es schon so weit? Die Hafenpolizei von Barcelona machte an Bord des nach Amerika ab­fahrtbereiten DampfersAugustus " folgenden Fund: 35 Kilogramm Gold, sieben Kilogramm Platin und 1.3 Millionen Lire in Banknoten. Man stellte fest» daß dies Eigentum der Familie des Grafen Cian o, des Schwiegersohnes von M u s s o l i n i, ist. Während die andern Italiener Gold für Eisen gaben, nahmen die Mus­solinis wie eS scheint jenes für dieses. Im übri­gen ist die Sendung ein gutes Vorzeichen. Der Namensvetter. In derJswestija" fin­det sich folgende interessante Notiz:Hitler , Salomon, Sohn des Wolf Hitler , aus dec Stadt Kamenez-Podolsk (Ukraine ), wohnhaft in Lenino, Moskauer Gebiet, ändert seinen Namen in Kamenski." Die Brille verloren das Rathaus explo­diert. In Pendletob(Indiana ) wurde während der ersten Sitzung des neugewählten Gemeinde­rates durch eine furchtbare Explosion das Rat­haus in die Lust gesprengt. Bisher konnten die Rettungsmannschaften vier Tote bergen, 13 Per­sonen erlitten teilweise schwere Brandwunden. Die Explosion entstand, als ein Schlosser, der in einem Schacht unter dem Rathaus gearbeitet hatte, seine Brille verloren hatte und beim Suchen ein Zündholz anzündete, wodurch das im Schacht angesammelte Grubengas explodierte. Temperaturen wie anfangs April. Unter dem Einfluß einer außerordentlich tiefen Druckstörung, deren Zentrum in der Nähe der norwegischen Küste liegt, herrscht in ganz Westeuropa stürmisches und dabei warmes Wetter. In der Umgebung des Gol­fes von Biskaja , von wo warme Lust dem Binnen­lande zugeführt wird, wurden Freitag nachmittag? stellenweise bis zu plus 22 Grad verzeichnet. Bei uns kommt die Erwärmung am meisten in Böh­ men zur Geltung, Prag hatte um 14 Uhr plus 11 Grad, was den normalen Temperaturverhältniffen. von Anfang April enffpricht. Eine Käl e- welle, die sich von Island südöstlich ausbreitet, dürfte unsere Gebiete zunächst nicht unmittelbar erreichen. Trotzdem muß in den nächsten Tagen mit einem allmählichen Temperaturrückgang gerechnet werden. Wahrscheinliches Wetter von heute; Veränderlich bei erheblicher Bewöl­kung, strichweise Schauer, noch relativ warm. In den böhmischen Ländern zeitweise windig. Auf den Bergen später etwas kühler und strichweise Schnee­fall. WetterauSsichtenfürSonnt. g: Unbeständig; von Nordwesten her allmähliche Abkühlung. Vom Rundfunk ImsMiImiwwIu aus Um Proarammaai Sonntag Prag : Sender L.: 7.80 Konzert aus Karlsbad . 9.10 Gesangvereinskonzert. 11.30 Mozart: Quintett für Klarinette. 12.20 Konzert. 18.45 Schallplatten. 17.50 Deutsche Sendung: Orchefterkonzert aus M.- Ostrau. 20.00 Konzert aus dem Smetanasaal:"-ym- phoniekonzert. 22.25 Deutsche Presse. Sender St.: 14.30 Deutsche Sendung: Arbeiterfunk: Dr. R. Baumgärtel: Der Bolkskörper und seine so­zialen Veränderungen. 14.45 Lieder. 15.05 Die Ge­retteten, Spiel von Fleischer. Brünn: 10.00 Po­puläres Konzert. 11.20 Schallplatten. Mährisch- Ostrau: 17.50 Opernstunde. Preßburg : 14.20 Russische Lieder. 19. IQ Blasmusik,